Börsenhändler arbeiten auf dem Parkett der New Yorker Börse.
marktbericht

Wall Street uneinheitlich Risikobereitschaft sinkt

Stand: 05.09.2023 22:14 Uhr

Anhaltende Zweifel über die Zins- und Konjunkturentwicklung ließen an den New Yorker Börsen keine klare Richtung aufkommen. Der DAX verbuchte den dritten Verlusttag in Folge.

Nach dem langen Wochenende haben die Aktienmärkte in New York keine klare Richtung gefunden. Während der Dow Jones mit einem Abschlag von 0,56 Prozent aus den Handel ging, verbuchte der Technologieindex Nasdaq 100 ein leichtes Plus von 0,11 Prozent.

Zum Wochenstart waren die Börsen in New York wegen des Feiertags "Labor Day" geschlossen geblieben.

Im Verlauf wurde der Markt wieder von Zinshoffnungen gestützt. So hat die US-Industrie im Juli gegenüber dem Juni 2,1 Prozent weniger Aufträge eingesammelt. Zudem deutete ein führender Notenbanker der Federal Reserve (Fed) eine mögliche Zinspause an. Die jüngsten Konjunkturdaten erlaubten es der Zentralbank, vorsichtig zu agieren, sagte Fed-Direktor Christopher Waller dem Sender CNBC. "Es gibt nichts, was darauf hindeutet, dass wir bald etwas unternehmen müssen", fügte er hinzu.

Trotz der zuletzt schwächeren Daten setzen die US-Investoren darauf, dass der US-Wirtschaft eine Rezession in naher Zukunft erspart bleibt. Die US-Investmentbank Goldman Sachs sieht die Wahrscheinlichkeit derzeit noch bei 15 nach bisher 20 Prozent. Denn die nachlassende Inflation und der weiter widerstandsfähige Arbeitsmarkt deuteten darauf hin, dass die Fed den Leitzins nicht weiter anheben müsse. Die Währungshüter entscheiden am 20. September über ihre weitere Geldpolitik.

Am deutschen Aktienmarkt dominierte die Konjunkturentwicklung in China das Geschehen. Das vom Wirtschaftsmagazin Caixin ermittelte Stimmungsbarometer für die chinesischen Dienstleister im August gab deutlich nach. Die Kennzahl sank gegenüber dem Vormonat um 2,3 Punkte auf 51,8 Zähler. Das war der tiefste Stand seit acht Monaten und deutlich schwächer, als Analysten erwartet hatten.

Der DAX fiel am Vormittag um bis zu 0,8 Prozent auf 15.691 Punkte zurück, konnte sein Minus bis zum Handelsende auf 0,34 Prozent eingrenzen.

Die Negativserie im noch jungen Börsenmonat September hat sich damit fortgesetzt. Am Freitag hatte der DAX 0,7 Prozent verloren, gestern ging es um 0,1 Prozent abwärts. Aus statistischer Perspektive ist das kaum verwunderlich, schließlich ist der September der schlechteste Börsenmonat überhaupt.

Auch die Europäische Zentralbank (EZB) könnte eine Zinspause einlegen. Entsprechende Spekulationen drückten den Euro auf den tiefsten Stand seit Mitte Juni. Am Abend kostete die Gemeinschaftswährung 1,0720 Dollar und damit über einen dreiviertel Cent weniger. Auch der Goldpreis rutschte tiefer ins Minus, am Abend notierte die Feinunze bei 1.926 Dollar.

"Wir erwarten, dass die Kerninflation im Laufe des Herbstes zurückgeht", erklärte EZB-Chefvolkswirt Philip Lane gegenüber dem irischen Magazin "The Currency". Zudem gab es erneut schwache Wirtschaftsdaten aus der Eurozone. Der Einkaufsmanagerindex von S&P Global fiel im August um 1,9 Punkte auf 46,7 Zähler. Damit lag der Frühindikator so niedrig wie zuletzt im November 2020.

Erstmals seit November kostete ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent zur Lieferung im November wieder mehr als 90 Dollar. Am späten Abend lag die Notierung knapp darunter. Sowohl Saudi-Arabien als auch Russland kündigten an, ihre Ölförderkürzungen bis mindestens zum Ende des Jahres zu verlängern. Saudi-Arabien erklärte, bis Ende Dezember maximal eine Million Barrel Rohöl pro Tag zu fördern. Russland kündigte für denselben Zeitraum eine Begrenzung der Ölförderung auf 300.000 Barrel pro Tag an.

Im August hatte die Regierung in Riad gewarnt, die Fördermenge könne noch weiter sinken als eine Million Barrel pro Tag. Das Limit wurde nun aber beibehalten. Die OPEC+-Staaten hatten erstmals im vergangenen Oktober beschlossen, die Produktion zu senken, um die Preise zu stabilisieren. Die USA kritisierten diesen Schritt scharf und warfen dem Verbündeten Saudi-Arabien vor, sich im Ukraine-Konflikt auf die Seite Russlands zu schlagen.

Im DAX waren Autowerte gefragt. Bundeskanzler Olaf Scholz eröffnete offiziell die Auto- und Verkehrsmesse IAA Mobility in München. Dabei kam es zu Protesten unter anderem durch Aktivisten der Organisation Greenpeace. Scholz sagte, die deutsche Automobilindustrie mit ihren mehr als 750.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sei ein "zentraler Treiber des Aufbruchs" in Richtung einer nachhaltigen Zukunft.

"Die Wettbewerbsfähigkeit der Autoindustrie in Deutschland steht außer Frage", sagte Scholz mit Blick auf die vielen chinesischen Autobauer, die erstmals auf der Automesse auftreten. Auf die Kritik der Autobranche am Standort Deutschland ging er nicht ein.

Die Bundesregierung schaffe die Voraussetzungen dafür, dass Deutschland bis 2045 klimaneutral und zugleich starkes Industrieland bleibe, so der SPD-Politiker. Er nannte Investitionen des Staates in Schienen, Straßen und Brücken, Glasfaserleitungen, Ladesäulen oder Wasserstoffnetze. Der Kanzler kündigte für die nächsten Wochen ein Gesetz an, das Tankstellenbetreiber dazu verpflichten soll, schnelle Lademöglichkeiten für Elektroautos zur Verfügung zu stellen. 

Im DAX war die Commerzbank-Aktie der größte Verlierer. Die britische Bank Barclays hatte die Papiere von "Equal Weight" auf "Underweight" herabgestuft und das Kursziel von 12,50 Euro auf 10,80 nach unten korrigiert. Das Finanzinstitut generiere weniger Kapital als der breite Branchendurchschnitt, bemängelten die Analysten. Es gebe ein größeres Risiko, dass die Schätzungen für den Zinsüberschuss zu hoch lägen.

Der Rüstungskonzern Rheinmetall will bei der Wartung des Tarnkappenbombers F35 nach einem Medienbericht künftig mit der Techniksparte der Lufthansa zusammenarbeiten. Die Kooperation soll am 19. September besiegelt werden, wie "Business Insider" schreibt.

Heute teilte Rheinmetall mit, dass der Konzern erstmals Munition für den Flugabwehr-Panzer Gepard an die Ukraine geliefert hat. Es sollen weitere Chargen folgen, bis Jahresende insgesamt 40.000 Schuss. Der Bund bezahlt die Munition, er hat der Ukraine bereits 46 Gepard-Panzer überlassen und sechs weitere zugesagt. Insgesamt hat Rheinmetall einen Auftrag über 300.000 Schuss Gepard-Munition bekommen. Die Produktion war aufwändig, weil die Munition des bei der Bundeswehr ausrangierten Flak-Panzers teilweise neu entwickelt werden musste.

Der Öl- und Gaskonzern Wintershall Dea tritt nach dem Aus seiner Geschäfte in Russland heftig auf die Kostenbremse. Rund 500 der weltweit mehr als 2000 Stellen sollen abgebaut werden, davon etwa 300 in Deutschland. "Wir haben unsere Unternehmensstrategie auf die Herausforderungen für die Energiebranche und den beschlossenen Russland-Exit angepasst und fokussieren unsere Organisationsstruktur entsprechend", begründete Vorstandschef Mario Mehren den Kahlschlag. Der Konzern erhofft sich durch die Maßnahmen jährliche Kosteneinsparungen von 200 Millionen Euro.

Wintershall Dea hatte im Januar das Aus seiner Geschäfte in Russland angekündigt - faktisch wurde der Konzern wirtschaftlich enteignet. Die Geschäfte machten zuletzt rund 50 Prozent der gesamten Produktion aus. Bis Mitte 2024 soll die rechtliche Trennung von den russischen Beteiligungen abgeschlossen sein. Das Unternehmen entstand 2019 aus dem Zusammenschluss der BASF-Tochter Wintershall mit dem Rivalen Dea. Der Ludwigshafener Chemiekonzern hält noch 72,7 Prozent, der Rest liegt bei der ehemaligen Dea-Eignerin LetterOne.

SAP macht beim geplanten Rückzug aus Russland den nächsten Schritt. Der Walldorfer Softwarekonzern teilte auf Anfrage mit, Wartungsverträge mit dortigen Kunden würden nicht erneuert. "Daher werden alle Wartungsverträge Ende 2023 auslaufen." Zunächst hatte das russische Blatt "Kommersant" über die Entscheidung berichtet.

Bei der regulären halbjährlichen Index-Überprüfung der DAX-Familie am späten Abend blieb die Besetzung des DAX wie erwartet unverändert. In den Index der mittelgroßen Werte MDAX wird United Internet aufgenommen, weichen muss dafür der Maschinenbauer Krones. In den Nebenwerte-Index SDAX steigen mit der Thyssenkrupp-Wasserstofftochter Nucera und dem Internet-Diensteanbieter Ionos gleich zwei Börsenneulinge auf. Ausscheiden muss dafür Basler. Die Änderungen werden am 18. September wirksam.

Der Ausfall eines Zulieferers nach dem Hochwasser in Slowenien sorgt bei Volkswagen für immer mehr Ausfälle. Nach den Werken in Portugal und Hannover kündigte jetzt auch das Stammwerk in Wolfsburg an, ab Mitte September die Produktion zu drosseln. Der Konzern will das Problem nun zügig in den Griff bekommen, bis Ende des Jahres sei das Thema "ausgestanden".

Der Autozulieferer Continental rechnet mit neuem Geschäft durch Hersteller aus China, die nach Europa drängen. "Wir gehen davon aus, dass die chinesischen Hersteller in Europa dann auch Werke errichten, um hier Autos zu bauen", sagte Conti-Chef Nikolai Setzer. "Wir als globaler Zulieferer sind da ein Partner, der das jederzeit unterstützt. Wir stehen Gewehr bei Fuß."

Airbus und Air France-KLM haben exklusive Gespräche über die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens für Wartungsdienstleistungen für A350-Komponenten aufgenommen. Wie der europäische Flugzeugbauer mitteilte, soll das Joint Venture auch Lieferkettenmanagement und Reparaturen anbieten. Airbus und die Fluggesellschaft Air France-KLM würden jeweils 50 Prozent der Anteile an dem Gemeinschaftsunternehmen halten.

Der Windanlagenbauer Nordex konnte im laufenden dritten Quartal in Deutschland bereits mehrere Aufträge an Land ziehen. Nordex werde für verschiedene Kunden 32 Anlagen für Projekte unter anderem in Niedersachsen, Brandenburg, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen liefern, teilte der MDAX-Konzern mit. Die im Juli und August erhaltenen Aufträge hätten eine Leistung von insgesamt 181 Megawatt.

Nach dem langen Poker um einen Verkauf des englischen Fußball-Rekordmeisters Manchester United scheinen sich die Hoffnungen der Anlegerinnen und Anleger in Luft aufzulösen. Die in New York notierten Aktien standen deutlich unter Druck, nachdem die Zeitung "The Mail" am Wochenende über einen Rückzieher der Eigentümer des Clubs berichtet hatte.

Amazon hat große Partner in der Telekom-Branche für ein geplantes Netzwerk von Internet-Satelliten gefunden. Vodafone und die afrikanische Tochter Vodacom wollen auf das System mit dem Namen Kuiper zurückgreifen, um in einigen Gebieten ihre Netzabdeckung auszuweiten, wie die Unternehmen mitteilten. Amazon will im kommenden Jahr erste Testkunden mit Internet aus dem All versorgen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 05. September 2023 um 09:00 Uhr.