Handelsstreit EU importiert mehr US-Flüssiggas
Der amerikanische Druck wirkt offenbar: Nach einem Deal mit US-Präsident Trump im Handelsstreit hat die Europäische Union ihren Import an US-Flüssiggas in den vergangenen neun Monaten um 272 Prozent gesteigert.
Die EU importiert deutlich mehr US-amerikanisches Flüssiggas: In den neun Monaten seit Juli 2018 wurden 10,4 Milliarden Kubikmeter eingeführt. Im Vergleich zum gleichem Zeitraum ein Jahr vorher, handelt es sich laut EU-Kommission um einen Anstieg von 272 Prozent.
Hintergrund der Entwicklung ist auch der andauernde Handelsstreit zwischen den USA und der EU: Um diesen zu entschärfen, hatte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker US-Präsident Donald Trump im vergangenen Juli zugesichert, deutlich mehr Flüssigerdgas ("LNG") aus den USA zu importieren, "um die Energieversorgung zu diversifizieren".
US-Energieminister Perry warb für weitere Flüssiggasimporte.
Perry wirbt für weitere Importe
Um dieses Vorhaben voranzutreiben, organisierten die EU-Kommission und die US-Regierung jetzt in Brüssel eine Konferenz mit der Gaswirtschaft. US-Energieminister Rick Perry zeigte sich angesichts dieses Exportanstiegs nach eigenen Worten "ermutigt von dem Fortschritt". Er warb dafür, dass der Anteil in Zukunft noch weiter steigt.
Denn bisher ist der Anteil von Flüssiggas im Energiemix noch relativ gering: Zwar landen mittlerweile rund ein Drittel Exporte der USA in der EU, im Energiemix der EU spielt Flüssiggas aus den USA aber immer noch eine untergeordnete Rolle. Gerade einmal 13,4 Prozent der Flüssiggas-Importe der EU stammen aus den USA, zudem spielt es noch immer eine untergeordnete Rolle beim Verbrauch: Dort macht es deutlich weniger als die Hälfte aus, das meiste Gas in der EU stammt noch immer aus konventionellen Leitungen.
Weiter Kritik an Nord Stream 2
Perry nutzte die Konferenz in Brüssel auch, um erneut scharfe Kritik an der geplanten Ostsee-Pipeline von Russland nach Deutschland, Nord Stream 2, zu äußern. Die Pipeline mache Europa noch abhängiger von russischem Gas und erlaube Moskau, Druck auf europäische Staaten auszuüben.
Er begrüße stattdessen Maßnahmen, die Flüssiggasimporte aus den USA begünstigen: Dazu gehört auch die Entscheidung der deutschen Bundesregierung, für mehr Importe aus den USA zwei neue Anlandeterminals in Deutschland finanziell zu unterstützen.
Die Bundesregierung hatte dafür vor einem Monat die Regeln für Investitionen in Flüssiggas-Terminals vereinfacht. Gleichzeitig kündigte sie an, die Anschlüsse dieser Hafenterminals an das Ferngasnetz über eine Umlage auf die Gasverbraucher zu finanzieren. Die EU geht seit 2013 ähnliche Wege: Sie bezuschusst den Bau von Terminals in den Mitgliedstaaten. Rund 650 Millionen Euro an EU-Mitteln sind nach Kommissionsangaben schon geflossen oder für neue Projekte veranschlagt.
Teuer, aber zuverlässig?
Trotz all dieser Maßnahmen ist die Diversifizierung hin zu mehr Flüssiggas am Ende eine Preisfrage: EU-Energiekommissar Miguel Arias Cañete sprach sich deshalb für einen weiteren Ausbau der Flüssiggasimporte aus Übersee aus, "sofern die Preise wettbewerbsfähig sind". Das stellt bisher noch ein Problem dar. Auch Perry musste das in Brüssel einräumen: Flüssiggas ist deutlich teurer als herkömmliches Gas aus Pipelines, beispielsweise aus Russland.
Der US-Minister argumentiert aber, es dürfe nicht nur um den Preis gehen: Viel wichtiger sei die Verlässlichkeit der Lieferungen. "Wenn man sich nur darum kümmert, wie billig das Angebot ist, dann wird man womöglich keinen BMW oder Mercedes Benz kaufen oder ein anderes der schönen Automobile aus der Europäischen Union", sagte Perry. "Man kann vielleicht woanders billiger kaufen, aber das ist vielleicht nicht zuverlässig. Das ist dasselbe mit russischem Gas."
US-Flüssiggas muss mit Spezialtankschiffen nach Europa transportiert werden.
Umweltschützer mit Bedenken
Dass Flüssiggas preislich mit über Leitungen transportiertem Erdgas nicht mithalten kann, liegt am Transport. Das Gas muss mit großem Energieaufwand verflüssigt werden, erst dann kann es in Spezialtankschiffen transportiert werden. Langfristig hofft die EU, dass Flüssiggas-Importe die Abhängigkeit von einzelnen Lieferquellen reduzieren und der zusätzliche Wettbewerb insgesamt die Preise auf dem Gasmarkt drücken könnte.
Umweltschützer haben jedoch große Bedenken. Sie kritisieren die sogenannte Fracking-Methode, mit der das Gas in den USA gewonnen wird und monieren, dass wachsende Gasimporte mit den Klimazielen nicht vereinbar seien.