Ausverkauf geht weiter Anleger ziehen sich wieder zurück
Ausverkauf dies- und jenseits des Atlantiks: An den US-Börsen drückten Verluste der Tech-Werte die Indizes ins Minus. Auch im DAX blieb die erhoffte Stabilisierung aus, es gab den vierten Verlusttag in Folge.
Weitere Kursverluste bei wichtigen Technologiewerten drücken die Wall Street heute doch zurück ins Minus - damit geht der Ausverkauf auch jenseits des Atlantiks weiter. Am deutlichsten verlor der Leitindex Dow Jones Industrial, der seinem Höhenflug damit Tribut zollte. Nachdem er schon früh den fünften Rekord in Folge aufgestellt hatte, büßte er am Ende 1,29 Prozent auf 40.665,02 Punkte ein.
Der technologielastige Nasdaq gab 0,7 Prozent auf 17.871 Zähler nach und der breit gefasste S&P 500 büßte 0,8 Prozent auf 5.544 Stellen ein. Bereits zur Wochenmitte hatte der technologielastige Auswahlindex den größten Tagesverlust seit Dezember 2022 erlitten.
Auch heute konnte die optimistische Prognose des taiwanischen Auftrags-Chipherstellers TSMC nicht für langfristige Entspannung sorgen. Die Investoren konzentrierten sich bald wieder auf die Sorgen vor einem sich verschärfenden Handelskrieg zwischen den USA und China. Die Titel von Branchenriesen wie AMD und Micron verloren jeweils mehr als zwei Prozent. "Wir hatten heute Morgen eine Erholungsrally wegen TSMC, aber der Technologiesektor ist überkauft", konstatierte Dennis Dick, Händler bei Triple D Trading.
Im Nasdaq 100 setzte außerdem Spitzenreiter Warner Brothers Discovery die jüngste Kursrally fort: Nach dem höchsten Stand seit April gewannen die Aktien des Medienkonzerns zwischenzeitlich sechs Prozent, am Ende standen sie bei plus 2,4 Prozent. Die "Financial Times" berichtete unter Berufung auf informierte Personen, das Unternehmen wolle das Streaming- und Studio-Geschäft vom klassischen Fernsehen abtrennen.
Derweil mehren sich Presseberichten zufolge die Stimmen aus der eigenen Partei, dass der demokratische US-Präsident Joe Biden seine Kandidatur für eine zweite Amtszeit aufgeben sollte. Zu den angeblichen Fürsprechern eines Kandidatenwechsels zählt neben der früheren Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, auch der prominente Abgeordnete Adam Schiff. Ein Kandidatenwechsel würde die in einem Wahljahr ohnehin bestehenden politischen Unsicherheiten noch verstärken, was den Anlegern wenig behagen dürfte.
Auch der DAX konnte seine zwischenzeitliche Stabilisierung heute nicht halten und hat das vierte Mal in Folge nachgegeben. Vor allem ein Kursrutsch bei den Aktien des Schwergewichts Siemens, befeuert durch enttäuschende Quartalszahlen des Schweizer Konkurrenten ABB, belastete den Leitindex, während die Leitzinsentscheidung der Europäische Zentralbank (EZB) kaum einen Einfluss hatte.
Am frühen Nachmittag hatte die EZB erwartungsgemäß darauf verzichtet, ihre Geldpolitik weiter zu lockern. Damit konnte diese den deutschen Leitindex nicht stützen. Das Börsenbarometer fiel um 0,45 Prozent auf 18.354,76 Punkte.
Das alles beherrschende Thema an der deutschen Börse war heute die Zinssitzung der Europäischen Zentralbank. Erwartungsgemäß hält die EZB vor der Sommerpause die Füße still und lässt die Zinsen unverändert. Auf ihrer Sitzung in Frankfurt beschlossen die Währungshüter, den Leitzins bei 4,25 Prozent zu belassen, der am Finanzmarkt maßgebliche Einlagensatz, den Banken für das Parken überschüssiger Gelder bei der Notenbank erhalten, bleibt bei 3,75 Prozent.
Spannender war für die Anlegerinnen und Anleger die anschließende Pressekonferenz der EZB-Präsidentin Christine Lagarde. Für die Entscheidung nach der Sommerpause ließ sich Lagarde allerdings alle Türen offen und vermied klare Hinweise. Künftige Zinsentscheidungen seien weiter abhängig von den Konjunkturdaten, bekräftigte die EZB-Präsidentin. Man entscheide von Sitzung zu Sitzung.
"Die EZB hat es alles andere als eilig mit weiteren Zinssenkungen. Zurzeit sieht es gut aus für eine nächste Zinssenkung im September, denn auch die bislang hartnäckig hohe Dienstleistungsinflation im Euroraum lässt auf eine Beruhigung in den nächsten Monaten hoffen", urteilt Ulrich Kater, Chefökonom der Deka-Bank. Auch Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank sieht positive Signale für eine Zinswende im September: "Der von Tauben dominierte EZB-Rat dürfte seine Leitzinsen bereits auf der nächsten Sitzung im September weiter senken, sofern es die Inflationsdaten halbwegs hergeben."
Der Euro hat nach den geldpolitischen Beschlüssen der EZB seinen Höhenflug beendet. Im New Yorker Handel sank die Gemeinschaftswährung zuletzt auf 1,0896 US-Dollar. Zur Wochenmitte hatte sie noch den höchsten Stand seit Mitte März erreicht. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0930 (Mittwoch: 1,0934) US-Dollar fest. Der Dollar kostete damit 0,9149 (0,9145) Euro.
Netflix konnte im zweiten Quartal mehr als acht Millionen Abonnenten hinzugewinnen und profitierte dabei von einem harten Durchgreifen gegen die gemeinsame Nutzung von Passwörtern und Titeln wie "Bridgerton", "Baby Reindeer" und "The Roast of Tom Brady" profitiert hat. Während die Abonnentengewinne die Prognosen der Analysten übertrafen, warnte Netflix aber davor, dass die Abonnentengewinne im dritten Quartal niedriger sein würden als im Vergleichszeitraum 2023, als das harte Durchgreifen gegen die gemeinsame Nutzung von Passwörtern gerade erst begonnen hatte. Anleger nahmen diese Nachricht nicht gut auf, die Aktie verlor nachbörslich deutlich.
Der Gewinn von 4,88 Dollar je Aktie lag über den Markterwartungen. Der Konzernumsatz deckte sich mit 9,56 Milliarden Dollar weitgehend mit den Prognosen. Gleichzeitig wuchs das aufmerksam beobachtete Geschäft mit werbefinanzierten Abonnements um 34 Prozent. Netflix nannte hier allerdings keine weiteren Details. "Der Aufbau eines Geschäftsbereichs von Grund auf braucht Zeit", betonte der US-Konzern. "In Verbindung mit dem großen Volumen unserer Abo-Einnahmen erwarten wir nicht, dass Werbung in den Jahren 2024 oder 2025 ein Haupttreiber unseres Umsatzwachstums sein wird."
Der Pharma- und Laborzulieferer Sartorius schraubt nach Umsatz- und Ergebniseinbußen im ersten Halbjahr seine Jahresziele zurück. Angesichts der hohen Volatilität und eingeschränkten Prognostizierbarkeit blicke man bewusst vorsichtiger auf die zweite Jahreshälfte, teilte der DAX-Konzern nach Börsenschluss mit. In den ersten sechs Monaten 2024 fiel der Umsatz wechselkursbereinigt um 2,2 Prozent auf 1,68 Milliarden Euro. Der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) sank im ersten Halbjahr um 8,8 Prozent auf 471 Millionen Euro.
Der Autohersteller Stellantis ruft weltweit rund 24.000 Plug-in-Hybrid-Minivans vom Typ Chrysler Pacifica wegen Brandgefahr zurück. Die Besitzer wurden aufgefordert, bis zur Behebung eines möglichen Defekts das Auto nur im Freien und nicht nah an Gebäuden zu parken. Stellantis seien sieben Vorfälle mit Autos bekannt, die abgestellt gewesen seien und einige, die sich während des Aufladens ereignet hätten, teilte das Unternehmen heute mit.
Der Facebook-Mutterkonzern Meta erwägt laut der "Financial Times" einen milliardenschweren Einstieg in den Brillenkonzern EssilorLuxottica. Beide Unternehmen haben gemeinsam die intelligente Ray-Ban Meta-Brille entwickelt. Via App können darüber aufgenommene Fotos und Videos angesehen, geteilt und gespeichert werden. Nun will Meta offenbar mit 87 Milliarden eine kleine Beteiligung an dem Brillenhersteller erwerben. Aktien des Ray-Ban-Herstellers EssilorLuxottica sprangen an der Pariser Börse um mehr als sieben Prozent auf ein Anderthalb-Wochen-Hoch von 203,80 Euro.
An der Wall Street gerieten heute Domino's unter Druck. Die Titel der Pizzakette rutschten nach einem enttäuschenden Finanzbericht um gut 13 Prozent ab. Das Unternehmen verzeichnete im zweiten Quartal zwar einen überraschend starken Gewinn. Allerdings teilte es mit, dass es statt der geplanten 925 Neugeschäfte nur rund 650 werden. "Das bereitet den Anlegern Sorgen, weil das internationale Wachstum ursprünglich eine Art Schlüsselkomponente der langfristigen Strategie des Unternehmens war", kommentiert Jim Sanderson, Analyst beim Analysehaus Northcoast Research.
Die Investitionszurückhaltung der Kundinnen und Kunden hat Nokia einen Gewinneinbruch eingebrockt. "Unser Finanzergebnis wurde im zweiten Quartal durch die anhaltende Marktschwäche beeinträchtigt, wodurch der Umsatz währungsbereinigt um 18 Prozent zurückgegangen ist", sagte Pekka Lundmark, Chef des finnischen Telekom-Ausrüsters. Da er aber mit einer Erholung in der zweiten Jahreshälfte rechne, bekräftigte er die Gesamtjahresziele. Der Umsatz lag bei 4,47 Milliarden Euro und blieb damit hinter der Markterwartung zurück. Der Betriebsgewinn fiel um knapp ein Drittel auf 423 Millionen Euro.
Getrieben vom KI-Boom hat der taiwanische Chiphersteller TSMC im abgelaufenen Quartal selbst die zuletzt nochmals gestiegenen Gewinnerwartungen übertroffen. Der Überschuss schnellte um gut 36 Prozent auf 247,8 Milliarden Neue Taiwan-Dollar (umgerechnet 6,95 Milliarden Euro) nach oben. Zudem blickt das Unternehmen nun optimistischer auf die Umsatzentwicklung im Gesamtjahr. Im abgelaufenen zweiten Quartal legte der Umsatz um ein Drittel auf 20,8 Milliarden US-Dollar zu.
Volkswagen legt eine neue Elektro-Marke für China auf. Unter der neuen Submarke ID. Unyx soll bereits im Sommer das erste Auto auf den Markt kommen. Vier weitere sollen bis 2026 folgen. Damit will VW vor allem bei der in China boomenden Elektromobilität Boden gutmachen. Die Submarke soll nach Angaben eines Sprechers oberhalb der Kernmarke VW angesiedelt werden und auch ein eigenes Händlernetz mit 40 Verkaufsräumen in 20 Städten erhalten.