Händler an der New Yorker Börse
Marktbericht

DAX zeitweise unter 12.000 Kräftige Gegenreaktion

Stand: 28.09.2022 22:11 Uhr

Die Wall Street konnte sich zur Wochenmitte von den jüngsten Verlusten deutlich erholen. Auch der DAX fing sich wieder. Alle Augen richten sich nun auf den morgigen milliardenschweren Börsengang von Porsche.

Nach einer Reihe verlustreicher Tage haben sich die Aktienmärkte in New York deutlich erholt, ohne dass es fundamental neue Entwicklungen gab. Der Dow Jones ging 1,88 Prozent höher aus dem Handel. Gestern Abend hatten erneut Forderungen von Notenbankern nach einer harten geldpolitischen Gangart die Kurse belastet.

Auch die Technologietitel erholten sich kräftig. Der Nasdaq 100 verbuchte ein Plus von 1,97 Prozent. Vielleicht könne der Aktienmarkt seine Gewinne für ein paar Tage verteidigen, meinte Hugh Johnson, Chefvolkswirt des Research-Hauses Johnson Economics. "Angesichts der wachsenden Sorgen um die Konjunktur können wir den Ausdruck 'über den Berg' noch nicht verwenden."

Auch am deutschen Aktienmarkt kehrte im Verlauf wieder etwas Zuversicht ein. Zunächst war der DAX um bis zu 2,2 Prozent abgerutscht und unterschritt erstmals seit Herbst 2020 wieder die runde Marke von 12.000 Punkten. Zu den allbekannten Inflations-, Zins- und Rezessionssorgen kam zuletzt noch die Sorge um die Sicherheit der europäischen Energieinfrastruktur nach den mutmaßlichen Anschlägen auf die Nord-Stream-Pipelines.

Dank einer zuversichtlichen Vorbörse und einer Kurserholung in New York konnte sich dann aber auch der deutsche Markt wieder fangen. Der DAX kam am Ende auf ein Plus von 0,36 Prozent. Mehr als eine technische Reaktion auf die vorangegangenen Verluste ist aber derzeit nicht in Sicht.

Denn die fundamentalen Sorgen bleiben. Die weiter steigenden Zinsen drohen die allgemein erwartete Rezession noch zu vertiefen. Die Europäische Zentralbank (EZB) darf laut ihrer Präsidentin Christine Lagarde auf ihrem Zinserhöhungskurs im Kampf gegen die ausufernde Inflation nicht nachlassen. "Wir müssen mittelfristig die Inflation zurück bewegen auf zwei Prozent, und wir werden tun, was wir tun müssen, nämlich die Zinssätze in den nächsten Sitzungen weiter anheben", sagte sie heute in Frankfurt.

Die Konsumstimmung in Deutschland hat ein neues Rekordtief erreicht. Der Index der Nürnberger GfK-Marktforscher signalisiert für Oktober einen Rückgang um 5,7 Zähler auf minus 42,5 Punkte. Er fällt damit zum vierten Mal in Folge. Seit der Erhebung der Verbraucherlaune für Gesamtdeutschland 1991 wurde kein schlechterer Wert gemessen. Viele Haushalte seien momentan gezwungen, deutlich mehr Geld für Energie auszugeben, so die GfK.

Update Wirtschaft vom 28.09.2022

Bettina Seidl, HR, tagesschau24

Nachdem der Euro am Morgen mit 0,9535 Dollar erneut einen 20-jährigen Tiefstand markiert hatte, konnte er bis zum Abend viel Boden zum US-Dollar gut machen. Derzeit notiert die Gemeinschaftswährung bei 0,9730. Die US-Währung hatte zuletzt von der allgemein unsicheren Lage Auftrieb erhalten, da sie als weltweite Reservewährung gilt. Hinzu kommt der straffe geldpolitische Kurs der US-Notenbank Fed, die sich mit kräftigen Zinsanhebungen gegen die hohe Inflation stemmt.

Nach Tagen des Abschwungs bewegt sich auch der Goldpreis gegenüber dem Dollar wieder nach oben. Am Abend kostete eine Feinunze 1659,70. Ein krisenhaftes Umfeld ist eigentlich günstig für das Edelmetall, aber die weltweit anziehenden Zinsen hatten zuletzt deutlich schwerer gewogen. Als nicht zinstragende Anlage büßt Gold bei einem steigenden Zinsniveau relativ an Attraktivität ein.

Für viel Bewegung an der Wall Street sorgen neue Studiendaten in der Pharmabranche. Der Konzern Biogen und sein japanischer Forschungspartner Eisai haben mit Spannung erwartete Daten aus einer Studie mit dem neuen Alzheimer-Medikament Lecanemab veröffentlicht. Das Medikament kann demnach das Fortschreiten der Krankheit deutlich verlangsamen, die Unternehmen planen bereits den Zulassungsantrag. Die Nachrichten katapultierten die Biogen-Aktie um gut 36 Prozent nach oben und stützen die gesamte Branche.

Die Apple-Aktie stand dagegen unter Abgabedruck. Wegen fehlender Nachfrage will der Tech-Gigant laut Medienberichten die Produktion seiner neuen iPhone-Reihe nun doch nicht erhöhen. Der Konzern hat laut der Nachrichtenagentur Bloomberg seinen Zulieferern mitgeteilt, die Produktion im zweiten Halbjahr nicht mehr um bis zu sechs Millionen Einheiten zu steigern. Stattdessen plane der Konzern mit 90 Millionen Exemplaren der Produktlinie rund um das iPhone 14 und damit so vielen wie im Vorjahreszeitraum, hieß es im Bericht. Damit würde Apple zu seiner ursprünglichen Prognose aus dem Sommer zurückkehren.

Der größte Börsengang in Deutschland seit 1996 ist unter Dach und Fach. Volkswagen hat 113,9 Millionen Vorzugsaktien seiner Stuttgarter Sportwagen-Tochter Porsche AG zum Preis von je 82,50 Euro bei neuen Aktionären untergebracht, wie der DAX-Konzern am Abend mitteilte. Das ist das obere Ende der Zeichnungsspanne von 76,50 Euro bis 82,50 Euro. Damit wird die Volkswagen-Tochter zum morgigen Börsenstart mit gut 75 Milliarden Euro bewertet. Der Wolfsburger Autokonzern, der mit dem Börsengang knapp 9,4 Milliarden Euro einsammelt, kündigte außerdem eine Sonderdividende aus den Emissionserlösen an.

Schwächster DAX-Titel war die Deutsche Bank. Das Institut und seine Fondstochter DWS werden wie mehrere US-Banken wegen der Nutzung unerlaubter Kommunikationskanäle zur Kasse gebeten. Die US-Börsenaufsicht (SEC) brummte der größten deutschen Bank und ihrer Tochter eine Strafe von 125 Millionen Dollar auf. Die US-Derivateaufsicht (CFTC) verlangt weitere 75 Millionen Dollar.

Ein negativer Kommentar der Analysten von JPMorgan zur europäischen Stahlbranche drückte die Aktien von Thyssenkrupp und Salzgitter deutlich nach unten. Auch Kloeckner & Co. und die österreichische Voestalpine verloren deutlich. Die Branche hat erheblich unter den stark gestiegenen Energiekosten zu leiden.

Im TecDAX profitierte die Aktie des Biotech-Unternehmens MorphoSys von dem Forschungserfolg des US-Konzerns Biogen und des japanischen Partners Eisai beim Alzheimer-Medikament Lecanemab. Das Medikament kann demnach das Fortschreiten der Krankheit deutlich verlangsamen.

Schwach präsentierte sich erneut die Varta-Aktie. Im Nachgang der gekippten Jahresziele steigen Anleger weiter bei dem Batteriehersteller aus. Damit summiert sich das Minus der vergangenen fünf Handelstage auf über 40 Prozent. Nach Herunterstufungen diverser Broker senkte auch Berenberg sein Kursziel für den MDAX-Titel auf 45 von zuvor 75 Euro.

Deutschlands größter Immobilienkonzern Vonovia will Mietern nicht im Zusammenhang mit hohen Energiekosten kündigen. "Bei uns wird niemand eine Wohnung verlieren, nur weil die Heizkosten nicht gezahlt werden können", zitierte die "Welt" Vorstandschef Rolf Buch. Man kümmere sich intensiv um einzelne Fälle, in denen Mieter wegen hoher Energiepreise in Schwierigkeiten geraten seien. Notfalls können Vereinbarungen über Ratenzahlungen getroffen werden.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 28. September 2022 um 09:00 Uhr.