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Krieg in Nahost ++ Berlin fordert "konkrete Schritte der Deeskalation" ++

Stand: 23.09.2024 16:35 Uhr

Das Außenministerium hat sich tief besorgt über die Lage im Nahen Osten gezeigt. Der libanesische Regierungschef hat Israel angesichts der Ausweitung von Angriffen einen "Zerstörungsplan" vorgeworfen. Alle Entwicklungen im Liveblog.

US-Verteidigungsminister Lloyd Austin dringt angesichts des andauernden Beschusses zwischen Israel und der libanesischen Hisbollah auf eine diplomatische Lösung des Konflikts. In einem Telefonat mit seinem israelischen Amtskollegen Joav Galant am Sonntagabend habe Austin betont, wie wichtig es sei, "einen Weg zu einer diplomatischen Lösung zu finden", heißt es aus dem Pentagon.

Die Lösung müsse es den Vertriebenen aus beiden Ländern schnell und sicher ermöglichen, nach Hause zurückzukehren, so Austin. Austin habe sich in dem Gespräch auch über den aktuellen Stand informiert und Israels Recht auf Selbstverteidigung bekräftigt - auch angesichts der Tatsache, dass die Hisbollah ihre Angriffe ins Landesinnere Israels ausweitet. Die US-Regierung hatte zuletzt deutlich gemacht, dass sie es trotz der jüngsten Angriffe für möglich halte, einen umfassenden Krieg zwischen beiden Seiten abzuwenden.

Israels Premierminister Benjamin Netanyahu sagte am Montag, Israel stehe wegen der verstärkten Angriffe auf die Hisbollah im Libanon vor komplizierten Tagen. Er forderte die Israelis auf, vereint zu bleiben.

„Ich habe versprochen, dass wir das Sicherheitsgleichgewicht, das Kräfteverhältnis im Norden ändern werden - genau das tun wir“, sagte er in einer Botschaft, die im Anschluss an eine Lagebeurteilung im Militärhauptquartier in Tel Aviv verschickt wurde. "Wer uns treffen will, den treffen wir härter", sagte Netanjahu mit Blick auf massive Angriffe auf Ziele der libanesischen Hisbollah-Miliz.

Man schalte "Führungsmitglieder und Terroristen" aus und zerstöre Raketen. Israel werde dies fortsetzen. 

Bei israelischen Luftangriffen im Gazastreifen sind nach palästinensischen Angaben 24 Menschen getötet worden. Außerdem habe es binnen 24 Stunden 60 Verletzte gegeben, teilte das von der militant-islamistischen Hamas kontrollierte Gesundheitsministerium am Montag mit.

Unter den Toten sind nach Angaben von Krankenhäusern fünf Kinder. Ein Angriff traf Montagfrüh eine als Vertriebenenunterkunft genutzte Schule und tötete ein Mädchen und deren Eltern, wie die behandelnde Klinik mitteilte. Zwei Geschwister des Mädchens seien verletzt worden.

Bei einem weiteren Angriff auf ein Haus in der Nähe des Al-Aksa-Märtyrer-Krankenhauses in Deir al-Balah seien eine Mutter und ihre vier Kinder im Alter zwischen vier und acht Jahren getötet worden.

Die Zahl der Opfer beider Angriffe ging aus örtlichen Krankenhausakten hervor. Israel beteuerte, es bemühe sich, bei seinen Angriffen auf Kämpfer und Einrichtungen der militant-islamistischen Palästinenserorganisation Hamas Opfer unter der Zivilbevölkerung zu vermeiden.

Angesichts zunehmender israelischer Luftangriffe verlassen Tausende Menschen den Süden des Libanon. In der Stadt Sidon war laut Nachrichtenagentur AP die wichtigste Straße nach Norden voller Fahrzeuge, die in Richtung der Hauptstadt Beirut unterwegs waren.

Umweltminister Nasser Jassin sagte nach einer Kabinettssitzung, Schulen im Libanongebirge bereiteten sich darauf vor, Flüchtlingen Unterkunft zu geben. Zuvor hatte das israelische Militär die libanesische Bevölkerung aufgefordert, all jene Gebäude zu räumen, in denen die vom Iran unterstützte Hisbollah Waffen lagert.

Autos stehen in der libanesischen Stadt Sidon im Stau.

In der libanesischen Stadt Sidon sind die Straßen voller Autos, weil Tausende vor den israelischen Luftangriffen fliehen.

Bei den israelischen Luftangriffen im Libanon ist die Zahl der Opfer nach Angaben des libanesischen Gesundheitsministeriums auf 182 Tote und 727 Verletzte gestiegen. Bei den Angriffen im Südlibanon seit Montagfrüh seien auch Kinder getötet und verletzt worden.

Die israelische Armee hat weitere Luftangriffe auf Stätten der schiitischen Hisbollah-Miliz im Osten des Libanon angekündigt. "Wir bereiten uns auf einen großangelegten und gezielten Angriff in der Bekaa-Ebene vor", sagte Armeesprecher Daniel Hagari vor Journalisten. Bewohner sollten sich zu ihrem "Schutz" und ihrer "Sicherheit" von Waffenlagern der Hisbollah-Miliz "entfernen".

Bei den jüngsten israelischen Angriffen auf die Hisbollah-Miliz im Libanon sind nach neuen Angaben der Regierung in Beirut hundert Menschen getötet worden. Zudem gebe es mehr als 400 Verletzte, erklärte das libanesische Gesundheitsministerium. Bei den Angriffen im Süden des Landes wurden demnach auch Kinder, Frauen und Rettungskräfte getötet.

Bei den jüngsten israelischen Luftangriffen sind nach Angaben des libanesischen Gesundheitsministeriums mindestens 50 Menschen getötet und mehr als 300 verletzt worden. Unter den Opfern seien auch Kinder, Frauen und medizinisches Personal.

Die Bundesregierung hat angesichts der verstärkten Gefechte zwischen Israel und der vom Iran unterstützten Hisbollah-Miliz im Libanon zur Deeskalation aufgerufen. Die Lage sei "extrem angespannt", sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin. Es komme jetzt auf "konkrete Schritte der Deeskalation" an. Der Konflikt zwischen Israel und der pro-iranischen Hisbollah hatte sich in den vergangenen Tagen deutlich verschärft.

Der libanesische Regierungschef Nadschib Mikati hat Israel angesichts der Ausweitung von dessen Angriffen einen "Zerstörungsplan" für den Libanon vorgeworfen. "Die anhaltende israelische Aggression gegen den Libanon ist ein Ausrottungskrieg in jedem Sinne des Wortes und ein Zerstörungsplan, der darauf abzielt, libanesische Dörfer und Städte zu vernichten", sagte Mikati bei einer Kabinettssitzung. Er rief die Vereinten Nationen, die UN-Generalversammlung sowie "einflussreiche Länder" auf, Israel davon abzuhalten.

Am Hauptsitz der Vereinten Nationen beginnt am Dienstag die UN-Generaldebatte, dazu reisen rund 130 Staats- und Regierungschefs aus aller Welt nach New York. Mikati hatte seine Teilnahme am Samstag wegen des eskalierenden Konflikts zwischen Israel und der libanesischen Hisbollah-Miliz abgesagt.

Die israelische Armee hat eigenen Angaben zufolge heute hunderte Ziele der Hisbollah-Miliz im Libanon ins Visier genommen. Seit dem Morgen seien "mehr als 300 Hisbollah-Ziele angegriffen worden", hieß es in einer Erklärung. Die israelische Armee hatte "umfangreichere und präzisere" Angriffe angekündigt. Sie forderte die Bevölkerung im Süden des Libanon auf, sich in Sicherheit zu bringen. Die Hisbollah verstärkte am Wochenende ihrerseits ihre Angriffe. Allein in der Nacht zum Sonntag waren nach israelischen Angaben rund 150 Raketen und Drohnen auf Israel abgefeuert worden. 

Angesichts der verstärkten israelischen Angriffe auf die Hisbollah-Miliz hat das libanesische Gesundheitsministerium die Krankenhäuser im Süden und Osten des Landes angewiesen, alle nicht-dringenden Operationen abzusagen.

Die Anordnung sei nötig, "um Platz zu schaffen, um die der sich ausweitenden israelischen Aggression gegen den Libanon geschuldeten Verletzten zu behandeln", erklärte das Gesundheitsministerium. Zuvor hatte die israelische Armee "umfangreichere" Angriffe gegen die pro-iranische Hisbollah-Miliz in dem Nachbarland angekündigt.

Bei israelischen Angriffen im Libanon ist mindestens ein Mensch getötet worden. Weitere 21 seien verletzt worden, teilte das Notfallzentrum des libanesischen Gesundheitsministeriums mit. Einige der Verletzten schwebten in Lebensgefahr.

Israels Luftwaffe habe unter anderem in der Region Hermel im Nordwesten angegriffen, die mehr als 100 Kilometer von Israel entfernt nahe der Grenze zu Syrien liegt. Die Angriffe hätten zudem auf die Orte Aitarun, Ainata und Tuffahta im Süden des Landes gezielt. 

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Stellen der palästinensischen und der israelischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Östlich der libanesischen Hafenstadt Byblos ist nach Angaben eines Anwohners eine Rakete eingeschlagen. Das unbewohnte Gebiet sei bislang von Luftangriffen verschont gewesen. Es befinde sich zwischen von Christen und von Schiiten bewohnten Dörfern. Auch die libanesischen Staatsmedien berichten über einen Raketeneinschlag in der Gegend. Israel hat seine Angriffe auf Stellungen der schiitischen Hisbollah-Miliz fortgesetzt.

Nach Angaben palästinensischer Mediziner sind bei israelischen Luftangriffen auf den Gazastreifen acht Palästinenser, darunter fünf Kinder, getötet worden. Zuvor hatten die Krankenhausvertreter von sieben Toten berichtet. Die Angaben konnten nicht unabhängig überprüft werden.

Das israelische Militär hat die libanesische Bevölkerung aufgefordert, all jene Gebäude zu räumen, in denen die Hisbollah-Miliz Waffen lagert. Das gelte im Besonderen auch für Häuser von Zivilisten, in denen die schiitische Miliz ihre Waffen verstecke, hieß es von den Streitkräften.

Ein israelischer Militärsprecher sagte, in der Nacht seien mehrere Ziele mit Verbindungen zur Hisbollah im Libanon angegriffen worden. Im Süden des Landes meldeten Bewohner mehrerer Dörfer in den sozialen Medien israelische Angriffe. Auch die libanesische Nachrichtenagentur NNA berichtete von Luftangriffen.

Das israelische Militär schließt einen Bodeneinsatz im Libanon nicht aus. Auf die Frage, ob dies eine Option sei, antwortet Militärsprecher Daniel Hagari, man werde alles tun, was nötig sei, damit die Menschen sicher in ihre evakuierten Häuser im Norden Israels zurückkehren könnten. Der Sprecher teilt zudem mit, dass das Militär erneut dabei sei, Hisbollah-Stellungen im Libanon anzugreifen. Die Bewohner im Süden des Libanon habe man dazu aufgerufen, sich von Hisbollah-Stellungen fernzuhalten.

Das israelische Militär attackiert nach eigenen Angaben erneut Stellungen der Hisbollah-Miliz im Libanon. Die Luftwaffe führe derzeit "umfangreiche Angriffe" im nördlichen Nachbarland durch, teilte die israelische Armee am Morgen auf ihrem Telegram-Kanal mit. Details wurden zunächst nicht genannt. Die proiranische Schiiten-Miliz hatte zuvor nach eigenen Angaben ihrerseits den Norden Israels angegriffen. Berichte über mögliche Opfer oder Schäden gab es zunächst nicht. Beide Seiten hatten sich bereits in der vorherigen Nacht und in den Stunden danach einen heftigen Beschuss geliefert.

Vor dem Beginn der UN-Generaldebatte hat Ägyptens Außenminister Badr Abdelatty angesichts des anhaltenden gegenseitigen Angriffe zwischen Israel und der libanesischen Hisbollah-Miliz vor einer Eskalation und einem "umfassenden Krieg" im Nahen Osten gewarnt. "Es herrscht große Besorgnis (...) über die Möglichkeit einer Eskalation in der Region, die zu einem umfassenden Krieg führt", sagte Abdelatty.

Die Verschärfung der Lage an der israelisch-libanesischen Grenze habe "negative Auswirkungen" auf die Verhandlungen über eine Feuerpause zwischen Israel und der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas im Gazastreifen, sagte Abdelatty.

Eine irakische Miliz hat nach eigenen Angaben eine israelische Militärbasis mit Drohnen angegriffen. Die israelische Golani-Beobachtungsbasis in den "besetzten palästinensischen Gebieten" sei in den frühen Morgenstunden mit Drohnen attackiert worden, teilt der "Islamische Widerstand im Irak" mit. Weitere Einzelheiten über Schäden oder mögliche Opfer sind zunächst nicht bekannt.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Stellen der palästinensischen und der israelischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Bei zwei israelischen Angriffen in der zentral im Gazastreifen gelegenen Stadt Deir al-Balah sind nach Angaben von Krankenhausvertretern mindestens sieben Menschen getötet worden. Der erste Angriff soll am Sonntagmorgen ein Wohngebäude getroffen haben. Dabei sollen vier Menschen, darunter zwei Frauen, ums Leben gekommen sein. Bei einem weiteren Angriff am Nachmittag sollen mindestens drei weitere Menschen ums Leben gekommen sein. Die Leichen wurden in das Al-Aksa-Krankenhaus gebracht. Kurz danach wurden vor dem Hospital Totengebete abgehalten.

Die israelische Armee hat nach eigenen Angaben im umkämpften Gazastreifen erneut eine Kommandozentrale der islamistischen Hamas aus der Luft angegriffen. Sie habe sich im Zentrum des abgeriegelten Küstenstreifens in einem Gebäude befunden, in dem früher eine Schule gewesen sei, hieß es. Die Zentrale habe der Hamas zur Planung und Ausführung von Terroranschlägen gegen israelische Soldaten und den Staat Israel gedient. Die Armee habe vor dem Angriff zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um die Gefahr für Zivilisten zu mindern.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Stellen der palästinensischen und der israelischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Der gegenseitige Beschuss zwischen der israelischen Armee und der Hisbollah-Miliz im Libanon geht nach libanesischen Angaben weiter. Israelische Kampfflugzeuge hätten knapp zwei Dutzend Angriffe im Süden Libanons geflogen, verlautete am späten Abend aus libanesischen Sicherheitskreisen. Die israelische Artillerie sei zudem dabei, die zentralen und westlichen Gebiete im Süden des Libanons unter Beschuss zu nehmen, hieß es.

Eine Bestätigung seitens der israelischen Armee lag zunächst nicht vor. 

Es handele sich nun um eine "offene Schlacht der Abrechnung", sagte der stellvertretende Hisbollah-Chef Kassem. Israels Premier Netanyahu droht derweil mit weiteren Angriffen. Die Entwicklungen von Sonntag zum Nachlesen im Liveblog.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete MDR aktuell am 23. September 2024 um 06:13 Uhr.