Marktbericht

FedEx-Debakel im Fokus US-Anleger ziehen sich zurück

Stand: 16.09.2022 22:26 Uhr

Ein desaströser Ausblick des Paketdienstes FedEx lastete zum Wochenschluss auf den US-Aktienmärkten. Zins- und Rezessionsängste wurden dadurch weiter befeuert.

Erschreckend schwache Eckdaten und eine Gewinnwarnung beim Logistiker FedEx haben die Wall Street zum Wochenschluss aus dem Tritt gebracht. Der Post-Konkurrent hat in den vergangenen drei Monaten schlechter abgeschnitten als erwartet und seine Gewinnprognose für das Gesamtjahr zurückgezogen. Die Aktie brach um 21,4 Prozent massiv ein.

Dies weckte sofort neue Rezessionsängste unter den Anlegern, schließlich gilt der Geschäftsverlauf eines weltweit tätigen Logistikers wie FedEx fast schon als eigener Konjunkturindikator.

"Die Zahlen von FedEx bestätigten einen Abschwung der Weltwirtschaft und drohende Rezessionen in Amerika und Europa", sagte Analyst Ole Hansen von der Saxo Bank. "Was die Leute beunruhigt, ist die Frage, ob dies der Frühindikator für Schlimmeres sein kann."

Im Verlauf fielen die amerikanischen Indizes auf den tiefsten Stand seit rund zwei Monaten, ehe sie sich im späten Geschäft aber noch erholten. Der Leitindex Dow Jones ging letztlich bei 30.822 Punkten nur moderat schwächer um 0,45 Prozent aus dem Handel. Schnäppchenjäger hatten im späten Geschäft auf niedrigerem Niveau noch zugegriffen. Im Tagestief stand der Dow bei 30.550 Punkten deutlich tiefer.

Die Technologiebörse Nasdaq gab stärker um 0,9 Prozent nach, auch der Auswahlindex Nasdaq 100 verlor 0,55 Prozent. Der marktbreite S&P-500-Index ging bei 3873 Zählern aus dem Handel, ein Minus von 0,72 Prozent.

Für den Dow ergibt sich ein Wochenverlust von 4,1 Prozent. Vor einem Monat hatte er noch ein Zwischenhoch bei 34.281 Punkten erreicht, von dem er mittlerweile um gut zehn Prozent zurückgefallen ist. Das Wochenminus für den Nasdaq-100-Index beläuft sich derweil auf 5,8 Prozent.

Übergeordnet bleibt die Zinswende der Fed das große Thema. Sie sorgt ebenfalls für Rezessionssorgen, denn Anleger befürchten, dass eine zu restriktive Geldpolitik der Fed der Konjunktur stark schaden könnte.

Zumal die Anleger bisher vergebens darauf warten, dass die jüngsten Zinserhöhungen der Notenbank Federal Reserve (Fed) im Kampf gegen die immer noch viel zu hohe Inflation von derzeit 8,3 Prozent Erfolge zeitigen. Erst wenn die Medizin der Fed zu wirken beginnt, dürfte es wieder mehr Optimismus an der Börse geben.

Konkret droht damit weiteres Ungemach in der kommenden Woche. Denn am Markt wird ein Zinsschritt der Fed von mindestens 75 Basispunkten erwartet, es könnte sogar einen ganz großen Zinsschritt von einem ganzen Punkt geben.

Ein solcher Schritt dürfte nicht ohne Folgen für die europäische Geldpolitik bleiben. "Solange die Fed als Leithammel der westlichen Notenbanken ihren Leitzinsturbo nicht zügelt, wird auch die EZB - soweit es die Konjunktur erlaubt - die Zinsen anheben, auch um den Euro nicht noch weiter zu schwächen", prognostizierte Robert Greil, Chefstratege von Merck Finck.

Mit einem Tagesverlust von 1,66 Prozent auf 12.741 Punkte beendete der DAX eine schwache Börsenwoche. Insgesamt gab der deutsche Leitindex in der abgelaufenen Handelswoche damit knapp 2,7 Prozent nach, obwohl es zum Wochenstart noch nach einer Erholung ausgesehen hatte.

"Eine Woche zum Vergessen", titelte denn auch Jürgen Molnar von CMC Markets. Der anfängliche Optimismus der Anleger hatte bereits am Dienstag einen Schlag durch die anhaltend hohe Teuerung in den USA erlitten.

Daraufhin geisterten Spekulationen durch den Raum, die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) könnte womöglich sogar zu einem massiven Zinsschritt von 100 Basispunkten gezwungen sein. Die Blicke der Anleger sind daher bereits fest auf die Zinssitzung der Fed in der kommenden Woche gerichtet.

Zudem hagelt hagelt es derzeit von allen Seiten deutliche Konjunkturwarnungen - ob wie heute vom Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank oder von zuletzt fast jedem deutschen Forschungsinstitut oder diversen Branchenvertretern. Alle prophezeien unisono, dass Deutschland und damit auch Europa in eine Rezession abgleiten werden.

So auch Martin Lück, Chef-Anlagestratege für Deutschland, Österreich und Osteuropa beim weltgrößten Vermögensverwalter Blackrock. "Sollten Strom- und Gaspreise weiter steigen, drohen Unternehmensschließungen und eventuell ein schmerzhafter Anstieg der Arbeitslosigkeit."

Dies mitten in einer durch die hohen Energiepreise induzierten höchsten Inflation seit über 40 Jahren - was wiederum unweigerlich die Notenbanken auf den Plan ruft die mit höheren Zinsen versuchen, gegenzusteuern. Ein Marktumfeld, wie es kaum schwieriger sein könnte. Auch eine Entspannung am Gasmarkt half da heute nicht.

Update Wirtschaft vom 16.09.2022

Klaus-Rainer Jackisch, HR, tagesschau24

Post-Aktie großer Verlierer im DAX

Kein Wunder also, dass sich die Anleger bei dieser Gemengelage vom Aktienmarkt zurückziehen, schließlich werden an der Börse im Idealfall zukünftige Gewinne gehandelt. An der Börse wurden die fundamentalen Warnungen lange ignoriert, zumal die Quartalsergebnisse der Unternehmen zum ersten Halbjahr noch überwiegend besser ausgefallen waren als erwartet.

Damit könnte es jetzt aber vorbei sein, wie die verheerende Gewinnwarnung des US-Logistikers FedEx heute den Börsenbullen, also den Käufern, schmerzhaft vor Augen führte. Es ist sehr wahrscheinlich, dass wir in den kommenden Tagen ähnliche Aussagen von anderen Unternehmen hören werden", warnte Naeem Aslam, Chef-Marktanalyst des Brokerhauses AvaTrade.

Auch die Papiere der Konkurrenten aus Europa und den USA gerieten unter Druck. Deutsche Post gehörten mit einem Minus von fast 6.6 Prozent zu den größten Verlieren im DAX.

Im Fokus stand heute zudem der Verfall auf Aktien- und Indexoptionen. "Nicht selten drehte der Markt nach solchen Terminen auch wieder in die andere Richtung, was wegen des übergeordnet weiterhin bestehenden Abwärtstrends hier eher Chancen nach oben bedeuten könnte", kommentierte Experte Molnar ausblickend.

Experten sind aber derzeit skeptisch, was einen Trendwechsel betrifft. nicht einmal ermutigende Konjunkturdaten aus China könnten derzeit die Stimmung nachhaltig aufhellen, sagte Anlagestratege Michael Hewson vom Brokerhaus CMC Markets.

Am Devisenmarkt notiert der Euro im US-Handel wieder leicht über der Parität zum US-Dollar. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 0,9954 (Donnerstag 0,9992) Dollar fest

EZB-Vize Luis de Guindos hält weitere Zinserhöhungen im Kampf gegen die hohe Inflation im Euroraum für unabdingbar. "Die Verlangsamung der Wirtschaft wird die Inflation nicht von alleine erledigen", sagte der Vizepräsident der Europäischen Zentralbank (EZB) in einem am Freitag veröffentlichten Interview der portugiesischen Wochenzeitung "Expresso". "Wir müssen die Normalisierung der Geldpolitik fortsetzen. Das ist etwas, das jeder verstehen muss."

Das britische Pfund fiel heute erstmals seit 1985 unter die Marke von 1,14 Dollar. Die wirtschaftliche Lage in Großbritannien ist sehr schwierig. "Konjunkturell sieht es nicht rosig aus, die notwendigen Zinserhöhungen erschweren es der Wirtschaft zusätzlich", kommentierte Antje Praefcke, Devisenexpertin bei der Commerzbank.

Das könnte die Bank of England (BoE) davon abhalten, in der kommenden Woche weitere kräftige Zinserhöhungen zu signalisieren. "Dies wäre aber notwendig, um den Markt davon zu überzeugen, dass die BoE auf Straffungskurs bleibt, wovon das Pfund profitieren könnte." Die Inflationsrate lag in Großbritannien zuletzt bei über zehn Prozent. Gleichzeitig rechnet die britische Notenbank mit einer länger anhaltenden Rezession.

Anleger trennten sich im Vorfeld der Fed-Sitzung weiter von Staatsanleihen. Dies trieb die Rendite der zehnjährigen Bundestitel zwischenzeitlich auf ein Drei-Monats-Hoch von 1,817 Prozent. Zum Schluss lag die Rendite bei 1,75 Prozent. Die zweijährigen Papiere rentierten mit 1,594 Prozent so hoch wie zuletzt vor elf Jahren, am ende waren es knapp 1.52 Prozent.

Die Stimmung der US-Verbraucher hat sich im September derweil moderater als erwartet aufgehellt. Das von der Universität Michigan erhobene Konsumklima stieg zum Vormonat um 1,3 Punkte auf 59,5 Zähler, wie die Universität am Nachmittag nach einer ersten Umfragerunde mitteilte.

Volkswirte hatten im Schnitt mit einem Anstieg auf 60,0 Punkte gerechnet. Der Wert ist im historischen Vergleich immer noch niedrig. Im Juni war die Verbraucherstimmung auf ein Rekordtief von 50,0 Punkten gefallen.

An der Frankfurter Börse sorgten heute Studien zu Immobilienaktien für Gesprächsstoff. Viele Kursziele wurden nach unten gesetzt. Immobilienwerte liefern sich in der Zinswende aktuell ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit den Einzelhändlern um die schwächste Branche des Jahres. Deutsche Immobilienwerte seien inmitten steigender Zinsen und harten Zeiten für Verbraucher aus gutem Grund billig, erklärte Barclays-Experte Sander Bunck. Neil Green von JPMorgan stellte sich derweil auf eine möglicherweise längere Dürreperiode für die Branche ein.

Der Verkauf von Neuwagen in Europa hat im August erstmals seit über einem Jahr wieder leicht zugenommen. Im Vergleich zum Vorjahresmonat stiegen die Neuzulassungen in den EU-Staaten um 4,4 Prozent, nachdem sie zuvor 13 Monate in Folge gesunken waren, wie der europäische Herstellerverband ACEA mitteilte. Damit liegt der Neuwagenmarkt jedoch weiterhin knapp ein Drittel unter dem Niveau von vor der Corona-Pandemie.

Daimler-Truck-Chef Martin Daum fordert von der Bundesregierung mit Blick auf die Infrastruktur für die Elektromobilität mehr Taten: "Aktuell gibt es seitens der Bundesregierung viele Pläne und Ankündigungen, aber wenig Konkretes", sagte Daum der Nachrichtenagentur dpa. "Was kommt am Ende raus, was wird tatsächlich umgesetzt und in welcher Geschwindigkeit? Der Wille ist da, die Tat fehlt noch." Heute werde eine 300-Kilowatt-Ladesäule gefeiert, die irgendwo eingeweiht wird. "Wir brauchen aber 700 Kilowatt oder ein Megawatt", sagte Daum. In dieser Größenordnung gebe es aber noch nichts.

Ein negativer Analystenkommentar schickt die Aktien des Werbeflächenvermarkters Ströer auf Talfahrt. Die Experten der Deutschen Bank haben die Titel von "Kaufen" auf "Halten" heruntergestuft und das Kursziel auf 62 von 80 Euro gesenkt.

Beim Telekommunikationsanbieter 1&1 stockt der Ausbau des eigenen Mobilfunknetzes. Das Zwischenziel von 1000 5G-Antennenstandorten bis Ende 2022 werde nicht erreicht, teilte der Konzern am Freitagabend in Montabaur mit. Grund seien Lieferprobleme beim wichtigsten Ausbaupartner, der die Bereitstellung von rund zwei Drittel der Standorte zugesichert habe. Das Zwischenziel werde nun voraussichtlich erst im Sommer 2023 erreicht.

Auswirkungen auf den geplanten Netzstart habe dies nicht, betonte der Kommunikationsanbieter. 1&1 sieht sich weiter auf gutem Weg, den vorgesehenen Versorgungsgrad von 50 Prozent aller Haushalte deutlich vor Ende 2030 zu erreichen. Die Frequenzauflagen der Bundesnetzagentur sehen als Zwischenziel für alle Netzbetreiber die Errichtung von 1000 5G-Antennenstandorte bis Ende 2022 vor.

Diese Vorgabe hält 1&1 für "grundsätzlich erreichbar", für einen Neueinsteiger sei diese "aber recht anspruchsvoll". Die United-Internet-Tochter 1&1 baut ein eigenes Netz für Handy-Kunden auf und will damit den Platzhirschen Deutsche Telekom, Vodafone und Telefónica Deutschland (O2) Konkurrenz machen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 16. September 2022 um 12:00 Uhr.