Händler an der New York Stock Exchange.
marktbericht

Erleichterung überwiegt Sinkende Ölpreise helfen der Wall Street

Stand: 28.10.2024 22:00 Uhr

Wie schon zuvor in Europa haben auch die US-Börsen von nachlassenden Nahost-Ängsten und sinkenden Ölpreisen profitiert. Die Anleger warten nun auf neue Zahlen aus dem Tech-Sektor.

Wieder deutlich rückläufige Ölpreise haben heute den US-Aktienmarkt gestützt. Geopolitische Risiken nach dem moderater als erwartet ausgefallenen israelischen Vergeltungsschlag gegen den Iran würden wieder ausgepreist, hieß es an den Börsen. Schon zuvor waren auch die Märkte in Europa gestiegen, nachdem Ängste über eine Eskalation der Lage im Nahen Osten abgeflaut waren.

Sinken die Ölpreise wieder spürbar, mindert dies den Inflationsdruck. Das könnte der Notenbank Federal Reserve (Fed) mehr Spielraum für Zinssenkungen geben. So in etwa lauten derzeit wohl die Überlegungen von Börsianern. Zudem profitieren viele Unternehmen auf der Kostenseite von schwächeren Ölpreisen. Die führenden Ölsorten gaben heute um über fünf Prozent nach.

Mit einem Plus von 0,65 Prozent auf 42.387 Punkte schnitt der Dow-Jones-Index, der Leitindex der Standardwerte, am besten ab. Der marktbreite S&P-500-Index gewann 0,27 Prozent hinzu auf 5.823 Zähler. An der Technologiebörse Nasdaq ging es im Vorfeld neuer Quartalsberichte aus dem Sektor etwas verhaltener zu. Der Composite-Index stieg um 0,26 Prozent, der Auswahlindex Nasdaq 100 tendierte nahezu unverändert.

Mehr Bewegung könnte an den US-Märkten trotz des politischen Patts derzeit durch den Fortgang der Berichtssaison mit den Ausweisen der großen Tech-Schwergewichte aufkommen. Die Google-Mutter Alphabet, die Facebook-Mutter Meta, Microsoft, Apple und Amazon öffnen ab morgen ihre Bücher.

Trotzdem dominiert an den Märkten weiter die Vorsicht, auch weil sich die Wall Street-Anleger vor der Präsidentenwahl am 5. November zurückhalten. Sie blicken vielmehr gespannt auf das Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen dem Republikaner Donald Trump und der demokratischen Vizepräsidentin Kamala Harris. Täglich werden dazu neue Umfragen veröffentlicht.

Die Märkte reagierten auf Wirtschaftsdaten und -meldungen weniger als sonst, weil die Wahl in einer der wichtigsten Volkswirtschaften der Welt alles überschattet. "In den vergangenen Handelstagen positionierten sich die Marktteilnehmer noch einmal stärker in Richtung eines Trump-Sieges: Die Renditen von Staatsanleihen stiegen deutlich an, die Aktienmärkte tendierten freundlich." Nun warteten alle ab, was am Wahltag geschehen wird, gaben die Experten der Dekabank zu bedenken.

Zu den Profiteuren des Ölpreisrutsches zählen indes die Papiere von Fluggesellschaften. So zogen etwa die Aktienkurse von American Airlines, United Airlines und Delta Air Lines deutlich an. Im MDAX gewannen Lufthansa-Papiere gut 2,1 Prozent und stiegen bis knapp an die Marke von 7,00 Euro. Unter Druck gerieten hingegen die Anteilsscheine von Ölförderern wie Exxon Mobil, Chevron und Occidental Petroleum.

Chipkonzerne wie Nvidia müssen sich womöglich auf fallende Wachstumsraten einstellen. Die Beratungsfirma Gartner geht von einer Abschwächung des Umsatzplus im kommenden Jahr auf knapp 14 Prozent aus. Für 2024 erwarten die Experten ein Plus von fast 19 Prozent auf 629,8 Milliarden US-Dollar. Getrieben werde das Wachstum weiterhin von Spezialchips für Künstliche Intelligenz (KI), während die Nachfrage aus der Automobilbranche und der Industrie schwach bleibe. Nvidia-Papiere verloren an der Nasdaq 0,7 Prozent.

Der DAX ist im Sog der Wall Street mit moderaten Gewinnen in die neue Woche gestartet. Der Schlussstand lag bei 19.531 Punkten, ein Tagesplus von 0,35 Prozent. Der MDAX der mittelgroßen Werte stieg um 0,33 Prozent auf 27.348 Zähler.

Nach einem freundlichen Auftakt im frühen Geschäft fehlten dem DAX zunächst stärkere Anschlusskäufe, um an das Spitzenniveau des Tages bei 19.570 Punkten anzuknüpfen. Das Tagestief heute lag bei 19.399 Punkten. Nach einer freundlichen Wall-Street-Eröffnung legte das führende deutsche Kursbarometer dann aber am Nachmittag wieder etwas zu.

Der Index bleibt damit auf hohem Niveau und in Reichweite seines Allzeithochs von 19.674 Zählern. Allerdings bleiben die Anleger in Anbetracht der geostrategischen Krisen sowie der anstehenden US-Präsidentschaftswahl derzeit eher in einer Warteposition.

Themen des Tages waren auch in Frankfurt die Diskussion über den lange erwarteten Gegenschlag Israels auf den Iran und der damit verbundene deutliche Preisrutsch am Ölmarkt. Die Notierungen für die beiden marktführenden Sorten Brent und WTI fielen kräftig um mehr als fünf Prozent.

Die Anleger waren verhalten zuversichtlich, dass es zu keiner weiteren unmittelbaren Eskalation zwischen den beiden Ländern kommt. Irans Religionsführer Ajatollah Ali Chamenei mahnte überlegtes Handeln an. Außerdem arbeite die Ölindustrie des Landes auch nach dem Angriff Israels normal.

"Der israelische Schlag, bei dem Energieanlagen sorgfältig umgangen wurden, hat die Befürchtungen eines umfassenden Konflikts mit dem Iran abgeschwächt", sagte Stephen Innes, Analyst bei SPI Asset Management.

Update Wirtschaft vom 28.10.2024

Stefan Wolff, HR, Update Wirtschaft, 28.10.2024 09:00 Uhr

Der Kurs des Euro hat sich heute über 1,08 Dollar stabilisiert. Zuletzt wurde die Gemeinschaftswährung im US-Handel mit 1,0816 Dollar gehandelt und damit am Niveau vom Freitagabend. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0818 (Freitag: 1,0825) Dollar fest.

Der Tag verlief beim Handel mit dem Euro ohne größere Impulse. Es standen keine wichtigen Konjunkturdaten auf dem Programm, an denen sich die Anleger orientieren konnten. Erst im weiteren Wochenverlauf werden Schwergewichte unter den Wirtschaftsdaten erwartet, die für mehr Bewegung beim Euro sorgen könnten, darunter Daten zum Wirtschaftswachstum in den USA im dritten Quartal, zur Preisentwicklung in der Eurozone und der US-Arbeitsmarktbericht.

Deutliche Kursverluste gab es hingegen beim japanischen Yen. Dieser fiel zum US-Dollar auf den tiefsten Stand seit Ende Juli, nachdem die Regierungskoalition des Landes ein Wahldebakel erlitten hatte. Japans konservativer Ministerpräsident Shigeru Ishiba steht nach dem Verlust der Mehrheit seiner Regierungskoalition bei der Wahl zum Unterhaus des Parlaments vor einer ungewissen Zukunft.

"Die politische Unsicherheit hat somit auch Japan erreicht", kommentierte Devisenexperte Volkmar Baur von der Commerzbank. Nach seiner Einschätzung könnten die Kursverluste des Yen wegen der politischen Unsicherheit weiter gehen. "Eine Zinsanhebung durch die Bank of Japan in ihrer Sitzung am Donnerstag scheint nun sehr unwahrscheinlich", sagte Baur.

Im DAX stand derweil die VW-Aktie im Fokus, die rund ein halbes Prozent abgab. Der Autobauer will nach Angaben des Betriebsrats in Deutschland mindestens drei Werke schließen und Zehntausende Arbeitsplätze abbauen. Über diese Pläne habe der Konzern die Arbeitnehmerseite informiert, sagte Konzernbetriebsratschefin Daniela Cavallo bei einer Informationsveranstaltung in Wolfsburg. VW fordere zehn Prozent Lohnkürzung sowie Nullrunden in den kommenden beiden Jahren. Darüber hatte zuvor das Handelsblatt berichtet.

VW-Betriebsratschefin Daniela Cavallo drohte heute bei einer Informationsveranstaltung in Wolfsburg mit dem Abbruch der Gespräche und warf dem VW-Management vor, die Standorte in Deutschland auszuhungern. Beide Seiten kommen am Mittwoch zur zweiten Runde der laufenden Tarifverhandlungen zusammen.

Die Neunmonatszahlen des Sportwagenbauers Porsche AG versetzten den Aktien einen herben Dämpfer. Zuletzt lagen die Papiere am DAX-Ende über fünf Prozent im Minus. Ein Händler monierte vor allem den Barmittelzufluss in den ersten neun Monaten, der "deutlich verfehlt" wurde. "Der Cashflow ist die Schwachstelle von Porsche."

Das Übernahmeringen um die Commerzbank lockt spekulative Investoren an. Der US-amerikanische Hedgefonds D.E. Shaw hat sich über Finanzinstrumente Zugriff auf gut fünf Prozent der Commerzbank-Aktien gesichert, wie aus einer Stimmrechtsmitteilung des Instituts hervorgeht.  Hintergrund ist eine mögliche Übernahme der zweitgrößten deutschen Privatbank durch die italienische Unicredit.

Diese war im September überraschend im großen Stil bei der Commerzbank eingestiegen, was den Aktienkurs kräftig nach oben getrieben hatte. Die Unicredit hat sich über Finanzinstrumente die Option gesichert, ihren Anteil an der Commerzbank von neun auf 21 Prozent aufzustocken. Damit wären die Italiener mit Abstand größter Aktionär - vor dem Bund, der rund zwölf Prozent hält. Die Aufstockung muss aber noch von der Europäischen Zentralbank genehmigt werden, die die größten Banken in der Eurozone beaufsichtigt. 

Zugleich hat die Unicredit die Erlaubnis beantragt, ihren Anteil auf bis zu 29,9 Prozent zu erhöhen. Ab 30 Prozent wäre sie gesetzlich verpflichtet, ein öffentliches Übernahmeangebot für die Commerzbank vorzulegen. Hedgefonds steigen in solchen Situationen gerne bei Unternehmen ein, da sie etwa auf eine dann übliche Übernahmeprämie oder weitere Kursanstiege wetten.

Aktien von Siemens Healthineers gehörten im DAX zu den größten Verlierern. Händler verwiesen auf den gekappten Umsatzausblick des Wettbewerbers Philips als Grund. Der niederländische Medizintechnikkonzern sprach zur Zahlenvorlage von fortgesetzten Problemen in seinem China-Geschäft und rechnet nun mit einem deutlich geringeren Wachstum als bisher.

Nachdem sich ein Verdacht auf den Befall mit E.coli-Bakterien laut McDonald's nicht bestätigt hat, will das Unternehmen seinen Hamburger "Quarter Pounder" wieder im gesamten US-Gebiet verkaufen. Tests der Landwirtschaftsbehörde im US-Bundesstaat Colorado hätten ergeben, dass die für den Burger verwendeten Rindfleischbuletten nicht wie befürchtet mit den Bakterien infiziert seien, teilte das Unternehmen mit.

Der US-Flugzeugbauer Boeing will seine Finanzen mit einer bis zu 22 Milliarden US-Dollar schweren Kapitalerhöhung aufbessern. Der Airbus-Rivale leidet unter den Folgen zahlreicher sicherheitsrelevanter Produktionsprobleme und eines Streiks von 33.000 Arbeitern, der das Unternehmen mehr als eine Milliarde US-Dollar im Monat kostet.

Boeing will nun 90 Millionen neue Aktien verkaufen, die zum Schlusskurs vom Freitag fast 14 Milliarden US-Dollar wert sind, wie das Unternehmen am Montag mitteilte. Dazu kommen 100 Millionen Pflichtwandelanleihen, die weitere fünf Milliarden US-Dollar einbringen sollen. Sie werden in spätestens drei Jahren in Aktien gewandelt.

Die Kapitalerhöhung ist wichtig, damit Boeing sein Investment-Grade-Rating behalten kann - unter dieses Niveau, das einigen Investoren die Zeichnung von Anleihen erst erlaubt, war der Konzern bisher nie gefallen. Eine Verschlechterung würde die Finanzierung tendenziell verteuern. "Die Kapitalerhöhung ist der Kreditqualität sicher dienlich. Wir werden das in unser Rating im Lichte anhaltender Mittelabflüsse einbeziehen", sagte der für die Flugzeugbranche zuständige S&P-Analyst Ben Tsocanos. Mit dem Geld will Boeing Schulden tilgen und weitere Verluste abfedern. Boeing-Aktien fielen deutlich um 2,79 Prozent.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 28. Oktober 2024 um 09:00 Uhr.