DAX gibt weiter nach Die Unsicherheit regiert
Bisher hatte das dramatische Geschehen in Nahost kaum direkte Auswirkungen auf die Aktienmärkte. Dies- und jenseits des Atlantiks bleiben die Anleger aber nervös.
Reagiert Israel mit einem Angriff auf den Iran? Und wenn ja, wo könnte der Schlag erfolgen? Wären Atom- oder auch Ölanlagen betroffen? Solche Fragen beschäftigten zur Wochenmitte auch die Investoren an der Wall Street. Angesichts der hohen Unsicherheit hielten sich die Anleger in New York weitgehend zurück.
Nach einer vergleichsweise schwankungsarmen Sitzung gingen die Standardwerte des Dow Jones mit 42.196 Punkten 0,1 Prozent höher aus dem Handel.
Die Technologietitel legten ebenfalls leicht zu. Der Nasdaq 100 gewann 0,15 Prozent auf 19.802 Punkte.
"Die Anleger sind angesichts der zunehmenden globalen Spannungen sicherlich vorsichtig. Zu diesem Zeitpunkt sind die Auswirkungen begrenzt, aber die Anleger beobachten sie genau", sagte Timothy Chubb, Chief Investment Officer beim Anlageberater Girard.
Neue Jobdaten stützten den Markt ein wenig. Die US-Unternehmen haben laut einer Umfrage des Personaldienstleisters ADP im September mehr Stellen geschaffen als von Fachleuten erwartet. Per Saldo seien 143.000 neue Jobs in der Privatwirtschaft entstanden. "Nach einer fünfmonatigen Verlangsamung hat sich die Schaffung neuer Arbeitsplätze auf breiter Front erholt", hieß es. Das Plus im August wurde zugleich von ursprünglich gemeldeten 99.000 Stellen auf 103.000 nach oben revidiert. Der Bericht gilt als Vorbote für den offiziellen Arbeitsmarktbericht der US-Regierung am Freitag.
Auch am deutschen Aktienmarkt hielten sich die Kursbewegungen in Grenzen. Der DAX ging 0,25 Prozent tiefer bei 19.164 Punkten aus dem Handel. Tags zuvor hatte der deutsche Leitindex noch mit einem Kursrutsch von über 300 Punkten auf den iranischen Raketenangriff auf Israel reagiert.
"Solange in diesem Konflikt Gegenangriff auf Angriff erfolgt, dürfte auch die Nervosität an der Börse hoch bleiben", betonte Kapitalmarktstratege Jürgen Molnar vom Broker RoboMarkets.
Aus charttechnischer Perspektive ist im DAX noch nicht viel passiert. Die bislang angelaufenen Kursverluste könnte man noch als Gewinnmitnahmen ansehen. Solange sich das deutsche Börsenbarometer über der wichtigen Unterstützung bei 19.000 Punkten halten kann, ist der Aufwärtstrend im DAX noch intakt.
Am morgigen Tag der Deutschen Einheit wird an der Frankfurter Börse gehandelt.
Auch ein Blick auf die Rohstoffmärkte zeigt: Bislang ist unter den Anlegern keine Panik ausgebrochen. So zog das üblicherweise in solchen Situationen als sicherer Hafen angelaufene Gold gestern zwar Kursgewinne. Doch heute ging es am Goldmarkt bereits wieder leicht abwärts. Die Feinunze Gold kostete am Abend 2.658 Dollar und damit 0,1 Prozent weniger. "Die panische Flucht in Gold bleibt aus", konstatierte IG-Analyst Christian Henke.
Auch am Ölmarkt fielen die Notierungen im Verlauf zurück, nachdem die aktuellen Ölreserven der USA veröffentlicht wurden. Die Bestände an Rohöl legten im Vergleich zur Vorwoche um 3,9 Millionen auf 416,9 Millionen Barrel (je 159 Liter) zu. Analysten hatten im Schnitt hingegen mit einem Rückgang um 1,4 Millionen Barrel gerechnet. Das deutet auf eine weiterhin komfortable Ölversorgung hin, womit die Notierungen wieder zurückgingen. Ein Barrel der Nordseesorte Brent kostete am Abend mit 74,60 Dollar nur wenig mehr als gestern.
Die Risiken bleiben aber angesichts der aktuellen Situation hoch. "Mehrmals hat Teheran in den vergangenen Wochen damit gedroht, die für den Öltransport so wichtige Straße von Hormus zu blockieren", betont Analyst Jochen Stanzl von CMC Markets. Ein solcher Schritt könnte Brent-Öl auf 85 bis 90 Dollar verteuern. Derzeit hat der Ölmarkt das Risiko einer Blockade der Straße von Hormus also noch nicht eingepreist.
Die Tesla-Aktie stand im US-Handel unter Druck. Zwar steigerte der Elektroautobauer im vergangenen Quartal seine Verkäufe deutlich, blieb aber leicht unter den Erwartungen der Analysten. Weltweit lieferte der US-Elektroautobauer 462.890 Fahrzeuge an die Kunden aus, wie Tesla mitteilte. Das waren 6,4 Prozent mehr als ein Jahr zuvor.
Es war das erste Mal in diesem Jahr, dass Tesla die Quartalsverkäufe im Jahresvergleich steigern konnte. Schub gaben dabei Kaufanreize der chinesischen Regierung. Peking hatte eine Prämie für den Umtausch alter Fahrzeuge in Elektroautos verdoppelt, was die Nachfrage in der Volksrepublik anheizte.
Größter Gewinner im DAX war die Adidas-Aktie, die nach anfänglichen Verlusten rasch ins Plus drehen konnte. Analysten hoben in ersten Kommentaren hervor, die Probleme des US-Konkurrenten Nike seien hausgemacht und für Adidas sogar positiv zu werten. Nike hatte am Vorabend einen deutlichen Umsatzrückgang für das dritte Quartal gemeldet und kurz vor dem Start des neuen Konzernchefs seine Jahresprognose gestrichen.
Am Abend gab es - was zuletzt selten war - eine gute Nachricht von Volkswagen. Der Autobauer hat den US-Absatz seiner Marke VW im dritten Quartal gesteigert. Die Verkäufe seien um sechs Prozent auf 93.271 Stück geklettert, teilte Volkswagen mit. Doch auch in den USA schwächelt die Nachfrage nach E-Autos. Beim Elektro-SUV ID.4 brach der Absatz um mehr als die Hälfte ein.
Aktien von Rüstungsunternehmen zogen angesichts der jüngsten Eskalation des Nahost-Konflikts zunächst weiter an. Rheinmetall war zeitweise der größte DAX-Gewinner. Die Aktie von Hensoldt dagegen rutschte gegen Handelsende wieder ins Minus.
Mehrere Verkäufe haben dem Immobilienkonzern Vonovia 1,8 Milliarden Euro eingebracht. So seien elf Entwicklungsprojekte für 500 Millionen Euro an einen neuen Fonds verkauft worden, den der DAX-Konzern zusammen mit HIH Invest Real Estate gegründet hat. Eine Milliarde Euro bringe die Übertragung von 20 Prozent an der Deutschen Wohnen an ein Gemeinschaftsunternehmen von Vonovia und dem Finanzinvestor Apollo. Zudem gingen für mehr als 300 Millionen Euro 27 Pflegeeinrichtungen im Großraum Berlin an einen Fonds. Das Geld solle zum Jahresende und in der ersten Jahreshälfte 2025 aufs Konto gehen. Der größte deutsche Immobilienkonzern hatte in den vergangenen Jahren unter der Immobilienkrise gelitten. In dem zuletzt sinkenden Zinsumfeld wittert die Branche inzwischen wieder Morgenluft. Mitte September hatte Vonovia angekündigt, zusätzliche Aktien der Tochter Deutsche Wohnen übernehmen zu wollen.
Der Aufsichtsrat der Deutschen Bahn (DB) und der Bund haben grünes Licht für den geplanten Verkauf der profitablen Bahn-Tochter Schenker gegeben. Die Gewerkschaft EVG, die dagegen stimmte, kritisierte das jedoch scharf und bezeichnete den Verkauf als "schweren strategischen Fehler". Nach Angaben der Bahn umfasst der Kaufvertrag 14,3 Milliarden Euro, zuzüglich der erwarteten Zinserträge bis zum Vollzug der Übernahme ergeben sich bis zu 14,8 Milliarden Euro.
Bei den Reisewerten im MDAX hinterließ der zugespitzte Nahostkonflikt seine Spuren. Papiere des Reiseanbieters TUI, des Flughafenbetreibers Fraport und der Airline Lufthansa verbuchten Kursverluste von bis zu 4,9 Prozent.
Der Übernacht-Verkauf eines großen Renk-Aktienpakets durch den Finanzinvestor Triton hat die Aktien des Augsburger Panzergetriebe-Herstellers gedrückt. Großaktionär Triton machte zum zweiten Mal seit dem Börsengang im Februar Kasse und platzierte 18,3 Millionen Renk-Aktien zu 21 Euro. Damit gab er zugleich die Mehrheit an dem Unternehmen ab, das er vor vier Jahren von Volkswagen übernommen hatte.
Der für die Getränke- und Nahrungsmittelindustrie produzierende Anlagenbauer GEA will mithilfe von Einsparungen und digital gestützten Prozessen das Wachstum ankurbeln. Bis 2030 soll der Umsatz jährlich im Schnitt um mehr als fünf Prozent zulegen und die operative Umsatzrendite (Ebitda-Marge) 17 bis 19 Prozent erreichen.
Die neu im SDAX gelisteten Stammaktien des Autozulieferers Schaeffler haben an ihrem ersten Handelstag deutlich zugelegt. Angesichts des Vollzugs der Übernahme von Vitesco durch Schaeffler wurde der Handel mit den zuvor im SDAX gelisteten Vorzugsaktien der Schaeffler AG eingestellt. Mit der Transaktion entstand eines der zehn größten Zulieferunternehmen weltweit und die Nummer 4 in Deutschland - hinter Bosch, ZF und dem Schaeffler-Schwesterunternehmen Continental. Schaeffler ist Großaktionär von Conti.
Für Vitesco rückte die Aktie von Alzchem in den SDAX auf - und war auf Anhieb der Tagesgewinner in dem Nebenwerteindex. Das Spezialchemieunternehmen will in Deutschland die Produktionskapazitäten für den Sprengstoff Nitroguanidin verdoppeln. Das Unternehmen aus Trostberg erhofft sich von den Investitionen einen ab 2027 steigenden Umsatz mit positiven Ergebnisbeiträgen.
Der Versicherungs- und Finanzvermittler MLP schraubt seine Ergebniserwartungen für das laufende Jahr nach oben. Das Ergebnis vor Steuern und Zinsen (Ebit) werde zum Jahresende zwischen 85 und 95 Millionen Euro liegen, teilte das SDAX-Unternehmen mit. Bisher hatte MLP mit 80 bis 85 Millionen gerechnet. Im abgelaufenen dritten Quartal seien die erfolgsabhängigen Vergütungen für Fonds und andere Anlagen deutlich höher ausgefallen als gedacht. Das Ebit werde deshalb deutlich über den 7,8 Millionen Euro des Vorjahres liegen.
Der Leasingspezialist Grenke hat im dritten Quartal sein Neugeschäft deutlich ausweiten können um fast ein Viertel auf 738,5 Millionen Euro. "Wir haben unsere Ambition, für dieses Jahr ein Rekordneugeschäft von mehr als drei Milliarden Euro einzufahren, deutlich untermauert", sagte Konzernchef Sebastian Hirsch.
Die dänische Reederei Maersk will ihre Kunden im Libanon trotz der sich verschlechternden Sicherheitslage im Land weiter mit zwei wöchentlichen Anläufen in Beirut bedienen. "Obwohl das Geschäft von Maersk im Land betroffen ist, können wir unsere Kunden derzeit bedienen", sagt ein Konzernsprecher. Alle Mitarbeiter im Libanon und in Israel seien sicher.