Gewinnmitnahmen US-Anleger atmen durch
Nach den deutlichen Gewinnen in der Vorwoche ging es heute an der Wall Street sehr viel ruhiger zu. Viel wird jetzt davon abhängen, wie die Notenbank Fed die Zinswende weiter steuert.
Nach der Erholungsrally in der Vorwoche haben die US-Anleger heute Gewinne realisiert. Der Dow-Jones-Index der Standardwerte und der breiter gefasste S&P 500 verbuchten dabei aber nur moderate Verluste.
Etwas stärker bergab ging es an der Technologiebörse Nasdaq, die am Ende 0,72 Prozent abgab und bei 11.524 Zählern aus dem Handel ging. Der Auswahlindex Nasdaq 100 endete bei 12.008 Punkten, ein Tagesverlust von 0,81 Prozent. In der Vorwoche hatte die Nasdaq deutlich um 7,5 Prozent zugelegt, der Dow Jones konnte 5,4 Prozent gut machen. Da ist es nicht ungewöhnlich, wenn es nach so einer Entwicklung zu Gewinnmitnahmen kommt.
Der Leitindex schloss letztlich bei bei 31.438 Punkten um 0,2 Prozent schwächer, der S&P-500 bei genau 3900 Zählern um 0,3 Prozent niedriger. Vergangene Woche waren die US-Standardwerte auf ein Zwei-Wochen-Hoch gestiegen und hatten erstmals seit Ende Mai wieder ein Wochenplus eingefahren.
"Die Aktien, die letzte Woche am stärksten gestiegen sind, werden heute am stärksten getroffen", sagte Dennis Dick, Händler bei Bright Trading. Nachlassende Inflationssorgen hatten die Wall Street in der vergangenen Woche angetrieben. "Ich glaube, es herrscht das überwältigende Gefühl, dass die Inflation zurückgeht und die Fed in Zukunft vielleicht nicht mehr so aggressiv vorgehen muss wie erwartet", sagte Thomas Hayes, Manager beim Vermögensverwalter Great Hill Capital.
Einem Börsianer zufolge haben sich "die Bullen zuletzt wieder zurückgemeldet" dank der Spekulation, dass die US-Notenbank perspektivisch den Fuß vom Gaspedal nehmen könnte.
Heute zeugten allerdings ein wieder steigender Ölpreis sowie besser als erwartete Auftragsdaten aus der US-Industrie davon, dass die wirtschaftlichen Folgen der hohen Inflation und der damit verbundenen Zinsstraffungen immer noch milder sind als von einigen Experten gedacht. Die Aufträge für langlebige Güter waren im Mai überraschend deutlich gestiegen. Auch der Hausmarkt zeigte sich robust.
Aktien des Adidas-Konkurrenten Nike legen an der NYSE nachbörslich knapp ein Prozent zu. Das Unternehmen hat ein Aktienrückkaufprogramm im Volumen von 18 Milliarden Dollar angekündigt, was bei den Anlegern gut ankommt. Operativ lagen die Zahlen des vierten Geschäftsquartals von Nike aber etwas unter den Erwartungen.
Verdient wurden 0,90 Dollar je Aktie, die Prognosen lagen bei 0,93 Dollar höher. Auch die Bruttomarge fiel mit 45 Prozent anstatt wie erwartet 46,7 Prozent etwas schwächer aus. Der Umsatz hingen wurde mit 12,2 Milliarden leicht höher ausgewiesen, hier waren 12,1 Milliarden prognostiziert worden. Durch die nachbörslichen Gewinne holt das Nike-Papier den heutigen Tagesverlust aus dem regulären Börsenhandel von 2,13 Prozent auf 110,50 Dollar zum Teil wieder auf.
Der heimische Aktienmarkt steht derzeit ganz im Zeichen des Geschehens an der US-Weltleitbörse in New York. Dort setzen die Anleger auf eine zukünftig nicht ganz so rigorose Gangart der Notenbank Federal Reserve bei der laufenden Zinswende und kehren wieder an den Markt zurück.
Der DAX, der noch am Freitag unter die Marke von 13.000 Punkte abgesackt war, profitiert von dieser neuen Zuversicht und beendete den Handelstag mit einem Tagesgewinn von 0,52 Prozent auf 13.186 Punkte. In der Spitze war der Index heute sogar bis auf 13.376 Zähler gestiegen, konnte das Spitzenniveau aber nicht halten. Am Freitag war es zunächst bis auf 12.905 Punkte abwärts gegangen, den tiefsten Stand seit Anfang März, ehe aus den USA kommend eine kräftige Gegenbewegung einsetzte.
Börsianer rechnen jedoch weiter mit hohen Kursschwankungen. "Die Volatilität wird wahrscheinlich so lange erhöht bleiben, bis wir deutliche Anzeichen dafür sehen, dass die Inflation nachlässt, die Rezessionsrisiken zurückgehen und die geopolitischen Bedrohungen abnehmen", sagte Mark Haefele, Chef-Anleger der Vermögensverwaltung der Bank UBS. Für eine Entwarnung scheint es daher noch zu früh, es könnte daher eine eher wacklige Erholung sein.
Derweil bleibt das Thema Zinswende in Europa auch zum Wochenstart an den Aktienmärkten virulent. Im Fokus steht dabei das geldpolitische Jahresforum der Europäischen Zentralbank im portugiesischen Sintra, das heute von EZB-Chefin Christine Lagardeeröffnet werden soll.
"Ein zunehmender öffentlicher Druck und ein weiterer drohender Glaubwürdigkeitsverlust zwingen die EZB zu einer Blutgrätsche gegen eine überwiegend angebotsindizierte Inflation, der sie nicht wirklich Herr werden kann. Zwei Prozent Leitzins in der Eurozone im ersten Quartal 2023 sind ein durchaus realistisches Szenario", mahnt Adolf Rosenstock vom Vermögensverwalter MainSky Asset Management AG.
Der Kurs des Euro legte heute zu. Im US-Handel ist er zwar wieder leicht unter die Marke von 1,06 Dollar zurückgefallen, bleibt bei 1,0587 Dollar aber auf erhöhtem Niveau. Die Europäische Zentralbank (EZB) setzte den Referenzkurs auf 1,0572 (Freitag: 1,0524) Dollar fest.
Gestützt wurde der Euro heute durch die lange Zeit freundliche Stimmung an den Aktienmärkten. Commerzbank-Analyst Ulrich Leuchtmann sieht jedoch in der fortbestehenden Erdgas-Knappheit einen Belastungsfaktor für den Euro. "Damit bleibt unter Marktteilnehmern das Risiko relevant, dass große Teile der EU in eine durch Energieengpässe verursachte Rezession rutschen könnten", so Leuchtmann.
Die US-Futures zeigen unterdessen, dass Investoren bis Februar 2023 einen Anstieg des US-Leitzinses auf 3,5 bis 3,75 Prozent erwarten. Am Markt werde damit gerechnet, dass sich die Leitzinsdifferenz zwischen Fed und EZB ab Jahresende verringern wird, so Marktexperte Robert Rethfeld von Wellenreiter-Invest. "Eine solche Entwicklung ist mittelfristig positiv für den Euro/Dollar."
Nach neuen Beschränkungen für die Kreditvergabe an Unternehmen in der Türkei zieht die Landeswährung deutlich an. Im Gegenzug fallen Dollar und Euro zurück. Der türkischen Bankenaufsicht BDDK zufolge dürfen Firmen mit Devisen-Reserven von mehr als 900.000 Dollar keine neuen Lira-Kredite mehr erhalten, sofern diese Summe zehn Prozent der Aktiva oder der jährlichen Umsätze überschreitet. Experten erwarten, dass diese Firmen nun verstärkt ihre Devisen in Lira tauschen.
Der Rubel reagiert kaum auf die Nachricht, dass Russland erstmals seit der bolschewistischen Revolution 1917 mit der Zahlung für seine ausländischen Staatsanleihen in Verzug gerät. Am Sonntag lief eine Frist zur Zahlung von 100 Millionen Dollar an Zinsen für zwei Fremdwährungsanleihen aus. Die Zahlungsprobleme waren allerdings absehbar. Nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine hatte die US-Regierung ihren Banken entsprechend den am 24. Februar erhobenen Sanktionen verboten, Überweisungen des russischen Staates auszuführen.
"Der Zahlungsausfall liegt also nicht daran, dass Russland nicht zahlen will, sondern aufgrund der Sanktionen dazu nicht in der Lage ist", sagte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. Ungewöhnlich ist der Vorgang in jedem Fall. Fakt ist, dass Russland vom internationalen Zahlungsverkehr größtenteils abgeschnitten ist.
Die Ölpreise sind im Verlauf noch stärker ins Plus gedreht. Zuletzt kostete ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent sowie die US-Leichtölsorte WTI rund drei Prozent mehr. Die Ölpreise knüpften so an ihre Gewinne vom Vortag an.
Erneut wurden die Ölpreise durch Nachrichten aus dem nordafrikanischen Ölförderland Libyen gestützt. Die staatliche Ölfördergesellschaft hat Exporte vom Golf von Sidra wegen politischer Unruhen unterbunden. Dort befinden sich die wichtigsten Ölterminals des Landes. Bereits Ende der vergangenen Woche hatten Meldungen über Produktionsausfälle in Libyen den Preis für Brent-Öl um rund drei Dollar je Barrel steigen lassen.
Anleger schauen auch auf die weitere Entwicklung auf dem G7-Gipfeltreffen. Rohstoffexperte Carsten Fritsch von der Commerzbank verwies auf den Plan der sieben größten westlichen Industriestaaten, eine Preisobergrenze für russisches Öl zu beschließen. Allerdings machte Fritsch auch deutlich, dass die G7-Staaten kaum mehr Öl aus Russland kaufen und die Importe bis zum Jahresende komplett einstellen wollen.
Perspektivisch zugute kommen dürfte dem Ölpreis, dass China die Corona-Maßnahmen in Shanghai zurückfährt. China ist einer der größten Ölverbraucher weltweit.
Im Streit um den glyphosathaltigen Unkrautvernichter Roundup hat der Chemiekonzern Bayer eine weitere Niederlage vor Gericht erlitten. Der Oberste Gerichtshof der USA lehnte es am Montag ab, sich mit einem Berufungsantrag des deutschen Unternehmens im Fall des Ehepaars Alva und Alberta Pilliod zu befassen. Damit ist die Verurteilung zur Zahlung von 87 Millionen Dollar (82 Millionen Euro) rechtskräftig. Vergangene Woche hatte das Gericht in einem ähnlichen Fall bereits genauso entschieden. Hintergrund ist die Frage, ob Roundup - ein Produkt des 2018 von Bayer aufgekauften US-Agrarkonzerns Monsanto - krebserregend ist oder nicht. Alva und Alberta Pilliod waren beide an einem Lymphom erkrankt, für das sie den jahrelangen Gebrauch von Roundup verantwortlich machen.
Der Autobauer Mercedes-Benz will einem Medienbericht zufolge in den kommenden Jahren seine A-Klasse aus dem Programm streichen. Das "Handelsblatt" berichtete unter Berufung auf Konzernkreise, die A-Klasse solle um das Jahr 2025 herum komplett eingestellt werden. Auch die B-Klasse solle auslaufen. Dem Bericht zufolge gelten beide Modellreihen als unrentabel.
Daimler Truck plant die Herstellung von Wasserstoff-Lkw mit einer Reichweite von rund 1000 Kilometern. Dabei solle flüssiger Wasserstoff in die Tanks kommen, der eine höhere Energiedichte habe als gasförmiger Wasserstoff und deshalb größere Reichweiten ermögliche. Das teilte der DAX-Konzern heute im südpfälzischen Wörth am Rhein mit. Dort hat der Lkw-Bauer ein großes Werk mit rund 10 000 Mitarbeitern.
Siemens baut sein Geschäft mit Software für Gebäude- und Infrastrukturtechnik mit einer 1,5 Milliarden Euro teuren Übernahme in den USA aus. Der Münchner Technologiekonzern kauft Brightly Software, den Hersteller einer App zur Überwachung, Steuerung und Wartung von Gebäuden und Anlagen für mindestens 1,575 Milliarden Dollar, wie Siemens am Abend mitteilte.
Wenn sich das Unternehmen mit 800 Mitarbeitern und einem Umsatz von 180 Millionen Dollar besser entwickelt als gedacht, kann der bisherige Eigentümer, der US-Finanzinvestor Clearlake Capital, mit einem Nachschlag rechnen. Die Brightly-Software greift Daten aus Gebäuden wie Schulen, Krankenhäusern oder auch Industriebetrieben und den dort installierten Anlagen ab - unabhängig vom Hersteller - und hilft deren Betreibern mit einer App bei der Überwachung.
Brightly ist der teuerste Zukauf für die Siemens AG seit der Aufspaltung in drei börsennotierte Unternehmen. Die Übernahme ist Teil der Digitalisierungs-Strategie, mit der Siemens-Chef Roland Busch die reale mit der virtuellen Welt vernetzen will. Dazu soll Cloud-Software, für die die Kunden abhängig von der Nutzung bezahlen ("Software-as-a-Service"), künftig in allen Sparten eine größere Rolle spielen. Am Mittwoch will sich Busch zu den nächsten Schritten äußern.
Siemens Healthineers beginnt ab dem 29.6. damit, eigene Aktien im Wert von 250 Millionen Euro zurückzukaufen, maximal aber neun Millionen Stück bis längstens zum 23. Januar 2023. Dies gab das DAX-Unternehmen am Abend in einer Mitteilung bekannt.
Die Aktien sollen, wie bereits durch den Vorstand am 24. Juni beschlossen, für Vergütungszwecke erworben werden. Sie sollen dabei durch ein externes Kreditinstitut ausschließlich über das elektronische Börsenhandelssystem XETRA der Deutschen Börse erworben werden.
Der Hamburger Windanlagenbauer Nordex hat eine weitere Finanzspritze von seinem spanischen Großaktionär Acciona bekommen. Die Spanier zeichneten eine Kapitalerhöhung um zehn Prozent im Volumen von 139,2 Millionen Euro, wie Nordex in der Nacht mitteilte. Die neuen Aktien seien zu je 8,70 Euro, dem Schlusskurs vom Freitag, ausgegeben worden. Damit erhöht Acciona seine Beteiligung an Nordex von 33,6 auf 39,6 Prozent.
Die Lufthansa erwartet erst im nächsten Jahr eine Normalisierung des Flugbetriebs. "Eine kurzfristige Verbesserung jetzt im Sommer werden wir realistisch leider kaum erreichen können", sagte Lufthansa-Vorstand Detlef Kayser der "Welt". Aktuell helfe nur, die Zahl der Flüge zu reduzieren. "Wir rechnen damit, dass sich die Lage 2023 insgesamt wieder normalisiert."
Die Lufthansa reaktiviert derweil voraussichtlich ab dem kommenden Sommer den Airbus 380, das größte Passagierflugzeug der Welt mit Platz für 509 Passagiere. Grund seien die stark gestiegene Nachfrage nach Flügen und die verzögerte Auslieferung bestellter Flugzeuge, teilte die Fluggesellschaft mit. Sie prüfe derzeit, wie viele A380 wieder abheben und welche Ziele sie anfliegen sollen.
Lufthansa habe aktuell noch 14 Airbus A380, die derzeit in Spanien und Frankreich langfristig geparkt seien, erklärte der Konzern. Sechs dieser Flugzeuge seien aber bereits verkauft. Acht Airbus A380 stehen damit theoretisch zur Verfügung. Die Lufthansa hatte im September 2020 in der Corona-Krise angekündigt, der A380 werde ausgemustert.
Zucker wird nach Einschätzung von Südzucker-Chef Niels Pörksen deutlich teurer werden. "Das ist heute schon sichtbar", sagte der Vorstandsvorsitzende dem "Mannheimer Morgen". Pörksen machte deutlich, dass die Kosten für den Zuckerrübenanbau und für Energie stiegen.
Die Adler Real Estate AG übernimmt von ihrer luxemburgischen Konzernmutter Adler Group ein Bestandsportfolios von Wohnimmobilien in Berlin. Wie das deutsche Tochterunternehmen mitteilte, umfasst das Portfolio 1400 Wohneinheiten und hat nach der letzten, vom Immobiliendienstleister CBRE per 31. März 2022 erstellten Bewertung einen Marktwert von 326 Millionen Euro.
Der an Omikron angepasste Covid-19-Impfstoff der Konzerne BioNTech und Pfizer hat ersten Studienergebnissen zufolge gut gegen die hochansteckende Variante abgeschnitten. Eine Booster-Impfung mit den Omikron-Impfstoffkandidaten der Partner habe eine wesentlich stärkere Immunreaktion ausgelöst als das ursprüngliche Vakzin der Unternehmen, teilten BioNTech und Pfizer mit.
Der Maschinenbauer Singulus muss die längst überfällige Vorlage seiner Jahresbilanz 2020 erneut verschieben. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG hat zusätzliche Unterlagen angefordert, die das Unternehmen nicht in der geforderten Zeit liefern kann. Als neuer Veröffentlichungstermin ist nun der 23. Juli angepeilt. Das Management wies darauf hin, dass die Gläubiger des Unternehmens Darlehen kündigen dürfen, wenn es keinen testierten Jahresabschluss gibt. Singulus verhandelt demnach mit den Kapitalgebern, um das zu vermeiden.
Der Pharmakonzern AstraZeneca bekommt grünes Licht in der Europäischen Union für den Einsatz von zwei Brustkrebsmedikamenten bei bestimmten Hochrisikopatientinnen. Der zuständige Ausschuss der Arzneimittelbehörde EMA empfahl die Zulassung der Arzneien Enhertu und Lynparza zur Behandlung von zwei bestimmten Brustkrebsarten, wie AstraZeneca mitteilte.
Dem hoch verschuldeten chinesischen Immobilienkonzern Evergrande droht Ärger von den Gläubigern. Das Unternehmen "Top Shine Global Limited of Intershore Consult (Samoa) Limited" reichte einen Konkursantrag gegen China Evergrande Group beim obersten Gericht in Hongkong ein. Der Wohnungsbaukonzern hat mehr als 300 Milliarden Dollar Schulden und konnte in den vergangenen Monaten Zinsen für Auslands-Anleihen nicht mehr bedienen.