Fokus auf Mehrweg-Systeme Europaparlament will Verpackungsmüll reduzieren
Weniger Plastikmüll, dafür mehr wiederverwendbare Behälter - das EU-Parlament hat sich auf ein Gesetz geeinigt, das Verpackungsmüll drastisch verringern soll. Die Zielmarke: ein Fünftel weniger Kunststoffabfall bis 2040.
In der Europäischen Union entsteht immer mehr Verpackungsmüll und das Recycling hält damit nicht Schritt. Ob einzelverpackte Gurken, Coffee-to-go-Pappbecher oder die übergroßen Pakete von Online-Händlern - seit 2010 sei der Verpackungsmüll in der EU um 20 Prozent gewachsen, sagt SPD-Europaabgeordnete Delara Burkhardt.
Allein jeder Deutsche und jede Deutsche sammelt laut Zahlen des Umweltbundesamts jedes Jahr 225 Kilogramm Verpackungsabfälle an. "Das ist ungefähr so viel wie drei Waschmaschinen wiegen", erklärt Burkhardt.
Das Europaparlament will das ändern. Die Abgeordneten stimmten für ein Gesetz, das bis 2040 unter anderem 20 Prozent weniger Plastikverpackungen vorsieht als im Jahr 2018. Im Jahr 2030 sollen bereits alle Verpackungen recyclefähig sein. Leichte Plastiktüten etwa für loses Obst und Gemüse in Supermärkten werden demnach verboten.
Mehrweg-Systeme sollen attraktiver werden
Mit der Verordnung will die EU aber auch dafür sorgen, dass Mehrweg-Systeme zunehmend attraktiver werden als Recycling. Manchen Produzenten bereitete das im Vorfeld der Abstimmung Sorgen. Online-Händler fürchteten, einen beträchtlichen Teil ihrer Sendungen in wiederverwendbaren Versandboxen liefern zu müssen. Das Parlament entschied allerdings, dass das in Ländern mit hohen Recyclingquoten für das entsprechende Material nicht notwendig ist.
Restaurants oder Fast-Food-Ketten sollen Kunden hingegen in Zukunft ermöglichen, dass sie ihre eigenen Mehrweg-Behälter nutzen dürfen.
Die ÖDP-Abgeordnete Manuela Ripa begrüßt, dass zunächst versucht werde, Verpackungen wiederzuverwenden. Das sei entscheidend, um die Menge der Verpackungen nachhaltig zu reduzieren, C02 und andere Emissionen zu verringern sowie den Raubbau an natürlichen Ressourcen, den Verlust an biologischer Vielfalt und Umweltverschmutzung zu stoppen, sagte Ripa.
Verbot von ewigen Chemikalien in Lebensmittelverpackungen
Das EU-Parlament will außerdem den Einsatz von absichtlich zugesetzten ewigen Chemikalien in Lebensmittelverpackungen verbieten. Damit sind per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen oder Bisphenol A gemeint. Die Stoffe werden häufig verwendet, um vor allem Lebensmittelverpackungen aus Papier und Pappe feuerfest oder wasserdicht zu machen.
Sie kommen in Shampoos, Anoraks, Pfannen oder Pizzakartons zum Einsatz. Ihnen wird eine Reihe gesundheitsschädlicher Auswirkungen zugesprochen. Bisphenol A etwa soll die Fruchtbarkeit beeinträchtigen.
Zuckertütchen sorgen für Diskussionen
Es ist eine umfassende Verordnung, die in Straßburg zur Abstimmung gestellt wurde. Und wie schon bei vielen vorherigen Umwelt-Abstimmungen gab es wieder Kritik, die Kommission schieße mit ihrem Vorschlag über das Ziel hinaus.
Der Vorschlag der Kommission sah zunächst ein Verbot für kleine Tütchen aus Papier für Zucker, Salz, Pfeffer und Süßstoff vor. "Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich war heute Morgen einen Kaffee trinken und habe diese Tütchen hier in Straßburg gefunden", sagte der CDU-Europaabgeordnete Peter Liese. "Wir können doch nicht ernsthaft der Allgemeinheit etwas verbieten, was wir selbst nutzen."
Nach der Abstimmung steht allerdings fest: Die kleinen Tütchen dürfen nach dem Willen des Parlaments bleiben, ebenso die Folie um Gurke oder Brokkoli. Die Abgeordneten sprechen sich aber dafür aus, bestimmte Einwegverpackungen, wie zum Beispiel kleine Duschgelfläschchen, die in Hotels oft angeboten werden, stark einzuschränken.
Nach der Abstimmung müssen sich EU-Parlament und Mitgliedsländer noch gemeinsam auf das endgültige Gesetz verständigen, ehe es in Kraft treten kann.