Händler an der Frankfurter Börse
Marktbericht

Neue Inflations- und Zinssorgen Schwarzer Tag für Tech-Aktien

Stand: 13.09.2022 22:08 Uhr

Enttäuschung für Aktien-Anleger: Die ernüchternden US-Inflationsdaten haben für einen heftigen Kurssturz an der Wall Street gesorgt. Vor allem Tech-Titel gerieten unter die Räder.

Die Inflations- und Zinsängste sind zurück an den Börsen: Die überraschend hohe Teuerungsrate in den USA schlug heute die Anleger an der Wall Street reihenweise in die Flucht. Die technologielastige Nasdaq erlebte ihren größten Kurssturz seit Monaten. Sie sackte um über fünf Prozent ab. Die Aktien von Amazon, Apple, Netflix, des Facebook-Betreibers Meta und der Google-Mutter Alphabet fielen um bis zu sechs Prozent. Der Dow Jones fiel um knapp vier Prozent.

Zwar hat sich die Inflationsdynamik etwas abgeschwächt - die Teuerungsrate ging von 8,5 auf 8,3 Prozent zurück -, doch die Experten hatten mit einem stärkeren Rückgang gerechnet. Außerdem stieg die viel beachtete Kernrate, bei der stark schwankende Preise von Lebensmitteln und Energie herausgerechnet sind, überraschend stark auf 6,3 Prozent.

Die Daten dürften die Fed zum Handeln zwingen. Denn die Maßnahmen im Kampf gegen die Inflation scheinen bisher nicht zu wirken. "Die Inflation ist der Staatsfeind Nr. eins für die Fed", sagte Priya Misra, leitende Anlagestrategin beim Brokerhaus TD Securities. Die aktuellen Daten erhöhten den Druck auf die US-Notenbank, die Geldpolitik weiter zu straffen. "Die Fed muss weiter kräftig auf die Bremse treten, auch um den Preis einer etwaigen Rezession“, meint Volkswirt Bernd Weidensteiner von der Commerzbank. "Die Zahlen bestätigen, dass die US-Inflation immer noch heiß läuft", sagte Naeem Aslam, Chef-Marktanalyst des Brokerhauses AvaTrade. "Das macht die Lage für die Fed noch schwieriger, die versucht, die Teuerung in den Griff zu bekommen."

Die meisten Experten rechnen damit, dass die US-Notenbank in der kommenden Woche die Zinsen um 0,75 Prozentpunkte erhöhen wird. Der Schritt könnte nun sogar noch drastischer ausfallen. Manche Börsianer halten gar eine Zinserhöhung um einen vollen Prozentpunkt für möglich. Die Wahrscheinlichkeit hierfür sehen sie aktuell bei 20 Prozent.

Die neu angefachten Inflations- und Zinssorgen zogen auch die europäischen Börsen nach unten. Der DAX rutschte um 1,6 Prozent auf 13.188 Punkte ab. Am Mittag hatte er noch deutlich im Plus gelegen. In den letzten Tagen hatte sich der deutsche Leitindex kräftig erholt. Noch härter traf es den MDAX. Der Index der mittelgroßen Werte, der auch als zweite Börsen-Liga bezeichnet wird, brach um 3,3 Prozent ein.

Die Spekulationen über noch kräftigere Zinserhöhungen lösten eine Verkaufswelle bei Staatsanleihen aus. Die Renditen der zehnjährigen Bonds aus den USA kletterten auf 3,429 Prozent. Zehnjährige deutsche Staatsanleihen rentierten bei 1,727 Prozent.

Update Wirtschaft vom 13.09.2022

Klaus-Rainer Jackisch, HR, tagesschau24

Die Aussicht auf noch höhere Zinsen in den USA beflügelte den Dollar. Der Dollar-Index, der den Kurs zu wichtigen Währungen widerspiegelt, stieg um 1,3 Prozent auf 109,59 Zähler. Dagegen rutschte der Euro unter die Parität zum US-Dollar. Die Gemeinschaftswährung verbilligte sich auf 0,995 Dollar.

Auch der Blick auf die deutsche Wirtschaft stimmt viele Ökonomen und auch Börsenprofis skeptisch. So sind die ZEW-Konjunkturerwartungen im September überraschend deutlich auf minus 61,9 Punkte gefallen. Es war der dritte Rückgang in Folge. "Die Aussicht auf Energieengpässe im Winter lassen die Erwartungen für große Teile der deutschen Industrie noch negativer werden", kommentierte ZEW-Präsident Achim Wambach die Ergebnisse der Umfrage unter 167 Analysten und Anlegern.

Zuletzt hatten zahlreiche führende Institute ihre Konjunkturprognosen eingedampft. Den Forschern des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung zufolge ist die Gefahr einer Rezession für die deutsche Wirtschaft weiter gestiegen. Auch die Bundesregierung stimmt die Bürger auf eine Rezession ein: "Die deutsche Wirtschaftsleistung könnte in der zweiten Jahreshälfte stagnieren oder rückläufig sein", heißt es im heute veröffentlichten Monatsbericht des Wirtschaftsministeriums.

Auch der Goldpreis gab nach. Weil die Aufwertung der Weltleitwährung das Edelmetall für Investoren außerhalb der USA unattraktiver macht, büßte das gelbe Edelmetall 1,2 Prozent ein und fiel auf 1702 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm). Zudem werden Anleihen wegen steigender Renditen eine immer stärkere Konkurrenz als Geldanlage.

Der Ölpreis rutschte ebenfalls ins Minus. Die Sorte Brent aus der Nordsee verbilligte sich um ein Prozent auf 93,02 Dollar je Barrel (159 Liter). Nachlassende Nachfragesorgen und die gestiegene Risikolust der Anleger hatten zuletzt den Ölpreisen Rückenwind gegeben.

Das Landgericht Stuttgart hat die Klimaklage der Deutschen Umwelthilfe (DUH) gegen den Autobauer Mercedes-Benz abgewiesen. Es obliege dem Gesetzgeber zu entscheiden, welche Maßnahmen zur Einhaltung des Klimaschutzes ergriffen werden. Dies könne durch eine Individualklage vor einem Zivilgericht nicht vorweggenommen werden, teilte das Landgericht zur Begründung mit.

Der Fernsehkonzern ProSiebenSat.1 will die Streaming-Plattform Joyn komplett übernehmen und passt in der Folge seine Jahresprognose an. Die ausstehenden 50 Prozent der Anteile an Joyn sollen vom Joint-Venture-Partner Warner Bros. Discovery übernommen werden, wie das MDAX-Unternehmen mitteilte. Der Zukauf von Joyn dürfte das operative Ergebnis (Ebitda) von ProSiebenSat.1 um etwa 25 Millionen Euro belasten.

Fliegen dürfte nach Einschätzung von Lufthansa-Chef Carsten Spohr teurer werden. "Wir werden nicht wieder heruntergehen zu den Niveaus, die wir vor der Pandemie gesehen haben", sagte er gestern Abend bei einer Veranstaltung der European School of Management and Technology (ESMT) in Berlin. "Wir werden in den nächsten Jahren sehr stabile oder vielleicht sogar steigende Ticketpreise sehen."

Dank des florierenden Tourismus sind im August über den Frankfurter Flughafen erstmals wieder rund 5,2 Millionen Passagiere geflogen. Das seien 54,1 Prozent mehr als im Vorjahresmonat, allerdings immer noch knapp ein Viertel weniger als im Vor-Corona-Jahr 2019, teilte der Flughafenkonzern Fraport heute mit. Das Frachtaufkommen sank indes im Vergleich zum Vorjahr um 15,1 Prozent.

Nach endgültigen Zahlen für das erste Halbjahr sind die Papiere von SFC Energy um 8,6 Prozent auf das höchste Niveau seit Juni geklettert. Die Aktien des Herstellers von Brennstoffzellen überwanden damit zugleich ihre 200-Tage-Linie. Ein Marktteilnehmer lobte neben dem ordentlichen zweiten Quartal insbesondere die Bestätigung der Prognose für das Gesamtjahr. Der Auftragsbestand liege massiv über dem Niveau zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahrs.

Der US-Software-Konzern Oracle hat dank seiner boomenden Cloud-Services und einer Übernahme im ersten Geschäftsquartal ein starkes Umsatzplus verbucht. In den drei Monaten bis Ende August legten die Erlöse gegenüber dem Vorjahreswert um 18 Prozent auf 11,45 Milliarden US-Dollar zu, wie der SAP-Konkurrent gestern nach US-Börsenschluss mitteilte. Höhere Betriebskosten ließen den Gewinn jedoch um 37 Prozent auf 1,55 Milliarden Dollar einbrechen.

Der japanische Fahrzeugbauer Honda will in den kommenden Jahren weltweit weitere Elektromotorräder-Modelle auf den Markt bringen, um die CO2-Neutralität voranzutreiben. Mehr als zehn neue E-Modelle sollen bis 2025 vom Band rollen, teilte der weltgrößte Motorradhersteller heute mit. Honda strebe an, bis 2030 jährlich rund 3,5 Millionen Elektromotorräder zu verkaufen. Das entspricht etwa 15 Prozent des Gesamtabsatzes.

Akquisitionen in der Pharma- und Biotech-Branche sind nach den Worten des Chefs der Roche-Pharmasparte wieder zu halbwegs vernünftigen Preisen möglich. "Es sind kein Schnäppchen", sagte Bill Anderson am Montag bei einer Investorenveranstaltung des Basler Arzneimittelherstellers in London. "Aber wir sind in der Lage, Transaktionen zu einem vernünftigen Preis zu finden und Partnerschaften abzuschließen. Und das tun wir auch."

Die Schweizer Großbank UBS stellt ihren Aktionären wachsende Ausschüttungen in Aussicht. Als Dividende für das Geschäftsjahr 2022 sollen 0,55 US-Dollar pro Aktie vorgeschlagen werden, wie die Rivalin der Deutschen Bank mitteilte. Das entspricht einer Steigerung um zehn Prozent. Die Rückstellung hierfür werde entsprechend angepasst, erklärte die Bank. Analysten hatten im Durchschnitt eine etwas geringere Erhöhung auf dem Zettel.

Der kriselnde Sportartikel-Spezialist Peloton baut seine Führungsriege weiter um - auch der Mitgründer und langjährige Firmenlenker John Foley verlässt das Unternehmen. Foley war im Februar nach zehn Jahren als Vorstandschef zurückgetreten, blieb aber zunächst als geschäftsführender Verwaltungsratsvorsitzender bei Peloton. Gestern legte er nun auch dieses Amt nieder. Als Großaktionär dürfte Foley jedoch erheblichen Einfluss behalten.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 13. September 2022 um 09:00 Uhr.