Software-Hersteller Umbau von SAP trifft Tausende Beschäftigte
Obwohl bei SAP der Gewinn steigt, will Europas größter Software-Konzern weltweit 8.000 Stellen streichen. Das Unternehmen konzentriert sich stärker auf Künstliche Intelligenz.
Der Walldorfer Softwarekonzern SAP plant einen tiefgreifenden Umbau. Das trifft auch Arbeitsplätze - SAP will nach eigenen Angaben etwa 8.000 Stellen weltweit streichen. "Wir gehen jetzt in die nächste Phase der Transformation", sagte Konzernchef Christian Klein zu tagesschau.de.
Mit dem Umbau verlagere SAP verstärkt Investitionen in strategische Wachstumsbereiche, in erster Linie in Künstliche Intelligenz (KI). Bis Ende 2025 werde SAP knapp eine Milliarde Euro in diesen Bereich stecken.
Dieses Jahr gilt noch ein Sozialplan
Der Fokus auf KI erfordert andere Konzernstrukturen und andere Fähigkeiten bei den Beschäftigten. SAP setzt daher auf zwei Wege: Personal umzuschulen - oder abzubauen und anders qualifizierte Beschäftigte einzustellen. So rechnet SAP damit, dass die Zahl der Beschäftigten in der Summe insgesamt stabil bleibt.
In Deutschland gilt dieses Jahr noch ein Sozialplan, der Kündigungen ausschließt. Beim Stellenabbau setzt SAP außer auf Umschulungen auch auf Ruhestandsregelungen. SAP hoffe, für möglichst viele der Betroffenen mit freiwilligen Maßnahmen eine gute Lösung zu finden, sagte Konzernchef Klein.
Der Umbau soll rund zwei Milliarden Euro kosten. Erst im vergangenen Jahr hatte SAP in mehreren Schritten rund 4.000 Stellen abgebaut. Der europäische Betriebsratschef von SAP, Andreas Hahn, kritisiert die Pläne. Angesichts der sehr guten Bilanzzahlen, die präsentiert worden seien, sehe er einen Personalabbau nicht begründet, sagte er tagesschau.de.
Druck auf Beschäftigte steigt
Hinter den Plänen des Konzerns steht das Wachstumsversprechen, das der Konzernchef den Aktionären gegeben hat. Den Druck auf die Belegschaft hatte SAP zuletzt erhöht. So hat ein neues Bewertungssystem nach Leistung Kritik ausgelöst, das Beschäftigte in drei Gruppen einteilt: Leistungsträger, Beschäftigte, die die Erwartungen erfüllen und Beschäftigte mit Verbesserungsbedarf.
Die im Herbst angekündigte bezahlte Auszeit für Väter nach der Geburt eines Kindes ist indes vom Tisch. Zudem müssen die SAP-Beschäftigten künftig wieder mindestens drei Tage die Woche vom Homeoffice ins Büro.
Man wolle nicht zurück in die Zeit vor Corona, so SAP-Chef Klein. Aber Software-Entwicklung sei Teamsport. Dazu müsse man auch im Büro sein.
Cloudgeschäft bringt Milliardengewinn
Der Sparkurs zeigt sich auch in den aktuellen Bilanzzahlen: So konnte SAP den Betriebsgewinn um währungsbereinigt 13 Prozent auf 8,7 Milliarden Euro steigern. Vor allem der für SAP wichtige Bereich von Unternehmenssoftware in der Cloud legte um gut 20 Prozent zu. 2024 will der Konzern Umsatz und Gewinn weiter steigern. Treiber soll wieder die Cloud-Sparte sein.
Bei Künstlicher Intelligenz hat SAP im vergangenen Jahr das Tempo beschleunigt. Dabei steht die sogenannte generative KI im Fokus, die als selbstlernendes System Texte und andere neue Inhalte erzeugen kann. Davon verspricht sich SAP vielfältige Möglichkeiten für Geschäftskunden. Es geht etwa um Software, die verschiedenste Zusammenhänge analysieren und Abläufe verbessern kann.
Analyst sieht SAP auf Augenhöhe mit Rivalen
Viele Firmen experimentierten derzeit mit großen Sprachmodellen, erklärt Tech-Analyst Mirko Maier von der LBBW. "SAP liegt unseres Erachtens beim Thema generative KI auf Augenhöhe mit den internationalen Wettbewerbern bei betriebswirtschaftlicher Standardsoftware, wie zum Beispiel Salesforce", so Maier.
Aus Sicht von Anwendern seien allerdings noch viele Fragen offen. Das sagte Sebastian Westphal, Technologievorstand der deutschen Anwendergruppe DSAG zu tagesschau.de. In der Automatisierung von klassischen Standardprozessen sei SAP extrem professionell und extrem gut. Bei generativer KI stehe man aber noch am Anfang.
Die Vision, sagt Kundenvertreter Westphal, sei absolut richtig. "Ob die Strategie dann liefert, was die Unternehmen brauchen, ist fraglich, weil wir hier noch sehr stark im Bereich der Absichtserklärung sind."
Hoffnungsträger Aleph Alpha
SAP setzt bei seiner KI-Strategie auf Partnerschaften, zum Beispiel mit Branchen-Schwergewichten wie Microsoft oder Google. Außerdem investiert der Konzern in kleinere Firmen. Dazu gehört der Einstieg beim Heidelberger Start-up Aleph Alpha, das als europäische Alternative zu ChatGPT gilt.
Im Lauf des vergangenen Jahres hat SAP immer wieder Neuerungen in dem Geschäft vorgestellt, zum Beispiel den eigenen KI-Assistenten "Joule". SAP will die Software sukzessive auf alle Cloud-Anwendungen ausweiten.
Die Aktie von SAP ist heute auf ein Rekordhoch gestiegen. Der Konzern gehört zu den teuersten börsennotierten Konzernen weltweit. Nach Berechnungen des Beratungsunternehmens EY für 2023 landet SAP auf Platz 61. Vergangenes Jahr hatte die SAP-Aktie über 40 Prozent zugelegt.