PwC-Studie Chinas Marktmacht bei E-Autos wächst
Der Exportüberschuss der deutschen Autobauer in China könnte in diesem Jahr kippen. Dann dürften mehr chinesische Fahrzeuge nach Europa exportiert werden als andersherum. Das liegt auch an Elektroautos.
Der traditionelle Exportüberschuss der deutschen Automobilbranche in China könnte einer Studie zufolge bereits in diesem Jahr kippen. 2024 könnten 440.000 Fahrzeuge chinesischer Hersteller nach Europa importiert werden, schätzen die Autofachleute der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC und deren firmeneigener Unternehmensberatung Strategy&.
Dem gegenüber stehen nur 325.000 nach China verkaufte Autos von europäischen Herstellern. Mit 295.000 Autos stammt der Großteil dabei von der deutschen Industrie. Im vergangenen Jahr war das Verhältnis noch umgekehrt: Europas Autoindustrie lieferte demnach 350.000 Fahrzeuge - darunter 320.000 deutsche - nach China, verglichen mit 280.000 Autos chinesischer Marken, die nach Europa importiert wurden.
Chinesische Hersteller bauen Marktanteil schnell aus
Hauptthema der Studie ist der weltweite Absatz von Elektroautos. Dafür analysierten die Autoren die Absatzzahlen in 21 Ländern. Da chinesische Hersteller ihre Marktanteile bei Batterieautos, Plugin-Hybriden und "Extended Range"-Batterieautos mit ergänzendem Benzinmotor auf ihrem riesigen Heimatmarkt schnell vergrößern, wächst auch die globale Bedeutung, wie aus dem Papier hervorgeht.
In der Volksrepublik stammten demnach im zweiten Quartal knapp 65 Prozent aller dort verkauften Autos aus chinesischer Produktion - das sind 25 Prozentpunkte mehr noch als 2020. Das sei vor allem auf den wachsenden Marktanteil von E-Autos zurückzuführen. Damit gemeint sind neben Batteriefahrzeugen Hybride aller Bauarten. Und deren Anteil ist innerhalb eines Jahres von elf auf 44 Prozent gewachsen.
Die deutschen Hersteller schafften es laut Studie dagegen nicht, ihr "Kuchenstück" auf dem chinesischen Wachstumsmarkt substantiell zu vergrößern. Ihr Anteil an Stromern verharrte im ersten Halbjahr 2024 bei sechs Prozent.
Kein Vorteil durch Strafzölle
Dass EU-Strafzölle auf chinesische Elektroautos den europäischen Herstellern dauerhaft nutzen, bezweifeln die Autoren. Zölle könnten den europäischen Autobauern kurzfristig Vorteile zwar gegenüber chinesischen Konkurrenten ermöglichen, sagte Felix Kuhnert, der Leiter des Autobereichs bei PwC Deutschland. "Die chinesischen Hersteller haben jedoch in der Vergangenheit eine hohe Adaptionsfähigkeit und Agilität gezeigt und werden die Zölle zum Anlass nehmen, ihre Produktionskapazitäten in Europa hochzuschrauben oder Partner für die Auftragsfertigung suchen und mit noch wettbewerbsfähigeren Produkten aufzuwarten."
Die Regierung in Peking hat für etliche Industriebranchen inklusive Elektroautos das Ziel ausgegeben, die weltweite Technologieführerschaft zu übernehmen. Produktion und Verkauf von Elektroautos werden daher in China auf verschiedenen Ebenen gefördert, bis hin zu kommunalen Subventionen in den großen Städten.
Premiumhersteller im Vorteil
Chinesische Hersteller wie BYD verfügen über hohe Expertise im Bereich der Batterie und der Software, die deutschen Herstellern mindestens gleichwertig sei, wie Frank Schwope, Lehrbeauftragter für Automobilwirtschaft an der FHM Hannover zu tagesschau.de sagte. "Das alte Made-in-Germany-Kaufargument zieht immer weniger."
Ähnlich wie die Japaner, die in den 1970ern nach Deutschland gekommen seien und die Koreaner, die in den 1990ern ihre Verkäufe begannen, werde auch China Erfolge feiern und aufgrund der Vielzahl der Hersteller langfristig Marktanteile von mehr als zehn Prozent erobern, schätzt Schwope. Auch für die deutschen Konzerne werde genug übrig bleiben, wobei es die Premiumhersteller aus seiner Sicht leichter haben werden als die Massenhersteller.
"Massenhersteller geraten ein wenig mehr unter Druck und werden sicherlich die Kosten senken müssen. Aber natürlich werden auch langfristig nicht alle europäischen Hersteller überleben, es wird auch zu Fusionen oder Übernahmen kommen", so der Fachmann.
Schwacher E-Auto-Absatz rückt Verbrenner in Fokus
Indes wird in Deutschland wegen des schwachen E-Auto-Absatzes wieder verstärkt über den Verbrenner diskutiert. So kündigte Porsche-Finanzchef Lutz Meschke heute an, im Rahmen der schwierigen Marktlage für Elektroautos wieder stärker den Verbrenner in den Fokus zu nehmen.
"Da sich die Transformation zur Elektromobilität weltweit sehr unterschiedlich entwickelt, haben wir bereits begonnen, Projekte und Produkte auch im Hinblick auf die Verbrennertechnologie neu zu kalibrieren und zu priorisieren", sagte er laut Mitteilung. Zur Strategie gehöre eine größtmögliche Flexibilität bei der Produktion der verschiedenen Antriebsarten.
"Während die Elektromobilität weltweit Auftrieb hat, führen wir in Europa Scheindebatten über Reichweitenangst und Technologieoffenheit", so Kuhnert von PwC. Dabei habe sich die Technologie rasant weiterentwickelt und die Produkte seien inzwischen sowohl besser als auch günstiger. In Deutschland ist der Absatz der reinen Elektroautos im zweiten Quartal das dritte Mal in Folge abgesackt.