Händler an der New Yorker Börse.
marktbericht

Deutliche Kursverluste im DAX Zweifel an baldiger Zinswende

Stand: 11.01.2024 22:21 Uhr

An den Aktienmärkten schwindet die Hoffnung auf rasche Zinssenkungen, zu hartnäckig ist die US-Inflation. Die DAX-Anleger nehmen Reißaus, gelassener fällt die Reaktion an der Wall Street aus.

Die Hoffnungen der Anleger auf baldige Zinssenkungen haben heute einen herben Dämpfer erhalten, hat sich doch in den USA der Preisauftrieb zum Jahresschluss überraschend deutlich beschleunigt. Die Verbraucherpreise stiegen im Dezember gegenüber dem Vorjahresmonat um 3,4 Prozent. Die Kerninflation, also die Teuerung ohne die schwankungsanfälligen Energie- und Lebensmittelpreise, erwies sich mit 3,9 Prozent als erstaunlich hartnäckig.

"Die anhaltende US-Inflation verringert die Chancen einer baldigen Zinssenkung der Fed", sagte ING-Ökonom James Knightley. Auch die Commerzbank-Ökonomen Christoph Balz und Bernd Weidensteiner sind überzeugt: Argumente für eine rasche Zinssenkung lieferten die heutigen Daten nicht.

"Die US-Notenbank wird nicht riskieren wollen, dass die durch die raschen Zinserhöhungen gewonnene Glaubwürdigkeit Schaden nimmt, wenn man die Zinsen bereits senkt, bevor sich die Inflation nachhaltig dem Zwei-Prozent-Ziel annähert", erklärten die Commerzbank-Experten, die erst für Mai mit einer Leitzinssenkung durch die US-Notenbank Fed rechnen.

Update Wirtschaft vom 11.01.2024

Samir Ibrahim, HR, tagesschau24, 11.01.2024 09:00 Uhr

Der DAX gab nach Veröffentlichung der US-Inflationsrate seine Gewinne komplett ab und drehte ins Minus. Zum XETRA-Schluss stand ein Minus von 0,9 Prozent auf 16.547 Punkte. Aus charttechnischer Perspektive schmerzt dabei vor allem der Rückfall unter das Tief vom Dezember bei 16.626 Punkten - das könnte jetzt eine neue Abwärtsrunde in Gang setzen. Das Risiko, dass das deutsche Börsenbarometer nun wieder an seinen verkorksten Jahresauftakt anknüpft, ist mit dem heutigen Handelstag jedenfalls wieder gestiegen.

An der Wall Street konnten die großen Indizes ihre zwischenzeitigen Verluste hingegen bis zum Handelsschluss wieder wettmachen. Der Leitindex Dow Jones, der zum Auftakt noch kurz über 37.800 Punkte auf ein Rekordhoch gestiegen war, schloss nahezu unverändert bei 37.711 Punkten. Der technologielastige Nasdaq 100 konnte sogar ein kleines Plus einfahren und gewann 0,2 Prozent auf 16.821 Zähler.

Auch am Devisenmarkt haben die gesunkenen Zinssenkungserwartungen der Marktteilnehmer Spuren hinterlassen. Der Dollar wurde gestärkt, parallel dazu drehte der Euro ins Minus. Am Abend kostet die europäische Gemeinschaftswährung 1,0961 Dollar und damit 0,1 Prozent weniger als am Vortag.

Unter Druck stand heute die türkische Lira, deren Kurs im Tagesverlauf auf ein Rekordtief zum Dollar und zum Euro gefallen war. Für einen Dollar mussten Anleger 30,01 Lira zahlen, für einen Euro 33,10 Lira - und damit jeweils so viel wie noch nie. Die türkische Währung wird unter anderem durch eine hohe Inflation belastet und hatte bereits in den vergangenen Monaten stark an Wert verloren.

Der Bitcoin-Kurs ist nach anfänglichen Gewinnen auf unter 46.000 Dollar zurückgefallen. Zuvor hatte die älteste und bekannteste Kryptowährung erstmals seit Dezember 2021 zeitweise mehr als 49.000 Dollar gekostet. Die Wertpapieraufsicht SEC hatte zur Wochenmitte den Weg freigemacht für börsengehandelte Bitcoin-Fonds. Damit dürfte der Zugang zu Bitcoin-Investitionen sowohl für Privatanleger als auch für institutionelle Investoren verbessert werden, erklärte die Deutsche-Bank-Analystin Marion Laboure.

Für die Ölpreise ging es heute kräftig bergauf. Der Preis für ein Barrel der Nordseesorte Brent stieg um 1,2 Prozent auf 77,72 Dollar. Hintergrund ist ein Vorfall im Golf von Oman. Dort wurde ein griechischer Öltanker von Bewaffneten gekapert. Mittlerweile meldete der Iran die "Beschlagnahme" des Tankers.

Größter Kursverlierer im DAX war heute die Aktie der Deutschen Bank mit einem Abschlag von 4,3 Prozent. Die spanische Börsenaufsicht CNMV hat ein Disziplinarverfahren gegen das größte deutsche Geldhaus eingeleitet. Beanstandet werden Beratungsleistungen für spanische Kunden bei hochkomplexen und hochgradig risikobehafteten Währungs-Finanzderivaten, wie die Comisión Nacional del Mercado de Valores (CNMV) mitteilte. Bester DAX-Wert war die Rheinmetall-Aktie mit plus 0,7 Prozent, die sich wieder ihrem Rekordhoch vom Dienstag näherte.

Der weltgrößte Flugzeugbauer Airbus hat seinen kriselnden Konkurrenten Boeing im vergangenen Jahr erneut weit hinter sich gelassen. Trotz angespannter Lieferketten übergab der europäische Hersteller 735 Verkehrsflugzeuge an seine Kunden, wie er am Abend in Toulouse mitteilte. Das waren über 200 mehr als Boeing und 15 mehr als von Airbus-Chef Guillaume Faury angepeilt. Auch der Auftragsbestand erreichte mit fast 8.600 Flugzeugen einen Rekordwert. Mit Bestellungen über mehr als 2.000 Jets stellte Airbus zudem einen Branchenrekord auf.

Zehn Jahre nach der Abwanderung von TUI an die Londoner Börse dürfte die Aktie des größten europäischen Reiseveranstalters in den MDAX zurückkehren. Das jedenfalls erwartet Analyst Pankaj Gupta von der US-Bank JPMorgan laut einer heute vorliegenden Studie. Nach dem Wechsel in den Prime Standard der Frankfurter Wertpapierbörse am 8. April - vorbehaltlich der Zustimmung der Aktionäre - könne TUI voraussichtlich im Juni in den MDAX aufgenommen werden.

Auto-Aktien standen nach Absatzzahlen im Fokus. Der nach BMW und Mercedes-Benz drittplatzierte deutsche Premium-Hersteller Audi holt auf: Die Volkswagen-Tochter schlug im vergangenen Jahr mit fast 1,9 Millionen Wagen 17 Prozent mehr los.

Dagegen stagnierte 2023 der Absatz bei Mercedes-Benz bei 2,04 Millionen Pkw. Engpässe in der Lieferkette, vor allem bei Modellen mit moderner 48-Volt-Bordelektrik, dämpften die Verkäufe im volumenstarken Kernsegment etwa beim SUV-Modell GLC. Die Marke mit dem Stern fällt damit weiter als Nummer Zwei hinter den globalen Marktführer für Premiumwagen BMW zurück. Die Münchner steigerten den Absatz im vergangenen Jahr um 7,3 Prozent auf 2,3 Millionen Autos

Die Übernahme der niederländischen Heliox soll dem Geschäft von Siemens mit Ladesäulen für Elektro-Lkw- und -Busse einen kräftigen Schub verleihen. "Da gibt es riesiges Wachstum und ein riesiges Potential", sagte der für die Sparte Smart Infrastructure zuständige Vorstand Matthias Rebellius der Nachrichtenagentur Reuters. "Wir peilen definitiv hohe zweistellige Wachstumsraten an und werden unter den 'Top drei' weltweit sein."

Im MDAX lag die Rational-Aktie mit einem Plus von über sechs Prozent vorn. Der Großküchenausrüster hat dank eines starken Schlussquartals im vergangenen Jahr besser abgeschnitten als erwartet. So stieg der Umsatz 2023 um zehn Prozent auf gut 1,13 Milliarden Euro. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) verbesserte sich um 17 Prozent auf rund 277 Millionen Euro.

Zu den größten MDAX-Verlierern gehörte derweil das Papier von Redcare Pharmacy mit einem Abschlag von rund vier Prozent. Tags zuvor hatte das Papier der Online-Apotheke trotz der Vorlage überraschend starker Quartalszahlen bereits fast zehn Prozent eingebüßt. Auslöser war eine Abstufung durch Warburg Research gewesen. Analyst Michael Heider sieht vorerst keine neuen Kurstreiber mehr.

Im SDAX brach der Anteilschein des Biosprit-Herstellers Verbio um 13,1 Prozent ein. Die Deutsche Bank stufte die Aktie um gleich zwei Stufen von "Buy" auf "Sell" ab. Ähnlich stark wie Verbio sackte das Papier des Biotechunternehmens Morphosys mit einem Minus von 12,9 Prozent ab. Positive Einschätzungen von Analysten verhalfen dagegen Süss Microtec an die SDAX-Spitze mit 6,1 Prozent.

Das Mutterunternehmen des Karrierenetzwerks Xing, New Work SE, baut Hunderte Stellen ab. Nach Angaben von New-Work-Chefin Petra von Strombeck im firmeneigenen "NWX-Magazin" geht es um rund 400 Arbeitsplätze. Dem börsennotierten Unternehmen mit rund 2.000 Mitarbeitern zufolge wolle man sich künftig auf die Plattform-Marken Xing und kununu konzentrieren.

Der Wechsel von Jadon Sancho zu Borussia Dortmund ist perfekt. Der englische Nationalspieler von Manchester United wechselt auf Leihbasis bis zum Sommer zum Fußball-Bundesligisten. Die Verpflichtung des 23 Jahre alten Angreifers, der in Manchester noch bis zum 30. Juni 2026 unter Vertrag steht, soll nach Medienangaben insgesamt etwa vier Millionen Euro kosten.

Der Südzucker-Konzern kann weiter auf das gut laufende Zuckergeschäft bauen. Im dritten Geschäftsquartal (Ende November) zog der Konzernumsatz im Jahresvergleich um knapp neun Prozent auf 2,7 Milliarden Euro an. Das operative Ergebnis kletterte um fast 22 Prozent auf 268 Millionen Euro.

Tesla muss einen Großteil seiner Fahrzeugfertigung im brandenburgischen Werk Grünheide vom 29. Januar bis zum 11. Februar unterbrechen. Grund für die Maßnahme sei das Fehlen von Bauteilen aufgrund von Verschiebungen der Transportrouten wegen des bewaffneten Konflikts im Roten Meer, teilte der E-Autohersteller am Abend mit. Durch die erheblich längeren Transportzeiten entstehe eine Lücke in den Lieferketten.

Microsoft hat Apple zeitweise als wertvollstes börsennotiertes Unternehmen der Welt überholt. "Es war unvermeidlich, dass Microsoft Apple überholen würde", sagte Gil Luria, Analyst beim Vermögensverwalter D.A. Davidson. Der von Bill Gates gegründete Konzern wachse schneller und sei besser in der Lage, vom Boom um die Künstliche Intelligenz (KI) zu profitieren.

Nach dem Zwischenfall mit einer Boeing-Maschine, bei der im Flug ein Rumpfteil herausbrach, hat die US-Luftfahrtbehörde FAA Ermittlungen gegen den Konzern eingeleitet. Die Umstände wiesen darauf hin, dass der Flugzeugbauer möglicherweise seine Pflichten bei Produktion, Inspektionen und Tests vernachlässigt habe, hieß es in einem heute veröffentlichten Brief an Boeing. Das Unternehmen bekam zehn Werktage Zeit, dazu Stellung zu beziehen.

Die US-Großbank Citigroup gab Kosten und Rückstellungen in Höhe von 3,8 Milliarden Dollar bekannt und setzte damit ihre Aktien unter Druck. Im Sog der Citigroup gaben auch Papiere der Konkurrentinnen JP Morgan, Bank of America und Wells Fargo nach. Alle vier Banken werden morgen ihre Zahlen zum vierten Quartal veröffentlichen und damit die Berichtssaison an der Wall Street öffnen.

Der Autovermieter Hertz will ein Drittel seiner weltweiten Elektroauto-Flotte verkaufen - und den Erlös zum Teil in den Kauf von Verbrennern stecken. Man wolle damit das Angebot an die Nachfrage anpassen, teilte Hertz mit. Es haben sich als schwieriger als erwartet herausgestellt, die höheren Kosten rund um den Betrieb von Elektroautos zu drücken, sagte Hertz-Chef Stephen Scherr dem Finanzdienst Bloomberg.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 11. Januar 2024 um 09:00 Uhr.