DAX fällt, Dow steigt Trump spaltet die Börsenwelt
Während sich der deutsche Aktienmarkt am Mittwoch hochnervös präsentierte, nahm die Wall Street ihren Aufwärtskurs wieder auf. In beiden Fällen spielte die Politik eine entscheidende Rolle.
Mit einem Plus von 0,11 Prozent auf 43.958 Punkte hat der US-Leitindex Dow Jones einen kleinen Teil seiner Vortagesverluste wieder aufgeholt. Die Hoffnung, dass der designierte US-Präsident Donald Trump mit Steuersenkungen und Deregulierung für neues Wachstum in den USA sorgen wird, trägt weiter.
Auch die Technologiewerte nahmen ihren Aufwärtskurs zunächst wieder auf, drifteten dann aber leicht ins Minus. Der Nasdaq 100 schloss 0,16 Prozent tiefer bei 21.036 Punkten.
Der Preisauftrieb in den USA hat sich im Oktober wieder beschleunigt, was aber weithin erwartet worden war. Die Verbraucherpreise stiegen um 2,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat, nach 2,4 Prozent im September. Die US-Notenbank (Fed) hat vorige Woche den Leitzins weiter gesenkt - auf die Spanne von 4,50 bis 4,75 Prozent. Beobachter gehen davon aus, dass die Fed bereits im Dezember die Geldpolitik erneut um 0,25 Prozentpunkte lockern könnte. Sorgen dürfte den US-Währungshütern allerdings der zugrundeliegende Inflationstrend bereiten: Die sogenannte Kernrate, bei der die schwankungsanfälligen Kosten für Energie und Lebensmittel ausgeklammert werden, verharrte im Oktober bei 3,3 Prozent.
Am Dienstag hatte die Wall Street ihren jüngsten Rekordlauf unterbrochen. Der Dow Jones ging mit einem Minus von 0,9 Prozent bei 43.910 Punkten aus dem Handel.
Den deutschen Anlegern brachte der Mittwoch eine neuerliche Achterbahnfahrt. Im Verlauf unterschritt der DAX die Marke von 19.000 Punkten, was weitere Verkäufe technisch orientierter Marktteilnehmer auslöste. Dabei büßte der deutsche Leitindex bis zu ein Prozent auf 18.841 Punkte ein. Die folgende Kurserholung beförderte den DAX dann aber wieder über die runde Marke und dem Index gelang mit einem leichten Minus von 0,16 Prozent auf 19.003 Punkte ein versöhnliches Ende.
Eigentlich ist der November in aller Regel ein guter Börsenmonat. Aktuell setzt aber ein ungewöhnlich unsicheres Umfeld den Anlegern zu. Marktanalyst Frank Sohlleder vom Broker ActivTrades verwies auf zunehmende Angst vor der neuen Amtszeit Donald Trumps. "Die Sorge, dass eine erneute 'America First'-Politik massiv auf die Exporte in die USA drücken könnte, kommt jetzt immer stärker zum Tragen", sagte auch Thomas Altmann vom Vermögensverwalter QC Partners. Zudem trägt die Regierungskrise nach dem Ampel-Aus zur herrschenden Unsicherheit bei.
Schwache Unternehmenszahlen waren am Vortag mit dafür verantwortlich, dass es im DAX zügig abwärts gegangen war. Der deutsche Leitindex schloss gestern bei 19.033 Zählern, ein empfindlicher Tagesverlust von 2,1 Prozent.
Der Wahlsieg Trumps dürfte für die ganze Wirtschaft der Bundesrepublik unangenehme Folgen haben, prognostizierte Bundesbank-Präsident Joachim Nagel: "Sollten die Zollpläne umgesetzt werden, könnte uns das in Deutschland durchaus ein Prozent der Wirtschaftsleistung kosten", sagte Nagel der Wochenzeitung "Die Zeit". Das sei schmerzhaft, zumal die deutsche Wirtschaft in diesem Jahr überhaupt nicht wachse und im kommenden Jahr wohl unter einem Prozent. "Kämen die neuen Zölle tatsächlich, könnten wir sogar in den negativen Bereich rutschen."
Passend dazu senkten die "Wirtschaftsweisen" ihre Konjunkturprognose für die deutsche Wirtschaft deutlich. Sie erwarten nun, dass das Bruttoinlandsprodukt im laufenden Jahr um 0,1 Prozent schrumpft und im Jahr 2025 nur um 0,4 Prozent wächst.
Dagegen helfen könnte laut dem ifo-Institut eine Ausbau des Binnenmarktes der Europäischen Union für Dienstleistungen: Durch den Wegfall von Bürokratie, die Angleichung von Regelwerken und anderen Maßnahmen ließe sich die Bruttowertschöpfung in Europa dauerhaft um 2,3 Prozent oder 353 Milliarden Euro erhöhen, heißt es in der heute veröffentlichten Untersuchung.
Der Euro ist zum Dollar auf den tiefsten Stand seit mehr als einem Jahr gefallen. Die Gemeinschaftswährung, die seit Tagen infolge des Trump-Wahlsiegs unter Druck steht, fiel zeitweise bis auf 1,0555 Dollar.
Die Rally des Bitcoin nach dem Sieg von Donald Trump bei der US-Präsidentschaftswahl geht weiter. Für eine Einheit der Kryptowährung wurden im Verlauf erstmals mehr als 93.000 Dollar bezahlt, nachdem sie erst am Wochenende erstmals die 80.000 Dollar-Marke überschritten hatte. Der designierte Präsident hatte im Wahlkampf angekündigt, die Regulierung von Kryptowährungen zu lockern und die USA zum weltweiten Zentrum "für Krypto und Bitcoin" zu machen. Trump setzt sich damit von der Regierung des scheidenden US-Präsidenten Joe Biden ab, die eine Regulierung der Kryptowährungen befürwortet. Sie ermöglichen digitalen Zahlungsverkehr, ohne dass dieser von Banken kontrolliert wird.
Am Rohstoffmarkt haben sich die Ölpreise leicht stabilisiert. Am späten Abend kostete ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent 71,97 Dollar, 0,3 Prozent mehr als gestern. Sinkende Nachfrageprognosen trüben weiterhin die Stimmung. "Das Ausbleiben direkter fiskalischer Anreize aus China wirft einen Schatten auf die Aussichten für die Ölnachfrage, gepaart mit der Aussicht auf eine höhere US-Ölproduktion unter Donald Trumps Präsidentschaft und den drohenden Plänen der OPEC+ für eine Produktionssteigerung", sagte ING-Stratege Yeap Jun Rong. Die OPEC hatte gestern ihre Prognose für das Wachstum der weltweiten Ölnachfrage in diesem und im nächsten Jahr unter Verweis auf die Schwäche Chinas und einiger anderer Regionen nach unten korrigiert.
Mit einem Kurssprung von weiteren zehn Prozent machte Spotify in New York von sich reden. Der Musikstreaming-Konzern verzeichnete im dritten Quartal 252 Millionen zahlende Abonnenten und damit zwölf Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Der Umsatz kletterte um fast ein Fünftel auf knapp vier Milliarden Dollar. Das operative Ergebnis lag bei 454 Millionen Dollar.
An der Nasdaq stand die Meta-Aktie vorübergehend unter Druck. Die Facebook-Mutter muss sich gegen einen möglichen Zwangsverkauf ihrer Dienste Instagram und WhatsApp wehren. Ein Gericht ließ eine entsprechende Klage der US-Kartellaufsicht FTC zu. Die Behörde wirft dem Internet-Konzern vor, bei den Übernahmen einen überhöhten Preis gezahlt zu haben, um aufkommende Konkurrenz vom Markt zu kaufen und sein Monopol bei Online-Netzwerken zu verteidigen. Meta zufolge vernachlässigt die FTC die Konkurrenz durch Plattformen wie YouTube, TikTok, X oder LinkedIn. In den USA laufen vier weitere Kartellklagen gegen große Technologiekonzerne. Der Online-Händler Amazon und der iPhone-Anbieter Apple müssen sich ebenso vor Gericht verantworten wie die Alphabet-Tochter Google, gegen die zwei Verfahren anhängig sind.
An der deutschen Börse begeisterten die Zahlen von Siemens Energy die Anleger: Die Aktie des Energietechnikkonzerns legte mit bis zu 21 Prozent so stark wie noch nie zu und markierte ein Rekordhoch bei 47,13 Euro. Laut den Analysten von Berenberg wurden die Marktteilnehmer von den angehobenen Mittelfristzielen und einem weniger groß als befürchtet ausgefallenen Verlust vor Sonderposten positiv überrascht. Die Experten von Jefferies verwiesen auf die weiter starke Auftragslage.
Obwohl der Essener Energiekonzern RWE nach dem Wahlsieg Trumps höhere Risiken für sein US-Geschäft sieht, war die Aktie gefragt. "Nach dem Wahlausgang in den USA sind die Risiken für Offshore-Windprojekte größer geworden", teilte RWE am Dienstagabend mit. Dies betreffe auch das Offshore-Windprojekt von RWE vor der Ostküste der USA, das sich zeitlich verschieben könne. Neben dem Optimismus für den Jahresgewinn profitierte der DAX-Titel insbesondere von avisierten Aktienrückkäufen für 1,5 Milliarden Euro. Goldman-Sachs-Experte Alberto Gandolfi lobte eine "neue Ära in der Mittelverwendung". Sie sei aktionärsfreundlich, denn finanziert werde sie durch die Absenkung des Investitionsbudgets.
Die Volkswagen-Eigentümerholding Porsche SE muss mit ihren Kernbeteiligungen in der schwachen Autobranche in den ersten neun Monaten einen Gewinneinbruch hinnehmen. Nach Steuern verdienten die Stuttgarter 2,5 Milliarden Euro. Ein Jahr zuvor hatte die Beteiligungsgesellschaft der VW-Eigentümerfamilien Porsche und Piech noch 3,8 Milliarden Euro Gewinn erzielt. Die Jahresprognosen zu Gewinn und Nettoverschuldung bestätigte das Management, das die Beteiligungen weiter streuen will. "Trotz schwieriger Rahmenbedingungen behalten wir unsere langfristigen Diversifikationsziele im Fokus", sagte Finanzchef Johannes Lattwein.
Die Allianz-Aktie notierte kaum verändert. Der Versicherungsriese aus München prognostiziert für dieses Jahr ein operatives Ergebnis zwischen 14,8 und 15,8 (Vorjahr: 14,7) Milliarden Euro und damit in der oberen Hälfte der Zielspanne. Im dritten Quartal übertraf sie mit einem operativen Ergebnis von 3,94 Milliarden Euro nicht nur das Vorjahresniveau um knapp 14 Prozent, sondern auch die Erwartungen der Analysten. Umsatztreiber war diesmal die Lebens- und Krankenversicherung, die das gesamte Geschäftsvolumen um 17 Prozent auf 42,8 Milliarden Euro hievte.
Volkswagen hat die Partnerschaft mit dem US-amerikanischen Tesla-Herausforderer Rivian besiegelt. Bereits 2027 sollen die ersten Fahrzeuge auf Basis der neuen Elektro-Architektur anrollen, wie Konzernchef Oliver Blume zum Start des Gemeinschaftsunternehmens im kalifornischen Palo Alto ankündigte. Die Investition in das Projekt lässt sich VW 5,8 Milliarden Euro kosten, 800 Millionen mehr als bisher geplant. Die Kooperation hatten die beiden Unternehmen bereits Ende Juni angekündigt.
Ein Hedgefonds ist am Dienstag eine Millionenwette auf fallende Kurse des Pharma- und Agrarkonzerns Bayer eingegangen. Der in New York ansässige Fonds D.E. Shaw ging in einem Volumen von 102 Millionen Euro short, wie aus einem in Deutschland eingereichten Dokument hervorgeht. Bei einem sogenannten Leerverkauf setzt der Investor darauf, dass der Aktienkurs fallen wird. Am Dienstag hatte eine erneute Senkung der Ergebnisprognose für 2024 die Bayer-Aktie auf ein 20-Jahres-Tief gedrückt. D.E. Shaw ist mit mehr als 60 Milliarden Dollar Vermögen einer der größten Vermögensverwalter der Branche.
BioNTech will die Entwicklung von Krebsmedikamenten mit der Übernahme der chinesischen Firma Biotheus vorantreiben. Dafür wollen die Mainzer eine Vorabzahlung in Höhe von 800 Millionen Dollar für den Erwerb des ausgegebenen Aktienkapitals sowie bis zu 150 Millionen an möglichen Meilensteinzahlungen leisten. Der Abschluss der Übernahme des Unternehmens mit rund 300 Mitarbeitern wird für das erste Quartal 2025 erwartet. Mit der Übernahme sichert sich BioNTech die Rechte an einem Wirkstoffkandidaten namens BNT327, der sich in einer fortgeschrittenen Phase der klinischen Entwicklung befindet. BioNTech strebt eine erste Marktzulassung für ein Krebsmedikament im Jahr 2026 an.
Der Augsburger Immobilieninvestor Patrizia muss sein operatives Ergebnis im Jahres-Endspurt mehr als verdoppeln, um seine Ziele zu erreichen. In den ersten neun Monaten brach das Ergebnis vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (Ebitda) um fast drei Viertel auf 13,4 (Vorjahr: 50,2) Millionen Euro ein. Für das Gesamtjahr hat sich der Vorstand um den ehemaligen DWS-Chef Asoka Wöhrmann zwischen 30 und 60 Millionen Euro zum Ziel gesetzt. "Wir sehen vermehrt Anzeichen für eine Investitionstätigkeit, da mehr Kapital in Immobilien und Infrastruktur umgeschichtet wird, was durch die jüngsten Zinssenkungen begünstigt wird", sagte Wöhrmann. Patrizia habe in diesem Jahr bei Kunden mehr als 700 Millionen Euro Kapital eingeworben - vor einem Jahr waren es nur 300 Millionen.
Der Online-Autohändler Auto1 hob seine Ergebnisprognose erneut an. Um Sondereffekte bereinigt sowie vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen soll 2024 nun ein Ergebnis von 72 bis 84 Millionen Euro erzielt werden statt 45 bis 65 Millionen Euro. Im dritten Quartal verdiente Auto1 dank starker Zuwächse bei Absatz und Umsatz hier 34,3 Millionen Euro, ein Jahr zuvor waren es nur 500.000 Euro gewesen.
Der Immobilienkonzern TAG Immobilien erwartet im kommenden Jahr dank einer Ausweitung des Geschäfts in Polen steigende Gewinne. Für 2025 stellte der Konzern heute ein FFO II - eine im Immobiliensektor wichtige Ergebnisgröße, die Vermietungs- und Verkaufserlöse umfasst - von 233 bis 243 Millionen Euro in Aussicht, das wäre ein Plus von acht Prozent gegenüber der für das laufende Jahr erwarteten Spanne. Die 670 Millionen Euro auf der hohen Kante will TAG vor allem in Wohnimmobilien in Polen stecken. Bis Ende 2028 soll der Bestand dort von derzeit gut 3.000 auf rund 10.000 Wohnungen steigen.
Der schwedische Zahlungsdienstleister Klarna wagt den Sprung an die Wall Street. Das Unternehmen habe vertrauliche Unterlagen bei der US-Börsenaufsicht SEC eingereicht, teilte Klarna gestern mit. Details zum Volumen und zur Preisspanne der geplanten Aktienausgabe wurden nicht bekannt. Das Unternehmen gab an, im ersten Halbjahr 2023 einen bereinigten Gewinn von 673 Millionen Schwedischen Kronen (rund 58,1 Millionen Euro) erzielt zu haben. Der Umsatz stieg den Angaben zufolge im gleichen Zeitraum um 27 Prozent auf 13,3 Milliarden Kronen.