Fachkräftemangel EU stellt Pläne für die "Blue Card" vor
Die EU-Staaten kommen mit dem Ausbilden von Fachkräften nicht mehr hinterher. Deshalb wollen die Europäer in Asien und Afrika mehr Experten anwerben. Angelehnt an die "Green Card" der Amerikaner heißt das Projekt "Blue Card". Es ist aber in der EU nicht unumstritten.
Mit einem Schnellverfahren für hochqualifizierte Einwanderer will die EU-Kommission mehr Fachkräfte aus Asien und Afrika nach Europa locken.
Die Kommission beschloss in Straßburg einen Gesetzesentwurf für die Einführung einer "Blue Card", die gut ausgebildeten Einwanderern Vorteile beim Familiennachzug und bei Umzügen innerhalb der EU verschaffen soll.
Mindestens dreimal soviel wie der Mindestlohn
Eine "Blue Card" sollen nach dem von EU-Justizkommissar Franco Frattini vorgelegten Gesetzesentwurf nur Fachkräfte erhalten, denen für mindestens ein Jahr ein Arbeitsplatz angeboten wurde. Das Gehalt muss mindestens das Dreifache des Mindestlohns im jeweiligen Zielland betragen.
Falls es - wie in Deutschland - keinen allgemeinen Mindestlohn gibt, muss das Gehalt mindestens drei Mal so hoch sein wie die Schwelle, unterhalb derer die Bürger des Ziellandes Anspruch auf Sozialhilfe haben. Als hochqualifiziert gelten nach dem Entwurf Einwanderer mit Hochschulabschluss oder "mindestens drei Jahren entsprechender Berufserfahrung".
Bundesregierung eher dagegen
Die Entscheidung über die Aufnahme eines jeden Einwanderers soll den einzelnen EU-Staaten überlassen bleiben. In Deutschland wurde bereits im September deutlich, dass die Bundesregierung wenig vom EU-Konzept der "Blue Card" hält: Arbeitsminister Franz Müntefering reagierte sogar ausgesprochen verärgert, weil er den Vorstoß für eine Einmischung hielt. "Das ist keine Sache, die die Innenminister mal eben zu klären haben. Auch nicht der Kommissar, der für Innen zuständig ist", sagte Müntefering damals.
EU-weit unterschiedlicher Arbeitskräftebedarf
Die Migrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer, lehnte eine "Blue Card" ebenfalls ab. "Eine solche EU-weit einheitliche Regelung für ausländische Arbeitskräfte halte ich vor dem Hintergrund der sehr unterschiedlichen Voraussetzungen und Anforderungen in den einzelnen Mitgliedstaaten nicht für sinnvoll", erklärte Böhmer. Spanien habe beispielsweise einen großen Bedarf an Arbeitskräften für einfache Tätigkeiten, Deutschland brauche vor allem Hochqualifizierte.
Industrie im Prinzip dafür
Der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbauer (VDMA) hingegen begrüßte das Vorhaben. Zuwanderung könne den Mangel an Fachkräften zwar nicht beheben, aber lindern, sagte VDMA-Präsident Manfred Wittenstein. Er kritisierte aber, dass der Vorschlag sehr spät komme. So habe der weltweite Wettbewerb um die besten Köpfe bereits begonnen.
Nach einer aktuellen Schätzung fehlen in Deutschland mehr als 150.000 Informatiker, Ingenieure und Techniker.