Offshore-Projekt "Waterkant" Subventionierte China-Windräder vor Borkum geplant
Die Ankündigung sorgt für Wirbel in der Windkraft-Branche: Ein neuer Offshore-Windpark in der Nordsee soll aus 16 Turbinen eines chinesischen Herstellers bestehen. Aber ist der Wettbewerb mit China fair?
Borkum-Urlauber und Insulaner haben sich längst daran gewöhnt, beim Blick auf das Meer auch zahlreiche Offshore-Windräder am Horizont zu entdecken. Doch die Aussicht, dass sich bald 16 Windräder aus chinesischer Produktion dazugesellen könnten, wirbelt die europäische Offshore-Branche durcheinander. Manche sehen in dem Vorhaben nichts Geringeres als den Anfang vom Ende der europäischen Offshore-Industrie. Passe man nicht auf, drohe ihr ein ähnliches Schicksal wie der Solarindustrie.
Seitdem der Hamburger Vermögensverwalter Luxcara den Zuschlag für eine Offshore-Fläche rund 90 Kilometer vor Borkum erhalten und bekannt gegeben hat, dort den Windpark "Waterkant" mit chinesischen Turbinen bauen zu wollen, schlägt Holger Matthiesen, Project Director bei Luxcara, viel Kritik entgegen: Um eine möglichst hohe Rendite für die Anleger zu erzielen, wolle Luxcara den Windpark möglichst kostengünstig bauen. Deshalb setze man auf die hochsubventionierten Turbinen aus China und blende dabei Nachhaltigkeit und Sicherheitsrisiken aus.
"Nicht preisgetrieben entschieden"
Matthiesen widerspricht den Kritikern von Industrie, Verbänden, Gewerkschaften und aus der Politik: "Wir haben es nicht preisgetrieben entschieden, sondern wir haben uns für die derzeit leistungsfähigste Turbine auf dem Markt entschieden. Und Ming Yang war das einzige Unternehmen, das die Lieferzeit für eine Installation im Jahr 2028 sicherstellen konnte." Ming Yang habe einen Prototyp der Turbine bereits erfolgreich getestet, und diese habe bereits sogar bereits einen Taifun überstanden.
Dem Gegenwind, der dem Projekt derzeit entgegenschlägt, will Luxcara offenbar ebenfalls standhalten und dem Eindruck entgegenwirken, man gehe fahrlässig an das Projekt heran: "Grundlage für unsere Entscheidung war die eingehende Prüfung der technologischen, wirtschaftlichen, vertraglichen und ökologischen Aspekte aller Angebote, die wir erhalten haben", sagt Matthiesen. Luxcara beruft sich darauf, die sogenannten "qualitativen Kriterien" erfüllt zu haben, die das Ausschreibungsverfahren für Offshore-Flächen der Bundesnetzagentur vorsieht. Dazu zählt etwa, die Fundamente der Windräder umweltschonend zu verbauen.
Preis zu zwei Dritteln ausschlaggebend
Zu zwei Dritteln zählt im Ausschreibungsverfahren allerdings der Preis, der geboten wird. Damit ist er möglicherweise entscheidend dafür, welcher Bieter den Zuschlag erhält. Deshalb sehen sich deutsche Offshore-Unternehmen gegenüber den hochsubventionierten chinesischen Herstellern im Nachteil. So etwa auch Siemens Energy, das mit seiner Tochter Siemens Gamesa in Cuxhaven Windturbinen produziert.
Wohl auch, weil Siemens Energy selbst Komponenten nach China liefert, wirbt Sprecher Tim Proll-Gerwe allerdings für einen differenzierten Blick: "Es ist nicht so, dass wir irgendjemanden draußen halten wollen. Was wir fordern, sind faire Wettbewerbsbedingungen für alle. Wenn wir Wind als strategische Industrie betrachten, mit der entsprechenden Sicherheitsstruktur, mit lokaler Wertschöpfung, dann müssen wir dafür sorgen, dass der Preis nicht das einzige Kriterium bei der Ausschreibung ist."
Kritische Infrastruktur in chinesischer Hand?
Aus Sicht von Bärbel Heidebroek, Präsidentin des Bundesverbands Windenergie (BWE), sollte vielmehr die Sicherheit entscheidend sein. Es müsse verlangt werden, dass in den Offshore-Windparks keine Technik verbaut wird, welche die Kritische Infrastruktur gefährde. Die Aussicht, dass künftig Windparks in der Nordsee aus China gesteuert werden, sieht Heidebroek sehr kritisch: "Sollte China beispielsweise drohen, Taiwan anzugreifen, könnte es damit drohen, unsere gesamte Energieversorgung lahmzulegen, indem es die chinesischen Anlagen einfach abriegelt und vom Netz nimmt."
Holger Matthiesen vom Investor Luxcara teilt diese Sorgen zur Cybersicherheit nicht: "Ich denke, dass es durch die Kontrolle, die Steuerung und den Service der Turbinen, welche wir vollständig in Deutschland sicherstellen werden, keine Möglichkeit gibt, solche Szenarien überhaupt nur realisierbar zu machen. Es wird auch keine direkte Datenverbindung zum Hersteller geben."
Der Kritik der Industrie, ein fairer Wettbewerb mit China sei derzeit nicht gegeben, hält Matthiesen entgegen: "Wir werden zusammen mit dem Hersteller auch für Wertschöpfung in Deutschland sorgen. Denn beispielsweise Service, auch Installation, Nutzung von Häfen und so weiter werden hier in Europa erfolgen."
Kritik von Arbeitnehmervertretern
Der Gewerkschaft IG Metall ist das zu vage und zu wenig. Daniel Friedrich, Bezirksleiter der IG Metall Küste, sieht die Verantwortung aber nicht allein bei den Investoren, die Windparkprojekte planen. Friedrich sieht vielmehr Robert Habeck und dessen Bundeswirtschaftsministerium in der Pflicht, die Ausschreibungskriterien so zu ändern, dass die Wertschöpfung an der Küste erhalten bleibe: "Wer auf einen Windpark bietet, wer ihn am Ende gewinnt, der muss sich auch verpflichten, Arbeitsplätze, Standorte vor Ort zu schaffen."
Aus Sicht des Gewerkschafters sollten Ausbildung und Tarifverträge bei der Ausschreibung von Offshore-Flächen genauso eine Rolle spielen wie ein guter Preis. Nur dann werde die Energiewende auch von den Menschen in Europa akzeptiert. Bevor mit dem Bau des Windparks "Waterkant" mit Turbinen von Ming Yang begonnen werden kann, muss Luxcara weitere Genehmigungen bei der EU einholen.