Lockdown im Einzelhandel Angst um Innenstädte und Jobs
Das Weihnachtsgeschäft läuft schleppend und nun wird es noch einen weiteren Lockdown geben: Laut Handelsverband sind bis zu 250.000 Stellen bedroht. Kommunen und die Immobilienwirtschaft fordern Hilfen.
Der neue Lockdown gefährdet dem Handelsverband Deutschland (HDE) zufolge Hunderttausende Arbeitsplätze im Innenstadt-Handel. "Der Dezember ist unter normalen Umständen der wichtigste Monat im Jahr, in der Pandemie ist er ein Totalausfall", sagte HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth der "Bild am Sonntag". Von den rund 560.000 Stellen im innerstädtischen Einzelhandel seien zwischen 150.000 und 250.000 "akut bedroht".
Derweil haben sich Bund und Länder über einen harten Lockdown ab Mittwoch verständigt. Der Einzelhandel muss vom 16. Dezember bis zum 10. Januar schließen, wie Bundeskanzlerin Angela Merkel am Vormittag nach Beratungen mit den Ministerpräsidenten mitteilte. Von der neuen Regelung ausgenommen sind Geschäfte für den täglichen Bedarf. Dazu zählen der Lebensmittel-Einzelhandel, Wochenmärkte, Direktvermarkter von Lebensmitteln, Abhol- und Lieferdienste, Getränkemärkte, Reformhäuser, Babyfachmärkte, Apotheken, Sanitätshäuser, Drogerien, Optiker, Hörgeräteakustiker, Tankstellen, Kfz-Werkstätten, Fahrradwerkstätten, Banken und Sparkassen.
Bundesfinanzminister Olaf Scholz plant wegen der Einschränkungen neue Milliarden-Hilfen. Für einen Monat werde dies wohl gut elf Milliarden Euro kosten, sagt der Vizekanzler. "Es wird eine sehr umfassende Wirtschafts- und Überbrückungshilfe geben." Bis zu 90 Prozent der Fixkosten von geschlossenen Geschäften würden übernommen. Bis zu 500.000 könnten das für einen Betrieb ein.
Passanten gehen durch die Fußgängerzone in der Leipziger Innenstadt. Bisher läuft das Weihnachtsgeschäft nicht wie gewohnt.
Forderungen nach Hilfsprogrammen
Der deutsche Städte- und Gemeindebund hatte zuvor auf die Not hingewiesen und Hilfen für den Handel gefordert. "Wenn dies nicht gelingt, werden wir unsere Innenstädte im kommenden Jahr nicht mehr wiedererkennen", sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg.
Ähnliches befürchtet auch die Immobilienwirtschaft: Sie warnt vor einem Gesichtsverlust der deutschen Städte. Hilfsprogramme seien nötig. Durch den anstehenden Lockdown verschwinden Handel und Hotels zunehmend aus den Innenstädten, ohne für die Hotspots der Pandemie verantwortlich zu sein", sagte Andreas Mattner, Präsident des Zentralen Immobilien Ausschusses. Umsatzverluste allein im Handel von bis zu einer Milliarde Euro pro Tag im Hauptgeschäft des Jahres könnten die Unternehmen nicht mehr stemmen. Firmen- und Arbeitsplatzverluste bei Mietern und Vermietern seien die Folge.
Offener Brief der Einzelhändler
In einem offenen Brief an die Bundesregierung warnen 28 deutsche Einzelhändler davor, dass ein Großteil der Geschäfte in Innenstädten einen frühen harten Lockdown nicht überstehen würde. Dies sei "das Ende der Innenstädte wie wir sie heute kennen", heißt es in dem Brief. "Man darf jetzt keinesfalls das gesamte Weihnachtsgeschäft ausschließlich den Online-Giganten überlassen", schreiben die Unterzeichner, zu denen zahlreiche aus Fußgängerzonen bekannte Unternehmen wie die Modehändler New Yorker, Jeans Fritz und NKD sowie Woolworth, Depot oder Tedi gehören.