Hintergrund Fragen und Antworten zur Öl-Gas-Preisbindung
Der Gaspreis ist seit den 1960er-Jahren an den Ölpreis gekoppelt. Bedeutet das BGH-Urteil das Aus für diese Praxis? Sinken nun automatisch die Preise? Und welche Kunden können Geld zurückfordern? tagesschau.de hat Fragen und Antworten zum Thema Gaspreise zusammengestellt.
Warum ist der Gaspreis an den Ölpreis gekoppelt?
Die Koppelung von Gas- und Ölpreis stammt aus den 1960er-Jahren, als die Infrastruktur für die Versorgung der Verbraucher in den Abnehmerländern durch die Gasexporteure aufgebaut wurde. Die Lieferanten sollte eine Garantie erhalten, dass sich ihre Investitionen in Pipelines und andere Anlagen langfristig lohnen. Gleichzeitig sollte sichergestellt werden, dass die Kunden für Gas nicht mehr bezahlen müssen als für Öl. Da der Gaspreis erst mit sechsmonatiger Verspätung die Preisentwicklung des auf dem Ölmarkt nachvollzieht, kann es auch vorkommen, dass die Gaspreise steigen, obwohl der aktuelle Ölpreis sinkt.
Grund für die Ölpreisbindung: Der Aufbau einer Gasinfrastruktur sollte sich langfristig lohnen.
Ist die Ölpreisbindung gesetzlich festgeschrieben?
Nein. Bei der Bindung handelt es sich um rein privatwirtschaftliche Vereinbarungen. Die Preisentwicklung ist vor allem in Verträgen zwischen Produzenten - etwa aus Russland und den OPEC-Staaten - und den Energiekonzernen in den Abnehmerländern festgeschrieben. Die Koppelung von Gas- und Ölpreis findet sich aber auch in Verträgen zwischen den Endverbrauchern und ihren jeweiligen Versorgungsunternehmen.
Ist eine Ölpreisbindung durch das BGH-Urteil künftig ausgeschlossen?
Nein. Das Urteil bezieht sich nur auf die Verträge zwischen Privatkunden und Energieversorgern. Für die langfristigen internationalen Verträge zwischen Gasexporteuren und Energiekonzernen der Abnehmerländer hat die Entscheidung zunächst keine Folgen. Auch bei Privatkundenverträgen ist eine Bindung des Gaspreises an den Ölpreis künftig nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Die Richter entschieden allerdings, dass dies nicht die alleinige Grundlage für Preisanpassungen sein darf. Daraus folgt, dass künftige Verträge zumindest auch andere für den Kunden nachvollziehbare Faktoren wie Netz-, Vertriebskosten berücksichtigen müssten.
Bekommen Gaskunden durch das Urteil Geld zurück?
Die Kläger des Verfahrens können mit Rückzahlungen rechnen. Für andere Kunden mit einer vertraglich festgeschriebenen Gas-Ölpreisbindung lässt sich die Frage derzeit nicht mit Sicherheit beantworten. Der Bund der Energieverbraucher geht davon aus, dass die betroffenen Kunden Geld von ihrem Energieversorger zurückfordern können - notfalls mit einer Klage vor Gericht. Allerdings hatte der Bundesgerichtshof in anderen Fällen entschieden, dass Verbraucher Preiserhöhungen schon dadurch akzeptieren, dass sie sie bezahlen. Profitieren könnten deshalb womöglich diejenigen Kunden, die in der Vergangenheit gegen Preiserhöhungen Einspruch eingelegt hatten.
Was bedeutet das Urteil für die Zukunft?
Energieversorger, die in ihren Verträgen Klauseln mit einer reinen Gas-Ölpreisbindung verwenden, werden voraussichtlich neue Verträge mit den betroffenen Kunden schließen müssen. Andernfalls müssten sie mit einer Klagewelle rechnen. Gaskunden, die entsprechende Klauseln in ihren Verträgen haben, können künftige Preiserhöhungen im Zusammenhang mit dem Ölpreis verweigern.
Wird der Gaspreis nach dem Urteil sinken?
Das ist ungewiss. Das Urteil trägt zu mehr Wettbewerb und zur Entwicklung eines echten Marktpreises für Endverbraucher bei, weil die starre alleinige Bindung an den Ölpreis nun nicht mehr erlaubt ist. Auf die Beschaffungskosten der Energieversorger und deren Verträge mit ausländischen Partnern hat das Urteil aber keinen Einfluss. Das Urteil des Bundesgerichtshof enthält auch keine Aussage zur Höhe des Gaspreises und verlangt keine Senkung. Der Verbraucherzentrale Bundesverband geht nicht davon aus, dass der Gaspreis sinkt. Erfahrungen aus Ländern ohne eine Koppelung von Gas- und Ölpreis zeigen, dass auch dort häufig der Gaspreis der Entwicklung des Ölpreises folgt.