Kaum Bewegung US-Börsen ohne Schwung
Die Wall Street ist verhalten in die neue Woche gestartet, die großen Indizes fanden bei geringen Schwankungen keine Richtung. Nach der Erholungsrally vom Freitag schnauften die Anleger heute durch.
US-Anleger wagten sich nach der Apple-Rally vom Freitag heute kaum aus der Deckung und hielten inne. Die Schwankungen bei den großen Aktienindizes waren überschaubar, sie fanden letztlich keine Richtung. Gegen Ende der Sitzung kam noch etwas Kaufinteresse an der Nasdaq auf, die um 0,2 Prozent moderat höher aus dem Handel ging.
Der Dow-Jones-Index der Standardwerte verlor hingegen 0,2 Prozent auf 33.618 Punkte. Der marktbreite S&P-500-Index bewegte sich mit einem leichten Gewinn von 0,04 Prozent auf 4138 Punkte kaum.
Der solide Arbeitsmarktbericht in den USA habe die Risikofreude wieder gestärkt, hieß es bei der Credit Suisse mit Blick auf den starken Wochenabschluss der Wall Street. Die Trends am Arbeitsmarkt seien besser als gedacht gewesen. Gleichzeitig habe eine Korrektur des vorherigen Stellenaufbaus nach unten die Signale der Notenbank hinsichtlich einer Pause im Zinserhöhungszyklus untermauert. Am Mittwoch anstehende Inflationsdaten gelten als wichtigste Orientierungsgröße für die Zinspolitik der Fed.
Aktien der angeschlagenen US-Regionalbank PacWest setzten ihre Erholung vom Freitag fort, fielen dann aber im Verlauf von der Spitze wieder zurück. Die Papiere des Geldinstituts im Zentrum der Regionalbankenkrise kommen allerdings nach fast 90 Prozent Jahresverlust auch von einem Rekordtief. Das Geldinstitut opfert die Dividende für seine Stammaktien, um die Kapitaldecke zu stärken.
"Angesichts der extremen Volatilität der Aktie in letzter Zeit glauben wir, dass diese Dividendenkürzung sinnvoll ist und das Tempo der Kapitalbildung unterstützen kann", konstatierten die Analysten von RBC Capital Markets.
Auch bei den Regionalbanken Western Alliance und Zions kühlte sich die Erholung von zeitweise mehr als zehn Prozent im Verlauf ab. Die Titel mussten in der vergangenen Woche Federn lassen, weil Investoren nach dem Zusammenbruch der First Republic Bank weitere Turbulenzen fürchteten.
Papiere von BioNTech konnten anfänglich höhere Gewinne ebenfalls nicht halten und schlossen am Ende bei 108,05 Dollar um 0,35 Prozent leichter. Das Tageshoch hatte im frühen Handel noch bei gut 113 Dollar gelegen. Umsatz und Ergebnis lagen im ersten Quartal zwar massiv unter den Vorjahreswerten, aber über den Markterwartungen.
Das Mainzer Unternehmen hatte 2023 bereits zuletzt als eine Art Übergangsjahr bezeichnet. Im Fokus steht bei BioNTech die Entwicklung neuer Produkte, vor allem für Therapien gegen Krebs. Für Herbst bereitet man zudem einen weiterentwickelten Covid-19-Impfstoff vor.
Trotz guter US-Vorgaben vom Freitag und einer Fülle anstehender Unternehmensberichte im weiteren Wochenverlauf haben sich die heimischen Anleger heute nicht aus der Reserve locken lassen. Der DAX blieb auch zum Start der neuen Woche zwischen 15.700 und 16.000 Punkten und bewegte sich am Ende nahezu gar nicht.
Der Index schloss bei 15.952 Punkten mit einem Mini-Minus von 0,05 Prozent oder gut sechs Punkten. Die Schwankungsbreite lag zwischen 15.947 und 15.996 Punkten.
Derzeit fehle es an positiven Nachrichten, um mehr Käufer anzulocken und den DAX aus seiner Lethargie zu reißen, hieß es im Markt. "Die zentrale Frage dieser Handelswoche dürfte sein, ob es dem Deutschen Aktienindex gelingt, in einem zweiten Anlauf die 16.000er-Marke nachhaltig zu überwinden", bemerkte Kapitalmarktstratege Jürgen Molnar von Robomarkets. Damit nämlich könnte der Weg in Richtung Rekordhoch frei werden.
Heute ging trotz eines zuletzt umfangreichen Datenkalenders der richtungslose Handel an der Börse weiter. "Bullen" (Käufer) und "Bären" (Verkäufer) neutralisieren sich derzeit und warten auf Impulse, in welche Richtung sich der Markt entwickeln könnte. Allerdings bleibt dieser auf hohem Niveau und bei knapp 16.000 Punkten nur knapp unter seinem Allzeithoch bei 16.290 Punkten.
Trotz zahlreicher fundamentaler Belastungsfaktoren, allen voran der unklare Fortgang der Geldpolitik sowie zuletzt noch die Bankenkrise in den USA, kann von einem Ausverkauf damit nicht gesprochen werden. Denn die vielfach beschworene Rezession findet bisher nicht statt. Experten rechnen derzeit allenfalls mit einer milden Rezession, was die Anleger offenbar nicht schreckt.
Gleichzeitig halten sich Zinssenkungs-Hoffnungen weiter zäh. Dies sowohl in den USA als auch in Europa und ungeachtet der Tatsache, dass die Inflationsraten in beiden großen Wirtschaftsräumen noch weit über der Zielmarke der Notenbanken von 2,0 Prozent liegen.
Sowohl EZB-Chefin Lagarde als auch zahlreiche US-Notenbanker haben zuletzt keine Zweifel an ihrer Entschlossenheit gelassen, die Inflation weiter mit allen Mitteln zu bekämpfen - was sich nicht nach schnellen Zinssenkungen anhört. Denn insbesondere die Kerninflation, der Preisanstieg ohne Energie- und Lebensmittelpreise, bleibt auf viel zu hohem Niveau von deutlich über 5,0 Prozent.
So hangelt sich der Markt mitten in der Berichtssaison der Unternehmen von einer Zahl zur nächsten, ohne dass sich eine klare Linie für die Währungshüter von Federal Reserve (Fed) und EZB herauskristallisiert. Nächster Anhaltspunkt wären jetzt bei den Wirtschaftsdaten die US-Verbraucherpreise am Mittwoch, nach den zuletzt starken US-Arbeitsmarktdaten vom Freitag. Nur wenn sich hier eine deutliche Abschwächung abzeichnen sollte, könnte die latente Zinssenkungsfantasie gerechtfertigt sein.
"Zwar haben viele US-Unternehmen mit Sparprogrammen auf die sich verschlechternden Finanzierungsbedingungen und eine schwächere Nachfrage reagiert und Mitarbeiter entlassen", sagte Experte Molnar. "Noch aber spiegelt sich dieses nicht in den Daten wieder und gibt so den Anlegern weiterhin Rätsel auf, wie die Geldpolitik auf diese Entwicklung reagieren wird."
Aus dem Unternehmenssektor legen hierzulande im weiteren Wochenverlauf zahlreiche Firmen ihre Bilanzen für das erste Quartal vor, unter anderem Bayer, Telekom und Allianz aus dem DAX.
Nach der Allianz am Freitag wurde heute die Aktie der Münchener Rück mit einem Dividendenabschlag von 11,60 Euro gehandelt, war also nur optisch unter Druck. Nach den 11,40 Euro der Allianz zahlt damit die MüRü die absolut höchste Dividende im DAX und erreicht eine Dividendenrendite von rund 3,4 Prozent, bezogen auf den Schlusskurs von gestern.
Auch am Devisenmarkt tat sich heute wenig. Am Freitag hatte ein robuster US-Arbeitsmarktbericht den Dollar nur vorübergehend gestützt. Enttäuschende Produktionsdaten aus der deutschen Industrie belasteten den Euro am Montag nicht. "Wegen der zuletzt schwächeren Nachfrage ist für die kommenden Monate mit einem weiteren Rückgang der Produktion zu rechnen", kommentierte Konjunkturexperte Ralph Solveen von der Commerzbank. "Statt der von vielen erwarteten Erholung der Konjunktur droht in der zweiten Jahreshälfte eher eine milde Rezession."
Der Euro handelte zuletzt im US-Handel bei 1,1002 Dollar um 0,1 Prozent etwas leichter. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,1037 (Freitag: 1,1014) Dollar fest
Nach unten ging es für Cyber-Devisen. Die wichtigste Kryptowährung Bitcoin gab in der Spitze mehr als sechs Prozent nach. Die weltgrößte Kryptobörse Binance setzte heute wegen gestiegener Handelsvolumina und steigender Bearbeitungsgebühren Bitcoin-Abhebungen für mehrere Stunden aus. In den vergangenen Monaten hatten die zahlreichen Ermittlungen gegen die Börse Nutzer nervös gemacht.
Am Morgen hatte sich die Aufmerksamkeit der Anleger zunächst auf die deutsche Industrie. Die neuen Produktionszahlen gelegt, die den Investoren allerdings nicht gefallen haben. Gegenüber dem Vormonat sank die Gesamtherstellung um 3,4 Prozent, teilte das Statistische Bundesamt mit. Analysten hatten zwar mit einem Rücksetzer gerechnet, diesen aber auf lediglich 1,5 Prozent veranschlagt. "Eine weitere Hiobsbotschaft aus der deutschen Industrie", kommentiert Elmar Völker, Ökonom bei der LBBW.
Die Ölpreise legen zu Beginn der neuen Woche zu und knüpften damit an die Gewinne vom Freitag an. Ein Fass der Nordseesorte Brent kostete 2,5 Prozent mehr, die US-Sorte WTI legt gut 2,7 Prozent zu.
Seit Jahresbeginn haben die Erdölpreise stark geschwankt, in den vergangenen Wochen sind sie zumeist gefallen. Für Pessimismus sorgen vor allem die vielerorts trüben Konjunkturaussichten. Eine erhebliche Belastung stellen die starken Zinsanhebungen der Notenbanken zur Eindämmung der hohen Inflation dar. Auch aus diesem Grund wird für die weltgrößte Volkswirtschaft USA in diesem Jahr mit einer Rezession gerechnet, was den Ölpreis tendenziell belastet.
Nach Problemen bei der Softwareentwicklung tauscht Volkswagen fast die gesamte Führungsspitze seiner Tochter Cariad aus. Drei von vier Vorständen müssen gehen, nur der Personalvorstand bleibt. Neuer Cariad-Chef wird zum 1. Juni Peter Bosch, bisher Produktionsvorstand der Konzerntochter Bentley. Mit ihm beruft Konzernchef Oliver Blume einen erfahrenen Sanierer, der die Luxusmarke in den vergangenen Jahren in die Spur gebracht hat.
Mit dem personellen Neuanfang ist laut Insidern eine Neuausrichtung der Softwaretochter verbunden. Die Software werde dabei noch enger mit der Fahrzeugentwicklung verknüpft. Zusätzlich solle der neue CEO künftig von zwei ausgewiesenen Softwareexperten im Vorstand unterstützt werden.
Verzögerungen bei der Softwareentwicklung hatten im vergangenen Jahr zur Entlassung von Konzernchef Herbert Diess geführt. Er war Anfang September von Porsche-Chef Blume abgelöst worden, der den börsennotierten Sportwagenbauer seither in Personalunion führt. Durch die stockende Entwicklung war es bei wichtigen Fahrzeugprojekten wie dem Porsche e-Macan und dem Audi Q6 e-tron zu Verzögerungen gekommen.
Beim Darmstädter Pharma- und Technologiekonzern Merck gibt es überraschend einen Wechsel im Finanzressort. Marcus Kuhnert werde Ende Juni nach neunjähriger Amtszeit als Finanzchef und Mitglied der Geschäftsleitung von Merck zurücktreten, teilte der DAX-Konzern heute in Darmstadt mit.
Neue Finanzchefin werde ab 1. Juli Helene von Roeder, die bis 2021 Finanzchefin von Deutschlands größtem Immobilienkonzern Vonovia war und dort zuletzt als Chief Transformation Officer im Vorstand für Digitalisierung zuständig. Zu den Hintergründen von Kuhnerts Rücktritt gab es keine Angaben. Er soll noch bis Ende Juli 2024 Mitglied des Vorstand in der E. Merck KG bleiben, über die die Merck-Familie ihre Anteile an dem Konzern hält.
Die Aktien von TUI waren heute begehrt. "Es wird 2023 keinen 'Last-Minute-Sommer' geben, wie es ihn früher gab", sagte Sebastian Ebel, der Chef des weltgrößten Reisekonzerns, der "Bild am Sonntag". Er rechnet damit, dass die Preise für Spätbuchungen eher höher als günstiger werden. Händler erwähnten dies ebenso positiv wie die Aussage Ebels, dass der Reisekonzern in diesem Jahr wieder einen Gewinn schreiben werde. In den vergangenen Jahren war TUI wegen der Corona-Pandemie in eine Schieflage geraten und mit staatlichen Mitteln gerettet worden.
Der Finanzdienstleister Hypoport ist wegen der Flaute auf dem Immobilienmarkt mit satten Umsatz- und Ergebnisrückgängen ins neue Jahr gestartet. Der Umsatz sei im ersten Quartal im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 31 Prozent auf 93,7 Millionen Euro gefallen. Der Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) habe sich auf 0,8 Millionen Euro belaufen, nach 16,9 Millionen Euro im Vorjahreszeitraum.
Am Freitag war am späten Abend bekannt geworden, dass Vossloh-Aktien im SDAX den Platz von Hochtief einnehmen, die wiederum in den MDAX aufsteigen. Die Indexänderungen werden an diesem Mittwoch wirksam. Beide Wechsel waren zuvor von Experten erwartet worden. Wichtig sind Indexänderungen vor allem für Fonds, die Indizes real nachbilden. Dort muss dann entsprechend umgeschichtet und umgewichtet werden, was Einfluss auf die Aktienkurse haben kann
Der kurz bevorstehende Abschied aus dem MDAX setzt Aktien von Evotec zu. Morgen wird die Aktie von SMA Solar ersetzt, da Evotec seinen testierten Jahresbericht nach einer Cyberattacke nicht rechtzeitig vorlegen konnte. Entsprechend den Regeln der Deutschen Börse wird die Aktie daher aus dem Index entfernt. Sollte es Evotec wie avisiert gelingen, den Bericht Mitte Mai vorzulegen, dürfte einer Rückkehr in den Index der mittelgroßen Werte bereits im Juni nichts mehr entgegenstehen.