Streit um Fiskalpakt Opposition lässt Regierung zappeln
Die Regierung drückt beim Fiskalpakt aufs Tempo, die Opposition hat keine Eile - dafür aber eine starke Verhandlungsposition. Denn die Regierung braucht die Stimmen der Opposition. Und ihr Ja knüpfen SPD und Grüne an Bedingungen. Unionsfraktionschef Kauder ist sauer, SPD-Fraktionschef Steinmeier entspannt.
Im Ringen um eine Mehrheit für den europäischen Fiskalpakt haben Koalition und Opposition direkte Gespräche aufgenommen. SPD und Grüne stellten vor allem den von Union und FDP angestrebten Zeitplan der Verabschiedung in Frage. Und sie machten deutlich, dass sie sich nicht unter Zeitdruck setzen lassen.
Zeitplan "zu anspruchsvoll"
Die Koalitionsfraktionen planen bisher die abschließende Lesung des Fiskalvertrags im Bundestag am 25. Mai. Dieser Zeitplan sei zu anspruchsvoll, sagte SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier. Auch sein Amtskollege Jürgen Trittin von den Grünen möchte erst den EU-Gipfel Ende Juni zum Thema Wachstum abwarten. Und Parteichefin Renate Künast betonte, für die Grünen "gibt es keine Notwendigkeit, vor Jahresende zu einer Ratifizierung zu kommen".
Unions-Fraktionschef Volker Kauder wies die Forderung nach einer Verschiebung der Abstimmung zurück. Er rechne trotz Bedenken von SPD und Grünen mit einer Entscheidung bis Mitte Juni. Lieber sei der Union jedoch eine Bundestagsentscheidung bis Ende Mai, sagte Kauder.
Opposition erwartet Entgegenkommen
SPD-Fraktionschef Steinmeier machte deutlich, dass er von der Regierungsseite ein stärkeres Entgegenkommen erwarte. Seine Fraktion werde dem europäischen Fiskalpakt im Bundestag nur zustimmen, wenn zugleich zusätzliche Wachstumsimpulse beschlossen werden. "Davon hängt ab, ob die Zweidrittelmehrheit hier im Deutschen Bundestag zustande kommt", sagte Steinmeier. Haushaltsdisziplin sei zwar wichtig, "aber was wir brauchen, ist auch Wachstum". Dieses Wachstum könne aber nicht entstehen, "wenn 27 EU-Regierungen gleichzeitig nichts anderes tun als nur sparen". Zudem bleibe für die Opposition die Einführung einer Finanztransaktionssteuer unverändert auf der Tagesordnung, sagte Steinmeier.
Desweiteren pochte Steinmeier auf ein Spitzentreffen mit Merkel. Das Gespräch am Vormittag mit den Fraktionschefs nannte er "erste Kontaktaufnahme". Verhandlungen habe es noch nicht gegeben. "Ich gehe davon aus, dass es eine nächste Runde bei der Kanzlerin gibt, zu der die Fraktions- und Parteivorsitzenden eingeladen werden." Steinmeier fügte mahnend hinzu: "Zweidrittelmehrheit heißt, dass die Regierung angewiesen ist auf Stimmen der Opposition."
Schäuble ohne Hoffnung
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble machte bei dem Treffen mit den Fraktionschefs von Union, FDP, SPD und Grünen deutlich, dass die Bemühungen um eine EU-weite Einführung einer Finanztransaktionsteuer bisher erfolglos waren, und er auch keine Hoffnung habe, dies zu erreichen. Grünen-Fraktionschefin Künast zeigte sich unzufrieden: Sie forderte von Schäuble "mehr Nachdruck" auf europäischer Ebene für eine Finanztransaktionssteuer.
Kauder sagte dagegen, es sei wenig zielführend, wenn immer wieder eine Finanztransaktionssteuer verlangt werde, die man auf Ebene der EU oder der Euro-Länder nicht durchsetzen könne. Die Union wolle auch eine Besteuerung von Finanztransaktionen. Und FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle machte klar: "Mit sachfremden Forderungen darf man keinen Kuhhandel betreiben". Die FDP ist strikt gegen eine Finanztransaktionssteuer.
Schwarz-Gelb ist bei der Abstimmung über den Fiskalpakt auf die Stimmen der Opposition angewiesen, da in Parlament sowie Länderkammer eine Zweidrittel-Mehrheit nötig ist. Die Koalition wollte bislang den dauerhaften Rettungsmechanismus ESM und den Fiskalpakt zusammen im Parlament behandeln. Der Zeitplan der Opposition würde dies gefährden, weil der ESM ab 1. Juli einsatzbereit sein soll.