Die Brücke, die Estland mit Russland verbindet, ist in Narva (Estland) zu sehen.
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Krieg gegen die Ukraine ++ Estland verstärkt Zollkontrollen an russischer Grenze ++

Stand: 01.08.2024 23:44 Uhr

Estland will an der Grenze zu Russland künftig jede Person und ihr Gepäck kontrollieren. In der Region Kiew sind bei einem Drohnenangriff nach ukrainischen Angaben zwei Menschen verletzt worden. Die Entwicklungen vom Donnerstag zum Nachlesen.

01.08.2024 • 23:44 Uhr

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Der in der Ukraine lebende ehemalige russische Parlamentsabgeordnete Ilja Ponomarjow ist laut eigenen Angaben bei einem Drohnenangriff in der Nähe von Kiew verletzt worden. Der 48-Jährige veröffentlichte am Donnerstag Fotos mit seinem blutverschmierten Gesicht. Die Detonation "schlug mit voller Wucht direkt vor der Hausschwelle ein und die Splitter trafen mich", schrieb er auf Facebook. Er habe schwer geblutet und sei sofort ins Krankenhaus gefahren. Der Angriff ereignete sich demnach nachts, nachdem das Signal für das Ende des Bombenalarms ertönt war. Die ukrainische Flugabwehr habe er nicht gehört, fügte Ponomarjow hinzu. Auf weiteren von ihm veröffentlichten Bildern waren Teile einer russischen Drohne vom Typ Shahed zu sehen sowie zerfetzte Bäume und ein Bombenkrater. Ponomarjow geht seinen Worten nach davon aus, dass der Drohnenangriff gezielt seiner Person galt.

Ponomarjow war zunächst ins US-Exil gegangen, nachdem er 2014 als einziger russischer Abgeordneter gegen die Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim gestimmt hatte. 2016 wurde er aus der Duma ausgeschlossen. Zudem wurde ihm Veruntreuung vorgeworfen. Ponomarjow lebt seit Jahren in der Ukraine und erhielt die ukrainische Staatsbürgerschaft. Ponomarjow war bis vor Kurzem der politische Anführer der Miliz Freiheit Russlands, die in Russland bewaffnete Angriffe verübte und von Moskau als Terrorgruppe eingestuft wurde. Am vergangenen Mittwoch erklärte die Gruppe einseitig, dass sie nicht mehr mit Ponomarjow zusammenarbeite.

Estland wird zum 8. August eine vollständige Zollkontrolle an seiner östlichen EU-Außengrenze zu Russland einführen. Dies beschloss die Regierung des baltischen EU- und Nato-Landes in Tallinn. Demnach sollen die Kontrollen an den Straßen- und Schienengrenzübergängen in Narva, Koidula und Luhamaa schrittweise eingeführt werden und die bisher risikobasiert erfolgte Überprüfung von Passagieren und Fahrzeugen ersetzen. Damit soll nach Angaben von Ministerpräsident Kristen Michal der Transit und Transport von EU-Sanktionen unterliegenden Gütern durch Estland unterbunden und die Sicherheit des Landes gestärkt werden.

Die estnische Steuer- und Zollbehörde teilte mit, dass eine vollständige Kontrolle mehr Zeit in Anspruch nehmen werde und sich dadurch die Zahl an Grenzübertritten nach Russland vermutlich halbiere. Demnach werde jede Person und deren Gepäck an der Grenze einer Kontrolle unterzogen, ebenso sollen alle Fahrzeugs und die von ihren mitgeführten Waren überprüft werden. Darüber seien die betreffenden Kommunalverwaltungen als auch Transport- und Busfirmen den Angaben zufolge bereits informiert worden.

Die Brücke der Freundschaft, die in Narva Estland mit Russland verbindet.

In der Stadt Narva führt eine "Brücke der Freundschaft" über den gleichnamigen Fluss und verbindet Russland und Estland.

Im Streit um neue Sanktionen der Ukraine gegen den russischen Ölkonzern Lukoil hat die Europäische Kommission nach Kritik aus Ungarn und der Slowakei Stellung genommen. Ein Sprecher sagte in Brüssel, es gebe nach einer ersten Analyse derzeit keine Hinweise darauf, dass durch die Sanktionen die Versorgungssicherheit in der EU gefährdet sei. So hätten fehlende Ölmengen von Lukoil zuletzt durch andere Lieferanten aus Russland ausgeglichen werden können. Diese können weiter Öl durch den Südstrang der Druschba-Pipeline leiten, die von Russland über die Ukraine nach Ungarn und in die Slowakei geht.

Die Außenminister Ungarns und der Slowakei hatten zuvor einen Beschwerdebrief an die EU-Kommission geschrieben und ein Einschreiten der Behörde unter der Leitung von Ursula von der Leyen gefordert. Die beiden Länder werfen der Ukraine vor, mit der Einschränkung des Lukoils-Öltransits gegen ein Assoziierungsabkommen mit der EU zu verstoßen. In diesem ist festgehalten, dass der Transit von Energiegütern nicht behindert werden darf.

Nach der Festnahme zweier Menschen in Moldau unter dem Verdacht des Hochverrats und der Verschwörung gegen das westlich orientierte Land ist ein russischer Diplomat ausgewiesen worden. Das moldauische Außenministerium teilte einer Meldung der Nachrichtenagentur AP zufolge mit, es habe den russischen Botschafter Oleg Wasnezow einbestellt und ihm mitgeteilt, dass ein namentlich nicht genanntes Mitglied seiner Botschaft ein Kollaborateur sei, der jetzt in Moldau eine Persona non grata sei. Es gebe Beweise für "Aktivitäten, die nicht mit dem diplomatischen Status vereinbar" seien.

Einer der beiden in Moldau verdächtigten Personen wird vorgeworfen, Informationen gesammelt und einem Botschaftsangestellten zur Verfügung gestellt zu haben, wie die Staatsanwaltschaft den Angaben nach mitteilte. Die Informationen hätten zum Nachteil Moldaus verwendet werden können, hieß es. Die zweite Person werde verdächtigt, sich für persönliche Zwecke an einem Komplott gegen Moldau beteiligt zu haben. Eine der verdächtigen Personen soll im Parlament gearbeitet haben, die andere für die Grenzpolizei. Beiden wurde vorgeworfen, mit einer ausländischen Botschaft in der Hauptstadt Chisinau zusammengearbeitet zu haben. Um welches Land es sich dabei handelte, wurde nicht angegeben.

Die Lieferung von F16-Kampfjets durch NATO-Staaten an die Ukraine wird nach Einschätzung des Kreml das Geschehen an der Front nicht wesentlich beeinflussen. "Die Anzahl dieser Flugzeuge wird nach und nach schwinden, sie werden abgeschossen", sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow. "Selbstverständlich werden diese Lieferungen keinen wesentlichen Einfluss auf die Ereignisse an der Front haben." 

Es gebe "kein magisches Allheilmittel", das die ukrainische Luftwaffe bekommen könnte, sagte Peskow weiter. Mehrere NATO-Staaten hatten die Lieferung der Kampfjets zugesagt, auf welche die Ukraine große Hoffnungen setzt. Die F-16-Flugzeuge aus US-Herstellung gelten als besonders präzise, schnell und weitreichend.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Der ukrainische Schriftsteller Andrej Kurkow sieht das kulturelle Band zwischen der Ukraine und Russland zerschnitten. "Dieses Band ist völlig zerstört, sowohl innerhalb der Ukraine, aber natürlich besonders zu den Schriftstellern in Russland", sagte der 1961 im damaligen Leningrad geborene und heute in Kiew lebende Bestseller-Autor dem Berliner Tagesspiegel. "Alles, was mit Russland zu tun hat, ist nicht mehr akzeptiert. Ohne Ausnahme", sagte Kurkow knapp zweieinhalb Jahre nach Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine.

Die russischsprachige ukrainische Literatur existiere ebenfalls nicht mehr. "Sie wird auch nie wieder existieren. Die Schriftsteller, die hier weiter auf Russisch schreiben, werden ignoriert oder sie werden sogar verbal angegriffen", sagte Kurkow, der selbst viele seiner Werke ("Die letzte Liebe des Präsidenten") auf Russisch geschrieben hat. Auch seine Romane lägen nicht mehr in den Buchläden: "Und wenn, dann sind es die englischen Ausgaben. Aber im Internet kann man sie noch kaufen."

Der ehemalige Duma-Abgeordnete Ilja Ponomarjow ist an seinem Exilort in der Ukraine bei einem russischen Drohnenangriff verletzt worden. "Heute ist, wie es aussieht, mein zweiter Geburtstag", schrieb Ponomarjow auf der Plattform X. Es sei bereits der fünfte Anschlag auf ihn gewesen, teilte er mit. 

Die ukrainische Polizei zeigte Aufnahmen von Schäden an einem dreistöckigen Privathaus im Kiewer Umland und informierte über ein verletztes Ehepaar, ohne Ponomarjow namentlich zu nennen. Bereits am Vortag war sein Wohnhaus den Berichten zufolge Ziel mehrerer russischer Drohnen gewesen. 

Ponomarjow war von 2007 bis 2016 Abgeordneter des russischen Parlaments. Er stimmte im März 2014 als einziger Abgeordneter gegen die Annexion der Krim. Seit seiner Übersiedelung in die Ukraine 2016 engagiert er sich in oppositionellen russischen Exilkreisen und ruft zum bewaffneten Umsturz in Russland auf. Er hat mittlerweile die ukrainische Staatsangehörigkeit.

Ilja Ponomarjow (aufgenommen am 	20. Juni 2013)

Ilja Ponomarjow in seiner Zeit als Duma-Abgeordneter.

Bei einem russischen Drohnenangriff auf die Region Kiew sind nach ukrainischen Angaben zwei Menschen verletzt worden. Zwei Häuser seien beschädigt worden, teilen die Regionalbehörden mit. Es habe keine direkten Treffer auf Wohngebiete oder kritische Infrastruktur gegeben.

Die ukrainische Luftwaffe erklärte, sie habe alle sieben bei dem Angriff eingesetzten "Schahed"-Drohnen abgefangen. Der Gouverneur der zentralen Region Dnipropetrowsk teilt mit, die Luftwaffe habe eine Drohne abgeschossen, es seien keine Opfer gemeldet worden.

Auf die Region Charkiw hat nach Angaben des dortigen Gouverneurs Russland in der Nacht ballistische Raketen des Typs "Iskander-M" abgefeuert. Dabei sei ein weiterer Mensch verletzt worden. Nach Angaben der ukrainischen Staatsbahn Ukrsalisnyzia sind durch den russischen Raketenangriff auf die Region neben zwei Lokomotiven, Güter- und Personenwagen sowie Gleise und Stromversorgungsanlagen beschädigt worden.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Die Ukraine wird ab dem 1. August ihre Zahlungen für Auslandsschulden vorübergehend aussetzen. Damit gerät das Land in einen wahrscheinlich kurzzeitigen Zahlungsausfall, wie aus einer verabschiedeten Resolution hervorgeht. Die erste Kuponzahlung ist heute fällig. Am Mittwoch unterzeichnete Präsident Wolodymyr Selenskyj ein entsprechendes Gesetz, das die Aussetzung solcher Zahlungen bis zum 1. Oktober erlaubt.

Im Juli hatte die Ukraine eine vorläufige Einigung mit einem Ausschuss ihrer wichtigsten Anleihegläubiger über die Umstrukturierung ihrer internationalen Schulden in Höhe von fast 20 Milliarden Dollar bekannt gegeben.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj möchte eigenen Angaben nach nicht, dass China als Vermittler im Krieg auftritt. Er hoffe aber, dass Peking mehr Druck auf Moskau ausübe, um den Krieg zu beenden. In einem Gespräch mit französischen Medien sagte Selenskyj, die Ukraine bestehe zwar auf der Wiederherstellung ihrer postsowjetischen Grenzen von 1991, sei aber bereit, Gespräche mit Russland aufzunehmen, bevor alle Moskauer Truppen abgezogen seien, wenn die Bedingungen stimmen würden.

"Wenn China will, kann es Russland dazu zwingen, diesen Krieg zu beenden. Ich möchte nicht, dass (China) als Vermittler auftritt. Ich möchte, dass es Druck auf Russland ausübt, um diesen Krieg zu beenden", sagte Selenskyj gegenüber Reportern. "So wie die Vereinigten Staaten Druck ausüben, so übt auch die Europäische Union Druck aus. Je mehr Einfluss ein Land hat, desto größer sollte sein Druck auf Russland sein."

Der ukrainische Präsident Selenskyj will ohne Zustimmung seines Volks keinesfalls Gebiete abtreten. Die Ukraine hat nach Angaben der USA erste F-16-Kampfflugzeuge erhalten. Die Entwicklungen vom Mittwoch zum Nachlesen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 31. Juli 2024 um 22:33 Uhr.