Beschluss der EU-Finanzminister Neue Finanzaufsicht für Europa
Der europäische Finanzmarkt wird künftig stärker überwacht. Die EU-Finanzminister einigten sich darauf, den drei Aufsichtsbehörden für Banken, Versicherungen und Finanzmärkte mehr Befugnisse einzuräumen. So sollen sie auch auf die nationalen Behörden Einfluss nehmen können.
Von Wolfgang Landmesser, WDR-Hörfunkstudio Brüssel
Es geht um die wirklich kritischen Fälle. Wenn Banken, die grenzüberschreitend tätig sind und richtig große Summen bewegen, am Rand der Pleite stehen, sind die nationalen Aufsichtsbehörden damit überfordert. Deswegen sollen in Zukunft europäische Kontrolleure eingreifen.
Vor der Finanz- und Wirtschaftskrise hatte Europa keine wirksamen Kompetenzen in der Finanzaufsicht. "Das wird in Zukunft anders sein", meint Nicolas Verron vom Brüsseler Forschungsinstitut Bruegel. Vor einem Jahr sei es noch unvorstellbar gewesen, dass die Europäische Union so weit gehen würde bei der Schaffung einer grenzüberschreitenden Kontrolle, sagt er. Dies sei ein entscheidender Beitrag, der zwar "nicht alles auf einmal enthält, aber sehr wichtig ist".
Entscheidungsbefugnisse mit Grenzen
Die drei europäischen Behörden für Banken, Versicherungen und Finanzmärkte gibt es schon länger. Bisher haben sie nur beobachtet, jetzt sollen sie auch Macht bekommen. Wenn es bei einem internationalen Kreditinstitut Probleme gibt, können sie die nationale Aufsichtsbehörde anweisen. Allerdings gibt es Grenzen für die europäischen Aufseher: Wenn eine Entscheidung in den Haushalt einzelner Mitgliedsstaaten eingreift, können die sich sperren. Das wäre zum Beispiel dann der Fall, wenn die Behörde die Rettung einer ihrer Ansicht nach systemrelevanten Bank anordnet. Wenn sich ein Land dazu weigert, liegt die Entscheidung vorübergehend auf Eis. Doch wenn die Mehrheit der EU-Finanzminister den Kontrolleuren recht gibt, wird die Blockade aufgehoben, und die europäische Behörde hat sich durchgesetzt.
Finanzmarktexperte Verron geht aber davon aus, dass sich vieles erst in der Praxis entwickeln wird. Wenn die neuen Behörden geschaffen seien und der Sanktionsmechanismus gut funktioniere, könnte der nächste Schritt sein, den europäischen Aufsehern noch mehr Macht zu geben, sagt er. Kritiker bemängeln, dass Europa nicht ein umfassendes neues Kontrollorgan geschaffen hat, sondern weiterhin drei Behörden zuständig sind. So genau ließen sich die Probleme eben nicht trennen, und ein europäischer Akteur könnte schlagkräftiger sein.
Mit neuen Oberaufsehern gegen die Krise
Wenig auszusetzen gibt es dagegen an den neuen Oberaufsehern. Der sogenannte Rat für systemische Risiken soll das gesamte Banken- und Finanzsystem im Blick haben - und Alarm schlagen, wenn Risikopapiere in den Bank-Bilanzen überhandnehmen oder an den Börsen neue Blasen entstehen. Das Gremium wird bei der Europäischen Zentralbank in Frankfurt am Main angesiedelt sein.