Daimler-Chef Zetsche räumt Fehler ein Entlassungen nicht ausgeschlossen
Daimler-Chef Zetsche bereitet seinen Konzern auf den "äußersten Fall" vor: Auf der Hauptversammlung malte er ein düsteres Bild der Zukunft des Autobauers und schloss erstmals Entlassungen nicht aus. Zetsche sprach von einer "Jahrhundertkrise", räumte aber auch eigene Fehler ein.
Der Autobauer Daimler stellt sich auf ein Krisenjahr ein und schließt Entlassungen nicht mehr aus. Dieser "äußerste Fall" könne eintreten, wenn die Krisendynamik anhalte, sagte Konzernchef Dieter Zetsche auf der Hauptversammlung in Berlin vor rund 6600 Aktionären. "Nach unserer Einschätzung werden die Automobilmärkte die Talsohle frühestens in der zweiten Jahreshälfte durchschreiten", sagte Zetsche. Die Krise will er mit drastischen Einsparungen durchstehen.
Zetsche räumte ein, im vergangenen Jahr nicht sofort auf den Absatzeinbruch reagiert zu haben. Deshalb seien zu viele Autos auf Halde produziert worden. "Ich gebe zu: Im Nachhinein würden wir uns wünschen, wir hätten Mitte letzten Jahres sogar noch früher gebremst", sagte er.
Kritik der Aktionäre
Aktionärsvertreter übten in der Debatte teils heftige Kritik am Krisenmanagement des Vorstands und an einer zu wenig umweltfreundlichen Fahrzeugflotte. Zum Beispiel im Vergleich zu BMW sei man ins Hintertreffen geraten. Vor dem Kongresszentrum ICC demonstrierten Umweltschützer für sparsamere Autos und Gewerkschafter gegen die vom Management angekündigten Einschnitte.
Kostenbremse auf allen Gebieten
Zetsche bekräftigte den rigiden Sparkurs des Unternehmens, auch um Entlassungen zu vermeiden. "Um diesen äußersten Fall zu verhindern, werden wir unsere Maßnahmen auf anderen Gebieten nochmals verstärken", erklärte Zetsche. Mit Beginn des zweiten Quartals seien die laufenden Kosten bereits drastisch verringert worden. Jede Ausgabe werde auf den Prüfstand gestellt. In der Verwaltung sollten im laufenden Jahr noch einmal 500 Millionen Euro eingespart werden. Zudem würden IT-Projekte und der Neubau des Verwaltungshochhauses in Stuttgart zurückgestellt. "Bestimmte zusätzliche Fahrzeugprojekte haben wir ebenfalls gestrichen oder zumindest verschoben", erklärte Zetsche.
Personalkosten um zwei Milliarden drücken
Den Mitarbeitern will Zetsche mit einem Bündel an Sparmaßnahmen herbe Lohneinbußen abverlangen. Der Konzern hatte bereits drastische Sparmaßnahmen angekündigt, die die Personalkosten um zwei Milliarden Euro drücken sollen. "Klar ist: Ohne einen substanziellen Beitrag auch der Arbeitnehmerseite wird es nicht gehen", erklärte Zetsche. Bisher sind betriebsbedingte Kündigungen bis Ende 2011 ausgeschlossen.
Die Kurzarbeit für die 68.000 Beschäftigten in der Produktion in deutschen Werken reiche nicht mehr aus. Deshalb soll auch die Wochenarbeitszeit für 73.000 Mitarbeiter in Verwaltung, Einkauf sowie Forschung und Entwicklung um bis zu fünf Stunden gekürzt werden. Dies bedeutet Lohneinbußen von bis zu 14 Prozent. Außerdem will der Konzern bei den Zuschlägen zum Kurzarbeitergeld sparen, Urlaubs- und Weihnachtsgeld zusammenstreichen und die für Mai geplante zweite Stufe der Tariferhöhung von 2,1 Prozent auf Dezember verschieben. Die Verhandlungen mit dem Betriebsrat sollen Ende April abgeschlossen sein.
Zetsche verwies auf Gehaltseinbußen der Daimler-Führungskräfte um fast 30 Prozent. Die Vergütungen des Vorstands seien 2008 um 41 Prozent gesunken, die des Vorstandsvorsitzenden um 47 Prozent. Den Posten des Strategievorstandes wird der Konzern nach dem Wechsel von Rüdiger Grube auf den Chefsessel der Deutschen Bahn einsparen. Die Aufgaben werden künftig auf Zetsche, Finanzvorstand Bodo Uebber und den neuen Personalvorstand Wilfried Porth verteilt.
Schlechte Aussichten
Für das laufende Jahr gab Zetsche einen düsteren Ausblick, ohne allerdings konkrete Zahlen zu nennen. Dies sei erst möglich, wenn die weitere Entwicklung der Weltwirtschaft und der Märkte besser absehbar sei. Er verwies auf die Vorlage der Bilanz für das erste Quartal am 28. April, kündigte aber bereits ein "deutlich negatives Ergebnis" für dieses erste Vierteljahr an. Auch für das Gesamtjahr erwartet der Konzern ein deutliches Minus beim Umsatz und Belastungen für das Ergebnis. Frühestens im zweiten Halbjahr sei damit zu rechnen, dass die Talsohle auf den Automobilmärkten durchschritten sei, sagte Zetsche.
Wegen der schlechten Zahlen und Aussichten schlug der Daimler-Vorstand eine Senkung der Dividende auf 0,60 Euro (Vorjahr: 2 Euro) vor. Die kritischen Daimler-Aktionäre hatten einen kompletten Verzicht auf eine Dividenden-Ausschüttung verlangt. Für 2008 hatte Daimler einen Umsatz von 95,9 Mrd. Euro ausgewiesen. Das operative Ergebnis lag bei 2,7 Mrd. Euro, das Konzernergebnis bei 1,4 Mrd. Euro.