Neue Rekordstände Wall Street wie im Goldrausch
Starke Tech-Bilanzen trieben die Wall Street zum Wochenschluss auf neue Rekordhöhen. Sehr robuste Jobdaten dämpften zwar im Gegenzug die Zinseuphorie, konnten den Goldrausch aber nicht stoppen.
Starke Quartalsberichte weiterer amerikanischer Technologie-Giganten haben zum Wochenschluss die großen Aktienindizes der Wall Street weiter angetrieben und für neue Rekordniveaus gesorgt. Die zuletzt etwas ins Stocken geratene Rekordrally der Technologie-Börse Nasdaq erhielt nach Geschäftszahlen der Tech-Riesen Meta und Amazon am Vorabend frischen Schwung.
Der Auswahlindex Nasdaq 100 gewann am Ende 1,72 Prozent auf 17.642 Zähler und markierte im Verlauf bei 17.682 Punkten ein neues Rekordhoch. Auch beim Composite-Index ging es deutlich auf neue Rekordhöhen nach oben. Der Schlussstand lag bei 15.628 Zählern, ein Aufschlag von 1,74 Prozent. Die neue Bestmarke wurde bei 15.664 Zählern markiert.
Der marktbreite S&P 500, der sowohl Technologie- als auch Standardaktien beinhaltet, wurde von der Tech-Hausse ebenfalls angetrieben und schloss bei 4.958 Punkten, ein Plus von 1,1 Prozent. Der Index stieg im Verlauf auf eine Bestmarke von 4.975 Punkten. Damit rückt die Marke von 5000 Punkten immer näher.
Trotz der spektakulären Meta- und Amazon-Ergebnisse: Mit den starken Arbeitsmarktdaten hatten die Investoren zu kämpfen, was besonders der Dow Jones, der Leitindex der Standardwerte, zunächst auch zu spüren bekam. "Der Arbeitsmarktbericht setzt die Wahrscheinlichkeit einer März-Senkung sicherlich auf nahe null Prozent", schrieb Thomas Altmann vom Vermögensverwalter QC Partners. "Und auch den Mai sollten die Börsianer nicht als garantiert betrachten."
Der Index lag anfangs sogar im Minus, erholte sich dann aber im Verlauf immer mehr und schloss um 0,35 Prozent höher bei 38.654 Punkten. Da er zuvor stark gelaufen war, reichte es im Verlauf bei 38.783 Punkten ebenfalls zu einer neuen Bestmarke. Damit erreichten heute alle großen Aktienindizes neue Rekordstände, ein wahrer Goldrausch an der Börse.
Die Freude über die starken Firmenbilanzen überlagerte letztlich die Zinssorgen der Anleger. "Obwohl niedrigere Zinsen sicherlich willkommen wären, wird immer deutlicher, dass die Märkte und die Wirtschaft mit dem Hochzinsumfeld gut zurechtkommen, so dass die Anleger vielleicht das Gefühl haben, dass die Notwendigkeit einer Lockerung der Geldpolitik weniger dringend ist", sagte Richard Flynn, leitender Geschäftsführer bei Charles Schwab UK.
Die US-Wirtschaft hat derweil deutlich mehr Arbeitsplätze geschaffen als erwartet. Außerhalb der Landwirtschaft sind 353.000 Stellen hinzugekommen, wie das Arbeitsministerium heute vor Börsenbeginn in Washington mitteilte. Es ist der stärkste Anstieg seit einem Jahr. Analysten hatten im Schnitt mit lediglich 185.000 neuen Stellen gerechnet. Zudem wurde der Beschäftigungsaufbau in den beiden Vormonaten kräftig um insgesamt 126.000 nach oben revidiert. Die getrennt berechnete Arbeitslosenquote blieb unverändert bei 3,7 Prozent.
Deutlich gestiegen sind hingegen die durchschnittlichen Stundenlöhne, die gegenüber dem Dezember um 0,6 Prozent anzogen. Denn es werden weiter Arbeitskräfte gesucht, was die Löhne treibt. Eine Entwicklung, mit der die Fed nicht zufrieden sein kann. Denn die Notenbank fährt eine Hochzinspolitik und will damit die Inflation eindämmen und deshalb den heiß gelaufenen Jobmotor abkühlen.
"Der robuste Arbeitsmarkt spricht gegen eine rasche Zinssenkung", so die Ansicht von Commerzbank-Experten Christoph Balz und Bernd Weidensteiner. Erst auf ihrer jüngsten Zinssitzung am Mittwoch hatte die Fed Zinssenkungshoffnungen gedämpft. Der Markt rechnet jetzt überwiegend mit einer Verschiebung über März hinaus. Ökonomen gehen davon aus, dass die US-Notenbank die Zinswende nicht vor Mai einleiten dürfte.
Bis zu 0,9 Prozent auf 17.004,55 Punkte ging es heute in der Spitze im DAX empor - womit der deutsche Leitindex eine neue Bestmarke markierte, wenn auch nur knapp. Denn der alte Rekord aus dem Dezember lag genau bei 17.003,28 Zählern, so dass der neue Wert erst einmal eher etwas für die Statistik ist. Am Ende konnte der deutsche Leitindex das hohe Niveau aber nicht behaupten und schloss bei 16.918 Punkten nur noch um 0,35 Prozent höher. Auf Wochensicht ergab sich damit ein leichtes Minus von knapp 0,3 Prozent.
Angetrieben wurde der DAX zunächst durch gute Vorgaben der Wall Street und teilweise begeisternde Nachrichten aus dem US-Tech-Sektor. Demgegenüber standen nachlassende Zinshoffnungen nach einem besser als erwartet ausgefallenen Januar-Bericht vom US-Arbeitsmarkt.
Beim Rückblick auf die sehr ereignisreiche Woche werden aus heimischer Sicht zwei Dinge deutlich. Der DAX kann mit der Dynamik der Wall Street nicht mithalten, auch weil ihm die schwergewichteten Tech-Riesen wie in den USA fehlen, die in einer eigenen Liga spielen. Zudem ist die US-Konjunktur weitaus robuster als in Europa und hier besonders in Deutschland.
Damit lebt das hohe Niveau fundamental primär von der Aussicht auf sinkende Zinsen, sofern die nunmehr in Fahrt kommende heimische Berichtssaison nicht ebenfalls noch besondere Leckerbissen bereithalten sollte - wonach es aber nicht aussieht. Auch die Markttechnik stützt den DAX nach dem Erreichen eines neuen Rekordhochs. "Damit setzt sich der Anfang November vergangenen Jahres gestartete Aufwärtstrend in diesem Jahr eindrucksvoll fort", unterstreicht Jochen Stanzl von CMC Markets.
Das Sahnehäubchen zum Wochenschluss kam derweil aus dem US-Tech-Sektor. Genau genommen waren es die Zahlen der US-Tech-Giganten Amazon und Meta vom Vorabend, die für neue Kauflaune sorgten. Experten zufolge wurden die Quartalsergebnisse den hohen Erwartungen gerecht.
Die Aktien des Online-Händlers und der Facebook-Mutter stiegen deutlich an. Meta explodierten förmlich und markierten bei 485,96 Dollar ein neues Rekordhoch. Am Ende gingen die Papiere bei 474,99 Dollar aus dem Handel, ein fantastischer Tagesgewinn von 20,32 Prozent. Amazon gewannen zum Schluss ebenfalls deutlich um 7,87 Prozent auf 171,81 Dollar.
Der Euro hat sich im späteren US-Handelsverlauf kaum mehr bewegt. Nachdem robuste Daten vom US-Arbeitsmarkt die Gemeinschaftswährung deutlich belastet hatten, blieb dies auch im weiteren Verlauf so. Zuletzt wurde sie mit 1,0793 Dollar gehandelt und damit rund einen Cent unter dem Tageshoch. Die Europäische Zentralbank hatte den Referenzkurs zuvor in Frankfurt auf 1,0883 (Donnerstag: 1,0814) Dollar festgesetzt. Der Goldpreis fiel ebenfalls um rund 0,9 Prozent auf 2.037 Dollar. Der hohe Dollarkurs macht das gelbe Edelmetall für Dollar-Ausländer teurer, was auf die Nachfrage und damit auf den Preis drückt.
Auch die Ölpreise, die zuvor noch zugelegt hatten, rutschten deutlich um über zwei Prozent ab. Tags zuvor waren die Notierungen nach einem Bericht der Nachrichtenagentur Bloomberg über angeblich fortgeschrittene Verhandlungen über eine Feuerpause im Gaza-Krieg kräftig gesunken.
Im DAX waren Autowerte gefragt. Solide Zahlen von Mercedes-Benz sorgten für gute Stimmung im Sektor. Papiere von Porsche stiegen um rund 4,00 Prozent und waren damit der größte DAX-Gewinner. Auch BMW und Volkswagen notierten fester.
Mercedes-Benz erfreute die Anleger mit höheren operativen Mittelzuflüssen aus dem Industriegeschäft, der sogenannte Free Cash-flow lag 2023 bei 11,3 Milliarden Euro und damit deutlich über den Erwartungen. Mercedes-Benz-Aktien verteuern sich um knapp drei Prozent.
Anfangs überproportionale Kursgewinne kann auch die Zalando-Aktie einfahren, am Ende stand ein Plus von gut zwei Prozent. Ein positiver Analystenkommentar verleiht der Erholung der zuletzt arg gebeutelten Papiere frischen Schwung. Morgan-Stanley-Analystin Miriam Josiah stufte die Aktien bei einem unveränderten Kursziel von 26 Euro von "Equal-weight" auf "Overweight" hoch. Die Expertin geht davon aus, dass Zalando mit Blick auf den Absatz einer der größten Marktanteilsgewinner werden dürfte, sobald die hohe Inflation nachlasse.
Aktien von SAP erklommen im Verlauf ein weiteres Rekordhoch bei 165,90 Euro. Zuvor hatte das Analysehaus Jefferies die Titel des Softwarekonzerns zum Kauf empfohlen und das Kursziel von 135 auf 190 Euro angehoben. Analyst Charles Brennan sieht bei den Walldorfern nun eine höhere Wachstumsdynamik auf dem Niveau führender US-Konkurrenten und bei der Bewertung kurzfristig keine Obergrenze mehr.
Der Energieversorger E.ON hat 2023 die eigenen Prognosen geschlagen. Außerdem übertraf er mit seinem um Sondereffekte bereinigten Gewinn die Markterwartungen. Der bereinigte Konzernüberschuss belief sich 2023 laut vorläufigen Zahlen auf 3,1 Milliarden Euro - nach 2,7 Milliarden im Vorjahr.
Der staatliche Ölkonzern Abu Dhabi National Oil (Adnoc) muss einem Pressebericht zufolge bei den Übernahmegesprächen mit dem deutschen Chemiekonzern Covestro wohl tiefer in die Tasche greifen. Der zuletzt gebotene Preis habe nicht den erhofften Durchbruch bei den Übernahmeplänen gebracht, berichtete das "Handelsblatt" heute unter Berufung auf mehrere Insider. Die Gespräche verliefen stockend, eine konkrete und offizielle Offerte der Araber liege weiterhin nicht vor. Kurz vor Weihnachten hatte die Nachrichtenagentur Bloomberg über ein Angebot von 60 Euro je Aktie berichtet, das den DAX-Konzern mit rund 11,3 Milliarden bewerten würde. Covestro-Aktien gaben nach.
Beim Auto- und Industriezulieferer Schaeffler gibt die Eigentümerfamilie zum ersten Mal einen Teil der Macht ab. Aufsichtsratschef Georg Schaeffler und seine Mutter Maria-Elisabeth Schaeffler-Thumann stimmten heute auf einer außerordentlichen Hauptversammlung in Herzogenaurach der Umwandlung der bisher stimmrechtslosen Vorzugsaktien in Stammaktien zu. Auch 99,88 Prozent der Vorzugsaktionäre stimmten dem zu, wie Georg Schaeffler mitteilte. Die Umwandlung ist ein Baustein der Übernahme des Autozulieferers Vitesco, der ehemaligen, abgespaltenen Antriebssparte von Continental, der bis zum vierten Quartal in der Schaeffler AG aufgehen soll.
Beim Schaeffler-Börsengang 2015 hatte die Familie nur Vorzugsaktien verkauft und die Stammaktien zu 100 Prozent behalten. Künftig soll die Familie noch 70 Prozent an dem börsennotierten Unternehmen halten. Die Schaeffler AG hatte sich mit einem 3,8 Milliarden Euro schweren Übernahmeangebot 88,8 Prozent an Vitesco gesichert. Im nächsten Schritt sollen die Hauptversammlungen beider Unternehmen am 24. bis 25. April dem Verschmelzungsvertrag zustimmen. Spätestens mit der Einladung ist auch klar, wie viele Schaeffler-Papiere die Vitesco-Aktionäre erhalten, die ihre Aktien behalten haben.
Die Dividende für das abgelaufene Jahr wird voraussichtlich zum letzten Mal getrennt für Stamm- und Vorzugsaktionäre von Schaeffler festgelegt. Vorstandschef Klaus Rosenfeld kündigte an, die Dividende bei 45 Cent je Aktie für die Vorzugsaktien stabil zu halten. Die Familie Schaeffler enthält für jede Stammaktie wie üblich einen Cent weniger, also 44 Cent.
Die Hängepartie um den geplanten Verkauf der Südostasien-Aktivitäten brachte Delivery Hero in schqwere Turbulenzen. Der Kurs des Essenslieferdienstes sackte um 22,5 dramatisch ab auf ein Rekordtief. Die Papiere setzten so ihren rapiden Kursrutsch fort.
Hintergrund war ein Bericht der "Business Times" aus Singapur, wonach ein Deal zum Verkauf des Foodpanda-Geschäfts in Südostasien wegen unterschiedlicher Preisvorstellungen gescheitert sei. Von Delivery Hero hieß es daraufhin, die Gerüchte seien falsch. Verhandlungen über den potenziellen Verkauf liefen weiter. Mit wem gesprochen wird, blieb allerdings offen. Das half dem Kurs am Ende wenig.
Begleitet von Protesten der Mitarbeiter hat sich der neue Chef des Industriekonzerns Thyssenkrupp, Miguel Lopez, heute auf der Hauptversammlung den Aktionären gestellt. Die Arbeitnehmervertreter werfen Lopez Alleingänge und mangelnde Transparenz vor. "Mitbestimmung erhalten" war auf Transparenten der Mitarbeiter zu lesen, die vor dem Kongresscenter in Bochum demonstrierten.
Firmenchef López hat derweil seine Entschlossenheit bekräftigt, den Zustand des Industriekonzerns zu verbessern. "Wir müssen Ihnen in Zukunft wieder mehr bieten als eine minimale Rendite und einen unbefriedigenden Aktienkurs", sagte er.
Die Parfümeriekette Douglas will Kreisen zufolge noch in diesem Monat die Rückkehr auf das Börsenparkett offiziell starten. Das Unternehmen wolle dabei neue Aktien im Wert von rund einer Milliarde Euro ausgeben, berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf mit der Angelegenheit vertraute Personen. Der Eigentümer CVC Capital Partners wolle zudem eigene Aktien anbieten. Vertreter von Douglas und der Beteiligungsgesellschaft hätten einen Kommentar abgelehnt.
Der Tech-Rausch ist heute an Apple vorbeigegangen. Dies, obwohl sich nach vier Quartalen mit Umsatzrückgängen das Geschäft wieder leicht erholte. Dies verdanke sein Unternehmen dem Erfolg der neuesten iPhone-Generation, so Firmenchef Tim Cook. Der Konzernumsatz stieg überraschend deutlich um zwei Prozent auf 119,58 Milliarden Dollar. Der Gewinn übertraf mit 2,18 Dollar je Aktie ebenfalls die Markterwartungen. Das wichtige China-Geschäft enttäuschte dagegen erneut, was der Aktie ein Minus von 0,54 Prozent einbrachte. Damit grenzte das Papier zwar stärkere Verluste aus der Eröffnung im Verlauf ein, zu mehr reichte es aber nicht mehr.