Suche nach Personal Fachkräftelücke im Gastgewerbe wird kleiner
"Personal gesucht": Überall zieren Aushänge Türen und Fenster von Hotels, Restaurants und Cafés. Laut einer Studie des IW Köln hat sich die Fachkräftelücke im Gastgewerbe zuletzt aber fast halbiert.
In Hotels, Restaurants und Cafés fehlt vielerorts Personal. Der Bedarf an qualifizierten Beschäftigten in Hotel- und Gaststättenberufen in Deutschland ist einer Studie zufolge jedoch deutlich zurückgegangen. Die Fachkräftelücke hat sich im Juni 2024 im Vergleich zum Vorjahresmonat fast halbiert, wie das Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung (Kofa) des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) mitteilte.
Personalsituation weiter "prekär"
Das heißt aber nicht, dass es genug Personal gibt. Ganz im Gegenteil. Die Betriebe suchen weiterhin, nur eben weniger Fachkräfte. Denn der Grund für den Rückgang ist laut Studienautor Jurek Tiedemann vor allem die schwierige wirtschaftliche Situation im Gastgewerbe. So seien weniger Stellen ausgeschrieben und Expansionspläne vorerst auf Eis gelegt worden. Die Branche habe sich bisher nicht vollständig von den Auswirkungen der Pandemie erholt.
Im Juni fehlten in Hotel- und Gaststättenberufen danach gut 8.800 Fachkräfte - 45 Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Damals waren es mehr als 16.000. Jede vierte offene Stelle konnte nicht mit einem passend qualifizierten Arbeitslosen besetzt werden. In einigen Berufen ist es dem IW zufolge besonders schwierig, Personal zu finden - zum Beispiel bei ausgebildeten Köchinnen und Köchen. Hier gab es mehr als 3.400 offene Stellen, die nicht besetzt werden konnten. Gesucht wird auch im Bereich Gastronomieservice (2.140) und in der Systemgastgastronomie (1.250).
Die Personalsituation sei "prekär", sagte der Referatsleiter Gastgewerbe der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), Mark Baumeister. Bedingt durch Zeitdruck, niedrige Einkommen und massive Mehrarbeit falle es der Branche schwer, Fachkräfte oder Auszubildende zu gewinnen.
Fast elf Prozent weniger Umsatz
Hotels, Restaurants und Cafés hatten zuletzt mit deutlich sinkenden Umsätzen zu kämpfen. Laut einer Umfrage des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (DEHOGA) setzten sie im ersten Halbjahr 2024 trotz gestiegener Preise nominal knapp elf Prozent weniger um als im Vorjahreszeitraum. Der Gewinn brach demnach sogar um 22 Prozent ein. Die Fußball-EM brachte nicht den erhofften Aufschwung. "Trotz größter Anstrengungen wird es für unsere Betriebe immer schwerer, wirtschaftlich zu arbeiten. Wenn sich nichts ändert, stehen weitere Tausende Betriebe vor dem Aus", erklärte DEHOGA-Präsident Guido Zöllick.
Ursache sind laut DEHOGA steigende Kosten für Personal und Lebensmittel sowie das Auslaufen der reduzierten Mehrwertsteuer auf Speisen, die zu höheren Preisen und in der Folge zu einem Rückgang der Kundschaft führten. Das Gastgewerbe war einer der Wirtschaftszweige, der am stärksten von der Pandemie betroffen war. Viele Fachkräfte hatten sich im Zuge dessen in andere Berufe oder Branchen umorientiert. In den Jahren 2020 und 2021 sank die Zahl der Beschäftigten laut Gewerkschaft um 330.000. Im darauffolgenden Jahr sei sie zwar wieder um 224.000 gestiegen. Zwei Drittel davon waren allerdings Minijobber.
Laut einer kürzlich veröffentlichten DIHK-Konjunkturumfrage sorgen sich 29 Prozent der Unternehmen in der Gastronomie um ihre Liquidität. Die Zahl der Insolvenzen in der Branche ist im vergangenen Jahr mit 27 Prozent überdurchschnittlich gestiegen, wie die Wirtschaftsauskunftei Creditreform berichtete. 14.000 haben aufgegeben, etwa jedes zehnte Unternehmen. Wie schwierige die Lage ist, zeigt sich in der Rangliste der risikobehafteten Branchen, die Creditreform für das erste Halbjahr erstellt hat. Mit 447 gefährdeten Betrieben je 10.000 Unternehmen liegen Restaurants, Gaststätten, Imbissstuben, Cafés und Eissalons auf dem 8. Platz.
Einbindung von Geflüchteten und Robotern
Die Betriebe passen aufgrund ihrer wirtschaftlichen Lage Leistung und Öffnungszeiten an und setzen stärker auf Ungelernte als auf Fachkräfte. Für Kundinnen und Kunden kann sich das spürbar auswirken. Ob Weinempfehlungen oder die korrekte Bedienung am Tisch: So etwas finde bei angelernten Kräften kaum statt, sagt Baumeister. In der Küche steige der Einsatz von Fertiggerichten, das Angebot werde eingeschränkt, Saisonkarten fielen weg. Im Hotel entfalle die fachgerechte Beratung der Gäste, es gebe weniger Begleitung und Unterstützung im Bankett- und Tagungsbereich.
Um die Personalengpässe auszugleichen, will das Gastgewerbe nun vermehrt auf ausländische Fachkräfte setzen und auch Geflüchtete stärker einbinden. "Es muss mehr getan werden, damit diejenigen Menschen aus dem Ausland, die bereits in Deutschland sind, möglichst mit Erwerbsarbeit ihren Lebensunterhalt bestreiten", so DEHOGA-Geschäftsführerin Sandra Warden. Hier müssten größere Anreize geschaffen werden, in Deutschland zu arbeiten. Darüber hinaus setzen auch einige Gastronomie-Betriebe mittlerweile Roboter ein, um den Bedarf etwa in der Küche zu decken.
Insgesamt in Deutschland ist die Fachkräftesituation weiterhin angespannt. In vielen Berufen gibt es nicht genug qualifizierte Arbeitskräfte. Laut Studie fehlten im Juni auf dem Arbeitsmarkt 476.730 passend ausgebildete Menschen. Damit konnten etwa vier von zehn offene Stellen für Qualifizierte rechnerisch nicht besetzt werden. Im Vergleich zum Juni 2023 ist die Fachkräftelücke um 14,7 Prozent gesunken.