Wieder Konjunkturängste US-Tech-Aktien rutschen ab
Zum Wochenstart sind an der Wall Street altbekannte Konjunkturängste zurückgekehrt. Vor allem die Tech-Börse Nasdaq gab stärker nach. DAX-Anleger fürchteten derweil eine Verschärfung der Gaskrise.
Die US-Märkte sind mit Verlusten in die neue Woche gestartet. Während die Standardaktien sich dabei etwas besser schlugen, ging es bei den besonders konjunktursensiblen Technologieaktien stärker bergab. Der Leitindex Dow Jones schloss am Ende bei 31.173 Punkten, ein Rückgang von 0,52 Prozent. Zwischenzeitlich war der Index im Tageshoch sogar ganz leicht ins Plus gedreht.
Technologieaktien wurden hingegen deutlicher abverkauft. Der Composite-Index der Nasdaq gab 2,26 Prozent nach auf 11.372 Punkte. Der Auswahlindex Nasdaq 100 büßte 2,19 Prozent auf auf 11.860 Stellen. Der marktbreite S&P-500-Index, in dem sowohl Technologieaktien als auch Standardwerte enthalten sind, ging bei 3854 Zählern aus dem Handel, ein Tagesverlust von 1,15 Punkten.
Marktteilnehmer verwiesen einmal mehr auf die inzwischen zum Börsenalltag gehörenden Zins-, Inflations- und Rezessionsängste. Vor weiteren wichtigen Wirtschaftsnachrichten in dieser Woche und der beginnenden US-Bilanzsaison der Unternehmen haben diese Sorgen die Anleger wieder etwas mehr im Griff.
In der vergangenen Woche hatten sich die wichtigsten US-Indizes ein Stück weit erholt. Mit dem am Freitag vorgelegten robusten US-Arbeitsmarktbericht ebbte die Dynamik der Stabilisierung aber bereits ab - denn viele Börsianer sehen damit die Erwartung bestätigt, dass die Tore für eine weitere deutliche Straffung der US-Geldpolitik weit geöffnet sind.
Für zusätzliche Unsicherheit unter den Anlegern sorgt zudem ein Blick auf den Terminkalender: Zur Wochenmitte stehen neue Daten zur US-Inflation an. Zuletzt hatten sich Hoffnungen auf eine baldige Trendwende bei den Verbraucherpreisen als verfrüht erwiesen.
"Eine höher als erwartet ausfallende Verbraucherpreisinflation würde nach den starken Arbeitsmarktzahlen den Druck auf die US-Zentralbanker erhöhen, weiter mit umfangreichen Zinsschritten konsequent gegen den Preisdruck vorzugehen", schlussfolgern deshalb die Experten der Postbank mit Blick auf die anstehenden Daten zur Teuerung.
Unter den Einzelwerten stand das Papier des Fahrdienstleisters Uber im Blick. Die Aktie gab nach Berichten über aggressive Geschäftspraktiken des Unternehmens in der Vergangenheit deutlich nach.
Öffentlich gewordene E-Mails und Chats des Fahrdienst-Vermittlers aus den Jahren 2013 bis 2017 geben tiefere Einblicke in das damalige Geschäftsgebaren des Unternehmens. Mehr als 124.000 Dokumente wie E-Mails und Chatnachrichten wurden der britischen Zeitung "Guardian" zugespielt. Als Quelle gab sich nach der Veröffentlichung ein ehemaliger Uber-Manager zu erkennen.
Die Unterlagen stammen aus einer Zeit, in der Uber unter dem Mitgründer und damaligen Chef Travis Kalanick auf eine aggressive internationale Expansion setzte. Nach dem Einschreiten von Regulierern gab Uber die Praxis auf, Spannungen mit Taxibranche und Behörden blieben jedoch über Jahre groß. Seit 2017 Dara Khosrowshahi den Spitzenjob bei Uber übernahm, distanzierte sich das Unternehmen wiederholt vom Geschäftsgebaren seines Vorgängers.
Ein ganzes Bündel von Ängsten wabert derzeit über dem deutschen Aktienmarkt und sorgt weiter für einen unsteten Handelsverlauf. Allen voran derzeit die Frage, ob Russland nach dem heutigen Beginn der regulären zehntägigen Wartung der Gasleitung Nordstream 1 überhaupt noch Gas nach Deutschland liefert.
"Die Angst vor einem totalen Lieferstopp danach ist schon an Tag Eins der eigentlichen Routinemaßnahme an der Frankfurter Börse deutlich zu spüren", sagte Jürgen Molnar, Kapitalmarktstratege von RoboMarkets.
Ökonomen erwarten mittelfristig einen Konjunktureinbruch, wenn die Gaspipeline Nord Stream 1 nicht wieder am 21. Juli ihren Betrieb aufnehmen sollte. "Die deutsche und die europäische Wirtschaft würden in eine tiefe Rezession abrutschen", warnte Chefvolkswirt Thomas Gitzel von der VP Bank.
Die deutsche Wirtschaft fordert schon einen Rettungsschirm für den Fall, dass Gaslieferungen aus Russland auch nach der Wartung der Pipeline Nord Stream 1 ganz ausbleiben sollten. Unternehmen dürften dann ganz oder teilweise kein Erdgas mehr abbekommen.
"Dann steht die Produktion in diesen Unternehmen still", sagte der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), Peter Adrian, dem Sender "Welt". "Notwendig ist daher nicht nur eine rasche Ausdehnung der Notfallzahlungen für Unternehmen mit extrem hohen Energiepreisen, sondern auch ein Konzept für Überbrückungshilfen im Falle von faktischen Betriebsschließungen."
Der DAX rutschte zum Wochenstart in Folge der starken Unsicherheit erneut unter die Marke von 13.000 Zählern und notierte am Ende 1,4 Prozent schwächer bei 12.832 Punkten. Bei nervösem Handel sorgten Schnäppchenjäger im Verlauf für eine leichte Erholung. Der Tiefstand lag heute bei 12.774 Punkten, der Höchststand bei 12.934 Zählern.
"Als sei die drohende Energiekrise nicht schon schlimm genug, hat sich das Coronavirus in China wieder zurückgemeldet", sagte Analyst Christian Henke vom Brokerhaus IG. "Dies schürt nun erneut die Angst vor Lockdowns und einer Beeinträchtigung der Wirtschaft."
Die chinesischen Behörden haben über mehrere Städte neue Beschränkungen verhängt und für Shanghai Massentests angeordnet. Im Frühjahr hatte ein Lockdown der Wirtschaftsmetropole die Konjunktur global in Mitleidenschaft gezogen. Auch in Europa steigen die Fallzahlen wieder deutlich an, so dass Rezessionsänsgte auch von dieser Seite wieder befeuert werden.
Ohnehin muss sich der Markt wegen der hohen Inflation mit steigenden Zinsen auseinandersetzen. Normalerweise reicht eine solche Zinswende alleine, um die Anleger erheblich zu verunsichern - der aktuelle Cocktail von ökonomischen, pandemischen und politischen Risiken auf einmal ist ein absolutes Novum.
Die dunklen Wolken, die sich derzeit über Europa zusammenbrauen, schlagen sich auch am Devisenmarkt nieder. Der Euro handelt im US-Handel bei 1,0044 Dollar nur noch knapp über der Parität - darunter versteht man ein Tauschverhältnis eins zu eins - und damit so schwach, wie seit 20 Jahren nicht mehr. Die Furcht vor einer durch eine Gaskrise ausgelösten Rezession in Europa und die Aussicht auf rasch steigende Zinsen in den USA belasten seit Wochen schon den Euro-Dollar-Wechselkurs. Die Europäische Zentralbank (EZB) setzte den Referenzkurs auf 1,0098 (Freitag: 1,0163) Dollar fest
Die Ölpreise sind kaum verändert in die neue Woche gegangen, anfängliche Verluste wurden dabei im Verlauf aufgeholt. Am Abend notiert ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent nahezu unverändert, der Preis für ein Fass der US-amerikanischen Sorte West Texas Intermediate (WTI) fällt um 0,5 Prozent. Steigende Corona-Infektionen in China lassen Anleger vor Öl-Investments zurückscheuen, zählt China doch zu den größten Ölverbrauchern. Hinzu kommt eine drohende Rezession in Europa wegen der Gaskrise.
Aktien der konjunktursensiblen Gas-Großverbraucher aus der Chemie-, Industrie-, Auto- und Stahlbranche zählten heute zu den größten Verlierern. Im DAX belegten Daimler Truck, Covestro, aber auch die Deutsche Bank die hinteren Plätze.
Die Papiere der größten deutschen Geschäftsbank fielen heute unter acht Euro. Hintergrund sind die Sorgen der Anleger über drohende hohe Kreditabschreibungen der Geldhäuser, sollte es zu einer scharfen Rezession kommen. Diese Sorgen überwiegen derzeit die Aussicht auf höhere Zinsmargen. Der gesamte europäische Bankensektor tendierte zuletzt schwächer.
Im Nebenwerteindex MDAX brachen Uniper, der größte Importeuer russischen Gases, um über 14 Prozent ein. Nach dem Antrag des strauchelnden Gasversorgers auf staatliche Unterstützung ist weiter unklar, wie diese genau aussehen wird. Uniper-Hauptaktionär ist der finnische Energieversorger Fortum, der rund 80 Prozent des Grundkapitals hält und der wiederum zu etwas mehr als 50 Prozent dem finnischen Staat gehört. Auch Fortum-Aktien stehen deutlich unter Druck. Auch der Spezialchemiehersteller Lanxess musste Federn lassen. Windparkbetreiber Encavis hingegen legte gegen den Trend zu.
Anders als die Bundesregierung macht die finnische Regierung keine Hoffnung darauf, dass sich Unipers Mehrheitsaktionär Fortum an den Rettungsmaßnahmen für den strauchelnden deutschen Energiekonzern weiter beteiligt. Als Fortums Mehrheitseigner sehe die finnische Regierung es für den Konzern nicht als möglich an, mehr in Uniper zu investieren, sagte Europaministerin Tytti Tuppurainen, die auch die finnischen Staatsbeteiligungen beaufsichtigt, der finnischen Nachrichtenagentur STT.
Der Mangel an Computerchips und der Corona-Lockdown in China haben den Absatz von Mercedes-Benz im zweiten Quartal stark sinken lassen. Von April bis Juni lieferte der Autobauer 490.000 Pkw oder 16 Prozent weniger als im Vorjahr aus. Fehlende Teile und Transportprobleme im Zusammenhang mit dem Lockdown in China bremsten Produktion und Auslieferung.
Der weltgrößte Flugzeughersteller Airbus hat seine Auslieferungen im Juni deutlich gesteigert. Der DAX-Konzern übergab im abgelaufenen Monat 60 Verkehrsjets an seine Kunden und damit 13 mehr als im Mai. Für sein Jahresziel von rund 720 auszuliefernden Flugzeugen muss sich Airbus weiter ranhalten: Nach den ersten sechs Monaten sind davon erst 297 geschafft. Airbus-Aktien tendierten gegen den Trend höher.
Der Chemiekonzern BASF hat im zweiten Quartal dank Preiserhöhungen und dem schwachen Euro mehr Geschäft und Gewinn gemacht als von Experten erwartet. Der Umsatz des DAX-Konzerns legte im Jahresvergleich um 16 Prozent auf knapp 23 Milliarden Euro zu, wie das Unternehmen am Abend nach Xetra-Schluss mitteilte.
Das operative Ergebnis - der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Sonderposten - sank um knapp ein Prozent auf 2,34 Milliarden Euro, fiel damit aber weit besser aus als von Analysten zuvor geschätzt. Diese hatten im Schnitt nur mit knapp 2,1 Milliarden Euro Ergebnis gerechnet. Gestiegene Preise für Rohstoffe und Energie hätten weitgehend über höhere Verkaufspreise weitergegeben werden können, hieß es.
Unter dem Strich verdiente BASF mit 2,1 Milliarden Euro gut ein Viertel mehr als ein Jahr zuvor, vor allem dank eines höheren Beteiligungsergebnisses bei der Gas- und Ölfördertochter Wintershall Dea. Die Aktie legte auf der Handelsplattform Tradegate in einer ersten Reaktion um fast zwei Prozent zu. Detaillierte Quartalsergebnisse legen die Ludwigshafener am 27. Juli vor.
Der erste Schrecken über eine weitere Kapitalmaßnahme war bei den Nordex-Aktionären schnell verflogen. Nach hohen Anfangsverlusten drehte der Kurs ins Plus. Während ein Händler die angekündigte Kapitalerhöhung über 212 Millionen Euro als negatives Signal sieht, lassen für einen Analysten dadurch die Sorgen hinsichtlich der Finanzlage nach.
Die Übernahme des Telekomausrüsters Adva Optical durch den US-Konzern Adtran hat auch Auswirkungen auf die Zusammensetzung des Nebenwerteindex SDAX. Die aktuell im Index befindliche und zum Umtausch eingereichte Aktiengattung werde zum 15. Juli durch die Aktien der Amerikaner ersetzt, teilte die Deutsche Börse am späten Abend mit. Die Übernahme werde dabei durch einen Aktiensplit im Index abgebildet. Dabei werden den Angaben zufolge 0,8244 neue Aktien für jede alte Aktie getauscht.
Heimische Anleihe-Investoren des angeschlagenen Immobilienkonzerns China Evergrande haben einen Zahlungsaufschub für einen umgerechnet fast 700 Millionen Dollar schweren Schuldentitel abgelehnt. Die Hengda Real Estate Group, das Kernunternehmen der Evergrande-Immobiliensparte, sei mit den Anleihehaltern in Gesprächen, um so bald wie möglich eine akzeptable Lösung für den Bond zu finden, hieß es in einer Mitteilung der Gesellschaft an die Börse Shenzhen.
Das Schnäppchenportal ebay Kleinanzeigen wird künftig den Namensteil ebay streichen und unter der Marke "Kleinanzeigen.de" auftreten. Das teilte das Unternehmen heute in Kleinmachnow bei Berlin mit. Die ehemalige Kleinanzeigen-Sparte von ebay, zu der auch mobile.de gehört, war im Juni 2021 an den norwegischen Online-Marktplatz Adevinta verkauft worden.
Die turbulente Twitter-Übernahme durch Elon Musk hat die Chaos-Stufe erreicht: Der Tech-Milliardär tritt vom Kauf zurück, doch die Firma will den Deal vor Gericht durchboxen. Die Plattform, die die Welt veränderte, steuert damit auf Monate der Ungewissheit zu. Die in Deutschland notierten Aktien des Kurznachrichten-Dienstes fallen im Frankfurter Frühhandel um rund neun Prozent.