EU-Kommission prüft Einsprüche Einheitliche Regeln für den Döner?
Schon vor zwei Jahren hat der Internationale Dönerverband beantragt, dass Döner in der EU nach einheitlichen Regeln hergestellt werden muss. Nun geht der Streit in die heiße Phase. Worum es dabei geht.
Sollte es für die Herstellung von Dönerfleisch europaweit einheitliche Regeln geben? Und wenn ja, wie sollten diese aussehen? Über diese Fragen gibt es Streit zwischen der deutschen und türkischen Dönerlobby. Hintergrund ist ein Vorstoß des Internationalen Dönerverbands (UDOFED), der bei der Europäischen Union beantragt hatte, Döner auf die EU-Liste mit "garantiert traditionellen Spezialitäten" aufzunehmen.
Strikte Regeln für die Zubereitung
Sollte dem Antrag aus der Türkei stattgegeben werden, müssten Dönerspieße künftig in der gesamten EU nach einheitlichen Regeln hergestellt werden. Demnach müsste Fleisch von mindestens sechzehn Monate alten Rindern oder Fleisch von mindestens sechs Monate alten Schafen verwendet werden - und zwar nur Keule und Rücken. Einzige Alternative wäre Döner aus Hähnchenfleisch.
Genau geregelt würde darüber hinaus auch, welche Zutaten für die Marinade zulässig sind, wie dick die Fleischscheiben zu sein haben und wie lange mariniert werden muss. Zum Wort Döner schreiben die Antragsteller derweil, das Wörterbuch der türkischen Sprache der Türk Dil Kurumu beschreibe ihn als einen Kebabtyp, bei dem Fleischscheiben horizontal auf einen Metallstab, bekannt als Döner-Spieß, aufgeschichtet und durch Drehung um dessen Achse in senkrechter Position vor einer Hitzequelle gegart würden. Der Begriff stamme von dem Verb dönmek, das im Deutschen "sich drehen" bedeute.
Unklar ist bislang, warum der Verband den Antrag überhaupt eingereicht hat. Aus diesem wird nicht ersichtlich, warum seit Jahrzehnten in Deutschland verbreitete Herstellungsmethoden künftig nicht mehr genutzt werden sollten. Im Schreiben wird sogar darauf verwiesen, dass Döner zu einem kulturellen Symbol der türkischen Einwanderung nach Deutschland geworden sei. Nach Angaben des Vereins Türkischer Dönerhersteller in Europa ist Döner in Berlin erstmals 1972 von dem türkischen Arbeiter Kadir Nurman hergestellt worden.
Deutsche Döner-Branche hat prominente Unterstützer
In Deutschland kommt Kritik aus Politik und Gastronomie sowie von Fleischproduzenten. Einer der Kritikpunkte: Sollte der Antrag angenommen werden, würde die in der Bundesrepublik übliche Verwendung von Kalb- und Jungrindfleisch sowie von Putenfleisch für die Dönerproduktion illegal werden. Zu den prominenten deutschen Gegnern zählt Landwirtschaftsminister Cem Özdemir. "Der Döner gehört zu Deutschland. Wie er hier zubereitet und gegessen wird, sollte jeder selbst entscheiden dürfen. Da braucht es keine Vorgaben aus Ankara", kritisiert der Grünen-Politiker im Sozialen Netzwerk X.
Von einem Ministeriumssprecher heißt es, im Fall einer Annahme des Antrags sei mit spürbaren wirtschaftlichen Auswirkungen für Hersteller und Verkaufsstellen zu rechnen. Auch der Verein Türkischer Dönerhersteller in Europa und der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) legten daher bei der EU Einspruch gegen den Antrag auf Eintragung von Döner als traditionelle Spezialität ein.
Der DEHOGA argumentiert ähnlich wie das Ministerium. Wenn dem Antrag stattgegeben würde, hätte dies gravierende Konsequenzen für gastronomische Betriebe wie Verbraucherinnen und Verbraucher: "Die Folgen wären notwendigerweise neue Bezeichnungen für Dönergerichte, damit verbundene Unklarheiten und Intransparenz, Abgrenzungsschwierigkeiten und Rechtsunsicherheiten". Klar ist etwa, dass es keine Gemüsedöner mehr geben dürfte.
400 Tonnen Döner pro Tag in Europa
Gleichzeitig gilt jedoch: Die generelle Fortsetzung der Produktion in Deutschland wäre kein Problem. Im Gegensatz zum EU-Siegel "geschützte Ursprungsbezeichnung", das zum Beispiel dafür sorgt, dass Champagner nur in der französischen Weinbauregion Champagne hergestellt werden darf, ist das EU-Siegel "garantiert traditionelle Spezialität" deutlich schwächer.
So ist nach Angaben der Bundesregierung der Produktionsprozess an kein Gebiet gebunden und entscheidend ist allein, dass dem traditionellen Rezept oder Herstellungsverfahren gefolgt wird. Zu dieser Kategorie zählen bislang etwa Heumilch oder Pizza Napoletana. Nicht betroffen vom Antrag ist zudem die Zubereitung von Dönergerichten. So würde beispielsweise nicht geregelt, was für Salat und welche Soße in eine Dönertasche kommen.
Nach Angaben des Vereins Türkischer Dönerhersteller in Europa wurden zuletzt europaweit etwa 400 Tonnen Döner pro Tag produziert. Die Zahl der Beschäftigten in der Branche beziffert er auf circa 60.000. Die Döner-Branche erzielt demnach in Deutschland jährlich rund 2,4 Milliarden Euro Umsatz, europaweit circa 3,5 Milliarden Euro.
Einigung durch Konsultationen?
Wie der Streit ausgeht, könnte schon bald entschieden werden. Nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa hat in dem Prüfverfahren zu dem bereits 2022 eingereichten Antrag jüngst die heiße Phase begonnen. Demnach prüft die EU-Kommission seit einigen Tagen als zuständige Behörde die Einsprüche. Wenn sie als zulässig beurteilt werden, würde sie Konsultationen zur Streitbeilegung anordnen. Sollte in diesen keine einvernehmliche Lösung gefunden werden, müsste sich ein Ausschuss aus Vertretern der EU-Mitgliedstaaten mit dem Fall beschäftigen. Dieser könnte der Kommission dann per Mehrheitsbeschluss vorgeben, ob sie dem Antrag stattgeben soll oder nicht.
Mittlerweile rudern die Antragsteller aber schon ein wenig zurück. Man wolle mit dem Antrag niemandem schaden, schon gar nicht dem deutschen Markt, sagte Huriye Özener, Beraterin des Internationalen Dönerverbands in der Türkei der dpa . Es gehe lediglich darum, die Tradition und die Zubereitung des Fleisches zu schützen. Und darum, dass anerkannt werde, dass der Döner aus der Türkei komme.
Was zum Beispiel die Verwendung von Kalb- und Putenfleisch angehe, könne man sich an einen Tisch setzen und darüber reden. Dafür könnte schon in wenigen Wochen das Streitbeilegungsverfahren der EU-Kommission starten.