Kampf gegen hohe Inflation EZB erhöht Leitzins auf 4,25 Prozent
Die Europäische Zentralbank hat den Leitzins erneut um 0,25 Prozentpunkte angehoben - zum neunten Mal binnen eines Jahres. Er liegt nun bei 4,25 Prozent. So hoch war er zuletzt zu Beginn der Finanzkrise 2008.
Die Europäische Zentralbank (EZB) hat bei ihrer Ratssitzung in Frankfurt den Leitzins um weitere 0,25 Prozentpunkte auf 4,25 Prozent erhöht. So hoch war der Leitzins zuletzt zu Beginn der weltweiten Finanzkrise Anfang Oktober 2008.
Zu diesem Zinssatz können sich Geschäftsbanken Geld bei der EZB leihen. Am sogenannten Hauptrefinanzierungssatz orientieren sich Banken bei der Kreditvergabe, etwa für private Baukredite.
Der sogenannte Einlagensatz, den Banken für das "Parken" von Geldern bei der EZB erhalten, steigt somit von 3,50 auf 3,75 Prozent.
Neunte Erhöhung in Folge
Der neue Zinsschritt ist bereits die neunte Zinserhöhung in rund einem Jahr und war erwartet worden. EZB-Chefin Christine Lagarde hatte die Erhöhung bereits auf der Notenbanken-Konferenz im portugiesischen Sintra in Aussicht gestellt.
Die EZB will mit diesen Maßnahmen die hohe Inflation bekämpfen. Sie strebt mittelfristig für den Euroraum Preisstabilität bei einer Inflationsrate von zwei Prozent an. Im Interview mit tagesschau.de hatte Lagarde kürzlich gesagt: "Ich werde erst dann zufrieden sein, wenn wir unser Ziel erreichen, also mittelfristig eine Inflation von zwei Prozent haben." Das sei zu schaffen.
Noch keine sinkenden Preise in Sicht
Trotz der wiederholten Zinserhöhungen können Verbraucherinnen und Verbraucher derzeit nicht mit sinkenden Preisen rechnen. Die zeitweise sehr stark gestiegenen Energiepreise haben sich zwar wieder normalisiert, seit einigen Monaten treiben aber besonders die Lebensmittelpreise die Inflation weiter.
Im Juni hatte die Teuerungsrate in der Eurozone bei 5,5 Prozent gelegen. In Deutschland stieg die Inflation im Juni auf 6,4 Prozent. Im restlichen Jahresverlauf sei zwar mit weiter sinkenden Raten zu rechnen, erklärte die EZB. Voraussichtlich werde die Inflation "aber über einen längeren Zeitraum hinweg über dem Zielwert bleiben".
Auch Experten rechnen damit, dass die Teuerungsrate noch lange über den von der EZB angestrebten zwei Prozent bleiben wird.
Am Mittwoch hatte auch die US-Zentralbank Fed ihren Leitzins um weitere 0,25 Prozentpunkte angehoben. Dort liegt er nun in der Spanne von 5,25 bis 5,5 Prozent.
Kommt eine Zinspause im Herbst?
Die nächste Zinsentscheidung der EZB steht im September an. Nach der Sitzung des Rates sagte Lagarde, die Bank gehe mit einer "unvoreingenommenen Haltung" an die Entscheidungen im Herbst und danach heran.
Die dann verfügbaren wirtschaftlichen Daten würden darüber entscheiden, "ob wir die Zinsen erhöhen oder ob wir eine Pause machen werden", sagte Lagarde. Eine Zinssenkung in den kommenden Monaten schloss sie aber aus.
Mehrere Stimmen für Zinspause
Wirtschaftswissenschaftler haben sich bereits dafür ausgesprochen. Sie verwiesen auf die Folgen der hohen Zinsen wie die Probleme in der Baubranche und einen Rückgang der Firmenkreditvergabe.
Für Friedrich Heinemann, Ökonom am Mannheimer Wirtschaftsforschungsinstitut ZEW, kann bei der Inflation von Entwarnung noch keine Rede sein. "Allerdings ist es vertretbar, wenn die EZB jetzt eine Pause einlegt, die Zinserhöhungen erst einmal wirken lässt und gegebenenfalls im Oktober noch einmal nachlegt."
Dekabank-Chefvolkswirt Ulrich Kater sagte: "Ab jetzt schließt sich das Fenster für weitere Leitzinserhöhungen, denn die Inflation wird im Herbst deutlich sinken." Man müsse nun erstmal abwarten, ob die bisherige Dosis an Zinserhöhungen ausreiche, um die Inflation auch langfristig auszutreiben.
Sparkassenpräsident Helmut Schleweis erklärte, bei den Preisen sei eine "Tendenz zur Beruhigung" zu erkennen, es sei daher Zeit für eine Zinspause.