EZB will Deflation bekämpfen Mit allen Mitteln gegen sinkende Preise
Das neue Schreckgespenst heißt Deflation. Um eine solche Preissenkungswelle zu verhindern, denkt die EZB nun auch offiziell über neue Schritte nach: EZB-Präsident Draghi stimmte die Eurozone auf unkonventionelle Mittel wie den Aufkauf von Anleihen im großen Stil ein.
Die Europäische Zentralbank hat neue Wege im Kampf gegen eine drohende Deflation in Aussicht gestellt. "Der EZB-Rat ist sich einig, auch unkonventionelle Instrumente einzusetzen", sagte EZB-Präsident Mario Draghi, und zwar "alle im Rahmen unseres Mandats verfügbaren Instrumente". Voraussetzung für solche Schritte sei, dass die Teuerungsrate über einen längeren Zeitraum zu niedrig sei. Als ein Mittel, das in der Sitzung des EZB-Rats intensiv diskutiert worden sei, nannte er dabei ausdrücklich das sogenannte "Quantitative Easing", also den massenhaften Aufkauf von Anleihen. Das könnten Staatsanleihen aller 18 Euro-Länder sein, aber auch Papiere von Banken oder Privatunternehmen,
Hinter dem Begriff "Quantitative Easing" - übersetzt bedeutet er quantitative Lockerung - verbergen sich Schritte, die die langfristigen Zinsen senken und indirekt die Inflation ein Stück weit anheizen sollen. Dieser Mechanismus sieht so aus: Mit dem Aufkauf von Anleihen steigert die Zentralbank die Nachfrage. Die Preise für diese Papiere steigen. Deren Verzinsung ergibt sich oft aus der Differenz zwischen einer festgeschriebenen Rückzahlung am Ende der Laufzeit und dem niedrigeren Kaufpreis. Wenn der aktuelle Preis dieser handelbaren Papiere durch die größere Nachfrage steigt, dann sinkt deren Rendite. Das wiederum trägt insgesamt zu einem niedrigeren Zinsniveau bei. In der Folge könnten sich Kredite verbilligen. Das wiederum könnte zu mehr Investitionen, zu mehr Wirtschaftswachstum und letztlich zu steigenden Preise führen.
EZB müsste Notenpresse anwerfen
Um solche großflächigen Anleihekäufe durchführen zu können, müsste die EZB faktisch die Notenpresse anwerfen und erhebliche Summen in die Märkte pumpen. Dadurch wäre auch mehr Geld anderer Anleger für Investitionen verfügbar. Die Notenbanken der USA, Großbritanniens und Japans nutzen den Weg der qualitativen Lockerung bereits. Die EZB beließ es vorerst bei Ankündigung, zu dieser und anderen Maßnahmen bereit zu sein, und - wenn nötig - prompt zu handeln.
Hintergrund der Aussagen Draghis ist die niedrige Inflationsrate in der Eurozone. Sie sank im März auf 0,5 Prozent. Damit rücken die Sorgen vor einer möglichen Deflation in den Vordergrund, also vor einem Rückgang der Preise. Das wäre zwar für die Verbraucher auf den ersten Blick erfreulich. Doch ist zu befürchten, dass dann eine Abwärtsspirale in Gang käme. In Erwartung weiter sinkender Preise würden dann Konsumenten ihre Anschaffungen ebenso hinauszögern wie Firmen ihre Investitionen. Das könnte die Konjunktur abwürgen.
Draghi sieht keine steigende Deflationsgefahr
Zwar stellte Draghi nun klar: "Wir sehen nicht, dass das Risiko für eine Deflation gestiegen ist." Aber er machte auch deutlich, dass die EZB ihre möglichen unkonventionellen Schritte nicht allein bei einer Deflation einsetzen wolle. Diese Schritte kämen vielmehr schon in Betracht, wenn die Preise über einen längeren Zeitraum nur sehr langsam steigen sollten.
Zu den nun von der EZB ausgiebig diskutierten Möglichkeiten zählen nach Draghis Angaben auch negative Einlagezinsen. Derzeit erhalten Banken einen Minimalzins, wenn sie ihr Geld über Nacht bei der Notenbank parken. Viele Kreditinstitute entscheiden sich trotz der geringen Verzinsung lieber für diesen Weg, als das Geld in Form von Krediten weiterzureichen oder sich untereinander Geld zu leihen. Negative Einlagezinsen würden bedeuten, dass die Banken für ihr bei der EZB geparktes Geld nichts mehr bekommen, sondern sogar einen Strafzins zahlen müssen. Das könnte, so das Kalkül der EZB, auf die Banken abschreckend wirken und die Kreditvergabe und den Interbankenhandel ankurbeln.