Angst vor Rückkehr der Eurokrise EU-Milliarden für Großbank-Rettung
Es bedeutet noch nicht die Rückkehr der Eurokrise - aber es zeigt, wie fragil die Lage nach wie vor ist: Mit 4,9 Milliarden Euro hat Portugal in der Nacht die Großbank Espirito Santo gerettet. Versuche, private Investoren zu finden, waren zuvor gescheitert.
Wochenlang hat Europa dem Verfall vor Portugals größter Bank tatenlos zugesehen. In der vergangenen Nacht ging dann alles ganz schnell: Mit 4,9 Milliarden Euro wird die Banco Espirito Santo gerettet, gab die Zentralbank in Lissabon am frühen Morgen bekannt.
Die EU-Kommission teilte inzwischen offiziell mit, dass sie die kostspielige Stützungsmaßnahme genehmigt. Die staatliche Hilfe und die Gründung einer "Bad Bank" für faule Kredite entsprächen den europäischen Regeln, teilte die Behörde nach einer Prüfung des Falls in Brüssel mit. Es sei gewährleistet, dass der Wettbewerb in Europa so wenig wie möglich verzerrt werde. Sparer und andere Kunden würden geschützt.
Das nötige Geld soll aus dem alten EU-Hilfspaket kommen - und das, nachdem Portugal den Rettungsschirm vor zweieinhalb Monaten eigentlich verlassen hatte.
3,6 Milliarden Verlust - da war klar, wie schlimm die Lage ist
Dass die Espirito Santo in Schwierigkeiten steckt, war seit Wochen bekannt. Wie dramatisch die Lage aber tatsächlich ist, zeigte sich erst am vergangenen Mittwoch, als die Bank für das erste Halbjahr einen Rekordverlust von 3,57 Milliarden Euro eingestehen musste. Spätestens da hatte sich der Versuch erledigt, das Institut mithilfe frischer privater Investorengelder zu retten.
Die milliardenschwere Hilfsaktion bedeutet zwar nicht die Rückkehr der Eurokrise. Aber die Maßnahme zeigt, wie fragil die Lage weiterhin ist. Wegen der Schieflage der Espirito Santo waren europäische Bankaktien in den vergangenen Wochen unter Druck geraten. Offenbar fürchteten die Verantwortlichen in Portugal und Brüssel neue Börsenturbulenzen, hätten sie das 1869 gegründete Geldhaus in die Insolvenz geschickt.
Nicht nur die Steuerzahler sollen haften, auch die Gläubiger
Stattdessen soll die Espirito Santo nun in einen "guten" und einen "schlechten" Teil aufgespalten werden, heißt es in der Mitteilung der Notenbank. In die "Bad Bank" werden neben faulen Krediten sonstige fragwürdige Geschäfte eingebracht.
Für die Verluste, die diese "schlechte Bank" unweigerlich machen dürfte, sollen die Aktionäre und auch ein Teil der Anleihegläubiger aufkommen. Letzteres ist bemerkenswert - denn in der Finanzkrise hatten sich die Gläubiger bei den meisten Bankenrettungen auf Kosten der Steuerzahler schadlos gehalten.
Ob die Beteiligung von Aktionären und "nachrangigen" Anleihebesitzern freilich ausreicht, um die möglichen Verluste komplett zu absorbieren, wird man sehen. Zu den größten Anteilseignern der Espirito Santo gehört die französische Großbank Crédit Agricole, die nun ebenfalls mit herben Verlusten rechnen muss.
Die Einlagen sind sicher, das Geschäft soll normal weitergehen
Die "gute Bank" wiederum wird mit den frischen 4,9 Milliarden Euro rekapitalisiert. Die "neue BES" werde "ihre Geschäfte im In- und Ausland normal weiterführen", sagte Zentralbankchef Carlos Costa. Das Finanzministerium hob hervor, dass "alle Einlagen, alle Bankdienste, alle Arbeitsplätze und die geschäftlichen Beziehungen der Bank" gesichert seien.
Der Schutz der Spareinlagen ist auch eine gute Nachricht für mehrere Hundert deutsche Sparer, die sich in den vergangenen Monaten mit hohen Zinsversprechen von der "Espirito Santo" hatten locken lassen. Die Bank war erst im Frühjahr in Deutschland auf den Markt gekommen.
Die sogenannte Kernkapitalquote der Bank, die zuletzt unter das von den Aufsichtsbehörden geforderte Mindestmaß gerutscht war, erhöht sich durch die Finanzspritze wieder auf 8,5 Prozent. Die Kennziffer beschreibt, für welchen Anteil an ausgereichten Krediten eine Bank tatsächlich mit eigenem Kapital haftet.