Palästinenser, die aus dem Osten der Stadt Gaza geflüchtet sind (Bild vom 7.7.2024).
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Krieg in Nahost ++ Heftiger Angriff auf Gaza-Stadt ++

Stand: 08.07.2024 23:31 Uhr

Gaza-Stadt verzeichnet einen Panzer-Großangriff der israelischen Streitkräfte. Israels Premier Netanyahu beharrt auf seinen Kriegszielen und hat damit offenbar die Vermittler verärgert. Der Liveblog vom Montag zum Nachlesen.

08.07.2024 • 23:31 Uhr

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Angesichts verstärkter Angriffe auf mehrere Viertel der Stadt Gaza hat die israelische Armee ihre Aufrufe zur Evakuierung erweitert. Ein Militärsprecher rief die Bewohner der Viertel Sabra, Rimal, Tal Al-Hawa und Al-Daradsch dazu auf, diese zu verlassen. Angaben der von der radikalislamischen Hamas kontrollierten Zivilschutzbehörde zufolge wurden in der Stadt Dutzende Menschen getötet und verletzt. 

Angriffe gab es unter anderem in der Nähe des Sitzes des UN-Flüchtlingshilfswerks UNRWA in Gaza-Stadt. Die Armee erklärte, sie handele "aufgrund von Geheimdiensterkenntnissen, die auf die Anwesenheit von terroristischer Infrastruktur der Hamas und des Islamischen Dschihad schließen" ließen.

Die israelische Armee hatte zuvor bereits die Bewohner des Viertels Schudschaija in Gaza-Stadt zur Evakuierung aufgerufen. Dort seien in den vergangenen Wochen mehrere Dutzend "Terroristen eliminiert" worden, hieß es. Auch in den im südlichen Gazastreifen gelegenen Städten Chan Junis und Rafah wurden Teile der Bevölkerung dazu aufgerufen, die Gebiete zu verlassen. 80 Prozent der 2,4 Millionen Bewohnerinnen und Bewohner des Gazastreifens sind laut UN-Angaben auf der Flucht.

Die Familien der von der Terrormiliz Hamas festgehaltenen Geiseln haben den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu aufgefordert, eine geplante Rede vor dem US-Kongress in Washington zu verschieben, sofern er keinen Durchbruch zu verkünden hat. Der Regierungschef sollte sich darauf konzentrieren, ein Abkommen für eine Waffenruhe und eine Freilassung der Geiseln zu erreichen und erst danach in die USA reisen, forderte eine Gruppe, die Angehörige der Geiseln vertritt.

Netanyahu soll am 24. Juli vor beiden Kammern des US-Kongresses sprechen. "Eine Rede ohne konkrete Maßnahmen, um das Abkommen zu besiegeln und unsere Liebsten nach Hause zu bringen, ist verfrüht und geht an der obersten Priorität dieses Krieges vorbei - der Rückkehr aller Geiseln", hieß es in der Mitteilung.

Die Hälfte der Einrichtungen des Palästinenserhilfswerks UNRWA im Gazastreifen ist laut dessen Chef seit Beginn des Krieges zerstört worden. Mehr als 500 Menschen seien zudem bei Angriffen auf die Standorte des Hilfswerks getötet worden, sagte UNRWA-Generalsekretär Philippe Lazzarini bei einer Pressekonferenz mit dem neuen ägyptischen Außenminister Badr Abdelati. Dieser bekräftigte die Unterstützung seines Landes für das UNRWA.

Israel hatte UNRWA-Beschäftigten vorgeworfen, sie seien am Massaker der Hamas im vergangenen Oktober beteiligt gewesen, das den Gaza-Krieg auslöste. Die Organisation wies das zurück. Mehrere Länder stellten zwischenzeitlich ihre Zahlungen an das Palästinenserhilfswerk ein und haben sie zum Teil nicht wieder aufgenommen.

Eine israelische Verhandlungsdelegation ist einem Medienbericht zufolge zu indirekten Gesprächen mit der militant-islamistischen Hamas nach Kairo abgereist. Sie werde von Ronen Bar, dem Leiter des Inlandsgeheimdienstes Schin Bet, angeführt, berichtete das israelische Kan-Radio. Die seit Monaten andauernden Gespräche, bei denen Ägypten, Katar und die USA vermitteln, zielen auf eine Waffenruhe im Gaza-Krieg sowie auf einen Austausch von Geiseln in der Gewalt der Hamas gegen palästinensische Häftlinge in israelischen Gefängnissen ab. Die Vermittler bemühen sich derzeit um Formulierungen, um die bestehende Kluft in strittigen Punkten zu überbrücken. 

Die israelischen Streitkräfte haben nach palästinensischen Angaben ihre Angriffe auf Gaza-Stadt ausgeweitet. Die Nachrichtenagentur Reuters meldete heftigen Beschuss und ein Großaufgebot von Panzern, das aus mehreren Richtungen ins Stadtzentrum vorrücke und zitiert Bewohner, die von einem der schwersten Angriffe seit Beginn des Kriegs im Gazastreifen im Oktober sprechen. Weiter hieß es, dass die Katastrophenschutzbehörde von Dutzenden Toten in östlichen Stadtteilen ausgehe. Die Rettungskräfte könnten jedoch nicht in die betroffenen Gegenden gelangen wegen anhaltender Offensiven.

Das israelische Militär erklärte, dass es einen Einsatz gegen Infrastruktur von militanten Kräften im Gazastreifen fahre und dass mehr als 30 Kämpfer, die eine Bedrohung für israelische Truppen dargestellt hätten, außer Gefecht gesetzt worden seien. Die Bewohner seien zuvor zum Verlassen der Gegend aufgefordert worden.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Stellen der palästinensischen und der israelischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Israel hat in der Nacht Ziele der libanesischen Hisbollah-Miliz aus der Luft und mit Artillerie angriffen. Das teilte die israelische Armee mit. Die Angriffe erfolgten, nachdem die vom Iran unterstützte militante Gruppe erklärt hatte, sie habe einen Drohnenangriff auf die von Israel besetzten syrischen Golanhöhen geflogen.

08.07.2024 • 05:44 Uhr

Netanyahu beharrt auf Kriegszielen

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu fordert kurz vor der Wiederaufnahme indirekter Verhandlungen über ein Geiselabkommen im Gaza-Krieg als Bedingung das Recht zur Fortsetzung der Kämpfe gegen die Hamas ein. "Jedes Abkommen wird Israel erlauben, die Kämpfe wieder aufzunehmen, bis alle Kriegsziele erreicht sind", heißt es in einer Liste an Bedingungen, die das Büro des Ministerpräsidenten veröffentlichte.

Netanyahus Erklärung löste laut Medienberichten Verärgerung aus. Die indirekten Verhandlungen über eine Waffenruhe und einen Austausch von Geiseln gegen palästinensische Häftlinge sollen diese Woche in Kairo weitergehen. Netanyahus Äußerungen schadeten diesen Bemühungen, zitierte die "Times of Israel" einen namentlich nicht genannten ranghohen Vertreter der Vermittler.

Benjamin Netanyahu

Israels Ministerpräsident Netanyahu beharrt auf seine Kriegsziele und hat Verärgerung bei den Vermittlern ausgelöst.

Die vom Iran unterstützte militante Hisbollah-Miliz hat einen Drohnenangriff auf ein wichtiges israelisches Überwachungszentrum auf dem Berg Hermon in den von Israel besetzten syrischen Golanhöhen verübt.

Es sei der erste Angriff dieser Art seit Beginn der Kampfhandlungen mit Israel am 8. Oktober, einen Tag nach dem Angriff der palästinensischen Hamas auf den Süden Israels, der den Gaza-Krieg ausgelöst hatte, erklärte die Hisbollah. Die Gruppe kündigte an, ihre Operationen erst nach dem Ende des Krieges einzustellen.

Seit dem arabisch-israelischen Krieg im Oktober 1973 hat Israel auf dem Berg Hermon, der die syrische Hauptstadt überragt, umfangreiche Überwachungs-, Spionage- und Luftabwehranlagen installiert, um Syrien, Irak, Jordanien und Teile Saudi-Arabiens zu überwachen.

Bei einem neuerlichen israelischen Angriff auf eine Schule im Gazastreifen sind nach Angaben des von der radikalislamischen Hamas kontrollierten Katastrophenschutzes mindestens vier Menschen getötet worden. Unter den Opfern des Angriffs auf die Schule in der Stadt Gaza sei auch der Hamas-Vizearbeitsminister Ihab al-Ghusain, erklärte die Hamas.

Die israelische Armee erklärte, die Schule sei von Hamas-Kämpfern als Versteck und als Werkstatt zum Waffenbau genutzt worden. Der Betreiber der Schule, das Lateinische Patriarchat in Jerusalem, verurteilte den Angriff und erklärte, dort hätten hunderte Zivilisten Zuflucht vor den seit Monaten andauernden Kämpfen im Gazastreifen gesucht.

Karte: Gazastreifen, dunkle Flächen: besiedelte Gebiete, Schraffur: militärische Aktivitäten Israels

Dunkle Flächen: besiedelte Gebiete, Schraffur: militärische Aktivitäten Israels

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Stellen der palästinensischen und der israelischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

In Israel gehen die Demonstrationen für ein Geisel-Abkommen auch heute weiter. Die israelische Armee hat im Osten des Libanon ein Hisbollah-Mitglied getötet.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete NDR Info am 08. Juli 2024 um 06:40 Uhr.