Schwächste Bilanz seit 2018 DAX beendet Börsenjahr mit Verlust
Zum Jahreswechsel knallen am Frankfurter Aktienmarkt nur wenige Sektkorken. Das Börsenjahr ist so schwach ausgefallen wie seit vier Jahren nicht mehr. Auch am letzten Handelstag schließt der DAX im Minus.
Das Börsenjahr 2022 ist vorbei. Feierlaune ruft das wohl nur bei wenigen Anlegern hervor. Denn für den DAX war es das schlechteste seit vier Jahren. Auf zwölf Monate gesehen verlor der deutsche Leitindex 12,3 Prozent an Wert. 2021 hatte er noch einen Gewinn von knapp 16 Prozent eingefahren.
Auslöser dieser Entwicklung war vor allem der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine. Die Energiepreise explodierten und trieben die Inflation auf ein Rekordniveau. In der Folge griffen die Notenbanken ein und erhöhten die Zinsen nach einer langen Zeit geldpolitischer Lockerung rasch und deutlich. Das macht Aktien unattraktiver und erhöht die Sorgen vor einer Rezession.
"Heute geht ein von geopolitischen Krisen und einer auch geldpolitischen Zeitenwende geprägtes Börsenjahr zu Ende", sagt Jürgen Molnar, Kapitalmarktstratege von RoboMarkets. In den kommenden Jahren erwartet er jedoch, dass "die Reise an der Börse" weiter nach oben geht. Der Experte empfiehlt daher, 2022 "einfach abzuhaken" - passend zum schwachen Abschluss.
Auch am verkürzten letzten Handelstag des Jahres kämpfte der deutsche Leitindex mit der psychologisch wichtigen Marke von 14.000 Punkten, um die er schon seit zwei Wochen pendelt. Nachdem das Börsenbarometer sie gestern dank einer technischen Reaktion und einem geringem Handelsvolumen noch zurückerobert hatte, rutschte es heute wieder darunter.
Letztlich schloss der DAX 1,05 Prozent tiefer bei 13.924 Zählern. In der Wochenbilanz zeigte sich er sich damit zwar weitgehend stabil, den Monat Dezember verzeichnete er aber ein deutliches Minus von 3,3 Prozent. Die Umsätze blieben derweil sehr dünn, da viele Anleger ihre Transaktionen bereits beendet hatten.
Auf Unternehmensseite hielten sich die Kursausschläge daher heute in Grenzen. Allenfalls wurde zum Jahresende etwas "Window Dressing" betrieben. Darunter verstehen Börsianer Käufe von Aktien, die bis dato besonders gut oder Verkäufe von Aktien, die besonders schlecht gelaufen sind, um in der Jahresendabrechnung möglichst gut auszusehen.
Dazu passte, dass unter anderem Zalando oder Vonovia zu den schwächeren Werten des Tages zählten. Diese zwei Aktien haben im Gesamtjahr mit Abschlägen von bis zu 54 Prozent die größten Verluste unter den DAX-Mitgliedern eingefahren.
Die japanische Notenbank hat ihre Käufe von Staatsanleihen mit einer Laufzeit von zwei und fünf Jahren fortgesetzt. Heute sei das Kaufprogramm den dritten Tag in Folge angewendet worden, wie aus einer Mitteilung der Bank of Japan (BoJ) hervorgeht. Nach Einschätzung von Marktbeobachtern will die Notenbank mit den Käufen Spekulationen entgegenwirken, dass sie vor einer geldpolitischen Wende stehe und die extrem lockere Geldpolitik aufgeben könnte. Am Markt für japanische Staatsanleihen gerieten die Renditen der Papiere unter Druck.
Die Inflation in Spanien hat sich im Dezember stärker als erwartet abgeschwächt. In der viertgrößten Volkswirtschaft der Eurozone stiegen die Verbraucherpreise nach europäischer Messung (HVPI) zum Vorjahr um 5,6 Prozent, wie das Nationale Statistikamt INE heute auf Basis vorläufiger Daten mitteilte. Von Reuters befragte Experten hatten hingegen einen Wert von 6,0 Prozent erwartet - nach 6,7 Prozent im November. Der stärker als erwartet nachlassende Preisdruck gilt als ein gutes Omen für die bald anstehenden Preisdaten aus dem gesamten Euroraum.
Die Ölpreise haben sich heute wenig bewegt. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent kostete gegen Mittag 83,48 US-Dollar. Das waren zwei Cent mehr als am Vortag. Der Preis für ein Barrel der amerikanischen Sorte West Texas Intermediate (WTI) fiel geringfügig um drei Cent auf 78,37 Dollar. Am Vormittag hatten die Notierungen ihre Gewinne aus dem frühen Handel wieder abgegeben.
Marktbeobachter sprachen von einem vergleichsweise geringen Handelsvolumen kurz vor dem Jahresende. In der letzten Woche des Jahres sind die Ölpreise unterm Strich gefallen, nachdem die massive Corona-Welle in China die Hoffnung auf eine rasche Besserung der konjunkturellen Entwicklung der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt und damit auf eine stärkere Nachfrage nach Rohöl gedämpft hatte.
Der Euro ist am letzten Handelstag des Jahres gestiegen. Am Mittag wurde die Gemeinschaftswährung bei 1,0698 US-Dollar gehandelt. Das ist etwa einen halben Cent höher als am Morgen. Kurz vor dem Jahresende verlief der Handel am Devisenmarkt mit vergleichsweise geringen Handelsumsätzen. Dabei können Kaufaufträge stärkere Kursreaktionen als gewöhnlich auslösen.
Der Vorstandschef des Immobilienkonzerns Vonovia, Rolf Buch, erwartet trotz steigender Zinsen keinen Rückgang der Immobilienpreise. "Der Leerstand in den Städten ist niedrig. Ich habe selten erlebt, dass die Preise sinken, wenn die Nachfrage höher ist als das Angebot", sagte Buch der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". "Natürlich werden wir die Wertsteigerungen der vergangenen Jahre so schnell nicht mehr sehen, aber die Werte werden weitestgehend stabil bleiben", ergänzte Buch.
Die Commerzbank bekommt im neuen Jahr eine neue Personalchefin: Sabine Mlnarsky rückt zum 1. Januar 2023 in den Vorstand des Frankfurter MDAX-Konzerns. Die Juristin, die zuvor die Personalthemen bei der österreichischen Erste Bank Group verantwortete, ist Nachfolgerin von Sabine Schmittroth. Diese hatte im Februar mitgeteilt, dass sie die Commerzbank auf eigenen Wunsch zum Ende des Jahres 2022 verlassen wird. Die Personalie hatte die Commerzbank am 6. Juli veröffentlicht.
Der Energiekonzern RWE rechnet mit einem unruhigen Jahresbeginn, wenn Mitte Januar die Räumung des Dorfes Lützerath ansteht, das als letzter Ort den Braunkohlebaggern im rheinischen Revier weichen soll. Die Kreisverwaltung in Heinsberg hat "Räumungsmaßnahmen ab dem 10. Januar" erlaubt. Krebber bittet die Klimaaktivisten, bei ihren Protesten in Lützerath friedlich zu bleiben. "Mein Appell ist, dass der Protest, der absolut legitim ist, ohne Gewalt abläuft und keine Menschenleben gefährdet werden", sagte er im Podcast "Die Wirtschaftsreporter" der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung" ("WAZ").
Der Leasingspezialist Grenke hat den Kauf von vier weiteren Franchise-Unternehmen für insgesamt 3,5 Millionen Euro angekündigt. Ein Händler erinnerte in diesem Zusammenhang an die harsche Kritik über mangelnde Transparenz beim SDAX-Unternehmen, die Leerverkäufer - also Marktteilnehmer, die auf fallende Kurse spekulieren - geübt hatten. "Der Erwerb der verbleibenden Anteile an den Franchise-Unternehmen könnte zu einer strengeren Unternehmensführung führen", schlussfolgerte der Händler nun.
Die Börse Stuttgart hat dieses Jahr die wirtschaftlichen und politischen Verwerfungen stark zu spüren bekommen. Der vorläufige Handelsumsatz im zu Ende gehenden Jahr 2022 ging im Bereich Wertpapiere um rund 15 Prozent zum Vorjahr auf etwa 91,1 Milliarden Euro zurück, wie Matthias Voelkel, der Chef der Gruppe Börse Stuttgart, heute mitteilte. Wegen der Unsicherheit durch den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine und die steigenden Energiepreise hielten sich die Anleger zurück. Außerdem habe sich der Markt insgesamt negativ entwickelt.
Die Infektionswelle nach den Lockerungen der strengen Corona-Politik in China hat Aktien europäischer Luxuskonzerne zu schaffen gemacht. Die Louis-Vuitton-Mutter LVMH, der Hersteller von Luxus-Jacken Moncler und die Uhren- und Accessoire-Marke Hermes verloren zwischen 0,7 und 2,35 Prozent. Das macht ihre Gewinne nach der angekündigten Aufhebung der Quarantänepflicht für Einreisende in die Volksrepublik größtenteils zunichte. Die Wiedereröffnung der zweitgrößten Wirtschaft der Welt, die als ein Kernmarkt für den Modekonsum gilt, schürte anfänglich Hoffnungen auf eine Welle chinesischer Shopping-Touristen.