Händler an der New Yorker Börse
Marktbericht

DAX und Dow Jones Anleger auf Standortsuche

Stand: 01.08.2022 22:16 Uhr

Nach der jüngsten Rally hat die Wall Street heute keine klare Richtung gefunden. Die Anleger fragen sich, ob die Wirtschaft ihren Tiefpunkt schon erreicht hat. Auch der DAX legte eine Pause ein.

Nach den kräftigen Kursgewinnen in der vergangenen Woche haben die US-Anleger zum Monatsanfang wieder auf die Bremse getreten. Denn die Verbraucher leiden weiter weltweit unter der hohen Inflation und halten sich daher mit Käufen zurück, was zuletzt deutliche Spuren in den Konjunkturdaten hinterlassen hat.

Vor diesem Hintergrund notierten bei unruhigem Handel sowohl der Dow-Jones-Index, der breiter gefasste S&P 500 sowie der technologielastige Nasdaq-Index am Montag etwas schwächer. Der Dow verlor leicht 0,14 Prozent, der S&P-500-Index 0,28 Prozent und die Nasdaq ging um 0,18 Prozent ebenfalls etwas schwächer aus dem Montagshandel

"Der Markt ist ein wenig nervös, er versucht gerade, seinen Weg zu finden", sagte Robert Pavlik, Portfoliomanager bei Dakota Wealth. "Viele Leute versuchen zu verstehen, ob wir die Talsohle erreicht haben und ob es von hier aus weiter aufwärts geht."

Trotz der jüngsten Talfahrt der US-Wirtschaft hält sich die US-Industrie weiter in der Wachstumsspur. Der Einkaufsmanagerindex für den Sektor fiel im Juli zwar auf den niedrigsten Wert seit Juni 2020, lag mit 52,8 Punkten aber noch deutlich über der Wachstumsschwelle von 50. Vor diesem Hintergrund könne die US-Notenbank Fed an ihrem Plan festhalten, die Zinsen zur Eindämmung der Inflation zunächst weiter zu erhöhen, sagte Helaba-Ökonom Ulrich Wortberg.

Zwischenzeitlich war die Börse nach den Zahlen etwas stärker ins Plus gedreht, bei insgesamt richtungslosem Handel fehlten aber Anschlusskäufe. Damit hat die Wall Street wieder der Alltag erreicht nach der jüngsten Euphorie um die Tech-Aktien. Auch dank eines starken Ausklangs hatte der Leitindex am Freitag mit einem Wochengewinn von drei Prozent geschlossen. Für den historisch eher schwachen Börsenmonat Juli verbuchte er einen Aufschlag von 6,7 Prozent, womit er den stärksten Juli seit zwölf Jahren hinter sich hat. Der technologielastige Auswahlindex hatte am Freitag noch mehr zugelegt als der Dow und ein Monatsplus von gut zwölfeinhalb Prozent geschafft.

Bei den Einzelwerten im Dow Jones zogen Boeing-Aktien gegen den Trend deutlich um 6,07 Prozent an. Der US-Konzern macht Insidern zufolge, Fortschritte bei der Behebung von Problemen an seinem Flugzeugtyp 787 Dreamliner, wie die Nachrichtenagentur "Reuters" am Wochenende berichtet hatte. Die US-Luftfahrtbehörde FAA habe einen von Boeing vorgelegten Prüfplan genehmigt, der einen einwandfreien Zustand der Langstrecken-Maschinen sicherstellen soll. Damit könne der Hersteller voraussichtlich im August die Auslieferungen wieder aufnehmen.

Das Tageshoch bei 13.570 Punkten konnte der DAX zum Wochenauftakt zwar nicht verteidigen, der deutsche Leitindex blieb heute aber auf hohem Niveau. Er bleibt damit auf Erholungskurs. Am Ende lag der Schlusskurs bei 13.479 Zählern, ein leichter Tagesverlust von 0,03 Prozent. Der MDAX, der Index der mittelgroßen Werte, ging bei 27.427 Punkten aus dem Handel und damit um 0,23 Prozent höher als am Freitag.

Der Aktienmarkt präsentiert sich derzeit allen Unkenrufen und schwachen Konjunkturzahlen zum Trotz in erstaunlich robuster Verfassung. Dies bei einem anhaltend schwierigen Marktumfeld - gekennzeichnet weiterhin durch hohe Inflationsraten und damit verbundene Zins- und Rezessionsängste.

Rückenwind bekommt die Börse dabei auch von der schon weiter fortgeschrittenen US-Berichtssaison, die bisher jedenfalls nicht so schlecht ausgefallen ist wie befürchtet. Vor dem Beginn der heißen Phase der heimischen Berichtssaison in dieser Woche will nun kein Investor auf dem falschen Fuß erwischt werden. Die Anleger positionieren sich entsprechend, von Ausverkauf ist jedenfalls keine Rede.

Konkret legen in der kommenden Woche zahlreiche DAX-Unternehmen sowie solche aus der zweiten Reihe und Europa Quartalszahlen vor. Zum Wochenauftakt war der Unternehmenskalender aber noch überschaubar.

"Dass die Kurse trotz ungelöster Probleme wie der drohenden Energiekrise in Deutschland und dem andauernden Krieg in der Ukraine scheinbar Fuß gefasst haben, ist ein starkes Signal und macht nach den sechs ersten desaströsen Börsenmonaten Hoffnung auf eine bessere zweite Jahreshälfte", unterstreicht Jürgen Molnar, Kapitalmarktstratege RoboMarkets. "Es scheint, als wäre alles Negative eingepreist und der Aufschwung hätte bereits begonnen."

Update Wirtschaft vom 01.08.2022

Stefan Wolff, HR, tagesschau24

Der Euro wird im US-Handel stabil bei 1,0261 Dollar gehandelt. Zwischenzeitlich lag das Tageshoch bei 1,0275 Dollar. Die Gemeinschaftswährung behauptet sich damit deutlich über der Parität und auch der zuletzt umkämpften Marke von 1,02 Dollar. Sie trotzt damit schwächeren heimischen Konjunkturdaten, profitiert aber auch von der zuletzt wieder höheren Risiskobereitschaft der Anleger an den Aktienmärkten. Der Dollar als globale Reservewährung wird im Gegenzug belastet.

Insgesamt scheint der Abschwung des Euro vorerst gestoppt zu sein. Denn die Devisenmärkte erwarten nun auch von der EZB nach ihrer ersten Zinserhöhung seit 2011 eine aggressivere Zinspolitik, nachdem die Bank im Gegensatz zur US-Notenbank lange Zeit gezögert hatte. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0233 (Freitag: 1,0198) Dollar fest.

Im Kampf gegen die ausufernde Inflation steht die britische Notenbank nach Ansicht von Ökonomen vor dem größten Zinsschritt ihrer jüngeren Geschichte. Eine am Montag veröffentlichte Umfrage unter 65 Volkswirten ergab, dass mehr als 70 Prozent für Donnerstag mit einer Anhebung von einem halben Prozentpunkt (50 Basispunkte) auf dann 1,75 Prozent rechnen. Die Umfrage lief vom 27. Juli bis zum 1. August.

In einer nur wenige Tage zuvor erhobenen Befragung hatte die Mehrheit der Ökonomen nur eine weitere kleine Erhöhung um einen Viertelprozentpunkt erwartet. Der geldpolitische Ausschuss (MPC) der Bank of England (BoE) hat seit der 1997 erlangten Unabhängigkeit der Notenbank von der Politik den Zinssatz noch nie um einem halben Punkt erhöht.

Die hohe Inflation hat nach Angaben des Statistischen Bundesamtes den Einzelhandel in Deutschland im Juni deutlich belastet. Der Einzelhandelsumsatz sank real, also bereinigt um Preiserhöhungen, gegenüber dem Vorjahresmonat um 8,8 Prozent. Es war der stärkste Rückgang seit Beginn der Zeitreihe 1994.

Verbraucherinnen und Verbraucher sind einer aktuellen Umfrage des Handelsverbands Deutschland (HDE) zufolge derzeit bei Einkäufen und Anschaffungen so zurückhaltend wie noch nie. Das Konsumbarometer des HDE ist Anfang August auf unter 87 gefallen und damit auf ein Allzeittief, wie der Verband mitteilte. Hintergrund sind demnach die Unsicherheiten rund um die künftige Energiepreisentwicklung.

Auch von den deutschen Maschinenbauern kommen keine guten Nachrichten: Zwar konnten sie im ersten Halbjahr ein kleines Auftragsplus von zwei Prozent einfahren, wie der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) heute mitteilte. Die Tendenz zeigte zuletzt aber deutlich nach unten: Die Auftragseingänge sanken im Juni um real neun Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat.

Aus China kamen am Morgen ebenfalls schwache Konjunkturdaten: Die Erholung der chinesischen Wirtschaft hat sich angesichts der weitreichenden Maßnahmen im Kampf gegen Covid-19 im Juli verlangsamt. Der Einkaufsmanagerindex (PMI) des chinesischen Wirtschaftsmagazins "Caixin" fiel von 51,7 Punkten im Vormonat auf 50,4, lag damit aber weiter über der Expansionsschwelle von 50 Punkten.

Positive Impulse für den DAX kamen derweil von den Rentenmärkten. In Italien erhielten Staatsanleihen weiteren Zulauf. Im Gegenzug fiel die Rendite für zehnjährige Papiere erstmals seit Mai unter die Marke von drei Prozent.

Italienische Staatsanleihen profitieren damit überproportional von dem auf Rezessionssorgen zurückgehenden Renditerückgang an den Kapitalmärkten. Die politische Unsicherheit angesichts vorgezogener Neuwahlen macht ihnen gegenwärtig nicht zu schaffen. Vielmehr scheinen die Papiere von der Zusage aus dem Mitte-Rechts-Lager zu profitieren, wonach EU-Haushaltsregeln auch unter einer rechtsgerichteten Regierung respektiert werden sollen.

Der überraschend starke Rückgang des Caixin/Markit-Einkaufsmanagerindex ließ massive Spekulationen über eine geringere Öl-Nachfrage des Top-Abnehmers China an den Rohstoffmärkten aufflammen. Die Sorte Brent aus der Nordsee verbilligte um über neun Prozent und fiel unter 100 Dollar je Barrel, einer der größten Tagesverluste seit langem. US-Leichtöl der Sorte WTI büßte über fünf Prozent ein. China gehört zu den größten Ölverbrauchsländern der Welt.

Im DAX steht die Covestro-Aktie im Fokus. Angesichts des nochmaligen Anstiegs des Gaspreises in Europa im Juli ist die erst im Mai gesenkte Prognose des Kunststoffkonzerns bereits wieder Makulatur. Das Ergebnis vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (Ebitda) wird für 2022 nur noch zwischen 1,7 und 2,2 Milliarden Euro erwartet, statt wie bisher zwischen zwei und 2,5 Milliarden.

Der Öl- und Gaskonzern Wintershall Dea hat die Produktion in seinem Ölfeld Nova in der norwegischen Nordsee gestartet und erhöht damit seine Fördermenge aus Norwegen. "Europa benötigt jedes zusätzliche Barrel, das es bekommen kann", erklärte das Kasseler Unternehmen. Die BASF-Tochter betreibt damit nun drei Unterwasserfelder in dem nordeuropäischen Land.

Bayer will künftig jährlich deutlich mehr Arzneimittel als bisher aus der Forschung in die klinische Phase bringen. Bislang sind das zwei bis drei Arzneimittel, künftig soll es eine zweistellige Zahl sein, sagte Bayer-Pharmavorstand Stefan Oelrich der "Welt am Sonntag".

"Das bedeutet ganz klar ein höheres Risiko, aber eben auch ein anderes Kostenprofil pro entwickeltem Produkt. Ich glaube, dass uns das inhaltlich komplett verändern wird." Statt der großen Therapiegebiete im Bereich der Herz-Kreislauferkrankungen will Bayer "künftig gezielt kleinere Spezifikationen ansteuern", sagte Oelrich weiter. "Wir müssen uns im Pharmageschäft neu erfinden."

Die Lufthansa bemüht sich weiter um eine Einigung ohne Arbeitskampf mit der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) nach deren Streik-Votum vom Wochenende. "Die Gespräche werden fortgesetzt, damit wir zu einer Lösung am Verhandlungstisch kommen", sagte heute eine Lufthansa-Sprecherin. Die Piloten hatten sich nach festgefahrenen Tarifverhandlungen nahezu einmütig für Streik ausgesprochen.

Der angeschlagene Immobilienkonzern Adler Group will Rechtsmittel gegen einen Bescheid der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) einlegen. Die BaFin habe im Rahmen einer Fehlerfeststellung beschieden, dass der Geschäftsbericht 2019 der Adler Real Estate einen Bilanzierungsfehler enthalte, teilte der SDAX -Konzern am Montag in Luxemburg mit. Ein entsprechender Bescheid sei dem Unternehmen von der Behörde zugestellt worden. Adler halte hingegen an der vollumfänglichen Richtigkeit und Ordnungsmäßigkeit des testierten Konzernabschlusses für das Geschäftsjahr 2019 fest. Das Unternehmen werde den Rechtsweg ausschöpfen, um die Aufklärung voranzutreiben.

Im Rechtsstreit um die Twitter-Übernahme hat Tech-Milliardär Elon Musk seine Antwort auf die Klage des Kurznachrichtendienstes eingereicht. Das Dokument vom Freitag ist allerdings zunächst nicht öffentlich zugänglich. Musks Anwälte haben nach den Regeln des Gerichts einige Tage Zeit, eine Version ohne vertrauliche Details zu veröffentlichen.

Der US-Chiphersteller Intel hofft beim Bau seiner neuen Halbleiterwerke in Magdeburg auf einen frühzeitigen Beginn im nächsten Jahr. "Wir planen den Spatenstich im ersten Halbjahr 2023 und sind optimistisch, dass auch in diesem Zeitraum der EU Chips Act verabschiedet wird", sagte der Personalchef von Intel in Deutschland, Bernd Holthaus, der Nachrichtenagentur dpa. In Magdeburg sollen ab 2027 Chips produziert werden.

Steigende Rückstellungen für Kreditausfälle haben der britischen Großbank HSBC im ersten Halbjahr einen Gewinnrückgang eingebrockt. Der Vorsteuergewinn fiel um 15 Prozent auf 9,2 Milliarden Dollar. Allerdings hatten Analysten mit einem noch größeren Rückgang auf 8,15 Milliarden Dollar gerechnet. Bank-Chef Noel Quinn zeigte sich zuversichtlich, dass steigende Zinsen die Erträge anschieben dürften.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 01. August 2022 um 09:05 Uhr.