Gewinnmitnahmen KI-Pause an der Wall Street
US-Tech-Investoren haben heute nach dem jüngsten Rekordlauf Gewinne mitgenommen. Profiteure waren nach langer Zeit mal wieder die Standardwerte. Der DAX machte derweil weiter Boden gut.
Die US-Anleger haben mitten im Rekordlauf um das Thema Künstliche Intelligenz (KI) auf die Bremse getreten und Gewinne mitgenommen. Anders als zuletzt waren es die Standardwerte, die heute mal wieder gefragt waren. Der Leitindex Dow Jones rückte um 0,77 Prozent auf 39.134 Zähler vor.
An der Nasdaq gab es nur im frühen Geschäft höhere Kurse, danach setzten Gewinnmitnahmen ein. Dabei schaffte der Auswahlindex Nasdaq 100 bei 19.979 Punkten zwar knapp ein neues Rekordhoch, die Marke von 20.000 Punkten fiel aber nicht. Am Ende gab der Index 0,79 Prozent nach auf 19.752 Punkte, der Composite-Index verlor ebenfalls 0,81 Prozent.
Der breiter gefasste S&P 500 fiel leicht um 0,25 Prozent auf 5.473 Zähler, hatte aber zwischenzeitlich bei 5.505 Zählern ebenfalls eine neue Bestmarke aufgestellt.
Anleger machten im Handelsverlauf unter anderem beim Börsenstar Nvidia Kasse: Die Titel drehten ins Minus und gaben 3,54 Prozent auf 130,78 Dollar ab. Das Nvidia-Papier gewann in den ersten Handelsminuten rund drei Prozent und stieg in der Spitze auf das neue Rekordhoch von 140,76 Dollar. Die Firma war am Dienstag mit einem Marktwert von 3,34 Billionen Dollar als wertvollstes Unternehmen der Welt an Microsoft vorbeigezogen. Der Chip-Hersteller beherrscht 80 Prozent des Weltmarktes für KI-Spezialprozessoren. Am Mittwoch waren die US-Börsen feiertagsbedingt geschlossen gewesen.
Die Papiere von Dell und Super Micro Computer legten anfangs kräftig zu, drehten dann aber ins Minus. Tesla-Chef Elon Musk hat auf seiner Plattform X (vormals Twitter) erklärt, dass beide Unternehmen sogenannte Server-Racks für einen auf Künstlicher Intelligenz basierenden Supercomputer liefern werden, den das Startup xAI des Milliardärs baut.
Frische Daten vom US-Arbeitsmarkt waren am Nachmittag ebenfalls einen Blick wert. Die Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe ist dabei in der vergangenen Woche erstmals seit Mitte Mai wieder gesunken. Die Zahl der Hilfsanträge fiel um 5.000 auf 238.000, wie das Arbeitsministerium in Washington mitteilte.
Zuvor war die Zahl der Hilfsanträge drei Wochen in Folge gestiegen. Volkswirte waren von einem Rückgang ausgegangen. Sie hatten im Schnitt aber ein etwas stärkeres Absinken auf 235.000 Anträgen erwartet. Die wöchentlichen Erstanträge gelten als zeitnaher Indikator für den Arbeitsmarkt. Auf längere Sicht liegen sie aber weiter auf einem vergleichsweise niedrigem Niveau.
Der DAX hat heute seine jüngste Erholung fortgesetzt und höher geschlossen. Am Ende rückte der deutsche Leitindex um 1,03 Prozent auf 18.254 Punkte vor und schloss damit am Tageshoch. Auch der MDAX der mittelgroßen Werte gewann knapp ein Prozent.
Stützend wirkte sich neben besseren Wirtschaftsdaten die Fortsetzung der US-Tech-Rally im frühen Geschäft aus, nachdem die US-Börsen gestern wegen eines Feiertages geschlossen waren. Der KI-Hype an der Wall Street bildet derzeit ein Gegengewicht zu einer ganzen Reihe fundamentaler Probleme, wie den angesetzten Neuwahlen in Frankreich, der Ankündigung von EU-Strafzöllen auf E-Autos aus China sowie dem Dauerthema der unklaren Geldpolitik.
Der Markt hat sich aber trotzdem stabilisiert und nistet sich oberhalb der Marke von 18.000 DAX-Punkten ein. Gestern hatte der Leitindex 0,4 Prozent auf 18.068 Punkte verloren. "Noch ist die Gefahr einer stärkeren Korrektur im deutschen Leitindex nicht gebannt", unterstreicht allerdings Konstantin Oldenburger von CMC Markets.
Von Konjunkturseite in Deutschland kommen positive Signale: Das ifo-Institut hat seine Prognose für das Wirtschaftswachstum in Deutschland im laufenden Jahr von 0,2 auf 0,4 Prozent heraufgesetzt. "Die deutsche Wirtschaft arbeitet sich langsam aus der Krise", sagte ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser. Es sei noch kein Sommermärchen, aber "es entsteht gerade neue Hoffnung". Nächstes Jahr erwartet das Münchner Institut ein Wirtschaftswachstum von 1,5 Prozent.
Auch nach Einschätzung der Bundesbank wird die deutsche Wirtschaft ihren Erholungskurs fortsetzen. Zwar gebe es nach wie vor Gegenwind, doch mehrten sich die Lichtblicke, schreiben die Volkswirte der deutschen Notenbank in ihrem heute vorgelegten Monatsbericht.
Zudem sind die Preise auf Herstellerebene im Mai erneut gesunken, allerdings nicht so deutlich wie im Monat zuvor. Im Jahresvergleich sanken die Produzentenpreise um 2,2 Prozent, teilte das Statistische Bundesamt mit. Im Vormonat hatte der Rückgang 3,3 Prozent betragen. Wichtigster Grund für den Preisrückgang bleiben die fallenden Energiepreise. Diese war im Mai 6,4 Prozent günstiger als ein Jahr zuvor. Am deutlichsten verbilligten sich auf Jahressicht Erdgas und Strom. Mineralöl war dagegen teurer als vor einem Jahr.
Die Stimmung der Verbraucher in der Euro-Zone hat sich derweil im Juni etwas aufgehellt. Das Barometer für das Konsumklima stieg um 0,3 Zähler auf minus 14,0 Punkte, wie aus der heute veröffentlichten Umfrage der EU-Kommission hervorgeht. Befragte Ökonomen hatten mit einem etwas besseren Wert von minus 13,6 Zählern gerechnet. Das Barometer liegt trotz des Anstiegs noch leicht unter seinem langjährigen Durchschnitt.
"Die Zuversicht der Verbraucher ist zwar gestiegen, eine gewisse Vorsicht bleibt aber", sagte Chefvolkswirt Alexander Krüger von der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank. Dennoch stütze das Ergebnis die Aussicht auf einen positiven Beitrag des privaten Verbrauchs zum Wirtschaftswachstum im laufenden Quartal. "Für einen richtigen Stimmungsdurchbruch fehlen noch die Rahmenbedingungen", fügte der Experte hinzu.
Der Euro tendiert weiter nachgebend, zuletzt wurden im US-Handel 1,0705 Dollar bezahlt. Nachmittag etwas schwächer bei 1,0728 Dollar. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0719 (Mittwoch: 1,0749) Dollar fest.
Deutlich unter Druck stand der Schweizer Franken. Die Notenbank der Eidgenossen senkte ihren Leitzins zum zweiten Mal um 0,25 Prozentpunkte auf 1,25 Prozent. "Der zugrundeliegende Inflationsdruck ist gegenüber dem Vorquartal nochmals gesunken", sagte Bankchef Thomas Jordan auf einer Medienkonferenz.
"Wir werden die Lage deshalb weiter genau beobachten und mit unseren geldpolitischen Maßnahmen sicherstellen, dass die Inflation mittelfristig nachhaltig im Bereich der Preisstabilität bleibt." Die Notenbank hatte zuvor wegen des nochmals gesunkenen Inflationsdrucks ihren Leitzins das zweite mal in Folge um 0,25 Prozentpunkte auf 1,25 Prozent gesenkt. An den Märkten wurde ein solcher Schritt zwar nicht gänzlich ausgeschlossen, er war aber auch nicht vollständig eingepreist gewesen. Bankvolkswirte hatten überwiegend mit einem Stillhalten der Zentralbank gerechnet.
Nach den hohen Kursverlusten am Vortag konnten sich Sartorius-Vorzugsaktien wieder etwas fangen. Zuletzt standen sie mit einem Plus von rund 4,5 Prozent an der DAX-Spitze. Mehr als eine Stabilisierung nach dem Kursrutsch von über 14 Prozent zur Wochenmitte, mit dem sie den tiefsten Stand seit Frühjahr 2020 markiert hatten, ist das derzeit aber nicht.
Entscheidend für die jüngsten Kurseinbußen waren wohl Aussagen des Pharma- und Laborzulieferers auf einer Healthcare-Konferenz der Citigroup in London. Das Management habe sich sehr vorsichtig gezeigt mit Blick auf eine Erholung im laufenden Jahr, schrieb Citigroup-Analyst Peter Verdult.
Im Jahr 2024 haben die Papiere von Sartorius bislang rund 36 Prozent verloren und sind damit der schwächste Wert im DAX. Bereits Mitte April war das Unternehmen an der Börse für die Resultate des ersten Quartals abgestraft worden. Insbesondere die Erholung im Bioprocess-Bereich hatte enttäuscht. Wie Citigroup-Experte Verdult weiter schrieb, lägen die Erwartungen der Investoren an das Gesamtjahr schon unter dem unteren Ende der Prognose von Sartorius. Dass die Göttinger die Prognose kürzen könnten, dürfte daher weiter auf dem Kurs lasten.
Die Folgen des Krieges gegen die Ukraine haben dem Rüstungskonzern Rheinmetall den größten Auftrag seiner Firmengeschichte eingebracht. Das DAX-Unternehmen teilte heute mit, dass man von der Bundeswehr einen Rahmenvertrag für Artilleriemunition im Wert von bis zu 8,5 Milliarden Euro erhalten habe.
Der seit Juli 2023 bestehende Rahmenvertrag hatte einen Maximalwert von rund 1,3 Milliarden Euro, nun wurde dieser Vertrag um 7,2 Milliarden Euro aufgestockt. Die Anzahl der bestellten Geschosse, die 40 Kilometer weit geschossen werden können und ein Kaliber von 155 Millimetern haben, wurde nicht genannt - es dürften mehrere Millionen sein. Produziert wird vor allem im niedersächsischen Unterlüß.
Siemens stoppt wegen Baumängeln die Auslieferung von ICE-Zügen an die Deutsche Bahn. Grund seien Probleme bei den Bodenplatten und Seitenteilen der Züge, berichtete "Bild". Dort seien Schweißnähte fehlerhaft. Die Auslieferung der Züge könnte sich monatelang verzögern, weil zum Teil fertige Züge in den Rohbau zurückversetzt werden müssten. Siemens habe den Vorgang der Zeitung zufolge bestätigt. Bereits ausgelieferte Züge seien nicht betroffen, sagte ein Sprecher demnach.
In der EU haben Autohersteller im Mai Federn lassen müssen. Die Zahl der neu registrierten Pkw ging gegenüber dem Vorjahresmonat um drei Prozent auf fast 912.000 Exemplare zurück, teilte der Branchenverband Acea mit. Noch im Vormonat hatten die Hersteller dank zusätzlicher Verkaufstage ein Plus erzielt. Damit schmilzt das Wachstum seit Jahresbeginn auf 4,6 Prozent: Zwischen Januar und Ende Mai wurden damit knapp 4,6 Millionen Wagen an Kundinnen und Kunden übergeben.
In drei von vier Schlüsselmärkten konnten die Autobauer im Mai Kundinenn und Kunden nicht wirklich überzeugen: So gingen die Verkäufe in Italien, Deutschland und Frankreich deutlich zurück. In Spanien stieg die Zahl der neu zugelassenen Fahrzeuge allerdings.
Der Kupferhersteller Aurubis aus dem MDAX stellt sich nach den Betrugs- und Diebstahlfällen mit Millionenschäden wie angekündigt neu auf. Neuer Vorstandsvorsitzender soll ab dem 1. September Toralf Haag werden, teilte die Hamburger Aurubis AG heute mit. Der Aufsichtsrat zieht damit Konsequenzen aus kriminellen Handlungen, die Aurubis mit Millionen belastet hatten. Auch weitere zentrale Positionen im Konzern werden neu besetzt.
Der Aufsichtsrat hatte im Januar entschieden, dass die bisherigen Top-Manager des Unternehmens nach lange unentdeckten Millionenschäden durch Betrug und Diebstahl gehen müssen. Aurubis war in mehreren Fällen bis in die jüngste Zeit das Ziel von Kriminellen. Unter dem Strich sprach das Unternehmen im Dezember bei der Präsentation der Jahresergebnisse für 2022/23 (30. September) von einem Fehlbestand an Metallen von 169 Millionen Euro.
Der Pharmawirkstoff-Forscher Evotec hat Insidern zufolge nach dem Kursverfall der vergangenen Monate das Interesse von Finanzinvestoren auf sich gezogen. Einige Buy-out-Firmen hätten sich Evotec als potenzielles Ziel angeschaut, berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg heute unter Berufung auf mit der Sache vertraute Personen.
Die Interessenten befänden sich allerdings erst in frühen Gesprächen mit Übernahmeberatern, auf Evotec direkt sei bislang noch niemand zugegangen. Es sei nicht sicher, ob es tatsächlich zu Angeboten komme. Evotec wollte die Meldung nicht kommentieren. Den Kreisen zufolge spricht das Unternehmen aber mit Spezialisten über eine Abwehr möglicher Übernahmeversuche. Die Aktien des Unternehmens sprangen im MDAX um knapp 14 Prozent.
Wegen einer weiteren Eintrübung im Energiespeichermarkt senkt der angeschlagene Batteriehersteller Varta seine Umsatzprognose für 2024. Das Unternehmen aus dem schwäbischen Ellwangen geht nach eigenen Angaben von heute nur noch von einem Umsatz von 820 Millionen Euro bis 870 Millionen Euro aus. Zuvor hatte Varta mindestens 900 Millionen Euro in Aussicht gestellt.
Grund sei eine weitere deutliche Verschlechterung des Marktumfeldes für Energiespeicher, insbesondere im zweiten Quartal des laufenden Jahres, teilte das Unternehmen weiter mit. Im Mai hatte Varta den Branchen- und Sanierungsexperten Michael Ostermann zum neuen Vorstandschef berufen. Der 58-Jährige hat langjährige Management-Erfahrung im Automotive-Sektor und in der Batterieindustrie, unter anderem bei Exide Technologies. Bei dem Unternehmen liefen zuletzt die Geschäfte sowohl mit kleinen Lithium-Ionen-Knopfzellen für Kopfhörer als auch mit Energiespeichern für Photovoltaik-Anlagen schlechter als erwartet. Zudem legte ein Cyberangriff im Februar die Produktion wochenlang lahm.
Hinterbliebene von Opfern zweier Flugzeugabstürze fordern eine Milliardenstrafe für den US-Konzern Boeing, den Hersteller der beiden Maschinen vom Typ 737 Max. Einer schriftlichen Forderung der Familien zufolge solle das US-Justizministerium eine Buße von 24,8 Milliarden Dollar erwirken und strafrechtlich gegen den Flugzeughersteller vorgehen. Eine hohe Geldstrafe sei gerechtfertigt, "weil Boeings Verbrechen das tödlichste Unternehmensverbrechen in der Geschichte der USA ist", schrieb Paul Cassell, ein Anwalt der Familien.
Der Pharmakonzern Novartis will die Übernahme des deutschen Biotechunternehmens Morphosys abschließen. Hierfür sei nun der Squeeze-Out der Minderheitsaktionäre von Morphosys geplant, teilte der Konzern mit. Novartis hält den Angaben zufolge rund 91 Prozent des MDAX-Konzerns und will auch die restlichen Anteile erwerben und Morphosys von der Börse nehmen. Im Rahmen eines Delisting-Erwerbsangebots will Novartis für die ausstehenden Papiere nun je 68,00 Euro in bar bieten. Das entspricht dem ursprünglichen Übernahmeangebot. Der Gesamtpreis der Akquisition beträgt rund 2,7 Milliarden Euro.