Besuch in Berlin im Zeichen des Gasstreits Putin stellt Lösung in Aussicht
Im Gasstreit hat Russlands Ministerpräsident Putin für eine praktische Lösung plädiert. In Berlin erläuterte er seinen Vorschlag zur Bildung eines Konsortiums mit Beteiligung westlicher Konzerne. Heute soll ein Krisengipfel in Moskau eine Lösung des Streits erbringen.
Angesichts sich leerender Gasspeicher in Europa wächst der Druck auf Russland und die Ukraine, schnell eine Lösung im Streit um die Lieferungen zu finden.
Vor dem heutigen Krisengipfel in Moskau präsentierte Russlands Ministerpräsident Wladimir Putin in Berlin seinen Vorschlag, ein Konsortium westlicher Firmen zu gründen, das die technischen Voraussetzungen für die Durchleitung des Gases durch die Ukraine in Richtung Westen gewährleisten soll. Putin betonte, man dürfe nicht nach Schuldigen suchen, sondern müsse praktische Lösungen ins Auge fassen. Die Situation dürfe nicht "politisiert" werden.
Krisengipfel soll Durchbruch bringen
Bei dem Krisengipfel in Moskau soll ein Durchbruch für die Wiederaufnahme der Lieferungen nach Europa erzielt werden. An dem Treffen, zu dem der russische Präsident Dmitri Medwedjew in den Kreml einlädt, soll auch die ukrainische Regierungschefin Julia Timoschenko teilnehmen. Die EU, die ebenfalls Vertreter entsendet, hat für den Fall eines Scheitern des Gipfels damit gedroht, ihre Beziehungen zu Russland und der Ukraine zu überprüfen.
Merkel für Testphase beim Transit
Bundeskanzlerin Angela Merkel erklärte nach einem Treffen mit Putin im Kanzleramt, eine schnelle Lösung sei auch im Interesse Russlands notwendig. Zu dem von Putin vorgeschlagenen Konsortium äußerte sie sich nicht. Sie sprach lediglich davon, dass es zur Wiederaufnahme der Gas-Lieferungen eine Testphase geben könne, an der die EU-Beobachter beteiligt werden könnten.
Putin sagte bei der Pressekonferenz im Kanzleramt, er habe vor seinem Treffen mit Merkel gute Gespräche mit den Hauptabnehmern E.ON Ruhrgas, ENI und Gaz de France geführt. Er glaube, dass man zu Vereinbarungen kommen könne, um die Blockade in der Ukraine zu beenden.
Kunden sollen Kosten übernehmen
In den Unterredungen mit Vertretern des italienischen Energiekonzerns ENI, Gaz de France und E.On Ruhrgas warb Putin für seinen Vorschlag zur Gründung eines Konsortiums durch westliche Konzerne.
Er sehe es nicht als Aufgabe Russlands, die Ukraine mit dem nötigen Gas zu versorgen, das sie in die Lage versetze, ihrerseits Gas nach Europa zu liefern. Die Gaskunden sollten sich in dem Konsortium zusammenschließen und das sogenannte technische Gas kaufen, das russisches Erdgas durch das ukrainische Pipeline-System in Richtung EU treibt. Das weit verzweigte und ineffiziente Pipeline-System in der Ukraine benötigt beträchtliche Mengen an technischem Gas.
EU spricht Drohung aus
Die Geduld der europäischen Länder sei "erschöpft", sagte der amtierende EU-Ratspräsident und tschechische Regierungschef Mirek Topolanek in Prag. Der Standpunkt der EU-Kommission und der tschechischen Ratspräsidentschaft sei nun wesentlich "strenger" als noch vor einigen Tagen. Sollte das Gas Anfang der kommenden Woche nicht wieder fließen, "müssten wir Punkt für Punkt unsere Beziehungen zu Russland und der Ukraine überprüfen und in jedem Einzelfall entscheiden, ob wir unter diesen Umständen wie bisher weitermachen können", drohte EU-Kommissionssprecher Johannes Laitenberger.
Gasreserven nehmen ab
Ohne die Gas-Lieferungen aus Russland könnten die Vorräte in den deutschen Speichern in der kommenden Woche unter 50 Prozent sinken. Die Organisation Gas Storage Europe (GSE) teilte mit, vergangenen Montag sei eine Füllmenge von 59 Prozent der Kapazitäten festgestellt worden. In der Vorwoche seien es 69 Prozent gewesen. Sie bestätigte damit einen Bericht der "Financial Times Deutschland". Das Bundeswirtschaftsministerium nannte die Situation in den deutschen Gasspeichern aber noch entspannt.
Üblicherweise sollen die Speicher Lieferschwankungen bei besonders hohem Gasverbrauch im Winter ausgleichen. Inzwischen seien die Gasspeicher allerdings bereits so geleert wie üblicherweise gegen Ende der Heizperiode. Ein Grund sei auch, dass die Speicher zu Beginn des Winters weniger gut gefüllt waren als in Nachbarstaaten. Anfang Dezember habe der Füllstand der deutschen Speicher bei 82 Prozent gelegen. In anderen Ländern Westeuropas seien es laut GSE durchweg 90 Prozent gewesen.