30 Millionen EU-Bürger ohne Konto Kommission will Banken ein Ultimatum setzen
Gehalt, Miete, Rechnungen: Viele Vorgänge im Alltag setzen voraus, dass man über ein Bankkonto verfügt. 30 Millionen EU-Bürger müssen ohne Konto auskommen. Diese Zahl sei viel zu hoch, meint EU-Binnenmarktkommissar Barnier. Er will den Banken ein Ultimatum setzen.
Von Wolfgang Landmesser, WDR-Hörfunkstudio Brüssel
Eine kleine Schonfrist will Barnier den EU-Banken noch einräumen. Doch der französische Kommissar machte deutlich: "Wenn es nicht auf dem normalen Weg funktioniert, werden wir den gesetzlichen Weg wählen." Ohne Bankkonto, so Michel Barnier, sei der Alltag schwierig zu bewältigen und teurer.
Er werde, sollte sich die Situation innerhalb des kommenden Jahres nicht ändern, ein entsprechendes Gesetz auf den Weg bringen. Das würde die Banken dazu verpflichten, jedem Kunden ein Konto anzubieten.
Konten per EU-Richtlinie
Bisher gibt es in der EU keine einheitliche Regelung, wann und unter welchen Bedingungen die Banken ein Konto bereitstellen müssen. Verbraucherschützer halten das für nicht entschlossen genug. Die Brüsseler Behörde sei schon kurz davor gewesen, ein entsprechendes Gesetz auf den Weg zu bringen, sagt Christina Buchmüller, Bankenexpertin beim Bundesverband der Verbraucherzentralen - und ist jetzt enttäuscht.
Die Banken sehen das ganz anders. In Deutschland gibt es seit über 15 Jahren eine Empfehlung des Zentralen Kreditausschusses. Demnach sollen die Banken im Prinzip jedem ein Konto bereitstellen, auch Menschen, die verschuldet sind. Und die habe sich bewährt, sagt Kerstin Altendorf, Sprecherin des Bundesverbands der Deutschen Banken. Mittlerweile gebe es 1,2 Millionen solcher Konten. 99 Prozent der deutschen Bevölkerung verfügten inzwischen über ein Girokonto. Auch in Frankreich und Belgien, wo es eine gesetzliche Verpflichtung für die Banken gibt, sei der Anteil nicht höher.
Konto ist nicht gleich Konto
Verbraucherschützerin Buchmüller sieht aber eher die Menschen, die nach wie vor über kein Girokonto verfügen. Hunderttausende seien das immerhin in Deutschland. Ein Gesetz sei auch notwendig, um festzuschreiben, was ein Konto beinhalten muss. So verweigerten die Kreditinstitute ihren finanzschwachen Kunden oft wichtige Funktionen, wie etwa die Möglichkeit, Daueraufträge einzurichten. Auch überzogene Gebühren müssten gesetzlich verboten werden.
Die Banken dagegen halten die bestehenden Regelungen für ausreichend. So können sich die Kunden bei Ombudsmännern beschweren, wenn ihnen ein bestimmtes Konto verweigert wird. Auch ein spezielles Pfändungsschutzkonto helfe Menschen, die hochverschuldet sind. Im Falle der Pfändung bleibt dieses Konto bestehen. Dafür erheben die Institute unterschiedliche Gebühren, räumt Bankensprecherin Kerstin Altendorf ein. Dass die EU-Kommission auf das Problem hinweist, begrüßt der Bankenverband aber. Schließlich sei der Zugang zu einem Girokonto Voraussetzung dafür, am Wirtschaftsleben teilnehmen zu können.