Nach neuem Messerangriff Bald Taschenkontrollen bei Festen in NRW?
In Siegen-Eiserfeld hat eine 32-jährige Deutsche am Freitagabend in einem Bus sechs Menschen mit einem Messer angegriffen. Drei Personen wurden lebensgefährlich, eine weitere schwer und zwei leicht verletzt.
Nach dem Angriff in einem Bus auf dem Weg zum Siegener Stadtfest hat sich NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) geäußert. Bei seinem ohnehin geplanten Besuch zum Siegener Stadtjubiläum sagte er: "Das, was hier in Siegen passiert ist, hat mit dem, was in Solingen passiert ist, gar nichts zu tun. Es waren nur beide Male Messer. Aber es ist ein Riesenunterschied, ob ein Terrorist unterwegs ist oder ob jemand - eine deutsche Frau, die psychische Probleme hat - wahllos auf Menschen einsticht. Deswegen wird die Polizei da ganz anders arbeiten müssen."
Reul kündigte an, dass er prüfen lassen wolle, ob zukünftig bei großen Festen Taschenkontrollen möglich seien. Er fügte hinzu: "Für das Zusammenlenben ist es wichtig, dass wir nicht in Angst und Schrecken verharren, auch nicht in Schuldzuweisungen, sondern dass wir selber stark bleiben und zusammenhalten. Die Gemeinsamkeit ist, glaube ich, der Schlüssel für vieles."
Frauen überwältigten Täterin
Reul lobte zudem das couragierte Eingreifen mehrerer Menschen während des Angriffs: "Wenn ich mitkriege, dass das Bürgerinnen und Bürger mit Migrationshintergrund waren, ich finde, das kann ja auch ein bisschen stolz machen."
Nach Medienberichten sollen es drei Frauen gewesen sein, die die Täterin überwältigten. Das hätten Siegens Bürgermeister Steffen Mues und der Superintendent des evangelischen Kirchenkreises Siegen-Wittgenstein, Peter-Thomas Stuberg, unter Berufung auf Aussagen von Zeugen berichtet.
Ein Sprecher der Verkehrsbetriebe Westfalen-Süd sagte der "Siegener Zeitung", auch der Busfahrer habe geistesgegenwärtig reagiert, den Bus sofort nach dem ersten Tumult im Fahrzeug zum Stehen gebracht und alle Türen geöffnet. Das hätte den Fahrgästen eine schnelle Flucht aus dem Bus ermöglicht und vielleicht noch Schlimmeres verhindert. Dem Zeitungsbericht zufolge befanden sich auch Kinder und Jugendliche in dem Bus.
Auch Wüst äußert sich
NRW-Ministerpräsident Wüst (CDU) sagte zu der Tat, es sei wichtig, dass die Hintergründe, die zu dem Angriff führten, jetzt schnell ermittelt werden. "Junge Menschen, in ausgelassener Stimmung, auf dem Weg zu einem Fest, werden ganz unvermittelt zu Opfern.Die Vorstellung, einem solchen Angriff in einem Bus ausgesetzt zu sein, lässt erschaudern", so Wüst.
Polizei geht nicht von Terrorakt aus
Die Polizei hatte die 32-jährige polizeibekannte Angreiferin festgenommen. Es gibt Hinweise auf eine psychische Erkrankung. Daher gehen die Ermittler nicht von einem Terrorakt aus. Gegen die Frau wurde ein Haftbefehl erlassen.
Über den Online-Dienst X rief die Dortmunder Polizei, die die Ermittlungen übernommen hat, zur Mäßigung auf. Denn in Sozialen Netzwerken kursierten viele Falschmeldungen zur Angreiferin.
Laut Angaben der Polizei habe die Tatverdächtige gegen 19.40 Uhr sechs Personen im Alter von 16 bis 30 Jahren mit einem Messer angegriffen. Zwei Schwerstverletzte schweben weiterhin in Lebensgefahr, einer sei nicht mehr in Lebensgefahr, verbleibe aber noch im Krankenhaus. Drei weitere Verletzte haben das Krankenhaus nach ambulanter Behandlung bereits Freitagabend verlassen können. Alle Verletzten stammen Polizei und Staatsanwaltschaft zufolge aus dem Kreis Siegen-Wittgenstein.
Der Shuttlebus sollte die Fahrgäste zum Stadtfest bringen. Mindestens 40 weitere Menschen waren im Bus.
Stadtfest findet statt
Die Stadt Siegen hat ihr anlässlich des 800. Geburtstages der Stadt geplantes Stadtfest fortgesetzt, unter anderem mit einem ökumenischen Gottesdienst am Morgen. Die Veranstalter stützten ihre Entscheidung auf die Einschätzung der Lage durch die Polizei.
Siegens Bürgermeister Steffen Mues sagte: "Diese Tat hat bei uns allen absolute Fassungslosigkeit ausgelöst. Die offenbar verwirrte Einzeltäterin hat unfassbares Leid über völlig unbeteiligte Menschen gebracht, die in dem Bus unterwegs waren."
Auch die Bundestagsabgeordnete für Siegen-Wittgenstein, Laura Kraft, wünschte den Verletzten auf der Plattform X eine "schnelle Genesung und den Angehörigen sowie Betroffenen ganz viel Kraft in diesen Stunden." Dieser Vorfall werfe einen "Schatten auf die Feierlichkeiten" in Siegen.
Erhöhte Sicherheitsvorkehrungen
Nach dem Messerangriff in Solingen vor einer Woche, bei der ein mutmaßlicher Islamist drei Menschen getötet und acht weitere teils schwer verletzt hatte, gilt beim Siegener Stadtfest ein erhöhtes Sicherheitskonzept. "Besuchende des Stadtfestes dürfen keine Messer mit sich führen", heißt es auf der Seite der Stadt. Daneben habe man das Sicherheitspersonal aufgestockt und die Anzahl der Kameras zur Videoüberwachung erhöht.
Nach der Tat in Solingen sorgten auch Messerangriffe in Moers und Recklinghausen für Aufsehen - beide gelten nicht als Anschläge. Im vergangenen Jahr registrierte die Polizei in NRW 3.536 Angriffe mit Messern im öffentlichen Raum - etwa 1.000 mehr als im Jahr davor.
Unsere Quellen:
- Pressemeldung der Polizei Dortmund und Staatsanwaltschaft Siegen
- WDR-Reporter vor Ort
- Siegener Zeitung