Telekom-Chef Timotheus Höttges.

Telekom-Chef Tim Höttges "Wir müssen alle wieder mehr arbeiten"

Stand: 18.09.2024 15:12 Uhr

Viele Berufseinsteiger legen im Job Wert auf eine angemessene Work-Life-Balance. Telekom-Chef Tim Höttges fordert dagegen mehr Ehrgeiz und Leidenschaft. Deutschland solle wieder mehr arbeiten.

Deutschlands Unternehmer und Arbeitnehmer sollten aus Sicht des Telekom-Chefs Tim Höttges mehr arbeiten. In vielen anderen Staaten werde deutlich mehr gearbeitet als hierzulande, sagte der Manager bei der Kölner Messe Digital X. Die Arbeitszeiten in Deutschland hätten sich verkürzt. "Ich bin der Meinung, wir müssen alle wieder mehr arbeiten."

Mehr Ehrgeiz und mehr Willen gefordert

Die Gesamtzeit der Stunden, die Deutschland arbeitet, sei zwar gestiegen, dies sei aber nur wegen der Zunahme von Teilzeit-Verträgen geschehen, so Höttges weiter. "Wenn ich in China bin, in Amerika oder Asien bin und sehe, wie diese Wirtschaftsnationen in die Hände spucken, dann wird mir manchmal um die Wettbewerbsfähigkeit unseres Standortes angst und bange."

Der Telekom-Chef mahnt mehr Ehrgeiz und mehr Willen zur Verbesserung in Deutschlands Wirtschaft und bei jedem Unternehmer und Arbeitnehmer an. "Wenn wir alle den Anspruch hätten, führend zu sein, wenn wir sagen würden, 'Made in Germany' ist nicht gut genug, es muss besser werden - was meinen Sie, was in diesem Land an Bewegung entstehen könnte." Hierbei könnte auch der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) helfen.

Gleichzeitig wies Höttges auch auf die Vorteile des Wirtschaftsstandorts Deutschland im globalen Wettbewerb hin. "Wir sind nach wie vor ein stabiles demokratisches Machtzentrum in Europa." Deutschland sei die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt, obwohl es nur etwa ein Prozent der Weltbevölkerung habe.

Bürokratischer Ballast laut Höttges "überbordend"

Positiv sei zudem, dass mehr als ein Drittel der Universitätsabschlüsse in den sogenannten MINT-Fächern erworben würden, also Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik. Der Europa-Schnitt liege nur bei einem Viertel. "Wir haben eine enorme technologische Kompetenz in Deutschland."

Dennoch müsse die Bundesrepublik aufpassen, im globalen Wettkampf nicht ins Hintertreffen zu geraten. So sei die Summe ausländischer Investitionen in Deutschland derzeit niedrig und der Arbeitskräftemangel bei Spezialisten sei "massiv". Hinzu kämen die gestiegenen Kosten für Energie und Transport. Der bürokratische Ballast sei "überbordend", bei der Digitalisierung komme man nicht schnell genug voran. "Auf Dauer kann kein Wohlstand entstehen, wenn die Produktivität von Arbeit, von Kapital und von Rohstoffen nicht steigt."

Bei seinem Appell zu einer produktiveren und innovativeren Arbeit bezieht der Manager sein eigenes Unternehmen mit ein: "Alle müssen sich verändern, auch die Telekom, auch ich, auch ihr, und auch der Staat muss sich verändern, alle müssen den Wandel gestalten." Man müsse Leidenschaft zeigen und Biss haben. Digital X ist eine Veranstaltung der Deutschen Telekom, die dabei vor allem mit Firmenkunden ins Gespräch kommen will.

Viele Gesamt-Arbeitsstunden, eher niedrige Zahl im Schnitt

Studien zufolge haben die Deutschen insgesamt im vergangenen Jahr trotz der Konjunkturflaute so viel gearbeitet wie noch nie. Die abhängig Beschäftigten kamen 2023 auf insgesamt rund 55 Milliarden Arbeitsstunden, wie im Frühjahr aus einer Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) hervorging. Das sei der höchste Wert seit der Wiedervereinigung.

"Das Gesamtarbeitsvolumen ist vor allem gestiegen, weil immer mehr Frauen erwerbstätig sind", sagte damals Studienautor Mattis Beckmannshagen. "Allerdings ist fast die Hälfte der Frauen in Deutschland teilzeitbeschäftigt, obwohl einige gern mehr arbeiten würden." Ihr Potenzial für den Arbeitsmarkt bleibe also teilweise ungenutzt. Die hohe Teilzeitquote führe zu einer relativ geringen durchschnittlichen Arbeitszeit aller Beschäftigten von 34,7 Wochenstunden..

Gerade der sogenannten Generation Z - also Menschen mit dem Geburtsjahr zwischen 1995 und 2010 - wird im Vergleich zu vorherigen Generationen nachgesagt, deutlich mehr Wert auf Work-Life-Balance zu legen. Berufsanfänger suchen sich gezielt Arbeitgeber aus, die flexiblere Arbeitszeitmodelle anbieten. In einer Studie der Hochschule Mainz aus dem Jahr 2022 gaben beispielsweise knapp 77 Prozent der befragten Studierenden als wichtigstes Kriterium bei der Jobauswahl eine ausgewogene Work-Life-Balance an.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete BR24 in der Sendung "Wirtschaft kompakt" am 09. Juli 2024 um 17:00 Uhr.