EU-Kommission EU will Bankenabwicklung erleichtern
Nach Ansicht der EU-Kommission haben nationale Finanzbehörden mittlere und kleinere Banken in Schieflage zu selten abgewickelt. Dies soll nun erleichtert werden - zum Schutz der Kunden. Aus Berlin erntet der Vorschlag Kritik.
Die Vorschläge sind keine Antwort auf die Bankenpleiten im März in den USA oder auf den Notverkauf der Credit Suisse - das betonen Fachleute der EU-Kommission. Sie arbeiten schließlich schon viel länger an ihren Empfehlungen.
Aber die jüngsten Ereignisse und die dadurch ausgelösten Schockwellen an den Börsen zeigen nach Ansicht der Kommission, dass das Krisenmanagement für Banken besser werden muss. Der stellvertretende Kommissionschef Valdis Dombrovskis spricht von einem wichtigen Schritt zur Vollendung der Bankenunion:
Die heutigen Vorschläge werden die Finanzstabilität weiter stärken, die Steuerzahler schützen und das Vertrauen der Einleger in der gesamten Europäischen Union stärken.
Bankenabwicklung mit bestmöglichem Kundenschutz
Nach Ansicht der Kommission haben nationale Finanzbehörden mittlere und kleinere Banken in Schieflage zu selten abgewickelt - oft zu Lasten der Steuerzahler, weil für Stützungsmaßnahmen nicht die von den Geldhäusern finanzierten Sicherheitsnetze genutzt wurden.
Die Kommission will es Finanzbehörden der Mitgliedsstaaten deshalb erleichtern, kriselnde Banken so abzuwickeln, dass Kunden und Steuerzahler bestmöglich geschützt werden, indem beispielsweise Einlagen von einer kränkelnden auf eine gesunde Bank übertragen werden.
"Abwicklungsbehörden auf EU- und auf nationaler Ebene können weiter zwischen Abwicklung und Insolvenz wählen", betont die zuständige Kommissarin Maired McGuiness. "Aber wir legen dafür neue Kriterien fest und wir stellen sicher, dass für die Behörden die Bedingungen so vorliegen, dass sie sich für die Abwicklung entscheiden, wenn dies im öffentlichen Interesse liegt."
Nach McGuiness Worten ist die Abwicklung einer Bank aus Sicht von Wirtschaft und Privatkunden im Vergleich zur Insolvenz oft die bessere Lösung:
Abwicklungsinstrumente können viel weniger Eingriffe bedeuten als eine normale Insolvenz. Sie bewahren die Funktionen einer kriselnden Bank, die für die lokale Wirtschaft entscheidend sind, beispielsweise durch Übertragung auf eine andere Bank.
Den Kunden werde der ununterbrochene Zugriff auf ihre Konten ermöglicht, die an eine gesunde Bank übertragen werden, so McGuiness.
Bankguthaben bis 100.000 Euro geschützt
Es bleibt dabei, dass Bankguthaben bis 100.000 Euro geschützt sind. Die Grenze soll angehoben werden, wenn Kundinnen oder Kunden vorübergehend mehr Geld auf dem Konto haben, weil sie geerbt oder eine Immobilie verkauft haben. Außerdem soll der Einlegerschutz auf öffentliche Einrichtungen wie Krankenhäuser, Schulen oder Gemeinden ausgeweitet werden.
Für Verluste von Banken müssen zuerst Anteilseigner und Gläubiger haften, erklärt Kommissionsvize Dombrovskis: "Wenn eine Bank ausfällt, sollten nicht die Steuerzahler aufkommen, wenn das Institut seine eigene Fähigkeit zum Auffangen von Verlusten ausgeschöpft hat." Man solle sich mehr auf von der Branche geschaffene Sicherheitsnetze wie nationale Einlagensicherungssysteme verlassen.
Kritik aus Berlin
Für nationale Institutssicherungen, wie sie in Deutschland für Sparkassen und Genossenschaftsbanken gelten, soll es längere Übergangsfristen geben. Bundesfinanzminister Christian Lindner hatte in Briefen an Brüssel Sonderregeln verlangt.
Aber die Deutsche Kreditwirtschaft ist nicht zufrieden: Banken und Sparkassen lehnten den Vorschlag ab, die Bankenabwicklung für kleine und mittlere Institute zum neuen Standard zu machen, heißt es in einer Pressemitteilung. Das kritisiert auch der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber. Die Kommission schieße mit ihrem Vorschlag mit Kanonen auf Spatzen.
In den kommenden Monaten diskutieren das EU-Parlament und die Mitgliedsstaaten über die Vorschläge. Eine einfache Debatte wird das sicher nicht, sagt Kommissionsvize Dombrovskis. Die EU hatte 2014 die Bankenunion mit einer gemeinsamen Bankenaufsicht und einer Abwicklungsbehörde etabliert. Als dritter Pfeiler sollte eine europäische Einlagensicherung folgen. Die ist bisher vor allem an deutschem Widerstand gescheitert.