Händler an der New Yorker Börse
marktbericht

US-Schuldenstreit geht weiter Katerstimmung an den Börsen hält an

Stand: 25.05.2023 22:12 Uhr

Die Wall Street hat heute keine gemeinsame Richtung gefunden. Während sich die Verhandlungen im US-Schuldenstreit hinziehen, sorgte Nvidia für Euphorie im Tech-Sektor. Der DAX schloss erneut im Minus.

Der US-Schuldenstreit hat die Aktienmärkte weiter fest im Griff. Auch wenn US-Präsident Joe Biden zuletzt positive Entwicklungen sah und mit dem republikanischen Verhandlungsführer Kevin McCarthy mehrere produktive Gespräche führte, ist die politische Auseinandersetzung über eine Anhebung der Schuldenobergrenze immer noch nicht beigelegt. Damit steigt die Gefahr eines Zahlungsausfalls Anfang Juni. Die Folge könnte ein kompletter Stillstand der Finanzmärkte und der Wirtschaft sein, warnte Edgar Walk, Chefvolkswirt bei Metzler Asset Management.

Die Ratingagentur Fitch signalisierte, dass die größte Volkswirtschaft der Welt inzwischen eine mögliche Abstufung ihrer Top-Bonität befürchten muss. "Wenn Rating-Agenturen die USA unter Beobachtung nehmen und sich große Geldhäuser auf Crash-Szenarien vorbereiten, sollten Anleger die Gefahr eines Scheiterns der Verhandlungen zwischen Demokraten und Republikanern über eine Anhebung der Schuldengrenze in den USA nicht länger ignorieren", kommentierte Konstantin Oldenburger, Marktanalyst bei CMC Markets.

Positive Nachrichten aus dem US-Technologiesektor hatten die Laune an den US-Börsen allerdings heute angehoben. Der hervorragende Ausblick von Nvidia sorgte für deutliche Gewinne an der Nasdaq. Der Nasdaq 100 stieg im Handelsverlauf auf den höchsten Stand seit über einem Jahr und schloss mit einem Plus von 2,46 Prozent. Für den marktbreiten S&P 500 ging es um 0,88 Prozent nach oben. Nur der Dow Jones ging 0,11 Prozent tiefer bei 32.765 Punkten aus dem Handel.

Nvidia erwartet einen Quartalsumsatz 50 Prozent über den Analystenerwartungen. Der Hype um Künstliche Intelligenz (KI) bescherte dem Chipkonzern einen Nachfrageboom. "Das Wort des Monats ist KI", sagte Sam Stovall, Chefstratege beim Analysehaus CFRA in New York. "Die Investoren sind stets auf der Suche nach Wachstumssektoren, und das sind im Moment die Halbleiter." Die Papiere des Chipherstellers sprangen sofort nach Eröffnung auf ein Rekordhoch und verzeichneten zeitweise ein Kursplus von 27 Prozent. Die neue Höchstmarke liegt nun bei 394,80 Dollar.

Mit den unerwartet starken Quartalszahlen und dem verbesserten Ausblick sorgte Nvidia branchenweit für Euphorie. Rivalen wie AMD, Micron Technology, Synopsys und Broadcom gewannen ebenfalls deutlich an Wert. "Es ist nun klar geworden, dass KI der Beginn eines großen Investitionsbooms ist und echte Probleme lösen wird", so David Russell, Manager beim Online-Broker TradeStation. "Die Technologie hat unmittelbare Anwendungen und treibt große Unternehmen an, die bereits das Rückgrat des Aktienmarktes sind."

Am Frankfurter Aktienmarkt stand dagegen die Furcht vor einem Zahlungsausfall der USA im Fokus und zehrte heute erneut an den Nerven der Anleger. Der DAX konnte sich nach der Verlustserie zwar etwas stabilisieren, schloss aber mit 0,31 Prozent erneut im Minus bei 15.794 Punkten. Gestern war der deutsche Leitindex um 1,9 Prozent auf 15.842 Zähler zurückgefallen, nachdem er am Freitag mit 16.331 Punkten noch ein Rekordhoch erreicht hatte.

Der Rutsch unter die Marke von 16.000 habe das technische Bild allerdings trüber werden lassen, kommentieren die Experten der Helaba. "Weitere Rücksetzer können nicht ausgeschlossen werden, vor allem dann, wenn sich die Hängepartie um die US-Staatsfinanzen noch weiter hinzieht." So sehen das auch die Kollegen der ING: "Der DAX könnte noch weiter nachgeben und die Unterstützung im Bereich von 15.700 Punkten anlaufen."  

Update Wirtschaft vom 25.05.2023

Samir Ibrahim, HR, tagesschau24, 25.05.2023 09:00 Uhr

Dazu kommen schlechte Nachrichten von der Konjunkturseite: Die deutsche Wirtschaft ist im Winter doch in eine technische Rezession gerutscht. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) schrumpfte im ersten Quartal gegenüber dem Vorquartal um 0,3 Prozent, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. In einer ersten Schätzung war die Behörde noch von einer Stagnation der Wirtschaftsleistung zu Beginn des Jahres ausgegangenen. "Nachdem das BIP bereits zum Jahresende 2022 ins Minus gerutscht war, verzeichnete die deutsche Wirtschaft damit zwei negative Quartale in Folge", sagte Behördenpräsidentin Ruth Brand.

Zudem ist die Stimmung in der deutschen Exportindustrie laut einer Umfrage des ifo-Instituts auf den niedrigsten Wert seit November 2022 gefallen. "Die weltweiten Zinserhöhungen schlagen langsam auf die Nachfrage durch", erklärte Klaus Wohlrabe, Leiter der ifo-Umfragen. Immerhin hat sich das Konsumklima in Deutschland angesichts spürbarer Lohnerhöhungen den achten Monat in Folge aufgehellt, wenn auch nur schleppend.

Börsen-Fachmann Andreas Lipkow sagte, eine Rezession in Deutschland sei nun ausgemachte Sache und drücke auf die exportlastigen Branchen und die Konsumtitel. An den Aktien von Chemieunternehmen zeigte sich dies heute mit kräftigen Kursverlusten.

Der Euro bleibt unter Druck und notierte zeitweise bei 1,0716 US-Dollar auf dem tiefsten Stand seit gut zwei Monaten. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs zuvor auf 1,0735 Dollar festgesetzt.

Eine Aussage eines hochrangigen russischen Politikers drückte unterdessen die Ölpreise. Die Nordsee-Rohölsorte Brent und die leichte US-Sorte WTI verloren jeweils rund 3,5 Prozent auf 75,80 beziehungsweise 71,70 Dollar pro Barrel (159 Liter). Eine russische Zeitung zitierte den stellvertretenden russischen Ministerpräsidenten Alexander Nowak mit der Aussage, er erwarte keine weiteren Produktionskürzungen des Ölkartells OPEC+.

Die Lufthansa steigt bei der italienischen Fluggesellschaft ITA Airways ein. Der deutsche MDAX-Konzern vereinbarte mit dem italienischen Staat die Übernahme einer Minderheit, wie beide Seiten heute bei der Vertragsunterzeichnung in Rom mitteilten. Die Lufthansa wird zunächst 41 Prozent der Anteile übernehmen. Dafür werden im Rahmen einer Kapitalerhöhung 325 Millionen Euro investiert. Das Wirtschafts- und Finanzministerium in Rom als bisheriger Alleineigner verpflichte sich, weitere 250 Millionen Euro einzubringen.

Die Schweizer Großbank UBS darf ihre frühere Konkurrentin Credit Suisse übernehmen. Der Zusammenschluss werfe keine Wettbewerbsbedenken auf, teilte die EU-Kommission heute mit. "Das neu aufgestellte Unternehmen würde weiterhin unter erheblichem Wettbewerbsdruck stehen", hieß es von der Brüsseler Behörde. Auf den entsprechenden Märkten gebe es viele unterschiedliche Wettbewerber, zu denen mehrere große weltweit tätige Banken sowie spezialisierte Anbieter und lokale Akteure zählten. Mit diesen müsse sich das neue Unternehmen messen. Auflagen für die Übernahme gibt es keine.

Der Energietechnik-Konzern Siemens Energy will in den USA vom milliardenschweren Stromnetzausbau profitieren und erwägt den Bau neuer Werke. Die Netzsparte könne von dem Ausbau der Erneuerbaren Energien und der Wasserstoffwirtschaft profitieren, für die ein größeres und moderneres Netz gebraucht werde, sagte Konzernchef Christian Bruch vor Journalisten. "Das bedeutet, dass man in Fertigungskapazitäten investieren muss." Selbstverständlich müsse sein Unternehmen überlegen, wie es seine Investitionen weltweit verteile. "Es wird aber kein radikales Zurückfahren von Investitionen in Europa geben."

Nach Bedrohungen der eigenen Beschäftigten hat die US-Einzelhandelskette Target einige Produkte zur Unterstützung der LGBTQ-Szene aus dem Sortiment genommen. Seit der Einführung der neuen Kollektion zum diesjährigen "Pride Month" zur Würdigung unter anderem von Schwulen, Lesben und Transgender habe es Drohungen und andere Vorkommnisse gegeben, "die die Sicherheit und das Wohlbefinden unseres Teams gefährden", erklärte der Konzern.

Angesichts dieser "unberechenbaren Umstände" sehe sich das Unternehmen gezwungen, Anpassungen vorzunehmen und einige Produkte aus den Regalen zu nehmen, hieß es weiter. Target werde aber weiter an der Seite der Szene stehen, die traditionell im Monat Juni mit Veranstaltungen gewürdigt wird, und sie unterstützen.

Die Schweiz will die bei der Rettung der Großbank Credit Suisse unter Notrecht eingesetzten Liquiditätshilfen in ordentliches Recht überführen. Eine entsprechende Änderung des Bankengesetzes legt die Regierung Parteien, Wirtschaftsverbänden und weiteren betroffenen Institutionen zur Konsultation vor, teilte das Finanzministerium mit. Diese können Änderungsvorschläge machen. Bis September muss das neue Gesetz dem Parlament vorgelegt werden. Andere Länder wie Großbritannien, die USA oder auch die EU haben bereits die Voraussetzungen geschaffen, um systemrelevanten Banken im Notfall Liquiditätshilfen zur Verfügung zu stellen.

Der angeschlagene Immobilieninvestor Adler Group hat im ersten Quartal einen Verlust geschrieben. Von Januar bis März fiel unter dem Strich ein Minus von 55 Millionen Euro an, im Vorjahr hatte der Verlust bei zehn Millionen Euro gelegen. Durch den Verkauf von Wohnungspaketen schrumpfte der operative Ertrag auf 16 Millionen Euro von 30 Millionen Euro vor Jahresfrist. "Unser Kernportfolio bleibt robust", hieß es in einer Mitteilung. Die Adler Group verfügt nach eigenen Angaben noch über rund 26.000 Wohnungen und will sich im Rahmen ihres Umbaus künftig vor allem auf Immobilien in Berlin konzentrieren.

Nvidia hat für das laufende Quartal einen Umsatz deutlich über Expertenerwartungen vorhergesagt. Der US-Chiphersteller stellte etwa elf Milliarden Dollar in Aussicht. Von Datendienstleister Refinitiv befragte Analysten erwarten dagegen 7,15 Milliarden Dollar. Auch im abgelaufenen Quartal lag der Umsatz mit 7,2 Milliarden Dollar über den Vorhersagen von 6,5 Milliarden Dollar. Der Nettogewinn stieg auf gut zwei Milliarden Dollar verglichen mit 1,62 Milliarden Dollar im Vorjahr. Die zunehmende Nachfrage nach Künstlicher Intelligenz treibt die Nachfrage nach Nvidias Chips an.

Fresenius-Chef Michael Sen drückt beim Umbau des Gesundheitskonzerns weiter aufs Tempo. Er hob anlässlich eines Kapitalmarkttages die Ziele für die Tochter Kabi für dieses Jahr an und zeigte sich auch mittelfristig optimistischer. Dabei sollen vor allem der Ausbau des Geschäfts mit biotechnologisch hergestellten Nachahmerpräparaten sowie mit klinischer Ernährung und Medizintechnik das Wachstum von Kabi beschleunigen. Angepeilt ist nun ein Umsatzplus aus eigener Kraft im mittleren einstelligen Prozentbereich 2023, zuvor hatte ein niedriger bis mittlerer einstelliger Zuwachs im Plan gestanden. Auch die Profitabilität soll höher liegen als bisher erwartet.

Aroundtown rutschten auf ein weiteres Rekordtief und sind nur noch ein sogenannter "Pennystock". Die Baader Bank hatte die Titel des Immobilienkonzerns von "Buy" auf "Add" abgestuft und das Kursziel von 2,50 auf 1,15 Euro gestutzt. Nach Berichten, der Konzern wolle seine europäischen Center Parks verkaufen, verringerte sich das Kursminus zeitweise.

Europas größter Zuckerhersteller Südzucker sieht sich in seinem Gewinnziel durch anhaltend hohe Zuckerpreise bestätigt. Die Preise blieben nach dem Anstieg im vergangenen Jahr hoch und sollten zu einem deutlich besseren Ergebnis im Geschäftsjahr 2023/24 beitragen, sagte Südzucker-Chef Niels Pörksen. Bis Februar habe sich die Tonne Zucker in der Europäischen Union auf 804 Euro verteuert von 443 Euro vor Jahresfrist. Kostensteigerungen konnten so mehr als ausgeglichen werden. Das Geschäftsfeld soll einen Betriebsgewinn von 400 bis 500 Millionen Euro erreichen. Im vergangenen Jahr hatte die Sparte erstmals nach vier Verlustjahren trotz rückläufigen Absatzes schwarze Zahlen geschrieben.

Beim Elektroauto-Bauer Tesla hat es einem Zeitungsbericht zufolge ein größeres Datenleck gegeben. Das "Handelsblatt" berichtete, ihm seien 100 Gigabyte an vertraulichen Daten zugespielt worden, darunter sensible Informationen zu Kunden, Mitarbeitern und Geschäftspartnern. In anderen als vertraulich gekennzeichneten Dokumenten gehe es um Projekte wie das selbstfahrende Auto, die Entwicklung neuer Batteriezellen oder den geplanten Elektro-Pickup des US-Herstellers. Tesla teilte der Zeitung mit, man verdächtige einen Ex-Mitarbeiter, Daten "unter Verletzung von Geheimhaltungspflichten weitergegeben zu haben". Tesla wolle rechtliche Schritte gegen den Verdächtigten einleiten.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 25. Mai 2023 um 09:05 Uhr.