Merkel dämpft Erwartungen an Euro-Krisengipfel "Alle reisen an, um ein Stück weiter zu kommen"
Sehr viele Menschen auf der Welt dürften heute Abend gespannt nach Brüssel schauen. Dort sitzen die Mächtigen Europas zusammen, um über wirksame Mittel gegen die Euro-Krise zu beraten. Bundeskanzlerin Merkel reiste zwar mit breiter Rückendeckung des Bundestags an, dämpfte aber allzu große Erwartungen.
Die europäischen Staats- und Regierungschefs haben in Brüssel den Gipfel zur Euro-Krise begonnen, der genau genommen aus mehreren Treffen besteht. Zunächst beraten alle 27 EU-Staaten gemeinsam. Im Anschluss folgen weitere Diskussionen der 17 Euro-Länder. Bereits am Sonntag waren die europäischen Staats- und Regierungschefs zu einem Krisengipfel in Brüssel zusammengekommen, hatten aber keine Entscheidungen getroffen.
Neben Griechenland steht Italien im Fokus
Die wichtigsten Punkte auf der Tagesordnung sind ein Schuldenschnitt für Griechenland, bei dem die Banken auf etwa die Hälfte ihrer Forderungen verzichten sollen, eine Rekapitalisierung der europäischen Finanzhäuser sowie eine wirksamere Nutzung der Mittel im Euro-Rettungsfonds EFSF. Neben dem von der Staatspleite bedrohten Griechenland steht Italien im Fokus. Ministerpräsident Silvio Berlusconi soll bei dem Treffen konkrete Reformschritte präsentieren.
Merkel: "Also die Arbeit ist noch nicht getan"
Bundeskanzlerin Angela Merkel dämpfte bei der Ankunft in Brüssel zu hohe Erwartungen: "Wir haben noch eine ganze Reihe von Problemen zu lösen und Verhandlungen zu führen. Die Arbeit ist noch nicht getan." Weiter sagte die Kanzlerin: "Alle reisen heute hier mit dem Ziel an, auf jeden Fall ein ganzes Stück weiter zu kommen".
Merkel kann sich bei dem Gipfel auf einen breiten Rückhalt von Koalition und Opposition für die Stärkung des EFSF stützen. Einem fraktionsübergreifenden Entschließungsantrag stimmten am Nachmittag 503 Abgeordnete von CDU, CSU, FDP, aber auch SPD und Grünen zu. Nur die Linkspartei hatte ihre Ablehnung angekündigt.
Banken sträuben sich offenbar noch
Umstritten ist bei dem Spitzentreffen vor allem das zweite Hilfspaket, das Griechenland vor dem wirtschaftlichen Untergang bewahren soll. Unmittelbar vor den EU- und Eurogruppen-Gipfel berieten Spitzenpolitiker über die Lasten der Banken und Versicherungen daran. Die privaten Gläubiger sträuben sich laut Diplomaten gegen einen Verzicht von 50 bis 60 Prozent ihrer Forderungen an Griechenland.
Schuldenschnitt soll Griechenland Luft verschaffen
Mit einem solchen Schuldenschnitt könnte das Land Luft zur wirtschaftlichen Wiederbelebung bekommen. Wie groß er sein muss, damit Griechenland tatsächlich eine Chance hat, sich zu erholen, ist aber umstritten. Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker sprach unter anderem eineinhalb Stunden mit EU-Ratspräsident Hermann Van Rompuy. Die Gespräche von Euro-Staaten und Banken wurden am Nachmittag unterbrochen, wie es weiter hieß. Vom Ausmaß des Forderungsverzichts hängt der Umfang der öffentlichen Hilfen für das zweite Griechenland-Paket ab.
Der griechische Ministerpräsident Giorgos Papandreou rief die Gipfel-Teilnehmer zu einer kollektiven Entscheidungen zur Beendigung der Schuldenkrise auf. "Der Zeitpunkt ist gekommen, die Unsicherheit zu überwinden, ein neues Kapitel aufzuschlagen und einen großen Schritt für ein sicheres Europa zu machen", sagte Papandreou zum Auftakt des Treffens. Die Griechen selbst würden "übermenschliche Anstrengungen machen, um ihr Haus in Ordnung zu bringen", versprach er.