Eine amerikanische Flagge hängt auf der Fassade der New Yorker Börse. Links im Vordergrund der Leuchtschriftzug "USA" auf einem Imbisswagen.
marktbericht

Neue Rekordstände US-Anleger bleiben in Kauflaune

Stand: 07.11.2024 22:18 Uhr

An der Wall Street feierten die Anleger den zweiten Tag in Folge den Wahlsieg Donald Trumps - mit neuen Rekorden. Zudem senkte die Notenbank erneut den Leitzins, was aber erwartet worden war.

Nachdem der Wahlsieg Donald Trumps die US-Anleger schon am Vortag euphorisiert hatte, setzte sich der Höhenflug der Wall Street heute fort. Die wichtigsten Indizes erreichten allesamt Rekordhöhen. Die Zinsentscheidung der US-Notenbank hatte auf die Kurse keinen Einfluss, sie war so erwartet worden.

Der Dow Jones, der am Vortag noch 3,6 Prozent höher bei 43.729 Punkten geschlossen hatte, tat sich heute allerdings schwerer. Zwar markierte der Index im frühen Geschäft bei 43.810 Punkten ein weiteres Rekordhoch, viel mehr kam aber nicht mehr hinzu. Am Ende stand der Index unverändert bei 43.729 Punkten.

Die Erwartungen der Anleger, dass Trump als Präsident die Unternehmenssteuern senken und die Regulierung lockern würde, hatten für kräftige Kurssprünge gesorgt. Einige Aktien, die deswegen steil angestiegen waren, gaben ihre Gewinne teils wieder ab. So fielen Trump Media & Technology um 23 Prozent.

Hauptgewinner waren die Technologieaktien, die derzeit sowohl von der politischen Agenda Trumps, als auch vom sinkenden Zinsniveau besonders profitieren. Der Nasdaq Composite-Index schloss um 1,5 Prozent höher und erreichte im Verlauf bei 19.301 Zählern ein weiteres Rekordniveau. Ebenso wie der Auswahlindex Nasdaq 100, der 1,54 Prozent vorrückte auf 21.101 Punkzte und seine neue Bestmarke bei 21.132 Punkten erreichte. Erstmals übersprang der Index damit im Verlauf die Marke von 21.000 Punkten. Der breit gefasste S&P 500 legte 0,74 Prozent auf 5.973 Stellen zu und setzte sein neues Allzeithoch bei 5.983 Punkten.

Die Aktien von Nvidia setzten derweil ihren Rekordlauf vom Vortag fort und nähern sich der 150-Dollar-Marke. Zuletzt gewannen sie 2,24 Prozent auf 148,88 Dollar, nur knapp unter dem neuen Rekordhoch von 148,93 Dollar.

Damit hält Nvidia zugleich den beim Börsenwert dichtesten Verfolger Apple auf Abstand. So kommt der für seine KI-Chips bekannte Konzern derzeit auf eine Marktkapitalisierung von gut 3,6 Billionen Dollar, der iPhone-Konzern bringt 3,4 Billionen Dollar auf die Börsenwaage. Apple legten um 0,12 Prozent zu.

Am Freitag wird Nvidia in den US-Leitindex Dow Jones Industrial aufgenommen, in dem von 30 enthaltenen Aktien inzwischen sieben auf den Technologiesektor entfallen, darunter Amazon, Apple, Cisco, Intel, IBM, Microsoft und Salesforce. Intel muss den Index allerdings für Nvidia verlassen.

Der Zinsentscheid der Fed hatte kaum Einfluss auf den Handel, die Anleger reagierten gelassen. Erwartungsgemäß hat die Notenbank den Leitzins um einen Viertelprozentpunkt auf den neuen Zielkorridor von 4,50 bis 4,75 Prozent gesenkt.

Bankchef Jerome Powell betonte, dass der Wahlausgang kurzfristig keinen Einfluss auf die Geldpolitik der Fed habe und äußerte sich zuversichtlich zum Zustand der Wirtschaft. Die Inflationsrate war im September auf 2,4 Prozent gesunken. Im Jahr 2022 hatte diese zeitweise noch gut neun Prozent betragen.

Die Rate liegt derzeit aber noch etwas über dem von der Fed angestrebten Inflationsziel von zwei Prozent. "Die Inflation hat Fortschritte in Richtung des Zwei-Prozent-Ziels gemacht, bleibt aber etwas erhöht", heißt es in der Mitteilung der Notenbank.

Die von der Fed als Indikator für den Arbeitsmarkt beobachteten wöchentlichen Erstanträge auf Arbeitslosenunterstützung fielen derweil leicht höher und damit wie erwartet aus. Die Hilfsanträge legten um 3.000 auf 221.000 zu, wie das Arbeitsministerium am Nachmittag in Washington mitteilte. Volkswirte hatten im Schnitt mit 222.000 Anträgen gerechnet. Der Wert für die Woche zuvor wurde leicht nach oben revidiert, um 2.000 auf 218.000.

Die Börse steht derzeit ganz im Zeichen der Politik und bescheren den Anlegern ein Wechselbad der Gefühle. Nachdem gestern die Wiederwahl Donald Trumps zum US-Präsidenten für Tristesse gesorgt hatte, reagierten die Marktakteure heute erfreut auf das Ende der Berliner Ampel-Koalition.

Denn Marktbeobachter verbinden mit dem Aus der Ampel-Koalition in Berlin die Hoffnung auf eine fiskalpolitische Unterstützung für die angezählte deutsche Konjunktur. Auf Erholungskurs gingen dabei die am Vortag abgestraften Automobilaktien.

Neben den politischen Schlagzeilen ging heute auch die Berichtssaison der Unternehmen weiter, deren Beurteilung das eigentliche Kerngeschäft der Börse ist. Zahlreiche Unternehmen aus dem DAX, der zweiten Reihe und dem europäischen Ausland öffneten ihre Bücher.

War der DAX gestern noch im Verlauf bis auf 19.007 Punkte abgesackt, stand der deutsche Leitindex heute wieder 1,7 Prozent höher bei 19.362 Punkten. Im Tageshoch wurden 19.437 Punkte erreicht. Der Leitindex wetzte damit seine Scharte vom Vortag zwar aus, konnte das gestrige Tageshoch bei 19.563 Punkten aber nicht erreichen. Auch der MDAX der mittelgroßen Werte legte 0,73 Prozent zu auf 26.529 Punkte.

Dabei war gestern die Stimmung am deutschen Aktienmarkt noch ausgesprochen schlecht gewesen. Aus Furcht vor US-Handelshemmnissen hatte der DAX 1,1 Prozent auf 19.039 Punkte verloren. Donald Trump hatte angekündigt, Produkte aus China mit einem Strafzoll von 60 Prozent sowie Produkte aus Deutschland und allen anderen Teilen der Welt mit zehn bis 20 Prozent zu belegen. Der europäische Auswahlindex EuroStoxx50 verlor 1,4 Prozent.

Ökonomen sahen das Ende der Ampel-Koalition gelassen, es überwogen positive Reaktionen. Zentrale Forderung von Verbänden und Ökonomen nach dem Ende der Koalition sind Neuwahlen - und das möglichst bald. "Das Ende der Ampel-Regierung war überfällig und kam insofern nicht allzu überraschend", schrieb Carsten Mumm vom Bankhaus Donner & Reuschel. Nun bestehe die Chance eines "ökonomischen und politischen Aufbruchs".

Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing forderte ebenfalls zügige Reformen und einen stabilen Rahmen für die Finanzierung von Investitionen in der Wirtschaft. Deutschland könne sich keinen Stillstand mehr erlauben. "Jeder Monat mit fehlenden Reformen wird später nichts anderes als ein fehlendes Wachstumsjahr sein", schrieb er auf LinkedIn. Jetzt gehe es darum, eine stabile und zukunftsorientierte Regierung zu bilden.

Neben den beiden dominierenden politischen Themen hatten die Anleger auch den heutigen Zinsentscheid der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) am Abend im Blick. Ökonomen erwarteten überwiegend eine Zinssenkung um 0,25 Prozentpunkte in eine Spanne von 4,50 bis 4,75 Prozent. Der Wahlsieg von Donald Trump bei den US-Präsidentschaftswahlen dürfte sich wohl nicht unmittelbar auf die Entscheidung auswirken. Mittelfristig könnte der Wahlsieg jedoch starke Auswirkungen auf die US-Geldpolitik haben.

"Niedrigere Unternehmenssteuern und höhere Zölle haben auch Implikationen für die US-Geldpolitik", kommentierte Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank. So würden niedrigere Steuersätze das Wachstum befördern und höhere Zölle die Inflation antreiben. "Käme es so, müsste auch die US-Notenbank Fed von ihren geplanten Zinssenkungen Abschied nehmen", schreibt Gitzel.

Die britische Notenbank um ihren Chef Andrew Bailey hat ihren Leitzins derweil wie erwartet gesenkt. Er werde um 0,25 Prozentpunkte auf 4,75 Prozent reduziert, teilte die Bank of England am Donnerstag nach ihrer geldpolitischen Sitzung in London mit. Bankvolkswirte hatten mit dieser Entscheidung gerechnet. Es ist die zweite Senkung seit Beginn der Zinswende. Anfang August hatte die Notenbank erstmals seit der großen Inflationswelle die Zinsen reduziert.

In Großbritannien hatte sich die Inflation zuletzt deutlich abgeschwächt. Im September ging die Teuerung auf 1,7 Prozent zurück, nachdem sie im Monat zuvor noch bei 2,2 Prozent gelegen hatte. Das britische Pfund erhielt nach den geldpolitischen Beschlüssen Auftrieb. Im Handel mit dem US-Dollar konnte das Pfund frühe Kursgewinne ausbauen.

Umgekehrte Welt auch am Devisenmarkt, wo der Euro die Verluste des Vortages aufholt. Zuletzt wurden im US-Handel 1,0802 Dollar bezahlt, rund ein Cent mehr als gestern im Tief. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0785 (Mittwoch: 1,0695) Dollar fest.

Nach dem Sieg von Donald Trump bei den Präsidentschaftswahlen war der Euro zeitweise unter 1,07 Dollar gefallen und damit auf den tiefsten Stand seit etwa vier Monaten. Am Devisenmarkt richtet sich der Fokus im Tagesverlauf aber wieder stärker auf die Geldpolitik. Am Rohstoffmarkt veränderte sich der Ölpreis kaum, der Goldpreis erholt sich von den Verlusten des Vortages und stieg gut 1,5 Prozent.

Rheinmetall steuert aufgrund der gestiegenen Rüstungsausgaben der westlichen Staaten nach dem russischen Überfall auf die Ukraine auf Rekordkurs. Die Aktie gewann stark über neun Prozent und stand an der DAX-Spitze.

Der Umsatz kletterte nach neun Monaten um 36 Prozent auf rund 6,3 Milliarden Euro. Das operative Ergebnis legte um 72 Prozent auf 705 Millionen Euro zu. Der Auftragseingang kletterte auf über 21 Milliarden Euro. Der Auftragsbestand erreichte nun eine Höhe von insgesamt rund 52 Milliarden Euro.

Der Ingolstädter Autobauer Audi steht einem Medienbericht zufolge vor einem Stellenabbau. Mittelfristig sollten hauptsächlich im indirekten Bereich Jobs gestrichen werden, allein in der Entwicklung gehe es um mehr als 2.000 Arbeitsplätze, berichtete das "Manager Magazin" unter Berufung auf Insider.

Die Zielgröße im indirekten Bereich liege bei einem Abbau von rund 15 Prozent, das wären allein in Deutschland etwa 4.500 Jobs. Die Volkswagen-Tochter bestätigte, dass derzeit der Vorstand mit dem Betriebsrat verhandle, äußerte sich aber nicht zur Zahl der möglicherweise betroffenen Stellen.

Wirbelstürme und andere Katastrophen haben den weltgrößten Rückversicherer Munich Re im dritten Quartal mehr als doppelt so viel gekostet wie ein Jahr zuvor. Die Großschäden in der Rückversicherung summierten sich auf 1,6 Milliarden Euro. Am teuersten schlug mit einer halben Milliarde Euro Hurrikan "Helene" in den USA zu Buche. Im dritten Quartal verdiente die Munich Re wegen der hohen Schäden unter dem Strich 930 Millionen Euro und damit ein Fünftel weniger als ein Jahr zuvor.

Der weltweit zweitgrößte Rückversicherer Swiss Re muss überraschend eine Milliardensumme für Schäden in den USA zurücklegen. Grund dafür seien Schäden aus früheren Jahren im US-Haftpflichtgeschäft, teilte die Konkurrentin des Weltmarktführers Munich Re heute in Zürich mit. Der neue Swiss-Re-Chef Andreas Berger kappte deshalb das Gewinnziel für das laufende Jahr. Statt 3,6 Milliarden US-Dollar dürfte der Überschuss nur die Marke von 3 Milliarden Dollar (2,8 Mrd Euro) übersteigen.

Die von Analysten und Investoren als Befreiungsschlag angesehene milliardenschwere Reserveaufstockung für das US-Geschäft trieb die Aktien des Rückversicherers um bis zu acht Prozent hoch auf den höchsten Stand seit mehr als 22 Jahren.

Der Labordienstleister Qiagen hat sich im vergangenen Quartal erfolgreich gegen die anhaltende Schwäche in der Biopharmabranche gestemmt. Finanzchef Roland Sackers sprach von einem großen Erfolg in einem schwierigen Marktumfeld. Die Führungsspitze um Qiagen-Chef Thierry Bernard bestätigte ihr Umsatzziel und hob die Gewinnprognose ein weiteres Mal an.

An der Börse war die Qiagen-Aktie am vorletzten Handelstag der Woche einer der großen Gewinner im DAX mit einem Kurssprung von bis zu sechs Prozent. Zuletzt lag das Papier in einem freundlichen Gesamtmarktumfeld noch 2,83 Prozent vorne. Branchenkenner zollten dem Bericht Lob und sprachen von starken Resultaten und einem beeindruckenden Wachstum.

Konzernweit sei der Erlös um fünf Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf 502 Millionen Dollar (467 Mio Euro) gestiegen, teilte der Konzern bereits am Mittwoch nach US-Börsenschluss mit. Der größte Umsatzsprung gelang mit dem Testgerät Qiastat-X. Das symptomatische Testen bei Atemwegserkrankungen werde immer wichtiger, sagte Sackers. Dies sorge für eine steigende Nachfrage nach dem Gerät, das Qiagen zu seinen wichtigsten Wachstumsträgern zählt.

Der Nutzfahrzeughersteller Daimler Truck hat im dritten Quartal weiter die Schwäche der europäischen Wirtschaft zu spüren bekommen. Dank des nach wie vor brummenden Markts in Nordamerika konnten die Schwaben den Rückgang des Ergebnisses aber im Zaum halten. Umsatz- und Ergebnisrückgang fielen nicht so deftig aus wie von Experten gedacht. Unter dem Strich kam die Schwäche in China aber teuer zu stehen. Die in den vergangenen Monaten stark gelaufene Aktie legte heute im DAX weiter deutlich um rund drei Prozent zu.

Gestiegene Absatzmengen und Einsparungen haben dem Spezialchemiekonzern Lanxess zu einem Ergebnissprung verholfen. Das Betriebsergebnis (Ebitda) vor Sondereinflüssen stieg im dritten Quartal um mehr als 45 Prozent auf 173 Millionen Euro. Der Umsatz lag mit 1,598 Milliarden Euro nahezu auf dem Niveau des Vorjahreszeitraums, denn Gegenwind kam von niedrigeren Verkaufspreisen.

Dank einer anziehenden Nachfrage hat Delivery Hero sein Wachstum beschleunigt. Daher stellte der Lebensmittel-Lieferdienst heute ein Gesamtjahresplus am oberen Ende der angepeilten Spanne in Aussicht. Beim operativen Ergebnis müsse allerdings mit einem Wert am unteren Ende der Spanne gerechnet werden. Zum geplanten Börsengang der wachstumsstarken Nahost-Tochter Talabat wollte sich das Unternehmen nicht äußern. Die Aktie schwankte daraufhin im MDAX in einer Spanne von etwa minus vier und plus vier Prozent. Zuletzt notierte sie gut 2,8 Prozent niedriger.

Das über die Plattform gehandelte Brutto-Warenvolumen (GMV) stieg den Angaben zufolge währungsbereinigt um gut neun Prozent auf 12,25 Milliarden Euro. Rechne man das schrumpfende Asien-Geschäft heraus, ergebe sich sogar ein Plus von 25 Prozent. Für das Gesamtjahr rechnet Delivery Hero mit einem Anstieg des GMV um sieben bis neun Prozent und der Konzernerlöse um 18 bis 21 Prozent. Das operative Ergebnis prognostiziert die Firma auf 725 bis 775 Millionen Euro.

Der Barmittelzufluss werde voraussichtlich bei 50 bis 100 Millionen Euro liegen. Bislang hatte das Unternehmen einen Wert über Null in Aussicht gestellt. Die Analysten der Bank JPMorgan bezeichneten das robuste Wachstum im Berichtszeitraum zwar als ermutigend. Der zurückhaltende Gewinnausblick setze aber ein Fragezeichen hinter notwendige Investitionen, vor allem im schwächelnden Asien-Geschäft.

Der Bausoftwarehersteller Nemetschek hat im dritten Quartal dank der GoCanvas-Übernahme deutlich zugelegt. Zugleich schmälerten die Einmalkosten aber die Ergebnisse. Konzernchef Yves Padrines sieht sein Unternehmen auf Kurs, die "Ziele für 2024 voll und ganz zu erreichen."

An der Börse sorgten die Neuigkeiten heute für gute Laune, weil die Zahlen besser ausfielen als von Analysten erwartet. Die im TechDAX enthaltene Nemetschek-Aktie stand am Ende des Tages an der Indexspitze mit einem Plus von fast fünf Prozent. Zwischenzeitlich war es im Verlauf schon um bis zu zehn Prozent nach oben gegangen.

In den ersten neun Monaten erhöhte sich der Umsatz des Windturbinenhersteller Nordex um 14 Prozent auf 5,1 Milliarden Euro. Das Ebitda verbesserte sich deutlich auf 189 Millionen Euro. Hier war im Vorjahr ein Verlust von 67 Millionen Euro angefallen. Die Ebitda-Marge liegt bei 3,7 Prozent. Im dritten Quartal verbesserte sich die Marge dabei von 0,1 auf 4,3 Prozent.