Publikumsaktion "Mitmischen" Nutzer fragen - wir antworten
Wie entsteht eine Ausgabe der tagesschau? Wer bestimmt über die Themen? Und wie werden Inhalte überprüft? Antworten auf Fragen von Nutzerinnen und Nutzern zur Arbeit von ARD-aktuell.
Im Rahmen der Publikumsaktion "Mitmischen" waren am 19. September knapp 280 Teilnehmerinnen und Teilnehmer per digitaler Videoschalte zu Gast bei ARD-aktuell, der zentralen Nachrichtenredaktion der ARD. Sie konnten unter anderem eine 20-Uhr-Ausgabe der tagesschau mitgestalten. Einige Fragen der Teilnehmenden rund um unsere Arbeit beantworten wir im nachfolgenden FAQ. Antworten auf weitere häufig gestellte Fragen finden sich hier.
- Wie werden Interviews mit Politikern vereinbart?
- Wie entstehen Umfragen?
- Wie werden externe Experten ausgewählt?
- Werden die Inhalte von Nachrichtenagenturen nochmal geprüft?
- Wieso geben Sie bei Nachrichtenagenturen die Quelle nicht an?
- Was, wenn es kein Bildmaterial gibt?
- Wie können Nachrufe so schnell gesendet werden?
- Wie ist das bei vorgeplanten Beiträgen oder Kurzstücken?
- Inwiefern hat konstruktiver Journalismus einen Platz?
- Wie sind Kamera-Teams immer so schnell vor Ort?
- Wer beurteilt die Wichtigkeit einer Drehreise?
- Warum bekommt Fußball so viel Platz in der Berichterstattung?
- Wer entscheidet über die "Meinung" in den tagesthemen?
- Wo wird entschieden, ob es einen Brennpunkt zum Thema gibt?
- Kennen die Korrespondenten vor der Live-Schalte die Fragen?
- Was ist die Idee hinter den konkreten Fragen in Live-Schalten?
- Wer entscheidet die Reihenfolge der Beiträge?
- Arbeitet die tagesschau mit Redaktionen aus anderen Ländern zusammen?
Wie werden Interviews mit Politikern vereinbart? Kennen sie die Fragen vorab?
Wenn wir einen Politiker zu einem Thema befragen möchten, stellen wir bei der für den Politiker zuständigen Presseabteilung eine Interview-Anfrage. Die Vorabsprachen beinhalten, zu welchem Anlass und zu welchem Thema das Interview stattfindet, die Fragen selbst kennen die Politiker nicht.
Wie entstehen Umfragen z.B. in Fußgängerzonen? Sind die spontan oder geplant?
Eine Straßenumfrage, bei der so genannte "Vox Pops" eingeholt werden, ist sehr viel aufwändiger, als es später im Beitrag oft erscheint, denn sie entsteht spontan, ist nicht geplant. Der Reporter zieht los, ohne zu wissen, ob er auf Menschen trifft, die seine Fragen vor einer Kamera beantworten möchten.
Mal hat man Glück (im Journalismus auch "Reporterglück" genannt) und hat schnell Erfolg. Manchmal kann es aber auch mehrere Stunden dauern. Es fällt nicht jedem Passanten gleichermaßen leicht, die eigene Meinung vor einer Kamera prägnant auf den Punkt zu bringen, dafür braucht es Geduld. Die Prägnanz und Kürze der Aussage ist für den späteren Beitrag jedoch wichtig, da oft nicht viel Sendezeit zur Verfügung steht.
Wie werden externe Experten ausgewählt und deren Seriosität sichergestellt?
Wir haben eine eigene Experten-Datenbank, die wir kontinuierlich überprüfen und erweitern. Entscheidend bei der Wahl eines Experten ist beispielsweise dessen fachliche Kompetenz, eine eventuelle Spezialisierung auf ein Themengebiet und seine Kommunikationsfähigkeit, denn er muss komplexe Sachverhalte in kurzer Zeit verständlich erklären können. Außerdem achten wir bei der Wahl auf Diversität.
Um die Seriosität sicherstellen zu können, recherchieren wir vorab, ob der Experte verlässlich und glaubwürdig ist.
Werden die Inhalte von Nachrichtenagenturen nochmal auf Echtheit geprüft?
Große renommierte Nachrichtenagenturen wie beispielsweise dpa, Reuters oder AFP gelten als sehr zuverlässig und werden als vertrauenswürdige Quelle behandelt. Gleichwohl können auch Nachrichtenagenturen Fehler unterlaufen, deswegen werden die Inhalte von uns nicht unkritisch übernommen, sondern auf Plausibilität geprüft.
Da unsere Journalistinnen und Journalisten in der Regel auch selbst zu den Themen recherchieren, über die die Nachrichtenagenturen berichten, können sie schnell einschätzen, ob die Information einer Nachrichtenagentur verlässlich ist oder nicht. Zudem gilt das Mehrquellenprinzip, das bedeutet, dass wir die Informationen einer Agentur möglichst über eine zweite Quelle verifizieren.
Wieso geben Sie bei Nachrichtenagenturen die Quelle nicht an?
Über diese Frage diskutieren wir sehr häufig. Wenn eine Nachrichtenagentur eine Information exklusiv hat, geben wir die Quelle bisweilen an. Wenn es jedoch Informationen sind, die von mehreren Agenturen zur Verfügung gestellt werden, verzichten wir darauf. Texte und Beiträge bestehen oft aus mehreren Nachrichtenagenturen. Im aktuellen Nachrichtenjournalismus kommt es auf Schnelligkeit an. Es würde unsere Arbeit verlangsamen, würden wir die Information jedes Mal der Agentur zuzuordnen.
Für unsere Nutzer könnte es zudem durch die Kleinteiligkeit recht unübersichtlich werden. Wir vertrauen als Redaktion auf die Verlässlichkeit von renommierten Nachrichtenagenturen und möchten bei unseren Nutzern für Vertrauen in unsere Kompetenz als Nachrichtenjournalisten werben, dass wir mit den Informationen aus diesen Quellen kompetent umgehen.
Gibt es Themen, über die Sie nicht berichten, weil Sie kein Bildmaterial haben?
Wenn die Relevanz eines Themas sehr hoch ist, finden wir immer einen Weg, auch ohne Bilder zu berichten. Dafür eignet sich beispielsweise eine Wortmeldung, die nur aus gesprochenem Text besteht, oder eine Schalte zu einem Korrespondenten, der dann die Inhalte in einem Gespräch mit dem Moderator vermittelt. Doch generell sind wir natürlich bestrebt, die Inhalte für die Fernsehnachrichten zu bebildern. Dabei hilft uns der Zugriff auf das umfangreiche nationale und internationale Netz an Korrespondenten innerhalb der ARD sowie auf nationale und internationale Bildagenturen.
Wie können Nachrufe nach dem Tod bekannter Personen so schnell gesendet werden?
Ein Nachruf ist eine Beitragsform, die sehr aufwändig zu produzieren ist. Dafür müssen sich die Autoren des Nachrufs einen Überblick über die wichtigsten Stationen eines oft langen Lebens machen, ins Fernseharchiv einsteigen, bedeutsame Ausschnitte und Zitate recherchieren. Es dauert oft mehrere Tage, bis ein Nachruf für tagesschau und tagesthemen fertig gestellt ist.
Deswegen lassen wir Nachrufe von bedeutsamen Persönlichkeiten der Zeitgeschichte von unseren Autoren vorproduzieren, damit sie dann, wenn sie gebraucht werden, sofort gesendet werden können.
Wie ist das bei vorgeplanten Beiträgen oder Kurzstücken?
Die Beiträge, die für die tagesschau produziert werden, entstehen in aller Regel aktuell am Tag für den Tag. Ausnahmen sind beispielsweise aufwändige Erklärstücke mit Grafikelementen, für die mehrere Produktionstage notwendig sind, oder zeitlosere Hintergrundstücke.
Inwiefern hat konstruktiver Journalismus einen Platz in der tagesschau?
Wir wissen, dass unsere Berichterstattung oft problem- und krisenorientiert ist, das ist charakteristisch für eine Nachrichtensendung wie die tagesschau. Um die Wirklichkeit ausgewogener abzubilden, ist es uns jedoch auch wichtig, konstruktive, lösungsorientierte Ansätze in die Berichterstattung einfließen zu lassen.
Wenn wir über Probleme berichten, versuchen wir beispielsweise jemanden zu finden, der bereits eine Lösung für dieses Problem gefunden hat und damit Vorbild für andere sein kann. Das lässt sich leider nicht täglich und auch nicht bei jedem Thema umsetzen, aber uns sind konstruktive Ansätze sehr wichtig und wir bemühen uns darum.
Wie kommen die Kamera-Teams immer so schnell vor Ort, wenn z.B. bei uns auf dem Land etwas passiert?
Die föderale Struktur der ARD hilft dabei, an vielen Standorten in Deutschland schnell mit Reportern vor Ort zu sein. Der NDR beispielsweise, der für die Berichterstattung in Niedersachsen zuständig ist, hat in dem Bundesland fünf Regionalstudios und sieben Korrespondentenbüros, um das weitläufige Flächenland von Cuxhaven bis Göttingen und von Lüneburg bis ins Emsland zuverlässig abdecken zu können. Wenn beispielsweise in Leer etwas passiert, das für die aktuelle Nachrichtenberichterstattung relevant ist, fährt ein Team aus dem naheliegenden Studio Oldenburg hin, um vor Ort zu recherchieren und zu berichten.
Die Kollegen vor Ort kennen ihre Region am besten, ihre Arbeit ist von hohem Wert für uns in der zentralen Nachrichtenredaktion der ARD in Hamburg.
Auch die weiteren Landesrundfunkanstalten (MDR, BR, SWR, SR, WDR, RB, HR, rbb) verfügen über Regionalstudios und Korrespondentenbüros, so dass sich das Inlandskorrespondenten-Netz der ARD über ganz Deutschland erstreckt. Darüber hinaus gibt es Verträge mit so genannten Bewegtbildagenturen, die gerade in der Nacht oder in Randzeiten Material anbieten, das die ARD bei Bedarf ankauft.
Wer beurteilt die Wichtigkeit einer Drehreise und ob es sich "lohnt", darüber zu berichten?
Die Korrespondenten recherchieren von ihren Auslandsstudios aus oder mit Unterstützung so genannter Stringer (freie Mitarbeitende vor Ort), ob ein Thema für eine Berichterstattung in Deutschland relevant ist. Wenn sie von der Relevanz überzeugt sind, bieten sie das Thema einer ARD-Redaktion in Deutschland an, um das Interesse an einer Berichterstattung abzuklären und einen freien Sendeplatz dafür zu prüfen. Erst wenn beispielsweise die tagesschau, die tagesthemen oder der Weltspiegel einen Beitrag fest bestellt hat, reisen die Korrespondenten los.
Es sind also mehrere erfahrene Redakteure an der Entscheidung beteiligt, ob Kosten für eine Drehreise ausgelöst werden. Für die Drehreise gibt es dann einen ausführlichen Drehplan, um die Zeit so effizient wie möglich zu nutzen und die Kosten niedrig zu halten.
Warum nimmt Fußball etwa 1/3 der Zeit in der tagesschau ein, wo es doch so viele andere relevante Themen aus dem Sportbereich gäbe?
Wir räumen der Fußballberichterstattung vergleichsweise viel Sendezeit ein, weil Fußball nach wie vor die beliebteste Sportart in Deutschland ist. Viele Menschen sind Anhänger einer Mannschaft oder Vereinsmitglied. Von den Sportvereinen mit den meisten Mitgliedern in Deutschland stellen die ersten 15 alle eine Fußballmannschaft in der 1. oder 2. Bundesliga. Keine andere Sportart versammelt so viele Menschen in den Stadien und an den Bildschirmen.
Die Fußball-Bundesliga und internationale Wettbewerbe machen den Sport zudem zu einem Wirtschaftsfaktor, auch dadurch ist er für uns berichterstattungsrelevanter als andere Sportarten.
Wer entscheidet und nach welchen Kriterien wird entschieden, wer in den tagesthemen die "Meinung" beisteuern darf?
Das übergeordnete Thema des Meinungsbeitrags in den tagesthemen legt die tägliche Runde der ARD-Chefredakteure fest. Anschließend können die Chefredakteure der neun Landesrundfunkanstalten Vorschläge unterbreiten, welche Person diesen Meinungsbeitrag präsentieren soll. Es werden Mitarbeiter vorgeschlagen, die über eine hohe inhaltliche Expertise zu diesem Thema verfügen und/oder persönliche Erfahrungen gemacht haben, die für das Thema relevant sind.
Die Runde der ARD-Chefredakteure stimmt dann darüber ab, welche der vorgeschlagenen Personen den Meinungsbeitrag umsetzen soll. Die Person mit den meisten Stimmen, darf ihre Meinung in den tagesthemen vortragen. Wie diese Person das Thema inhaltlich ausgestaltet - welche Position sie bezieht oder welchen Schwerpunkt sie setzt - ist ihr selbst überlassen, da es sich um ihre persönliche Meinung handelt.
Wo wird entschieden, ob es einen Brennpunkt zum Thema gibt?
Ein Brennpunkt kommt zum Einsatz, wenn an einem aktuellen Thema ein so großes Informationsinteresse besteht, dass es von den regulären Nachrichtensendungen allein nicht abgedeckt werden kann. In solch einem Fall unterbreitet die für das Berichtsgebiet zuständige Landesrundfunkanstalt dem ARD Chefredakteur, Mitglied der ARD Programmdirektion in München, ein Angebot für einen Brennpunkt. Die Entscheidung darüber, den prominenten Sendeplatz nach der 20 Uhr Ausgabe der tagesschau für einen Brennpunkt freizugeben, liegt bei der ARD Programmdirektion.
Die Zuständigkeit für die Umsetzung des Brennpunkts liegt wiederum bei der Landesrundfunkanstalt, die für das Berichtsgebiet zuständig ist, oder bei ARD-aktuell, der zentralen Nachrichtenredaktion der ARD in Hamburg.
Kennen die Korrespondenten vor der Live-Schalte die Fragen, die Ihnen gestellt werden?
Ja, in der Regel werden die Fragen vor dem Gespräch zwischen Redaktion/Moderation und den Korrespondentinnen und Korrespondenten abgesprochen. So wird es den Kollegen erleichtert, sich auf die Live-Schalte vorzubereiten und die Informationen, die sie vermitteln wollen, an die Sendelänge anzupassen, die ihnen zur Verfügung steht.
In der 20-Uhr-Ausgabe werden Live-Schalten mit Korrespondenten seit einiger Zeit mit konkreten Fragen eingeleitet. Was ist die Idee dahinter?
Wir führen regelmäßig Zuschauerbefragungen zur 20-Uhr-tagesschau durch. Eine Rückmeldung war, dass sich viele die tagesschau nahbarer wünschen. Diesem Bedürfnis versuchen wir unter anderem dadurch nachzukommen, dass die Moderatoren und Korrespondenten nun ein Gespräch miteinander führen, das Frage und Antwort beinhaltet.
Zuvor wurden die Korrespondenten folgendermaßen anmoderiert: "Dazu nun eine Einschätzung von Korrespondent XY aus XY". Das wirkte auf viele zu steif, deswegen sind wir zur Frage-Antwort-Form übergegangen.
Wer entscheidet die Reihenfolge der Beiträge? Ist der Aufmacher bei ARD und ZDF immer derselbe?
Über die Reihenfolge der Beiträge beispielsweise in der 20-Uhr-Ausgabe der tagesschau entscheidet der Chef vom Dienst des Tages gemeinsam mit dem ersten Chefredakteur von ARD-aktuell. Relevanz, Neuigkeitswert oder Gesprächswert bestimmen Platz und Länge des Beitrags. Der Aufmacher kann aus dem Inland oder dem Ausland kommen.
Aus der Entscheidung über den Aufmacher ergibt sich dann häufig auch die Reihenfolge der weiteren Themen. Auch die Wirtschaftsthemen und die Sportmeldungen werden jeweils gebündelt. Auf diese Weise ergibt sich eine Dramaturgie der Sendung.
Weitere Themengebiete sind beispielsweise Wissenschaft, Medizin, Technik, Soziales, Kultur und Zeitgeschichte. Das ZDF wiederum hat eine eigene, von der tagesschau unabhängige Nachrichtenredaktion. Sollte das Thema der Aufmacher im Ersten und im ZDF einmal identisch sein, dann liegt das daran, dass beide Nachrichtenredaktionen an diesem Tag unabhängig voneinander zu dieser Entscheidung gelangt sind.
Arbeitet die tagesschau mit Redaktionen aus anderen Ländern wie z.B. der BBC zusammen?
Die tagesschau gehört als Teil der ARD zur Europäischen Rundfunkunion (European Broadcasting Union, EBU). Über dieses Netzwerk haben wir die Möglichkeit, mit anderen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten Nachrichtenfilme auszutauschen und uns bei der Verifizierung von Bildern aus sozialen Netzwerken gegenseitig zu unterstützen.
Neben der ARD gehören zu diesem Verbund auch die BBC in Großbritannien, RAI in Italien, France Télévisions in Frankreich oder das polnische Fernsehen. Die Mitglieder erhalten Zugang zu einer breiten Palette von Berichterstattung, die sie für ihre eigenen Sendungen verwenden können. Ein wesentlicher Aspekt des Verbundes ist das Vertrauen zwischen den Partnern. Die Mitglieder verlassen sich darauf, dass die gelieferten Inhalte von hoher journalistischer Qualität sind und die Ethik des Journalismus respektiert wird.