US-Hersteller plant Ansiedlung Mikrochips made in Saarland
Mikrochips kommen vor allem aus Asien und Nordamerika. Doch Deutschland will aufholen - etwa mit dem Bau einer der weltweit größten Siliziumkarbidchip-Fabriken im Saarland.
Es sieht aus und funkelt wie ein schwarzer Kristall, ist aber synthetisch hergestelltes Siliziumkarbid. Seit vielen Jahrzehnten wird es bereits im Schleifpapier verwendet. Wegen seiner besonderen Fähigkeiten als Halbleiter ist der Werkstoff in den vergangenen Jahren in den Fokus der Automobilbranche geraten. "Siliziumkarbidchips wandeln Gleichstrom sehr effizient in Wechselstrom um und können so die Reichweite von Elektroautos erhöhen", erklärt Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management in Bergisch Gladbach.
Auf dem Gelände des ehemaligen Kohlekraftwerks im saarländischen Ensdorf soll der US-Hersteller Wolfspeed eine der weltweit größten Siliziumkarbidchip-Fabriken bauen. Das börsennotierte Unternehmen beschäftigt nach eigenen Angaben rund 3500 Mitarbeiter in 17 Ländern.
Investition in den Strukturwandel
Für das stark von der Auto- und Stahlindustrie abhängige Saarland wäre eine eigene Halbleiterfabrik "ein Meilenstein auf dem Weg des gelungenen Strukturwandels", sagt Carsten Meier, Geschäftsführer der Industrie und Handelskammer des Saarlandes.
Solch eine Fabrik hätte aber Signalkraft weit über die saarländischen Grenzen hinaus, erläutert Ondrej Burkacky, Halbleiter-Experte bei der Unternehmensberatung McKinsey. Aus europäischer Sicht wäre der Schritt sehr wichtig, um sich unabhängiger von den Produktionsstätten in Asien und Nordamerika zu machen. Während der Corona-Pandemie standen in Europa viele Produktionsbänder von Autobauern wochenlang still, weil Halbleiter fehlten.
Siliziumkarbid-Markt im Wachstum
Der weltweite Markt von Siliziumkarbidchips, wie sie Wolfspeed herstellt, ist aktuell noch recht klein. Im vergangenen Jahr lagen die Umsätze laut Burkacky bei etwa einer Milliarde US-Dollar. "Wir erwarten eine Steigerung von ungefähr 23 Prozent in den nächsten Jahren, so dass man im Jahr 2026 etwa bei 2,5 Milliarden US-Dollar landen wird."
Experten gehen davon aus, dass die Nachfrage analog zum wachsenden E-Automarkt weiter steigen wird. "Wolfspeed ist jetzt nicht eine der ganz großen Firmen im Chipbereich", sagt Bratzel. "Aber in diesem wachsenden Markt ein sehr wichtiger Akteur."
Dass Deutschland beim Entstehen dieses Marktes mit einer eigenen Fabrik so früh dabei sei, könne "für die Wertschöpfungskette für die in Deutschland sehr wichtige Automobilindustrie ein weiterer Eckpfeiler sein", so Burkacky.
EU will Chiphersteller mit Fördermitteln locken
Zur Höhe der Investition von Wolfspeed gibt es bisher keine genauen Angaben. In Branchenkreisen ist aber von einer Milliardensumme die Rede. Üblicherweise, so Burkacky, erwarten Chiphersteller dabei öffentliche Gelder in Höhe von 30 bis 40 Prozent der Investitionskosten. Bratzel schätzt die Chancen sehr gut ein, dass das Saarland Fördergelder der EU erhalten wird.
Bis zum Sommer will die EU den "Chips Act" beschließen. Mit Milliarden an Fördergeldern soll sich der europäische Anteil an der weltweiten Chipproduktion bis 2030 von zehn auf 20 Prozent erhöhen. Know-How und Arbeitsplätze sollen so in der zukunftsträchtigen Mikrochipindustrie in Europa angesiedelt werden.
Bis zu 1000 neue Jobs
Von bis zu 1000 Jobs ist bei der Wolfspeed-Ansiedlung die Rede. Die Herstellung von Halbleitern findet im Reinraum statt und ist in weiten Teilen automatisiert. Gefragt sein werden also vor allem Ingenieure, aber auch viele Techniker, die die Maschinen warten.
In etwa vier Jahren könnten im Saarland dann die ersten Siliziumkarbidchips für E-Autos auf dem Gelände eines ehemaligen Kohlekraftwerks hergestellt werden. Es wäre ein Sinnbild und positives Beispiel für den Strukturwandel. Wenn die Ansiedlung von Wolfspeed am Nachmittag offiziell verkündet wird, sollen daher auch Bundeskanzler Olaf Scholz und Wirtschaftsminister Robert Habeck vor Ort sein.