
Zölle und Politik Keine Euphorie an der Wall Street
Die US-Anleger haben sich zum Wochenschluss zurückgehalten. Besonders das Zollregime der neuen Regierung sorgt weiter für viele Fragezeichen. Auch der DAX legte heute eine Rally-Pause ein.
In New York konnten die großen Aktienindizes zum Wochenschluss nicht an die Gewinne des Vortages anknüpfen. Bei insgesamt mäßigen Schwankungen schlossen sie uneinheitlich. Der Leitindex Dow Jones lag am Ende mit 0,37 Prozent auf 44.546 Punkte im Minus. Der marktbreite S&P 500 bewegte sich praktisch kaum vom Fleck und ging bei 6.114 Zählern aus dem Handel.
Besser lief es an der Nasdaq, der Auswahlindex Nasdaq 100 erreichte kurz vor Handelsschluss bei 22.139 Punkten sogar noch knapp ein neues Allzeithoch. Prozentual legt der Index am Ende dann moderat um 0,38 Prozent zu auf einen Schlussstand von 22.114 Zählern. Der Composite-Index stieg um 0,41Prozent, erreichte aber kein weiteres Allzeithoch.
Der Handel verlief verhalten und war getragen von viel Unsicherheit darüber, wie das Zollregime der neuen Regierung letztlich aussehen wird. US-Präsident Donald Trump hatte gestern sein Wirtschaftsteam angewiesen, Pläne für gegenseitige Zölle auf alle Länder auszuarbeiten, die US-Importe besteuern.
Howard Lutnick, Trumps Kandidat für den Posten des Handelsministers, sagte, die Regierung werde sich nacheinander um jedes betroffene Land kümmern und kündigte an, die Untersuchungen zu diesem Thema würden bis zum 1. April abgeschlossen sein. Auch Zölle auf Autoimporte sollen kommen.
"Die Märkte betrachten die Zölle wahrscheinlich eher als ein Verhandlungsinstrument denn als alles andere", sagte Larry Tentarelli, Chefstratege und Gründer des Blue Chip Daily Trend Report.
Ein zentrales Thema ist neben dem Zollregime derzeit auch die Politik von Präsident Trump. Heute stand der Auftritt seines Stellvertreters J.D. Vance im Rahmen der Münchner Sicherheitskonferenz im Mittelpunkt des Geschehens. US-Verteidigungsminister Pete Hegseth hatte diese Woche schon in Brüssel gesagt, die Europäer seien weitgehend allein in der Pflicht, die Ukraine künftig zu unterstützen und einen Frieden militärisch abzusichern.
Der US-Einzelhandel ist derweil mit einem überraschend starken Umsatzdämpfer in das Jahr gestartet. Im Januar gingen die Erlöse der Einzelhändler um 0,9 Prozent zurück, wie das Handelsministerium heute in Washington mitteilte. Analysten hatten im Schnitt nur mit einem Minus um 0,2 Prozent gerechnet.
Ökonomen erklärten das schwache Abschneiden unter anderem mit steigenden Verbraucherpreisen. Allerdings wurde das Umsatzplus vom Dezember auf 0,7 Prozent deutlich nach oben revidiert. Zunächst war von 0,4 Prozent die Rede gewesen.
"Zwar haben die erhöhten Verbraucherpreise das nominale Einzelhandelsergebnis wohl unterstützt, der kräftige Rückgang des Pkw-Absatzes zu Beginn des Jahres aber sorgte insgesamt für eine enttäuschende Entwicklung", so Helaba-Ökonom Ralf Umlauf zu den Januar-Zahlen.
Unternehmensseitig war es ein eher ruhiger Tag. Positive Schlagzeilen machte Airbnb mit einem Kursanstieg von 14,4 Prozent. Der Unterkunftsvermittler übertraf mit seinen Quartalszahlen klar die Erwartungen. Von JPMorgan hieß es zudem, der Margenausblick auf das Jahr 2025 sei besser als befürchtet.
Die Aktien von Dell Technologies steigen im späten US-Handel um 3,7 Prozent auf 114,38 Dollar. Marktteilnehmer verweisen zur Begründung auf einen Medienbericht, wonach das Unternehmen kurz vor einem milliardenschweren Geschäft mit der KI-Firma xAI von Milliardär Elon Musk stehen soll.
Dabei solle Dell xAI mit KI-Servern versorgen, berichtet Bloomberg. Es gehe um ein Volumen von mehr als fünf Milliarden Dollar. Dell lehnte eine Stellungnahme ab, während Vertreter von Musk nicht sofort reagierten. Die Aktien von Dell sind in den vergangenen zwölf Monaten um 27 Prozent gestiegen.
Trotz leichter Verluste heute beendete der DAX eine bemerkenswerte Handelswoche mit einem Gewinn von rund 3,2 Prozent. Da fiel es kaum ins Gewicht, dass die Anleger es heute ruhiger angehen ließen. Der Schlussstand lag bei 22.513 Zählern um 0,44 Prozent unter Vortag. Das Plus seit Jahresanfang beträgt 13 Prozent.
Insgesamt bleibt der Index damit weiterhin auf allerhöchstem Niveau. Gestern hatte der Index nach einem ohnehin schon guten Lauf durch die Aussicht auf Verhandlungen im Ukraine-Krieg einen weiteren Schub bekommen und bei 22.624 Punkten ein erneutes Allzeithoch markiert.
Sogar die von Donald Trump bereits im Wahlkampf angekündigten Importzölle hat der Markt bisher erstaunlich souverän weggesteckt. Auch der MDAX der mittelgroßen Werte ist zuletzt wieder ins Laufen gekommen, verlor heute aber ebenfalls moderat 0,36 Prozent auf 27.659 Punkte.
Die Anleger bleiben also zuversichtlich. Aber ist der fast schon euphorische Optimismus wirklich gerechtfertigt?
Experten warnen: Die Anleger seien hin- und hergerissen zwischen der Hoffnung auf einen Waffenstillstand und der Sorge bezüglich einer Eskalation der angespannten Beziehungen zwischen Trump und der Europäischen Union, und zwar nicht nur in der Handelspolitik, betonte Kapitalmarktexperte Jürgen Molnar vom Handelshaus Robomarkets. Es bestehe einiges Potenzial für Turbulenzen auch am Aktienmarkt, der sich angesichts dessen einmal mehr erstaunlich gelassen präsentiere.
Stark gefragt waren dagegen Rüstungsaktien in Anbetracht des Verlaufs der Sicherheitskonferenz (MSC) in München an diesem Wochenende. Denn es wird immer deutlicher, dass auf Europa deutliche Ausgabensteigerungen für die Militärbudgets zukommen werden.
Die Rheinmetall-Aktie stieg erstmals über die Marke von 800 Euro, zuletzt gewann sie als stärkster DAX-Wert fast acht Prozent. Analysten schraubten ihre Kursziele für Rheinmetall weiter nach oben. Dabei fiel besonders die britische Großbank HSBC mit einem Kursziel von 1.000 Euro auf.
Die rote Laterne im DAX hielt FMC. Denn mit Enttäuschung aufgenommene Geschäftszahlen des US-Dialyse-Konkurrenten DaVita drücken laut Börsianern auf den Kurs der Fresenius-Dilysetochter. Aufgrund steigender Kosten für die Patientenversorgung prognostizierte DaVita einen Jahresgewinn für 2025, der unter den Schätzungen der Analysten lag. Im US-Handel verliert die Aktie im frühen Geschäft deutlich fast 15 Prozent.
Der Preis für die Feinunze Gold hat sich am Nachmittag abgeschwächt auf zuletzt 2.902 Dollar je Feinunze. Damit bleibt das gelbe Edelmetall aber in Reichweite seines Rekordhochs, das es am Dienstag bei 2.942 Dollar aufgestellt hatte.
"Anhaltende Sorgen über einen globalen Handelskrieg, der das Wirtschaftswachstum behindern und die Inflation antreiben könnte, befeuern die Nachfrage nach sicheren Anlagen", erläutert Analyst Ricardo Evangelista vom Broker ActivTrades. Der Goldpreis profitiert zudem auch von der Abschwächung des Dollars gegenüber anderen wichtigen Währungen.
Trotz des verschärften Kurses der US-Handelspolitik unter Präsident Donald Trump ging es für den Dollar zum Wochenschluss bergab. Der Euro notierte im Gegenzug bei über 1,05 Dollar und wurde zuletzt im US-Handel bei 1,0493 Dollar gehandelt. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0478 (Donnerstag: 1,0390) Dollar fest
Nach Einschätzung von Marktbeobachtern bleiben Hoffnungen auf einen Waffenstillstand im Ukraine-Krieg ein bestimmender Faktor am Devisenmarkt. "In den kommenden Tagen liegt der Fokus klar auf den Schlagzeilen von der Sicherheitskonferenz in München", heißt es in einer Einschätzung von Experten der Dekabank. Zuletzt hatte der Euro Auftrieb durch die Hoffnung auf Fortschritte hin zu einer Waffenruhe erhalten. Der Einfluss des Dollars als "sicherer Hafen" sinkt dadurch.
Stark zulegen konnten zum Wochenschluss auch die Anteile des Rüstungselektronik-Spezialisten Hensoldt mit einem Plus von fast 12 Prozent an der MDAX-Spitze. Sie sind damit so teuer wie zuletzt im April 2024. Zusätzlichen Auftrieb bekommen die Papiere vor dem Wochenende von der Meldung zu einer Vertragserweiterung über 350 Millionen Euro für das Eurofighter-Radar. Gemessen an ihrem Vortagestief haben Hensoldt um mehr als 21 Prozent gewonnen, bei Rheinmetall sind es fast 17 Prozent.
United Internet hat 2024 wegen Problemen bei seiner Tochter 1&1 sein operatives Ergebnis nicht so deutlich gesteigert wie erhofft. Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) legte von 1,292 Milliarden Euro im Vorjahr auf 1,294 Milliarden Euro zu - der Konzern selbst hatte 1,38 Milliarden Euro angepeilt. Die Aktie war MDAX-Schlusslicht und verlor fast neun Prozent.
Der Lufthansa-Ferienflieger Eurowings wird nach Worten von Airline-Chef Jens Bischof 2025 das dritte Jahr in Folge Gewinn einfliegen und nachhaltig auf diesem Kurs bleiben. "Wir sind zuversichtlich, dass auch 2025 ein profitables Jahr wird", sagte Bischof heute.
Die Airline bedient mit einer Flotte von 100 Flugzeugen und 5.000 Beschäftigten mehr als 20 Millionen Kunden und hat ihren Schwerpunkt bei Direktverbindungen in Europa. Im vergangenen Jahr hat sie Bischof zufolge besser abgeschnitten als 2023. Damals erzielte Eurowings mit einem Umsatz von 2,6 Milliarden Euro einen bereinigten Betriebsgewinn von 205 Millionen Euro. Die Zahlen für 2024 werden mit denen des Mutterkonzerns Lufthansa am 6. März veröffentlicht.