Bullenskulptur an der Wall Street in New York City
marktbericht

Neue Zinshoffnungen Aktienmärkte in Rekordlaune

Stand: 07.03.2024 22:29 Uhr

Zinshoffnungen haben heute nicht nur den DAX, sondern auch die Wall Street auf neue Rekordstände getrieben. In New York ging zudem die Tech-Rally mit frischer Kraft weiter.

Grüne Pfeile an der Wall Street - unter Führung der Technologieaktien waren die US-Anleger heute in Kauflaune. Die Techwerte profitierten besonders von neuen Zinshoffnungen der US-Anleger nach den Anhörungen von Notenbankchef Jerome Powell vor beiden Kammern des Kongresses.

Der Vorsitzende der US-Notenbank Fed ließ den Zeitpunkt für eine Lockerung der Geldpolitik in der Anhörung vor dem US-Parlament zwar weiter offen, er betonte jedoch, dass die Währungshüter diesen wichtigen geldpolitischen Kurswechsel 2024 auf dem Radar hätten. "Die Aussagen von Powell waren nicht besonders überraschend", kommentierte James Knightley, Chefökonom der niederländischen Großbank ING.

Damit bot sich der Wall Street ein ähnliches Bild wie zuvor in Europa. Die Europäische Zentralbank unter der Führung von Christine Lagarde hatte sich in ihrer Inflationserwartung zuversichtlich geäußert und ebenfalls für eine Börsenrally gesorgt.

Während der Dow Jones-Index bei 38.791 Punkten und einem Tagesgewinn von 0,34 Prozent ein neues Rekordhoch verpasste, gab es an der Nasdaq und beim S&P-500-Index neue Bestmarken.

Der Nasdaq-100-Auswahlindex schloss 18.297 Punkten um 1,56 Prozent höher und markierte in der Spitze bei 18.337 Zählern seine neue Bestmarke. Der Composite-Index gewann 1,51 Prozent hinzu auf 16.273 Zähler und erreichte im Hoch 16.309 Punkte. Der marktbreite S&P-500-Index stieg in der Spitze bis auf 5.165 Punkte und ging am Ende nur leicht darunter bei 5.157 Punkten aus dem Handel. Ein Tagesgewinn von gut einem Prozent.

Technologiewerte knüpften an ihre jüngste Erholung an. Dies galt insbesondere für Werte aus dem Chipsektor wie Dow-Tagessieger Intel, Microchip, NXP oder Broadcom mit Kursgewinnen, die bis zu 6,3 Prozent betrugen. Auch Micron legten 3,5 Prozent zu nach einer Kaufempfehlung der Investmentbank Stifel. Nvidia folgten der Branchentendenz mit einem Anstieg um 4,47 Prozent auf 926,69 Dollar. Sie wurden erstmals über 900 Dollar auf neuen Rekordhöhen gehandelt.

Morgen steht mit den offiziellen Daten der Regierung zum Arbeitsmarkt traditionell ein weiterer Höhepunkt auf der Agenda der Wall Street. Bisher zeigte sich der US-Jobmarkt trotz der hohen Zinsen erstaunlich stabil, was schnelle Zinshoffnungen immer wieder dämpfte.

Frische US-Konjunkturdaten zeigten einen leicht positiven Einfluss auf die Entwicklung der Leitindizes. So ist die Produktivität der US-Wirtschaft im vierten Quartal um deutliche 3,2 Prozent gestiegen, während Analysten mit einem etwas niedrigeren Wachstum gerechnet hatten. Die Zahl der wöchentlichen Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe hat sich zur Vorwoche hingegen nicht verändert. Das Defizit im Außenhandel der USA weitete sich im Januar stärker als erwartet aus.

Nach der im Vorfeld mit Spannung erwarteten Zinssitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) hat der DAX heute kräftig Fahrt aufgenommen und bei 17.879 Punkten im Verlauf ein Rekordhoch aufgestellt. Das Tagestief lag bei 17.619 Punkten deutlich tiefer. Letztlich ging der deutsche Leitindex bei 17.842 Zählern aus dem Handel, ein Tagesgewinn von 0,71 Prozent. Bis zur Marke von 18.000 Punkten sind es nunmehr weniger als ein Prozent.

Der Leitindex brach damit aus der Lethargie der vergangenen Handelstage nach oben aus. Der eher inländisch orientierte export- und industerielastige MDAX der mittelgroßen Werte verzeichnete hingegen nach schwachen Januar-Auftragsdaten für die Industrie nur ein Miniplus von 0,03 Prozent auf 26.167 Punkte.

Die Währungshüter um EZB-Präsidentin Christine Lagarde entschieden heute auf ihrer Sitzung in Frankfurt, den Leitzins bei 4,50 Prozent zu belassen. Der am Finanzmarkt maßgebliche Einlagensatz, den Geldhäuser für das Horten überschüssiger Gelder von der Notenbank erhalten, bleibt weiter auf dem Rekordniveau von 4,00 Prozent.

"Die zukünftigen Beschlüsse des EZB-Rats werden dafür sorgen, dass die Leitzinsen so lange wie erforderlich auf ein ausreichend restriktives Niveau festgelegt werden", erklärten die Euro-Wächter.

Die Entscheidung war an den Märkten genau so erwartet worden. Positiv kam an der Börse aber an, dass die EZB nun einen schnelleren Rückgang der Inflation erwartet als noch im Dezember. Zudem spielt der Hoffnung auf Zinssenkungen in die Karten, dass sich zugleich die Aussichten für die Konjunktur im Währungsraum der 20 Länder weiter eintrübte, wie aus der Prognose der Notenbank hervorgeht. Die Konjunktur bleibe schwach, auch weil sich Konsumenten mit ihren Ausgaben zurückhielten, sagte EZB-Chefin Christine Lagarde auf ihrer Pressekonferenz.

Konkret erwartet die Notenbank für 2024 nunmehr eine Inflationsrate von 2,3 Prozent nach bisher 2,7 Prozent. Für 2025 werden 2,0 Prozent projiziert und damit genau der Zielkorridor der Notenbank.

"Insgesamt ist die Inflationsbekämpfung im Euroraum auf einem guten Weg", sagte Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank. Allerdings sei dieser noch nicht beendet, da sich die EZB nicht mit dem "beinahen" Erreichen ihrer Inflationszielmarke von zwei Prozent zufriedengeben könne. Zinssenkungen von Juni an aber blieben weiterhin wahrscheinlich, wenn auch das Tempo langsamer und vorsichtiger sein könnte, als sich dies viele Marktteilnehmer wünschten.

Gleichzeitig betonte Lagarde, dass man bei der Inflationsbekämpfung noch nicht am Ziel sei, es würden aber Fortschritte gemacht. "Was die Inflation angeht: Es gibt Disinflation, und wir machen Fortschritte", sagte sie nach der Zinssitzung. Der EZB-Rat sei mithin zuversichtlicher, aber noch nicht zuversichtlich genug, um geldpolitisch zu reagieren. Man benötige mehr Daten und Indizien, dass die Inflation weiter zurückgehe, erklärte Lagarde. Zur nächsten Zinssitzung im April wisse man etwas mehr, zur übernächsten im Juni wisse man deutlich mehr.

Update Wirtschaft vom 07.03.2024

Emal Atif, HR, tagesschau24, 07.03.2024 09:00 Uhr

Der Kurs des Euro ist heute nach den geldpolitischen Aussagen der EZB gestiegen. Im US-Handel baute die Gemeinschaftswährung ihre Kursgewinne aus und wurde zuletzt bei 1,0949 Dollar gehandelt, nachdem sie am Morgen im europäischen Handel noch knapp unter 1,09 Dollar notierte. Die EZB setzte den Referenzkurs auf 1,0895 (Mittwoch 1,0874) Dollar fest. Schwache deutsche Industriezahlen belasteten den Euro heute kaum.

Aus fundamentaler Sicht bleibt die deutsche Konjunkturschwäche ein Problem, das auch für die Aktienmärkte relevant ist: Die deutsche Industrie hat im Januar einen massiven Auftragseinbruch erlitten. Das Neugeschäft verringerte sich um 11,3 Prozent im Vergleich zum Vormonat, teilte das Statistische Bundesamt mit. Damit schlug das Pendel wieder zurück, nachdem die Industrie im Dezember mit aufwärts revidiert 12,0 Prozent ein kräftiges Auftragsplus eingefahren hatte.

"Statt die Produktion zu schmieren, schmieren die Aufträge wieder ab", so das Fazit von Chefvolkswirt Alexander Krüger von der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank: "Wegen der schwankenden Großaufträge fahren die Aufträge zurzeit einen heftigen Zick-Zack-Kurs." Der Auftragsbestand dürfte seiner Einschätzung nach in den nächsten Monaten weiter abnehmen.

Die Rekordjagd beim Goldpreis setzt sich fort. Zuletzt stand der Preis für eine Feinunze (rund 31,1 Gramm) an der Börse in London bei 2.159 Dollar und damit nur knapp unter dem Rekordhoch bei 2.161 Dollar vom Morgen. Seit mittlerweile drei Handelstagen in Folge hat die Notierung für das Edelmetall damit jeweils ein Rekordhoch erreicht. Wichtige Preistreiber sind die Spekulation auf sinkende Zinsen und die Goldkäufe von Zentralbanken.

Große Reiselust und gestiegene Ticketpreise haben der Lufthansa im vergangenen Jahr einen Gewinnsprung beschert: Das bereinigte Betriebsergebnis schnellte um 76 Prozent auf 2,7 Milliarden Euro. Der MDAX-Konzern erwirtschaftete damit wie von Analysten erwartet das drittbeste Ergebnis der Firmengeschichte.

Der Umsatz legte um 15 Prozent auf 35,4 Milliarden Euro zu, da die Airlines der Gruppe mit mehr als 120 Millionen Fluggästen ein Fünftel mehr Kundinnen und Kunden beförderten. Unter dem Strich verdiente die Lufthansa knapp 1,7 Milliarden Euro, mehr als doppelt so viel wie in dem noch von der Corona-Krise betroffenen Vorjahr.

Das Lufthansa-Papier setzt im MDAX aber trotz der guten Zahlen seinen Abwärtstrend fort und rutschte unter die Marke von sieben Euro. Die Anleger sorgen sich ob einer wahren Streikflut, der sich die Kranichlinie gegenwärtig gegenüber sieht. Auch heute fielen wieder viele Flüge aus, da das Bodenpersonal der Gesellschaft streikte.

Unter den Einzelwerten im DAX standen Brenntag am Indexende. Denn eine verhaltene Nachfrage hat dem Chemikalienhändler im vergangenen Jahr zugesetzt.

"Das Jahr 2023 war erneut von einer Reihe makroökonomischer Herausforderungen und geopolitischer Spannungen geprägt", erklärte Vorstandschef Christian Kohlpaintner. Diese hätten insbesondere die chemische Industrie belastet. "Trotz dieses Umfelds hat Brenntag das zweitbeste Ergebnis seiner Geschichte erzielt." Das operative Ergebnis (Ebita) sank um 13,1 Prozent auf 1,27 Milliarden Euro und der Umsatz um elf Prozent auf 16,8 Milliarden.

Merck muss wegen der Nachfrageschwäche nach dem Corona-Boom der Vorjahre deutlich Federn lassen. Das bereinigte operative Ergebnis (Ebitda) sank 2023 um gut 14 Prozent auf 5,88 Milliarden Euro. Im Gesamtjahr setzte Merck knapp 21 Milliarden Euro um, ein Minus von 5,6 Prozent. Für Gegenwind sorgten auch negative Wechselkurseffekte. Unter dem Strich fiel der Gewinn um 15 Prozent auf 2,8 Milliarden. Die Aktionäre sollen eine unveränderte Dividende von 2,20 Euro je Aktie erhalten.

Der Autozulieferer Continental erwirtschaftete 2023 Erlöse von 41,4 Milliarden Euro, das sind 5,1 Prozent mehr als im Vorjahr. Das Betriebsergebnis verbesserte sich um rund ein Drittel auf 2,5 Milliarden Euro, die Gewinnmarge lag mit 6,1 Prozent ebenfalls höher als vor Jahresfrist. Continental-Chef Nikolai Setzer verwies auf geopolitische Unsicherheiten, eine nach wie vor angespannte Versorgungslage bei Halbleitern und die Inflation, die dem Unternehmen zu schaffen gemacht hätten.

Nach einem schleppend verlaufenen Jahr rechnet HelloFresh auch 2024 mit rückläufigen Zahlen. Aufgrund eines sich veränderten Geschäftsumfelds halte es der Vorstand zudem für unwahrscheinlich, dass die im MDAX notierte Gruppe ihre zuvor veröffentlichten Mittelfrist-Ziele bis zum Geschäftsjahr 2025 erreichen werde, teilte HelloFresh am Abend mit. Die Aktie rutschte nachbörslich um bis zu 14 Prozent deutlich ab.

Der angepeilte Umsatz von zehn Milliarden Euro werde aller Voraussicht nach ebenso verfehlt wie der in Aussicht gestellte bereinigte Betriebsgewinn (Ebitda) von einer Milliarde Euro. Im laufenden Geschäftsjahr dürfte das Ebitda unter dem Niveau von 2023 liegen. Im abgelaufenen Geschäftsjahr sank das Ebitda vorläufigen Zahlen zufolge auf 448 von zuvor 477 Millionen Euro. Damit lag das Berliner Unternehmen in der unteren Spanne seiner im November gesenkten Prognosespanne.

Der US-Finanzinvestor KKR verhandelt mit dem Hamburger Wind- und Solarpark-Betreiber Encavis über eine möglicherweise mehr als zwei Milliarden Euro schwere Übernahme. Encavis bestätigte Kontakte zu KKR "zum Interesse an einer möglichen Transaktion mit dem Unternehmen". Die Gespräche seien aber noch in einem frühen Stadium. Es gebe daher keine Garantie, dass es zu einer Übernahme komme.

Einem Bloomberg-Bericht zufolge könnte die im Nebenwerteindex MDAX gelistete Encavis dabei mit mehr als zwei Milliarden Euro bewertet worden. Eine Einigung sei in den nächsten Tagen möglich, hieß es dort. KKR wollte sich nicht äußern.

Der Fernsehkonzern ProSiebenSat.1 ist im vergangenen Jahr tiefer in die roten Zahlen gerutscht. Der Verlust betrug 134 Millionen Euro nach einem Minus von 49 Millionen im Vorjahr. Die Unsicherheit bei den Verbrauchern und die damit verbundene Zurückhaltung der Werbeindustrie hätten vor allem das erste Halbjahr 2023 geprägt, erklärte ProSiebenSat.1. Im Schlussquartal seien die Umsätze gestiegen. Im Gesamtjahr sank der Konzernumsatz jedoch um 7,0 Prozent auf 3,85 Milliarden Euro. 

Schwer unter die Räder kommen Aktien des Modehändlers Hugo Boss, die mit einem Minus von rund zwölf Prozent am MDAX-ende stehen. Denn das Unternehmen rechnet wegen der Konsumflaute sowie geopolitischer Spannungen bis 2025 mit einem langsameren Wachstum. Das Umsatzziel von fünf Milliarden Euro für das Jahr 2025 dürfte sich zudem "leicht verzögern", hieß es.

Im abgeschlossenen Jahr hatte Hugo Boss den Umsatz noch um 15 Prozent auf 4,2 Milliarden Euro gesteigert. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern stieg um mehr als ein Fünftel auf 410 Millionen Euro. Unter dem Strich verdiente das Unternehmen mit 258 Millionen Euro fast ein Viertel mehr.

Mit einem Aufschlag von rund 10 Prozent war das Papier der Deutschen Pfandbriefbank (PBB) größter Gewinner im SDAX. Nach einem Gewinneinbruch und zuletzt dramatischen Kursverlusten versuchte das PBB-Management, die Investoren zu beruhigen. "Wir sind eine kerngesunde Bank, wir haben mehr als drei Milliarden Kapital", sagte Vorstandschef Kay Wolf heute auf der Jahrespressekonferenz in Garching bei München. Der erst seit Kurzem amtierende Bankchef betonte, dass die Bank profitabel sei.

Für dieses Jahr stellte der Vorstand ein erheblich besseres Ergebnis in Aussicht als 2023. Allerdings zahlt das Geldhaus nach einem heftigen Gewinnrückgang im vergangenen Jahr überraschend keine Dividende.

Der spanische Telefonica-Konzern will wie erwartet seine Deutschland-Tochter von der Börse nehmen. Für jede noch ausstehende Aktie wollen die Madrider 2,35 Euro in bar zahlen, wie Telefonica Deutschland (O2) heute in München mitteilte.

Nach neuesten Informationen hält Telefonica bereits gut 94 Prozent am Stammkapital der Telefonica Deutschland AG, die von der spanischen Mutter im Herbst 2012 zum Preis von 5,60 Euro je Aktie an die Börse gebracht wurde. Die Hauptversammlung der deutschen Gesellschaft soll auf einen noch unbekannten Zeitpunkt nach dem geplanten Börsenrückzug verschoben werden. Als erster möglicher Zeitpunkt wurde frühestens Mitte Juni 2024 genannt. Die Dividende soll nach einer letzten Ausschüttung für 2023 dann eingestellt werden.

Nach der Insolvenz-Serie bei Signa hat sich nun auch der Gründer der Immobilien- und Handelsgruppe als Einzelunternehmer für zahlungsunfähig erklärt. René Benko habe am Landgericht Innsbruck Insolvenz angemeldet, bestätigte eine Gerichtssprecherin heute der Deutschen Presse-Agentur. Ein Richter werde voraussichtlich in den kommenden Tagen über den Antrag des 46-jährigen Unternehmers entscheiden, sagte sie. Zuvor hatte die "Kronen Zeitung" darüber berichtet.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 07. März 2024 um 09:00 Uhr.