Große Mehrheit für Milliarden-Paket Abgeordnete stimmen Bankenhilfe für Spanien zu
Trotz Kritik und vieler Bedenken hatten im Vorfeld alle Fraktionen Zustimmung signalisiert - mit Ausnahme der Linkspartei. Nun hat der Bundestag mit breiter Mehrheit dem Milliardenpaket zur Sanierung der spanischen Banken zugestimmt - damit kann Finanzminister Schäuble die Hilfen auch auf EU-Ebene mit beschließen.
Die europäische Rettungsaktion für die maroden spanischen Banken hat eine entscheidende Hürde genommen. Der Bundestag billigte die Milliardenhilfe in einer Sondersitzung mit großer Mehrheit. Insgesamt sind für die Banken Kredite in Höhe von bis zu 100 Milliarden Euro vorgesehen. Die Hilfsaktion ist die erste, bei der Geld aus dem vorläufigen Euro-Rettungsfonds EFSF zur Stützung von Banken bereitgestellt werden soll.
Kanzlermehrheit verfehlt
Bei der Abstimmung erreichte das Regierungslager zwar eine eigene Mehrheit. Mit 301 Ja-Stimmen verpasste Schwarz-Gelb aber zum wiederholten Male die Kanzlermehrheit. Dafür hätte die Koalition 311 eigene Ja-Stimmen gebraucht - eine Stimme mehr als die Hälfte aller 620 Abgeordneten.
Insgesamt votierten diesmal 473 der 583 Abgeordneten, die für die Sondersitzung aus der Sommerpause zurückgekehrt waren, für die Hilfen. 97 waren dagegen, 13 enthielten sich. Auch die meisten SPD- und Grünen-Abgeordneten stimmten trotz erheblicher Bedenken zu. Die Linkspartei lehnte die Banken-Hilfen geschlossen ab. Die symbolisch wichtige Marke der Kanzlermehrheit hatte die Koalition bereits bei der Entscheidung über das zweite Hilfspaket für Griechenland im Februar und den drei namentlichen Abstimmungen zum Euro-Rettungsschirm ESM am 29. Juni gerissen.
Warnung von Schäuble
Vor der Abstimmung hatte Finanzminister Wolfgang Schäuble in einer Regierungserklärung noch einmal versichert, dass die Hilfen an strenge Auflagen geknüpft seien und der Staat ohne Abstriche dafür geradestehe: "Spanien stellt den Antrag. Spanien bekommt das Geld zur Bankenrekapitalisierung. Und Spanien als Staat haftet für die Hilfen aus dem EFSF." Ohne die Lösung der spanischen Bankenkrise wäre die Finanzstabilität der gesamten Eurozone gefährdet.
Die SPD kritisierte im Bundestag vor allem das Krisenmanagement der Bundesregierung. Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier warf der Kanzlerin vor, vorher bekräftigte rote Linien in immer kürzeren Abständen zu überschreiten. "Wer sich immer mehr von der Realität entfernt, dem glauben irgendwann die Menschen nicht mehr." Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin verlangte strengere Auflagen für die Banken im ganzen Euro-Raum. Die Linke lehnte die Rettungsaktion generell ab. Fraktionsvize Sahra Wagenknecht kritisierte, Steuerzahler und Kommunen würden ausgeplündert, um gigantische Summen für die Banken zu "verpulver".
Der CDU-Abgeordnete Manfred Kolbe und der FDP-Finanzexperte Frank Schäffler begründeten ihr Nein damit, dass es keine Erklärung dafür gebe, warum die Steuerzahler in Europa die Zeche für das Missmanagement spanischer Banken zahlen sollten.
Unterzeichnung am Freitag
Die Euro-Finanzminister wollen bereits morgen die Vereinbarung der EU- und Euro-Partner unterzeichnen, Spanien folgt am 24. Juli. Insgesamt sollen für die spanischen Banken Kredite von bis zu 100 Milliarden Euro aus dem vorläufigen Rettungsschirm EFSF zur Verfügung gestellt werden. Deutschland haftet dafür mit fast 30 Milliarden. Bedingung für die Hilfe ist, dass Spanien den Bankensektor saniert, der an den Folgen einer geplatzten Immobilienblase leidet.
Das Kreditprogramm für spanische Banken umfasst bis zu 100 Milliarden Euro. Der Euro-Rettungsschirm EFSF stellt das Geld bereit. Es fließt an die spanische Regierung, in diesem Fall an den staatlichen Bankenrettungsfonds F.R.O.B. Der EFSF-Vertrag schreibt vor, dass Hilfskredite nur an eine Regierung fließen dürfen und nicht direkt an Banken. Das bedeutet, dass die spanische Regierung für die Rückzahlung der Kredite haftet.
Die Haftungsfrage sorgt aber wegen möglicher künftiger Änderungen für Verwirrung. Laut Beschluss der Euro-Staaten sollen die Hilfen für Spaniens Banken vom EFSF auf den neuen Rettungsschirm ESM übertragen werden, sobald dieser startet. Zwar verbietet auch der ESM-Vertrag bislang direkte Bankenhilfen. Die jeweilige Regierung - in diesem Fall die spanische - haftet für die Kredite. Doch die Euro-Staaten planen eine Änderung dieser Regel.
Sobald eine starke Bankenaufsicht installiert ist, sollen auch direkte ESM-Hilfen an Banken möglich sein - ohne den Umweg über die Regierung. Die Details dieser geplanten Änderung sind aber offen - auch die Frage, ob dann noch der einzelne Staat für den Kredit haftet oder die jeweilige Bank. Unklar ist zudem, ob die jetzigen Bedingungen für die spanischen Bankenhilfen rückwirkend umgewandelt werden können. Sollte es dazu kommen, könnte sich am Ende Spanien der Haftung für die nun gewärten Kredite doch noch entledigen. Dies geht aber nur mit ausdrücklicher Zustimmung Deutschlands.
Spanien billigt neues Sparpaket
Das spanische Parlament billigte derweil das jüngste, bis zu 65 Milliarden Euro schwere Sparpaket der konservativen Regierung von Ministerpräsident Mariano Rajoy. Es enthält eine kräftige Anhebung der Mehrwertsteuer, eine Kürzung des Arbeitslosengeldes und die Abschaffung des Weihnachtsgeldes für Staatsbedienstete. Die neuen Sparmaßnahmen entsprechen mehrheitlich Forderungen der EU-Kommission. Die Regierung in Madrid muss zudem garantieren, dass die strengen Auflagen erfüllt werden, die mit der geplanten Bankenhilfe verbunden sind.