Hacker nutzen Homeoffice aus Corona-Schub für Cyberversicherungen
Viele Menschen arbeiten wegen Corona im Homeoffice. Ihre dortigen Rechner sind oft schlechter geschützt als im Büro. Hackerangriffe nehmen zu. Cyberversicherungen für solche Fälle boomen.
Viele Menschen verbringen mittlerweile einen Großteil ihres Lebens online: am Handy, Tablet oder Rechner. Infolge der Corona-Krise sind die meisten noch mehr im Netz unterwegs - privat und beruflich. Wo es geht, haben Arbeitgeber ihre Mitarbeiter ins Homeoffice geschickt. Die arbeiten dann oft am Esstisch mit dem Laptop. Aber ist er auch sicher vor Hackerangriffen?
Immer mehr Versicherungen bieten eine "Cyberversicherung" an. Sie kombinieren klassischen Rechtsschutz mit juristischer und psychologischer Beratung sowie Betreuung durch einen IT-Spezialisten. Dieser durchforstet bei einem Hackerangriff oder bei Cybermobbing das Internet nach sensiblen Daten und rufschädigenden Inhalten. Er rettet, sichert und stellt die Daten wieder her oder löscht die unliebsamen Inhalte, soweit das möglich ist.
Hilfen durch Cyberversicherungen
Ein realer Fall der AXA-Versicherung: Ein Dienstleistungsunternehmen wurde gehackt. Seine Daten wurden komplett verschlüsselt - inklusive des Backups. Der aufgeregte Chef rief die Versicherung an. Ein sogenannter IT-Forensiker schaffte es, zumindest einen Teil der Daten zu retten. Schock und Schaden blieben, auch wenn die Versicherung den finanziellen Schaden übernahm. Hier konnte die abgeschlossene Cyberversicherung helfen.
"Ansonsten hätte die Firma nicht mehr arbeiten können, noch nicht einmal Rechnungen schreiben", sagt Cyberversicherungsexpertin Sabine Träumer von der AXA. Ein erfolgreicher Hackerangriff auf ein Großunternehmen verursacht einen durchschnittlichen wirtschaftlichen Schaden von 1,8 Millionen Euro. Bei kleinen und mittelständischen Unternehmen liegt der Durchschnittswert der bekannt gewordenen Fälle bei 70.000 Euro. Die Dunkelziffer der Hackerangriffe und damit der tatsächliche wirtschaftliche Schaden ist vermutlich noch viel höher.
Homeoffice-Ausweitung lockt Hacker
Die Cyberkriminalität hat in den vergangenen Monaten zugenommen. Allein im Juli dieses Jahres gab es deutschlandweit 100.000 Hackerangriffe auf klein- und mittelständische Unternehmen sowie Privatpersonen. Das stellten IT-Sicherheitsforscher fest.
Allein im Juli gab es 100.000 Hackerangriffe auf mittelständische Unternehmen und Privatpersonen in Deutschland.
Das infolge der Corona-Krise stark ausgeweitete Homeoffice lockt Hacker. Die Folge: Immer mehr Kunden schließen eine Cyberversicherung ab, um sich selbst besser zu schützen. So verzeichnet die Versicherungskammer Bayern einen Zuwachs von 20 Prozent bei Firmen und eine Verdoppelung im Privatkundengeschäft. "Wir stellen seit April eine enorme Steigerung fest. Wobei man da immer die Basis sehen muss. Es ist noch ein relativ junges Produkt", sagt Christian Kaffenberger von der Versicherungskammer Bayern. Absolute Zahlen dazu gibt es nicht.
Andere Versicherungen bestätigen den Boom. "Das Umstellen auf Homeoffice kam für viele Arbeitgeber abrupt. Da fehlte es dann oft an einem verbindlichen IT-Konzept", stellt Träumer fest. Nun kommen immer mehr Nachfragen seitens der Firmen.
"Arbeitgeber provozieren mit Homeoffice Cyberrisiken"
Ein Schutzschirm für digitales Arbeiten kann sinnvoll sein, sagt die Verbraucherzentrale Bayern. "Je mehr man online ist, umso wichtiger sind Cyberversicherungen", sagt Sascha Straub von der Verbraucherzentrale in München. Bei Cyberattacken, Cybermobbing oder Identitätsdiebstahl im Privaten braucht man Beratung, Unterstützung und Geldleistungen, die im Schadensfall fließen müssen.
Anders verhält es sich im Homeoffice. Kommt es da zu Attacken und Schäden, ist die Firma verantwortlich für den Versicherungsschutz. "Arbeitgeber provozieren mit Homeoffice Cyberrisiken", warnt Versicherungsexperte Straub. "Sie müssen die Sicherheit gewährleisten, die Technik entsprechend bereitstellen, damit die Mitarbeiter sicher im Firmennetz kommunizieren und arbeiten können."
Sicherheitsregeln müssen eingehalten werden
Seit knapp zehn Jahren gibt es Cyberversicherungen. Sie kosten jährlich zwischen 30 und 250 Euro, je nach Leistungsumfang. Noch sind sie kein Standard. Aber durch Corona und Homeoffice sind sowohl Firmen als auch Privatpersonen sensibler geworden für sicheres Online-Arbeiten.
Cyberversicherungen entbinden den User allerdings nicht davon, die üblichen Sicherheitsvorkehrungen einzuhalten. "Das bedeutet: eine Firewall, so dass man aktiven Virenschutz hat. Man muss auf dem neuesten Stand der Technik sein, was die Abwehr von Schadprogrammen angeht. Natürlich müssen auch die Onlinezugänge und Passwörter sicher sein", sagt Straub. Das beliebte Katzenvideo auf dem Dienstrechner anzuschauen, ist also nach wie vor tabu.
Auffallend ist laut Versicherungsexperten: Im Vergleich zu anderen Bundesländern ist Bayern bei der Cyberversicherung weit vorne. Ein Grund könnte sein, dass der Freistaat schon seit Jahren mit verschiedenen Programmen die IT-Sicherheit von Unternehmen unterstützt.