Nahost-Liveblog ++ Blinken wirbt in Rede für Gaza-Plan ++
US-Außenminister Blinken hat für einen Gaza-Plan zum Wiederaufbau geworben, der Palästinenser und internationale Kräfte einbezieht. Kanzler Scholz betonte, die Geiseln hätten bei einem möglichen Waffenruhedeal Priorität. Die Entwicklungen vom Dienstag zum Nachlesen.
- Blinken wirbt in Rede für Gaza-Plan
- Scholz: Leben der Geiseln oberste Priorität
- Hamas stimmt Geisel-Deal und Waffenruhe zu
- Israel: Erneut Luftalarm wegen Rakete aus dem Jemen
Ende des Liveblogs
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Israels Außenminister sieht Mehrheit in der Regierung für Gaza-Abkommen
Der israelische Außenminister Gideon Saar geht trotz des Widerstands der nationalistischen Parteien in der Koalition von einer Mehrheit in der Regierung für das Geiselabkommen mit der Hamas aus, falls es zustande kommt. "Ich glaube, dass wir im Falle eines Geiselabkommens eine Mehrheit in der Regierung haben werden, die das Abkommen unterstützen wird", sagte Saar auf einer Pressekonferenz in Rom mit dem italienischen Außenminister Antonio Tajani.
Italien hat Hoffnung auf Frieden in Nahost durch Geiselabkommen
Italiens Außenminister äußerte seine Hoffnung, dass ein möglicher Waffenstillstand im Gazastreifen eine neue Phase einleiten und die Wiederherstellung des Friedens im Nahen Osten ermöglichen werde.
"Die Vereinbarung über den Waffenstillstand und die Freilassung der Geiseln, die in diesen Stunden finalisiert wird, ist eine sehr wichtige Nachricht", sagte Außenminister Antonio Tajani auf einer Pressekonferenz nach einem Treffen mit seinem israelischen Amtskollegen Gideon Saar. Er sagte, er hoffe, dass eine Vereinbarung "hoffentlich eine neue Phase einleiten und die Wiederherstellung des Friedens im gesamten Nahen Osten ermöglichen würde".
Insider: Hamas hat Vermittlern noch keine Antwort gegeben
Die radikal-islamische Hamas hat einem Insider zufolge noch keine Antwort auf den jüngsten Entwurf eines Gaza-Abkommens an die Vermittler übergeben. Grund sei, dass Israel keine Landkarten für den Abzug seiner Streitkräfte aus dem Gazastreifen vorgelegt habe, sagte ein Hamas-Vertreter der Nachrichtenagentur Reuters.
Libanons neuer Premier setzt auf Einheit und Wiederaufbau
Libanons designierter Ministerpräsident Nauaf Salam hat in seiner ersten Rede angekündigt, die nationale Einheit im konfessionell stark gespaltenen Land fördern zu wollen. "Es ist Zeit, ein neues Kapitel aufzuschlagen, das auf Gerechtigkeit, Sicherheit, Fortschritt und Chancen basiert", sagte Salam. Der Libanon soll ein Land freier Menschen mit gleichen Rechten und Pflichten werden, betonte er.
Die Autorität des libanesischen Staates müsse auf alle Gebiete ausgeweitet werden, sagte er und nahm damit scheinbar Bezug auf die vom Iran unterstütze Hisbollah, die bis zuletzt wie ein Staat im Staate agierte. Salam kündigte an, den Wiederaufbau in den von dem Krieg zerstörten Gebieten voranzutreiben. "Wiederaufbau ist kein leeres Versprechen, sondern eine Verpflichtung."
Die politischen Fraktionen im Libanon hatten sich am Montag auf Salam als designierten Ministerpräsidenten geeinigt. Er kann damit die Bildung einer neuen Regierung beginnen und Nadschib Mikati ablösen, der wegen einer politischen Krise im Land seit mehr als zwei Jahren nur geschäftsführend im Amt war.
Blinken wirbt in Rede für Gaza-Plan
US-Außenminister Antony Blinken zufolge kann das Gaza-Abkommen abgeschlossen und umgesetzt werden, wenn die radikal-islamische Hamas es akzeptiert. Man warte auf eine abschließende Aussage der Palästinenser-Organisation, sagt Blinken. Er hoffe inständig, dass die Konfliktparteien bereit seien, die nun benötigten harten Entscheidungen zu treffen.
Er kündigte außerdem an, dass die scheidende Biden-Regierung dem Team des designierten Präsidenten Donald Trump einen Plan für die Nachkriegsverwaltung des Gazastreifens übergeben werde, der Einzelheiten einer vorläufigen Sicherheitsmission mit internationalen Streitkräften und Palästinensern enthält.
Vorgesehen sei, dass die Palästinensische Autonomiebehörde internationale Partner einlade, um eine Übergangsregierung aufzubauen. Die Behörde werde das Gebiet verwalten und überwachen. Gleichzeitig würden andere Partner, insbesondere arabische Staaten, Kräfte für eine vorläufige Sicherheitsmission bereitstellen.
Die Regierung in Jerusalem werde die Einheit von Westjordanland und Gazastreifen unter einer reformierten Palästinenser-Regierung akzeptieren müssen, sagte er vor der Denkfabrik Atlantic Council in Washington. Zudem müsse Israel den Mythos aufgeben, dass es eine faktische Annexion palästinensischer Gebiete vornehmen könne. Blinken wirft Israel vor, die Erweiterung von Siedlungen und die Verstaatlichung von Land schneller voranzutreiben als jemals zuvor im vergangenen Jahrzehnt.
UNICEF: Kinder in Syrien sterben in "alarmierendem Ausmaß" durch Blindgänger
Im vergangenen Monat sind in Syrien nach UN-Angaben mehr als 100 Kinder getötet oder verletzt worden, nachdem sie Minen und andere nicht explodierte Sprengkörper ausgelöst hatten. Mädchen und Jungen in Syrien würden weiterhin "in alarmierendem Ausmaß unter den brutalen Auswirkungen nicht explodierender Kampfmittel leiden", erklärte das UN-Kinderhilfswerk UNICEF.
Dabei handelt es sich um Waffen wie Bomben, Granaten, Landminen und Streumunition, die bei ihrem Einsatz nicht explodiert sind und weiterhin eine Gefahr darstellen - manchmal noch über Jahrzehnte. Allein im Dezember, als in Syrien Machthaber Baschar al-Assad gestürzt wurde, erhielt Unicef nach eigenen Angaben Berichte über 116 durch Blindgänger getötete oder verletzte Kinder. Das seien fast vier Kinder am Tag, vermutlich seien die Zahlen höher.
Nach fast 14 Jahren Bürgerkrieg, in dem mehr als 500.000 Menschen getötet wurden und Millionen vertrieben wurden, sind nach Unicef-Angaben schätzungsweise 324.000 nicht explodierte Kampfmittel in Syrien verstreut. Unicef forderte, dass die Sprengstoffräumung erheblich ausgeweitet werden müsse.
Katar: Gespräche über Waffenruhe im Endstadium
Die Gespräche über eine Waffenruhe im Gazastreifen stehen nach Angaben aus Katar kurz vor einem Abschluss. Die Verhandlungen in Doha befänden sich im "Endstadium", die Hauptprobleme seien gelöst worden, sagte Außenministeriumssprecher Madsched al-Ansari. "Wir haben einen Punkt erreicht, an dem die wichtigsten Probleme, die eine Einigung verhindert haben, gelöst wurden", sagte al-Ansari bei einer Pressekonferenz. "Wir hoffen, dass dies sehr bald zu einer Einigung führen wird."
Aus dem Umfeld der Hamas hieß es, dass im Austausch für die 33 israelischen Geiseln rund 1000 palästinensische Gefangene freigelassen würden, darunter auch Menschen, die langjährige Haftstrafen verbüßten. Ein israelischer Regierungsvertreter erklärte dagegen, "mehrere Hundert Terroristen" würden freigelassen, er könne jedoch keine genauen Zahlen nennen, da dies davon abhänge, wie viele von den 33 Geiseln noch am Leben seien. Weiter betonte er, dass Israel den Gazastreifen nicht verlassen werde, bevor nicht alle Geiseln zurückgekehrt seien. Zudem gehe es nicht um eine endgültige, sondern lediglich um eine vorübergehende Waffenruhe.
Scholz: Leben der Geiseln oberste Priorität
Bundeskanzler Olaf Scholz hofft auf ein rasches Geiselabkommen zwischen Israel und der islamistischen Hamas. Das monströse Verbrechen der Hamas vom 7. Oktober 2023 sei allen noch sehr gegenwärtig, sagte der SPD-Politiker laut einer Mitteilung. "Wir verstehen, wie schmerzhaft jede Vereinbarung mit der Terrororganisation Hamas für Israel ist. Dennoch: Das Leben der Geiseln muss jetzt oberste Priorität haben", so Scholz. Das sage er auch, da sich unter den Geiseln zahlreiche deutsche Staatsangehörige befänden.
Nach vielen Monaten quälender Verhandlungen scheine eine Vereinbarung jetzt in greifbarer Nähe, sagte Scholz demnach. Die Vereinbarung biete die Chance auf einen Waffenstillstand, um das Leid im Gazastreifen endlich zu lindern.
Hamas stimmt Geisel-Deal und Waffenruhe zu
Die Terrororganisation Hamas hat offenbar den Entwurf einer Vereinbarung über einen Waffenstillstand im Gazastreifen und einen Geisel-Deal akzeptiert. Das berichten die Nachrichtenagenturen Reuters und AP unter Berufung auf Insider. Zuvor hatten die Vermittler in Katar bereits berichtet, man sei einem solchen Deal so nah wie nie zuvor.
Israel zögert aber offenbar noch, dem Vorschlag zuzustimmen. Ein israelischer Beamter sagte, die Gespräche im Gazastreifen seien in eine kritische Phase eingetreten und eine Einigung stehe kurz bevor. Es müssten aber noch einige Fragen geklärt werden. "Wir sind nahe dran, aber noch nicht am Ziel", sagte der Beamte. Auf israelischer Seite müsste letztlich auch das Regierungskabinett einem Abkommen zustimmen.
Israels Polizeiminister droht bei Geisel-Abkommen mit Ausscheiden
Der rechtsextreme israelische Polizeiminister Itamar Ben-Gvir hat im Fall eines Geisel-Abkommens mit der islamistischen Hamas mit einem Ausscheiden aus der Regierung gedroht. Er rief in einem Post auf der Plattform X den ebenfalls rechtsextremen Finanzminister Bezalel Smotrich auf, sich ihm anzuschließen im Kampf "gegen den entstehenden schrecklichen Deal".
Gegenwärtig verfügt Netanjahus Regierung über 68 der 120 Sitze im Parlament. Ohne die Fraktionen von Ben-Gvir und Smotrich hätte er keine Mehrheit mehr. Oppositionsführer Jair Lapid hatte aber bereits am Montag bekräftigt, er wäre in einem solchen Fall bereit, Netanjahu für einen Geisel-Deal ein "Sicherheitsnetz" im Parlament zu bieten.
Korrespondentin: Möglicher Deal bedeutet Hoffnung
Falls es tatsächlich zu einem Abkommen über eine Waffenruhe und die Freilassung von Geiseln kommen sollte, sei das wirklich ein Durchbruch, so ARD-Korrespondentin Vera Rudolph. Ein Deal bedeute Hoffnung für die Geiseln und ihre Angehörigen, aber auch für die Menschen im Gazastreifen, so Rudolph weiter.
Krankenhäuser: 18 Tote bei Angriffen auf den Gazastreifen
Bei israelischen Angriffen auf den Gazastreifen sind nach palästinensischen Angaben in der Nacht zum Dienstag mindestens 18 Menschen getötet worden. Das berichtet die Nachrichtenagentur AP.
Nach Angaben des Al-Aksa-Märtyrerkrankenhauses seien in der Nacht demnach bei zwei Angriffen auf Deir al-Balah zwei Frauen und deren vier Kinder im Alter zwischen einem Monat und neun Jahren getötet worden. Das Europäische Krankenhaus meldete zwölf Tote bei zwei Angriffen auf Chan Junis im Süden des Gazastreifens. Das israelische Militär äußerte sich bislang nicht zu den neuen Angriffen.
Dunkle Flächen: besiedelte Gebiete, Schraffur: militärische Aktivitäten Israels
Israel: Erneut Luftalarm wegen Rakete aus dem Jemen
Israel ist nach Angaben der Armee zweimal innerhalb weniger Stunden zum Ziel eines Raketenangriffs aus dem Jemen geworden. Nach der ersten Attacke am Vorabend seien in der Nacht mehrere Versuche unternommen worden, eine weitere Rakete abzufangen, teilte die israelische Armee mit. Sie sei wahrscheinlich abgeschossen worden, Berichte über Verletzte oder Schäden gebe es nicht.
Laut dem Rettungsdienst Magen David Adom verletzten sich allerdings elf Menschen beim Rennen in die Schutzräume, vier weitere hätten Panikattacken erlitten, berichtete die Zeitung Times of Israel.
Trump: Gaza-Abkommen bis Ende der Woche möglich
Der designierte US-Präsident Donald Trump hat behauptet, dass ein Waffenruhe-Abkommen im Gaza-Krieg schon bis zum Ende der Woche zustande kommen könnte. "So wie ich das verstehe, hat es einen Handschlag gegeben und sie bringen es zu Ende", sagte Trump in einem Interview mit dem Sender Newsmax. "Es muss stattfinden", sagte er - ging aber nicht genauer darauf ein.
Zuvor hatte sich bereits der amtierende US-Präsident Joe Biden zuversichtlich geäußert. "Im Krieg zwischen Israel und der Hamas stehen wir kurz davor, dass ein Vorschlag, den ich vor Monaten ausführlich dargelegt habe, endlich verwirklicht wird", sagte er.
Der Nationale Sicherheitsberater der USA, Jake Sullivan, hatte vor Journalisten gesagt, eine Einigung könne "noch diese Woche zustande kommen". Er fuhr fort: "Ich mache keine Versprechungen oder Vorhersagen, aber es ist in greifbarer Nähe, und wir werden uns dafür einsetzen."
Ringen um Gaza-Waffenruhe: Proteste in Israel gespalten
Die Reaktionen auf Meldungen, wonach Verhandlungen über eine mögliche Waffenruhe im Gazakrieg kurz vor einem Durchbruch stehen könnten, fallen in Israel gespalten aus. In Jerusalem protestierten rund 1.000 Israelis gegen ein entsprechendes Abkommen mit der Terrororganisation Hamas. "Ihr habt kein Mandat, euch der Hamas zu ergeben", hieß es auf Schildern der Demonstranten, wie Reporter der Nachrichtenagentur AP berichten. Die Demonstrierenden blockierten auch eine Straße.
In der Küstenstadt Tel Aviv gingen hingegen Dutzende Befürworter eines Abkommens auf die Straße. "Home!" ("nach Hause") riefen sie und bezogen sich damit auf einen Deal zur Freilassung der Hamas-Geiseln, der Teil des Abkommens sein soll.
Papst verurteilt in Buch Massaker der Hamas
Mit deutlichen Worten hat Papst Franziskus in seinem neuen Buch den Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 verurteilt. In der Autobiografie "Hoffe", die heute veröffentlicht wird, schreibt er, dass an jenem Tag eine "neue Barbarei" begonnen habe - "mit dem Gemetzel, das die Schergen der Hamas angerichtet haben". Sie hätten israelische Soldaten und Zivilpersonen "gnadenlos massakriert".
Zu dieser "unglaublichen Qual" habe sich eine weitere gesellt, die auf die Gegenwehr Israels zurückgehe, schreibt der Papst weiter. "Tausende von unschuldigen Toten, auch hier häufig Frauen und Kinder. Hunderttausende Vertriebene, deren Häuser zerstört wurden. Menschen, die nur einen Schritt vom Hungertod entfernt sind."
Papst Franziskus steht seit Beginn des Nahostkriegs besonders von israelischer Seite in der Kritik, den Terrorangriff der Hamas nicht klar genug zu verurteilen. Das Kirchenoberhaupt rief immer wieder zu Frieden in der Region auf, fordert die Freilassung der israelischen Geiseln, ebenso wie die Verbesserung der humanitären Lage im Gazastreifen.
Reuters: Abkommen soll folgende Punkte beinhalten
Bei den Verhandlungen über ein Ende des Gaza-Konflikts haben Vermittler aus Katar Israel und der radikal-islamischen Hamas nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters den Entwurf eines Abkommens für eine Aussetzung der Kämpfe und eine Freilassung der Geiseln übergeben. Es soll laut Reuters folgende Kernpunkte beinhalten:
- Rückkehr der Geiseln: In der ersten Phase sollen 33 Geiseln aus der Gewalt der Hamas freikommen - vor allem Frauen und Kinder. Nach planmäßigem Ablauf der ersten Phase sollen am 16. Tag nach Inkrafttreten der Vereinbarung Verhandlungen über eine zweite Phase beginnen, in der dann die restlichen Geiseln freikommen.
- Israelische Truppen: Der Abzug der israelischen Soldaten aus dem Gazastreifen soll stufenweise erfolgen. Dabei sollen die Streitkräfte im Grenzgebiet stationiert bleiben.
- Humanitäre Hilfe: Die Hilfe für die Bewohner des Gazastreifens soll massiv aufgestockt werden.
- Künftige Verwaltung: Die Frage der künftigen Verwaltung Gazas bleibt einer der größten Streitfragen. Aufgrund ihrer Komplexität wurde das Thema in der aktuellen Gesprächsrunde ausgeklammert.
Reuters bezieht sich dabei auf Angaben eines israelischen Regierungsvertreters. Eine Bestätigung dafür gibt es bislang nicht.